Die Amerikanische Akademie für Umweltmedizin (AAEM) fordert ein sofortiges Moratorium – also einen vorläufigen Stopp der Verwendung – für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel. In einer Pressemitteilung vom 19. Mai erklärt die AAEM: „Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel stellen ein ernstes Gesundheitsrisiko dar.“ Unter Bezug auf mehrere Tierstudien kommt die AAEM zu dem Schluss, dass „ein mehr als zufälliger Zusammenhang zwischen gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln und Gesundheitsschädigungen besteht“ und dass „gentechnisch veränderte Nahrungsmittel ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko im Bereich der Toxikologie, Allergie und Immunfunktion, der Fortpflanzung und des Stoffwechsels, der physiologischen und genetischen Gesundheit bedeuten.“

 

Sofortige Maßnahmen

Die Organisation, die seit 1965 besteht und sich selbst als »internationaler Verband von Ärzten und anderen Experten für die klinischen Aspekte des Zusammenhangs zwischen Mensch und Umwelt« beschreibt, fordert in Ihrer Erklärung umgehend die folgenden Maßnahmen bezüglich des menschlichen Konsums von sogenannten GVO-Nahrungsmitteln (GVO steht für „gentechnisch veränderte Organismen“):

  • Ein Moratorium auf GVO-Nahrungsmittel
  • Durchführung von Langzeituntersuchungen über die Sicherheit gentechnisch veränderter Nahrungsmittel und deren  Kennzeichnung.
  • Ärzte sollten ihre Patienten, die Fachwelt und die Öffentlichkeit auffordern, auf gentechnisch veränderte Nahrungsmittel zu verzichten. – Ärzte sollten beim Krankheitsverlauf ihrer Patienten auch die Rolle von GVO-Nahrungsmitteln in Erwägung ziehen.
  • Zusätzliche unabhängige wissenschaftliche Langzeitstudien, bei denen Daten erhoben werden sollen, um die Rolle von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln auf die menschliche Gesundheit untersuchen zu können.

Dr. Amy Dean, die Vorsitzende der AAEM, erklärte: „Bei vielen Tierstudien hat sich gezeigt, dass gentechnisch veränderte Nahrungsmittel zu Schädigungen an unterschiedlichen Organsystemen im Körper führten. Angesichts dieser sich häufenden Hinweise ist es aus Rücksicht auf die Sicherheit unserer Patienten und die öffentliche Gesundheit dringend geboten, ein Moratorium für derartige Lebensmittel zu verhängen.“

Die Präsidentin der AAEM, Dr. Jennifer Armstrong, erklärte: „Ärzte beobachten zwar bei ihren Patienten die Wirkungen, sie müssen aber auch die richtigen Fragen stellen können.“

Die häufigsten derzeit in den USA konsumierten genveränderten Nahrungsmittel sind nach ihren Angaben Mais, Soja, Raps und Baumwollsamenöl.

Das Positionspapier der AAEM über gentechnisch veränderte Nahrungsmittel ist unter http://aaemonline.org einsehbar.

 

Ernsthafte Gesundheitsrisiken

Da das Papier für sich spricht, seien hier mehrere Passagen zitiert:

„Mehrere Studien an Tieren deuten auf ernsthafte Gesundheitsrisiken beim Verzehr gentechnisch veränderter Nahrungsmittel hin. Dazu zählen Unfruchtbarkeit, Entgleisung des Immunsystems, beschleunigte Alterung, genetisches Entgleisen im Zusammenhang mit der Cholesterinsynthese, der Insulinsteuerung, der Zellkommunikation und der Bildung von Eiweißen sowie Veränderungen in der Leber, den Nieren, der Milz und dem Magen-Darm-System.“

Und: „Es besteht mehr als nur ein zufälliger Zusammenhang zwischen gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln und einer negativen Auswirkung auf die Gesundheit.“

„Weiterhin hat sich ein präziser Zusammenhang zwischen GV-Nahrungsmitteln und bestimmten Krankheitsverläufen herausgestellt. Bei zahlreichen Studien an Tieren fand man eine erhebliche Entgleisung des Immunsystems, einschließlich einer Hochregelung von Zytokinen, was zu Asthma, Allergien und zu Entzündungen führen kann. Andere Tierstudien zeigten eine veränderte Struktur und Funktion der Leber, wie eine Veränderung des Fett- und Kohlehydratstoffwechsels sowie Zellveränderungen, die zu beschleunigter Alterung und möglicherweise zu einer Akkumulation von Sauerstoffradikalen (ROS) führen könnten. Veränderungen in Niere, Bauchspeicheldrüse und Milz wurden ebenfalls beschrieben. Eine neuere Studie aus dem Jahr 2008 stellt eine Verbindung zwischen GV-Mais und Unfruchtbarkeit her; es zeigte sich, dass die Würfe bei bestimmten Tieren mit der Zeit kleiner wurden, so waren bei mit GV-Mais gefütterten Mäusen die neugeborenen Jungtiere deutlich leichter. Bei dieser Studie wurde auch festgestellt, dass bei den mit GV-Mais gefütterten Mäusen über 400 Gene deutlich verändert waren. Dabei handelt es sich um Gene, von denen bekannt ist, dass sie Protein-Synthese und Modifikation sowie die Zellkommunikation, die Cholesterin-Synthese und die Insulin-Steuerung regeln. Bei anderen Studien zeigten sich Schäden an den Gedärmen von mit GV-Mais gefütterten Tieren, darunter proliferatives Zellwachstum und eine Störung des Immunsystems des Darms.“

