Ayurveda zur Behandlung von Burnout

Burnout ist auf dem besten Weg, zu einer Volkskrankheit zu werden. Immer mehr Menschen fühlen sich ausgebrannt und leer. Wenn das Feuer erlischt: Ayurveda geht die Symptome auf verschiedenen Ebenen an und entfacht das Lebensfeuer wieder.

 

Es ist erschreckend, in welchem Ausmaß Menschen langjährigen Raubbau mit ihren körperlichen und geistigen Kräften betreiben. Die daraus resultierenden Schlafstörungen, Migräneanfälle, Depressionen, Ängste und chronische Energielosigkeit betreffen mehr als 1,5 Millionen Menschen aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten in Deutschland und werden in der modernen Medizin als Burnout bezeichnet, was soviel wie “Ausgebranntsein” bedeutet. Auffällig ist dabei, dass besonders häufig Menschen aus sozialen Berufen unter diesem Krankheitsbild leiden und als schulmedizinisch definierte Ursache eine jahrelange, meist berufliche, Überforderung – oft gepaart mit ständiger Frustration – als Grund für die Erkrankung angegeben wird. Diese Unfähigkeit, sich um sich selbst zu kümmern, wenn man sich um andere kümmert, sollte uns zu denken geben. Aber auch externe Ursachen wie chronische Infekte (besonders Viren), Giftbelastungen und Ernährungsfehler sowie Immun- und Hormonstörungen können als Krankheitsauslöser dienen und die psychosomatische Komponente verstärken.

Die Bezeichnung Burnout ist aus ayurvedischer Sicht auf makabre Weise passend für ein Krankheitsbild, bei dem das Lebensfeuer agni erlischt und die daraus erfolgenden Mangelerscheinungen auf der energetischen und substanziellen Ebene zu tiefliegenden Störungen des körperlichen und psychischen Wohlbefindens führen. Möchte man Burnout mit den ayurvedischen Begrifflichkeiten definieren, so würde man es vorrangig als Vata-Störung mit einem Mangelzustand von Rasa (einer der Basisstoffe, aus denen wir bestehen) und Ojas (Immun- und Abwehrkraft) bezeichnen. Speziell das Prana-Vata – die Lebensenergie schlechthin mit enger Beziehung zur Psyche und ihrer Re- gulierungsfunktion für alle anderen Doshas – bewältigt seine Aufgaben nur unzureichend und führt zu einer Verminderung von Kapha, das für die nährende und aufbauende Kraft steht und im Wesentlichen für die Bildung von Ojas verantwortlich ist.

 

Hand in Hand: Yoga und Ayurveda

Geradezu ideal, um einem Burnout auf wirkungsvolle und nachhaltige Weise zu begegnen, sind die ganzheitlichen Empfehlungen, Techniken und Therapiemethoden des Yoga und Ayurveda. Speziell die sanften Massagen, die aufbauenden Ernährungsempfehlungen und die hochpotenten Kräuterrezepturen der ayurvedischen Rasayana-Therapien stellen in Kombination mit einem entspannendem Asana- und Pranayamaprogramm (Yogastellungen und Atemübungen) die optimale Burnout-Behandlung für Körper und Geist dar.

Um das große Heilpotential des Ayurveda zur erfolgreichen Burnout-Behandlung zu nutzen, ist es notwendig, die individuellen Krankheitsursachen des Einzelnen zu ermitteln und anschließend zu meiden. Hierbei ist es unerlässlich, dass ein erfahrener Ayurveda- und/oder Yoga-Therapeut seinen Klienten bei der Analyse des eigenen Lebens unterstützt und zur Umsetzung von Veränderungsstrategien motiviert. Dabei sollten die wichtigsten Vata-reduzierenden Maßnahmen in der täglichen Ernährung und Verhaltensweise so schnell und so umfangreich wie möglich umgesetzt und fest in den Alltag integriert werden (siehe Kasten Seite 5). Ferner sind viele Ölbehandlungen aus der ayurvedischen Manualtherapie indiziert. Ganz besonders wohltuend für die körperliche  Vitalität und die psychische Stabilität ist der Ölstirnguss Shirodhara, den sich die Betroffenen mindestens zwei Mal pro Woche gönnen sollten. Auch milde Dampfbäder, Ölmassagen, eine sanfte Ausleitung mit Sennesblättern, Rizinus oder Triphala und innere Ölungen (Ein- läufe) unterstützen den regenerativen Aufbauprozess. Die Einnahme von Heilsubstanzen mit våta-reduzierender Wirkung rundet die Behandlung ab (zum Beispiel Ashwanganda, Kapikacchu, Shatavari, Deshamula). Dabei werden die Substanzen nach den vorherrschenden Symptomen ausgewählt.

