Ein Yantra symbolisiert göttliche Energie und soll eine Reflexion höherer kosmischer Ordnung sein. Seine Erschaffung und die anschließende Versenkung in die entstandene Form führt in erweiterte Bewusstseinszustände mit dem Ziel, Befreiung zu erlangen.

Yantras sind heilige geometrische Diagramme indischer Abstammung. Nach Harish Johari sind es symbolische Kompositionen von Energiemustern verschiedener Gottheiten, so wie sie von den Rishis oder tantrischen Sehern in ihren Visionen gesehen wurden. Das Wort Yantra entstammt der Wurzel yam = stützen, (er)halten. Die Silbe tra kommt von trana = Befreiung von Gebundenheit, Anhaftung. Im Tantra wurde das Yantra zur „Stütze“ in der Meditation und zur Vorlage von Visualisierungen. Als spirituelles Werkzeug wird das Yantra genutzt, um das Bewusstsein von der Außenwelt zurückzuziehen und es in die innere Welt zu leiten. Das Ziel liegt darin, den Sadhak, den Übenden, zu unterstützen, jenseits des Alltagsbewusstseins erweiterte Bewusstseinszustände, Turiya, und schließlich Befreiung, Moksha, zu erlangen. Es ist aus neun ineinandergreifenden Dreiecken geformt. Dieses Ineinandergreifen ergibt weitere 43 kleinere Dreiecke, und diese repräsentieren die Nicht-Dualität Advaita. Sie entspringen konzentrisch dem zentralen Bindu-Punkt, der Schnittstelle zwischen dem physischen Universum und der unmanifestierten Quelle von allem.

Es gibt unterschiedliche Verwendungsarten für Yantras, wie pujanayantra (tantrische Verehrung), Yantren zum magischen Einsatz in Riten wie raksayantra (Schutzmagie) oder akarsayantra (Yantra der Anziehung), dharanyantra (im Ritual hergestellte magische Yantra-Amulette), Yantras als magisches Fundament eines darauf platzierten rituellen Gegenstandes und dyanayantra (Meditationshilfe).

Die Energie der Form

Solche mystischen Yantren sind eine Verbindung aus drei Prinzipien: Form (Akriti-rupa), Funktion (Kriya-rupa) und Energie (Shakti-rupa). Da jegliche Materie, unabhängig von ihrer äußeren Erscheinungsform, aus einer inneren Struktur auf der atomaren und subatomaren Ebene besteht, kann jeder Aspekt des Weltlichen in seiner energetisch-strukturellen Form symbolisch auf ein Yantra übertragen werden. Alle Formen haben eine offensichtliche und eine feinstoffliche „innere“ Struktur, mit einem zugrunde liegenden ursächlichen Muster für die äußere Form. Im weitesten Sinne bezieht sich Akriti-rupa auf diese innere, versteckte Form von Strukturen, die vom Atom bis zu den Sternen zu finden ist. Jede Blume und jedes Blatt sind über ihre äußere Form erfassbar, aber sie besitzen ebenfalls diese spezielle innere Form. Sie besteht aus einem skelettartigen Rahmenwerk, in dem alle linearen Formen sich mit einer zentralen Achse oder einem Kern kreuzen, verbinden oder konzentrisch angeordnet sind.

Yantras sind, da sie diese Strukturen symbolisch abbilden, in diesem Sinne Konzepte des Kosmos, symbolisieren damit aber gleichzeitig auch spirituelle Aspekte des menschlichen Erfahrungsspektrums. Denn in den Formen sind archaische Symbolismen enthalten, die mit inneren Stufen veränderter Bewusstseinszustände und psychischer Kräfte korrespondieren. Daher spricht man von der im Yantra verkörperten Kriya-rupa, dem funktionalen Prinzip.

Durch konstantes “Aufladen” des Yantras durch rituelle Verehrung erwacht sozusagen die in der feinstofflichen Form schlummernde spirituelle Kraft und wird für den Praktizierenden erlebbar. In diesem Fall spricht man davon, dass das Yantra sich jenseits von Form und Funktion bewegt und zu einem  magischen Diagramm wird. Hier beginnt das energetische Prinzip Shakti-rupa zu wirken, ausgestattet mit dem “Code“, eine weltliche Information in eine spirituelle Erfahrung zu verwandeln. An diesem Punkt offenbart sich das Yantra in seiner tieferen Bedeutung und Ausrichtung – die hinter der eher archetypischen und scheinbar simplen Form zu entdecken und zu erfahren ist.