Angesichts der sich häufenden Daten sei es, so das Positionspapier weiter, „biologisch plausibel, dass gentechnisch veränderte Nahrungsmittel Gesundheitsschäden beim Menschen verursachen.“

 

Kein Nutzen erkennbar

Auch das Verkaufsargument der Biotech-Industrie, dass nämlich durch den Einsatz von Gentechnik im Agrarbereich höhere Erträge erzielt würden und somit ein wesentlicher Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in der Welt geleistet werden könnte, wird laut dem Positionspapier des Ärzteverbands durch wissenschaftliche Studien widerlegt. Dazu heißt es: „Mit erheblichem Aufwand wurde in den vergangenen 20 Jahren in vielen tausend Feldversuchen nach Genen geforscht, die zu einer betrieblichen oder wirklichen (Ernte-)Ertragssteigerung führten. Trotzdem kam es bei keinem dieser Feldversuche zu einer Ertragssteigerung bei den wichtigsten kommerziellen Nahrungs- oder Futterpflanzen. Die einzige Ausnahme bildete Bt-Mais.“ Der geringfügige Ertragsanstieg bei Bt-Mais sei jedoch „weitgehend auf die Verbesserungen bei der herkömmlichen Pflanzenzucht“ und nicht auf die GVOs zurückzuführen.

Die AAEM kommt zu dem Schluss, dass die GVOs „ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellen“ und „kein Nutzen“ erkennbar sei, daher spricht sich die Ärzteorganisation für Maßnahmen wie ein sofortiges Moratorium, gesundheitliche Aufklärung, unabhängige langfristige Sicherheitstests, wissenschaftliche Untersuchungen zu den Auswirkungen von GVO-Nahrungsmitteln und die – in den USA bisher nicht existierende – Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel aus.

Interessanterweise scheinen die Medien die Erklärung der amerikanischen Ärzte nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Allein der Aktienkurs des weltweit größten Herstellers von gentechnisch verändertem Saatgut, Monsanto, reagierte: Er fiel binnen einer Woche nach der Presseerklärung um fast 14 Prozent.

 

Gentechnik in Deutschland

In Deutschland kommt diese Meldung wenige Tage, nachdem Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) die Aussaat von MON810-Mais der Firma Monsanto in Deutschland untersagt hatte; kurz danach gestattete sie aber den Versuchsanbau der gentechnisch veränderten Kartoffelsorte Amflora des Herstellers BASF.

Ihre Kabinettskollegin Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) nimmt diese Entscheidungen zum Anlass, sich öffentlich verstärkt für den Einsatz von Biotechnologie in der Landwirtschaft einzusetzen. In einem Grundsatzartikel in der Financial Times Deutschland vom 18. Mai mit dem Titel „Ohne Gentechnik geht es nicht“ beruft sie sich auf die „globalen Herausforderungen an die Landwirtschaft“ angesichts des Klimawandels und des gleichzeitigen Wachstums der Weltbevölkerung, die „nur mit einer wissensbasierten Bioökonomie“ inklusive Gentechnik zu bewältigen seien. Es gehe um ein Wirtschaftssystem, „das wissenschaftlichen Fortschritt mit einem verantwortungsbewussten und nachhaltigen Umgang mit biologischen Ressourcen kombiniert“. Auffallend oft spricht sie von „Verantwortung“, ohne jedoch auszuführen, wem gegenüber sie sich wofür verantwortlich fühlt. Bzw.: „Entscheidend ist der verantwortungsvolle Umgang mit neuen Chancen.“ Sie schreibt weiterhin: „Bis heute gibt es keine wissenschaftlichen Belege für gesundheitliche oder ökologische Schäden durch die grüne Gentechnik“ – dies dürfte, was die Gesundheit angeht, durch die von den US-Umweltmedizinern zitierten Tierstudien widerlegt sein.

Quellen

Text:
aaemonline.org, info.kopp-verlag.de, cdu.de

Bilder:
Logo: aaemonline.org
Maus: Madprime / Wikimedia
Gen-Landschaft: FrancoBras / Wikimedia

 

 

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