 

Den Körper nähren, den Geist stärken

Sobald die Vata-regulierenden Maßnahmen die ersten positiven Ergebnisse zeitigen, können die darauf aufbauenden Rasayana-Therapien ihre volle Wirkung auf den Funktions- und Nährzustand der einzelnen Gewebe entfalten. Hierbei ist besonders die Einnahme von nährenden Substanzen wie Milch, Ghee und Honig, aber auch von klassischen Nahrungsergänzungen wie Chayavanabrush, Weizengras oder Ashwaganda zu empfehlen. An dieser Stelle interessant: In den ayurvedischen Schriften decken sich die angegebenen Symptome bei einem Mangelzustand des Nährgewebes rasa in überraschendem Maße mit den Symptomen des Burnout-Syndroms wie Schwäche, „Trockenheit und Rauheit“ der Gewebe (= allgemeine Funktionsbeeinträchtigung), Abmagerung, schwerer Atem, Herzklopfen, Druck oder Schmerzen im Brustraum, Zittern, Geräuschempfindlichkeit, Müdigkeit, Interesselosigkeit und Depressionen.

Für die Stärkung des Geistes, der Konzentrationsfähigkeit und der inneren Zufriedenheit gibt es ebenfalls hervorragende Pflanzenpräparate, sogenannte Medya Rasayanas, wie Sankhapuspi, aber auch das bekanntere Brahmi oder Tulsi. Beruhigend wirkt vor allem Tagara.

 

Spirituelle Heilung

Neben all den körperlich ausgerichteten Verjüngungsmethoden und Heilkräutern sollten die spirituellen Therapien nicht zu kurz kommen. Eine regelmäßige Schulung des Geistes durch Meditation wird zwar oft vernachlässigt, ist aber einer der entscheidenden Faktoren, um mit Stress und Überlastung auf bessere Weise umzugehen und neue Lebens- kräfte und Freude zu finden. Häufig ist eine psychologisch orientierte Ayurveda-Beratung notwendig, um neue Perspektiven für eine neue – den eigenen doshagerechten Bedürfnissen entsprechende – Lebensausrichtung zu gewinnen. Auch mentale Stressmuster können durch eine bewusste Schulung des Geistes sehr gut erkannt werden, und eine “sattvische (ausgewogene) Persönlichkeitsmodifikation” führt zu innerer Ruhe, Gelassenheit und Zuversicht.

Für diesen Prozess empfehlen die klassischen Schriften der Ayurveda-Heilkunde regelmäßige Meditationen als die kraftvollste aller beschrieben Methoden. Dies ist für den Burnout-Patienten eine sehr gute Nachricht, denn die spirituellen Therapien zeigen keine Nebenwirkungen und kosten nichts!


Wenn das Feuer erlischt: Einfache Ernährungs- und Lebensregeln zur Vata-Reduktion bei Burnout

  • im regelmäßigen Rhythmus essen, schlafen und sich bewegen
  • warme und gekochte Speisen bevorzugen
  • warme Getränke, insbesondere heißes Wasser und Ingwerwasser trinken
  • täglich meditieren, in die Natur gehen
  • milde Gewürze wie Safran, Ingwer, gekochten Knoblauch, Kreuzkümmel und Steinsalz täglich mit der Nahrung einnehmen
  • Früh schlafen gehen (gegen 22 Uhr) und evtl. davor eine heiße Milch mit Ashwaganda und Honig trinken
  • Zur körperlichen und mentalen Stärkung alle Rasayana-Nahrungsmittel bevorzugen: Milch, Ghee, Honig, Weizen, Mandeln, Nüsse, süße Wurzelgemüse, Trauben, Mango, Trockenfrüchte
  • Im Akut-Zustand helfen die Rasayana-Nahrungsergänzungen Chayavanabrush, Weizengras oder Ashwaganda zur Regeneration der Lebensenergie und Abwehrkraft
  • Mentale Erschöpfung kann mit Medya Rasayanas wie Sankhapuspi, Brahmi Tulsi oder Tagara ausgeglichen werden.