Der Code des Universums

Yantras können zwei- oder dreidimensional sein. Zweidimensionale Yantras werden in der Regel auf Papier, Stoff und andere Materialen gezeichnet. Dreidimensionale Yantras sind meistens Strukturen aus Metall, zuweilen aus Kristall oder Stein, oft Maha Meru genannt. 

Das wohl bekannteste, das Sri Yantra oder Sri Chakra, wird häufig zwei- oder dreidimensional dargestellt. Dieses spezielle Yantra stellt den Kosmos mit sämtlichen wirkenden Kräften dar. In der hinduistischen Kosmologie erschafft und erhält es den gesamten Kosmos. Südindische Hindus – insbesondere Shakta-Kulte – verehren und preisen die intelligente kosmische Kraft symbolisch im Sri Yantra.

Sri Amritananda Natha, von seinen Anhängern Guruji genannt, ein großer Guru in Südostindien und Begründer des Ashrams Devipuram, platziert in das Zentrum seiner Lehren das Sri Meru Chakra oder Maha Meru, eine dreidimensionale Projektion des Sri Yantra. Der promovierte  Atomphysiker bezeichnet Maha Meru als den intelligenten genetischen Code des Kosmos und erklärt, dass die Formen und die Geometrie von Yantras spezifische schöpferische, heilende usw. Frequenzen und Energiemuster ausstrahlen sowie friedliche, organisierende und liebende Frequenzen anziehen.
Maha Merus werden von ihm auch zur Heilung, energetischen Reinigung, Herstellung von innerer und äußerer Balance und zum Schutz eingesetzt. Sie werden in verschiedenen Größen und aus unterschiedlichen Metallen in höchster geometrischer Präzision und begrenzter Auflage hergestellt.

Das beeindruckendste Maha Meru weltweit ist allerdings der Sri Maha Meru Nilaya Tempel in Devipuram selbst. Er ist ein dreidimesionales Yantra als architektonischer Bau. 108 Yogini-Statuen bewohnen den Tempel, fast lebensgroß, sinnlich und anmutig.

Heiliges Diagramm

Ein Yantra ist ein heiliges Diagramm. Wie ein Spinnennetz wächst es vom Zentrum aus in verschiedenen Stufen nach außen, bis es komplett ist. Es besteht aus vielen konzentrischen Umrissen, die sich nach außen ausdehnen und nach innen, zum Zentrum hin, zusammenziehen. Es ist strukturell organisiert wie ein Spinnennetz und symbolisiert die Entfaltung oder Ansammlung von Energien.
Die australischeYogalehrerin Rachel Zinman bringt mit dem Workshop „The Yoga of Lakshmi“ eine besondere Yantrapraxis nach Berlin – nicht nur Yogapraxis mit Asanas, Pranayama und Meditation, sondern auch ein tantrisches Ritual mit dem Lakshmi-Yantra wird eine ganz direkte Erfahrung eröffnen. Tausende von leuchtenden Blütenblättern, ein großes Yantra auf dem Boden und eine Gruppe Menschen, die dieses Yantra gemeinsam kreieren…

Wenn du das Yantra in dir selbst fühlst, verstehst du das Wesen deiner Reise. Alles ist perfekt für dich vorgesehen. Wenn du erst einmal die primären Formen in dir gefühlt hast, kannst du beginnen sie zu nutzen, du wirst verstehen, was und wer du bist, und daraus erwächst sehr viel Kraft. Das Yantra funktioniert korrekt, wenn du seine innere Bedeutung erfahren hast. Durch die ständige Stärkung des Yantras durch physische und metaphorische Opfergaben wird es zu einem potenten Werkzeug für deine eigene Transformation“.

Weitere Infos unter https://taotempel.de/blogs/spiritueller-guide/was-ist-sri-yantra-die-bedeutung-und-wichtigkeit-hinter-diesem-heiligen-symbol 


Über den Autor

Avatar of Eva Maria Moog

* 28.02.1967, Tänzerin, Diplom-Pädagogin, lebt und arbeitet in Berlin.

Ausbildung in Modern-Dance, Weiterbildungen in japanischem Butoh-Tanz, Samba, Afro.Trance-Dance-Presenter (Frank Natale), Fortbildung in Tanztherapie (Fe Reichelt), Einführung in indianische Lehren (Devalon Small Legs Long Time Travelling).

Lange Zeit tätig als Performerin, arbeitete in der Suchtprävention (Designerdrogen), Dissertationsprojekt über Trance-Tanz in Zusammenarbeit mit der Uni – Gießen (Prof. Vaitl, Dr. Ott), gibt Seminare und Einzelunterricht in Trance-Tanz, Improvisation, Choreographie.

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