Homöopathische Antworten am Puls der Zeit

von Werner Baumeister

Wie kam das Mittel zu mir?

Neulich in meiner Praxis sagte eine Klientin Folgendes:
„Wenn man Ihre Artikel liest, ist es unglaublich, wie genau die passenden kollektiven Themen Sie immer wieder geradezu anfallen.“ Stimmt, dachte ich und erinnerte mich sofort an meinen diesjährigen Sommerurlaub auf Kreta, in dem mich eine Wildkatze geradezu angefallen hatte. In der ersten Panik hatte ich mir reflexartig die homöopathische Toxoplasmose-Nosode bestellt, dann aber doch beiseite gelegt und bis zu diesem Moment vergessen. Die Klientin hatte mit ihrer Bemerkung nun den Spurensucher in mir aktiviert und ich staunte nicht schlecht, als ich bei meiner Recherche auf das zentrale homöopathische Thema von Toxoplasmose stieß: „Xenophobie“, übersetzt: Fremdenangst, Fremdenhass, Fremdenfeindlichkeit.
Homöopathisch thematisiert Toxoplasmose also das Wahlkampfthema Nr. 1 des Jahres 2017 – und das nicht nur in Deutschland! Eine Spur, der es sich in meinen Augen lohnte zu folgen. Nachträglich also noch mal ein dickes Dankeschön an die kretische Wildkatze.

In welcher Lebenssituation holt mich Toxoplasmose ab?

Dieses Mittel hat mir ein unglaubliches Geschenk gemacht, denn ich war in einen Zustand geraten, in dem ich komplett alles, was an mich als homöopathischer Arzt in Gestalt neuer Klienten herantrat, als bedrohlich und feindlich wahrnahm. Für mich war in diesem Zustand klar: Ich lasse meine Mailbox ausgeschaltet, lasse keine neuen Leute, die ich nicht kenne, auf meine Workshops. Jeder ist in diesen Zeiten, in denen immer mehr Menschen unter enormen Druck geraten und dann oft durchdrehen, potentiell für mich gefährlich. Das hat mich in einen Zustand geführt, in dem ich mich schließlich fragte, wie ich überhaupt finanziell über die Runden kommen soll. Am eigenen Leib durfte ich dann erfahren, was für ein unglaublicher Blockadelöser homöopathische Toxoplasmose sein kann (Leitsymptom: Feststecken in Ängsten!).

Bezogen auf meine aktuelle Praxissituation hat sich die Blockade innerhalb eines Tages nach Arzneieinnahme aufgelöst. Ich mache wieder Termine, gehe wieder ans Telefon. Ich merke, dass der Bann gebrochen ist. Ich kann mich ebenso für neue Klienten öffnen wie auch problemlos meine Workshops halten, ohne mich gefährdet zu fühlen! Gleich mit aufgelöst hat sich eine sehr schmerzhafte Blockade meiner Halswirbelsäulenmuskulatur – auch ein kollektives Thema, wie mir scheint. Toxoplasmose brachte über Nacht wieder Stabilität in meine wackelige Halswirbelsäule und mich an einen Punkt, an dem ich mit Yoga weiter an diesem Thema arbeiten kann. Deutlich spürbar weg ist auch ein tiefes Unsicherheitsgefühl im Nacken, durch das ich drei Tage praktisch nur im Sitzen schlafen konnte (Toxoplasmose-Leitsymtom: hartnäckige Probleme im Schulter-Nackenbereich sowie Lendenwirbelsäulen-Verspannungen, die sich mit anderen Mitteln nicht beheben lassen).

Was ist der aktuelle Wissensstand zur Toxoplasmose?

Will man ein homöopathisches Mittel im Kern begreifen, dann sollte man sich die Signatur des Ausgangsstoffes gründlich ansehen. Hier die Zusammenfassung meiner Wikipedia-Recherche: Toxoplasma gondii, ein weltweit verbreiteter parasitärer Erreger (Verwandter des Malariaerregers) ist ständig auf der Rundreise durch verschiedene Säugetiere, vermehrt sich aber nur im Darm der Katze. Geschätzt macht jeder Zweite von uns eine meist unbemerkte Toxoplasmose-Infektion durch, die sehr schleichend und unscheinbar chronisch werden kann (bei bis zu 70 Prozent der Menschen in den westlichen Ländern!). Wissenschaftliche Studien lassen vermuten, dass Parasiten wie Toxoplasma innerhalb ihres Lebenszyklus möglicherweise das Verhalten der infizierten Menschen verändern. Der Erreger besitzt nämlich die Fähigkeit, über Zystenbildung in die Dopamin-Signalwege (Glückshormon, Antriebssteigerung; Motivation) seines Wirts (Mensch) einzugreifen.