Grundbegriffe des Ayurveda

Dosha
Bei den Doshas handelt es sich um drei Prinzipien, die für die Steuerung sämtlicher Abläufe und Funktionen im Körper verantwortlich sind. Die drei Doshas – vata, pitta und kapha – sind die wichtigsten Faktoren der ayurvedischen Lehre überhaupt. Denn sie sind für alle positiven und negativen Veränderungen im Körper verantwortlich, je nachdem, ob sie sich in einem normalen oder in einem pathologischen Zustand befinden. Es handelt sich nicht um Substanzen, sondern um höchst dynamische Kräfte, die alle physiologischen und pathologischen Prozesse im Körper steuern.

Vata
Vata ließe sich als das ‘kinetische Prinzip’ bezeichnen, da es für jede Form von Bewegung, die sich im Körper zeigt, verantwortlich ist. Der Begriff våta stammt aus dem Sanskrit und leitet sich von der Verbalwurzel vå ab, die für ”sich bewegen” steht. Die Eigenschaften von våta sind Leichtigkeit, Trockenheit, Rauhigkeit, Nicht-schleimig-keit, Kälte, Beweglichkeit und Feinheit. Våta ruft diese Eigenschaften im Körper hervor und erhält sie, wo sie benötigt werden, aufrecht. Ist våta jedoch gestört (man sagt ‘erhöht’ oder ‘aggraviert’), produziert es die Eigenschaften im Übermaß.

Pitta
Pitta ist das ‘thermische Prinzip’. Die Bezeichnung steht in enger Beziehung zu dem Sanskrit-Begriff tapas, der ”Hitze” bedeutet. Die Eigenschaften von pitta sind flüssig, scharf, sauer, etwas ölig, beweglich wie eine Flüssigkeit (fließend), scharfer Geschmack und penetrierend. Wenn sich pitta im Normalzustand befindet, ruft es diese Eigenschaften im Körper hervor und erhält sie aufrecht. Ist pitta jedoch gestört, prägen sie sich in einem Übermaß aus und Krankheiten entstehen, bei denen diese Eigenschaften die Hauptsymptome bilden (wie z.B. Gastritis).

Kapha
Das ‘Wasser- bzw. Synthese-Prinzip’ des Körpers wird im Ayurveda kapha genannt. Der Begriff beinhaltet die Silbe ka – eine der vielen Bezeichnungen im Sanskrit für ‘Wasser’. Die Eigenschaften von kapha sind ölig, kühl, schwer, süß, stabil, schleimig oder klebrig und weich. Befindet sich kapha in einem Normalzustand, so produziert es diese Eigenschaften und hält sie – wo nötig – aufrecht. Ist kapha jedoch gestört, so entstehen sie im Übermaß im Körper, was zu schwerwiegenden Erkrankungen (wie Diabetes) führen kann.

Agni
Agni läßt sich mit ‘Verdauungsfeuer’ übersetzen. Es handelt sich hierbei um eines der wichtigsten Wirkungsprinzipien in unserem Körper. Es steuert alle Verdauungs- und Stoffwechselprozesse, zum Beispiel über die Regulierung der Verdauungsenzyme und -hormone.


Abb: © gradt – Fotolia.com

Eine Antwort

  1. AZ

    Meiner bescheidenen Meinung nach sollten wir nicht nur die Symptome heilen, sondern uns auch mit den lebensfeindlichen gesellschaftlichen Umständen beschäftigen, denen wir ausgesetzt sind.
    Danke

    Antworten

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