So könnte bei hoher Durchseuchung einer Bevölkerung (in Deutschland eben diese zirka 70 Prozent) eine massenhafte Modifikation der Persönlichkeitsmerkmale sogar zu kulturellen Veränderungen führen. Zwischen latenten Toxoplasma-Infektionen und folgenden Persönlichkeitscharakteristika wurden Korrelationen festgestellt: Introvertiert misstrauische Haltung mit verminderter Offenheit für Neues; Gefühle von Unsicherheit und Selbstzweifel; manische Depression; gesteigerte Risikobereitschaft, Regelbruch.

Das homöopathische Profil von Toxoplasmose

Hochaktuell und messerscharf am Nerv der Zeit, so würde ich das folgende homöopathische Profil der Toxoplasmose beschreiben: Furcht, von fremden, unbekannten Menschen, also andersartigen Individuen angegriffen zu werden! Verlangen nach Rückzug aus dem anhaltenden Gefühl heraus, Fremden misstrauen zu müssen und sich grundsätzlich hüten zu müssen vor allen Einflüssen wie auch vor jeglichen „Eindringlingen“ aus dem äußeren Umfeld. Diese Wachsamkeit gegenüber Fremden kann bis zur oben erwähnten Xenophobie führen und sich zu einer Furcht vor Menschen entwickeln, die nicht der eigenen Vorstellung von „normal“ entsprechen.

Sehen wir jemanden, der nur ein bisschen andersartig oder fremd ist, kommt uns vielleicht der plötzliche Gedanke, dass diese Person massiv gefährlich werden oder uns sogar töten könnte. Wir gewähren daher nur denjenigen „Einlass“, bei denen wir uns sicher fühlen oder glauben, dass wir sie subtil in eine „sichere“ Person verwandeln können, die uns dann in unserer Wachsamkeit sogar unterstützen kann.

Toxoplasmose ebnet Natrium den Weg

Nach meiner nächsten Toxoplasmoseeinnahme klingelt es kurz vor Mitternacht. Mein Nachbar steht vor der Tür, es geht ihm nicht gut, er möchte einfach reden, entschuldigt sich ständig für den nächtlichen Überfall. Seit Jahren sind wir Nachbarn und erst jetzt erfahre ich, dass er Kriegsreporter ist. Er erzählt mir von den Bildern von IS-Folterkellern, die in einer Art inneren Schublade landen, die er, so sagt er, nie mehr öffnen wird, um nicht daran – wie viele seiner Kollegen – kaputt zu gehen. Ich bin perplex, denn bevor mich das Leben 1988 etwas unsanft auf den homöopathischen Pfad brachte, befand ich mich in der Ausbildung zu genau diesem Beruf: Kriegsberichterstatter. Jetzt bin ich homöopathischer Arzt. Eigentlich, so mein Nachbar, haben wir doch beide dieselbe Aufgabe: den Menschen zuhören, wenn sie ihre Geschichte erzählen.

Und dann hat er auch noch ein Geschenk für mich im Gepäck. Ohne zu wissen, dass ich seit Monaten verzweifelt versuche, ein allergisches Hautekzem in den Griff zu bekommen, erzählt er mir von Natrium, das ihm eine homöopathische Ärztin verschrieb, worauf seine jahrelange schreckliche Neurodermitits für immer verschwand. Ich begriff sofort, dass das Salz, welches unseren tiefsten Verlassenheitsschmerz thematisiert, auch meine Haut wird heilen können und überhaupt erst wirken kann, nachdem Toxoplasmose darüber liegende Hass- und Angstblockaden weggeräumt hat.

Hierzu auch ein passendes Klienten-Feedback aus meiner Praxis:
„Vor der ersten Einnahme von Toxoplasmose war ich teilweise aggressiv, teilweise war ich gerade dabei, konsequent Grenzen zu ziehen und mal mein Wohlergehen in den Vordergrund zu stellen und nicht das der anderen. Die Härte, die damit einherging, war nach der Einnahme weg. Werner Baumeister hatte mir so ein bisschen was über Toxoplasmose erklärt, unter anderem, dass das Mittel mit der Abwehr gegenüber Fremdem bis hin zum Fremdenhass assoziiert wird. Nach der zweiten Einnahme kam ich nachts in eine totale Verzweiflung, in der ich nur noch nahezu hoffnungslos nach „oben“ heulte: `Ich kann nicht mehr, warum hilft mir denn niemand?` Dabei wurde mir Folgendes klar: Ich war gerade in die Zeit der ersten Wochen meines Lebens regrediert, in der ich in meinem eigenen Zimmer in meinem Bett lag, mich fürchterlich allein fühlte, nach meinen Eltern rief und niemand kam. Das Gefühl, total wertlos und ungeliebt zu sein (denn sonst würde ja jemand kommen), wurde riesengroß. Über diesen tiefsten Schmerz, nämlich den, nicht geliebt zu werden, entwickeln sich irgendwann als Schutz und Abwehr gegen das Fühlen des Schmerzes Wut und Hass. Unsere Wut auf Fremde(s) ist letztlich nichts anderes als eine Projektion, die sich im Kern auf unsere Eltern und letztlich auf Gott richtet (ich will meinen eigenen Schmerz nicht fühlen, darum bekämpfe ich andere und füge ihnen Schmerz zu), von denen wir uns irgendwann einmal alleine gelassen gefühlt haben. Toxoplasmose gräbt sich einen Weg durch diese Wut und löst sie auf, so dass wir wieder in Kontakt mit den Randbereichen unseres tiefsten Schmerzes kommen.“

Natrium, also einfaches Salz, hilft uns jetzt, im Blick zurück auf diese Ur-Wunde nicht steckenzubleiben. Es ermöglicht uns, noch einmal in primäre Kindheitsgefühle einzutauchen, und gibt uns die Kraft, diese bewusst nachzuerleben und so zum Ausdruck zu bringen. Diese „Klartextkommunikation“ erlöst uns davon, das Verdrängte immer weiter verschlüsselt über Symptome und Projektionen darstellen zu müssen.

Homöopathischer Themenbereich

Natrium, die tiefstwirkende homöopathische Arznei, wartet eigentlich immer im Hintergrund auf seinen Einsatz. Denn mit dem damit verbundenen ersten tiefen Verlassenheitsschmerz können wir uns erst versöhnen, wenn Wut- und Hass-Blockaden gelöst sind durch Feindbild-Nosoden wie Toxoplasmose und Lyssinum (Tollwut- Nosode). Den Schmerz, den keiner noch mal spüren will, den tun wir anderen an, was man Krieg nennt. Der Motor, der uns dabei antreibt, ist Fremdenangst und Fremdenhass (den wir mit Toxoplasmose auflösen können). Unterstützt werden die Nosoden auch von den homöopathischen Skorpionmitteln aus der Spinnenfamilie. Sie sind angezeigt, wenn wir in eine gefühlt feindliche und bedrohliche Welt schauen wie ein Panzerfahrer, dem auch nur dieser reduzierte Tunnelblick zur Verfügung steht.

 

Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister):
HomöopathieBedrohungBlockadeMisstrauenDepressionAbwehrVerlassenheitWut.

 

Werner Baumeister

ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin.

Einzeltermine nach Vereinbarung, Behandlungstermine zum Thema des Artikels jederzeit möglich.

Information zu aktuellen Workshops immer auf der Seite „Homöopathie am Puls der Zeit

(mit Themenregister aller Artikel) sowie unter Tel.: 0172 – 391 25 85 .

Oder Newsletter mit aktuellen Terminen abonnieren unter E-mail w.baumeister{at}gmx.net .

Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich immer 

auch als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

 

 

Über den Autor

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Werner Baumeister ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin. Einzeltermine nach Vereinbarung

Die im SEIN regelmäßig veröffentlichte Fortsetzungsserie „Homöopathie am Puls der Zeit“ versteht sich auch immer als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

0172 – 391 25 85

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