Homöopathische Antworten am Puls der Zeit

von Werner Baumeister

 

Die Königskobra, die größte Giftschlange der Welt, ist ein Anschleichjäger. Sie greift plötzlich und unerwartet an und verschlingt ihre Beute gewöhnlich im Ganzen. Sie jagt nicht offen und berechnet ihre Bewegungen genau, denn sie weiß, dass sie außer ihrem Gift nichts hat, um sich zu verteidigen oder um anzugreifen. Homöopathisch hilft ihr Nervengift, wenn unser Urvertrauen ins Leben tief erschüttert wurde. Auf die Frage, ob das Leben gut ist, würde, wer homöopathisch die Königskobra braucht, wie folgt antworten:

„Das Leben ist unsicher, unberechenbar, trügerisch, falsch und eher finster. Ich fühle mich einsam, isoliert, verletzlich und im Stich gelassen. Ich fühle mich missbraucht, misshandelt, betrogen, verkannt und glaube, dass mir Unrecht angetan wurde. Ich möchte all dies mit gleicher Münze zurückzahlen (Kobra-Leitsymptom: Rachsucht). Insofern misstraue ich dem Leben, bin stets wachsam, auf der Hut und äußerst vorsichtig. Ich plane alles gründlich im Voraus und versuche, Situationen vorherzusehen. Da ich stets das Gefühl habe, angreifbar und unterlegen zu sein, kann ich niemandem trauen. Jeder kann sich als Rivale erweisen.“

Ich erinnere mich an einen Film über indische Königskobras.
Die frischgeschlüpften Kobrajungen hatten sich noch nicht mal ganz aus ihrem Ei befreit und fingen schon an sich aufzurichten, miteinander zu kämpfen und in kobratypischer Drohgebärde ihren kleinen Kobrafächer zu entfalten. Ich selbst war immer ein Freund „gepflegter Feindschaften“ mit einer ausgeprägten Neigung zu Feindbildern. Insofern war ich verblüfft, dass ich unter der Einnahme von Königskobra zunehmend friedlicher wurde. Doch es kann in Form einer Erstreaktion durchaus auch erst einmal in die andere Richtung gehen.

Bei einem Klienten, der im Alter von drei Jahren bei einem Krankenhausaufenthalt von einem Pfleger brutal sexuell missbraucht wurde, kam für mehrere Tage noch einmal seine ganze Wut auf seine Mutter und auf Gott hoch: „Meine Welt und ich wurden buchstäblich in Stücke gerissen und meine Mutter hatte mich dieser Situation ausgeliefert, mich verraten und verlassen. Obwohl ich schon lange verstanden habe, dass sie nichts dafür konnte (sie durfte mich während der zehn Tage des Krankenhausaufenthaltes nicht einmal besuchen) und ich an dieser Sache schon oft gearbeitet hatte, kam noch einmal ein tiefer Hass auf sie mit jeder Menge Rachegedanken an die Oberfläche – ebenso wie auf Gott, der das ganze Grauen zugelassen hatte. Und ich merkte: Solange ich das Thema nicht komplett aufgeräumt und in all seinen Aspekten durchgefühlt habe, werde ich zu meiner Mutter und zum Leben nie ein entspanntes Verhältnis haben – und auch keine Chance, mich hier auf der Erde sicher und getragen zu fühlen und Liebe zu empfinden.“

Das Leben ist gut!

Kann ich dem Leben trauen, kann ich mich dem Leben anvertrauen?
Das ist das Thema der Königskobra. Und genau da holt sie uns ab, und zwar ohne dass wir etwas machen oder erkennen müssen. Sie holt uns ab, das heißt, es passiert einfach und wir vertrauen uns dem Leben an. Einen solchen Moment erlebe ich nach der ersten Einnahme der Königskobra. Ich hatte mein neues 1000-Euro-Fahrrad am Werbeaufsteller des Copyshops angeschlossen und war gerade mit der Bindung meiner Artikelsammlung beschäftigt, als eine Frau reinkommt und immer wieder laut fragt, wem das nicht angeschlossene Fahrrad draußen gehört. Ich fühle mich erst gar nicht angesprochen, aber durch ihre Beharrlichkeit schaue ich dann doch kurz draußen nach und traue meinen Augen nicht. Mein fettes Schloss umschließt zwar den Werbeträger, aber nicht meine Fahrradrahmen, sondern liegt nur auf diesem auf. Das ganze Bild ist geradezu eine Aufforderung: „Klau mich!“ So viel Doofheit gehört eigentlich bestraft, sage ich zu ihr und denke: Unglaublich aufmerksam, diese Frau, das muss man ja überhaupt erstmal bemerken mit dem Schloss. Und es dann auch noch so zu seiner Sache zu machen, dass man keine Ruhe gibt, bis der Besitzer gefunden ist – bemerkenswert. Diese nette Frau war wirklich mein Kobraschutzengel und zumindest für diesen Tag war ich mir ganz sicher: Das Leben ist gut!

Königskobra-Training in Vertrauen!

Während einer Yogastunde unmittelbar nach Einnahme der Königskobra sagt der Yogalehrer Folgendes: Yoga kann man nicht machen. Man kann Rituale rund ums Yoga machen, wie um den Schlaf. Aber wir können Schlaf nicht machen. Schlaf kommt – Yoga kommt. Spontan wird mir klar: Genau das ist Königskobra. Hör auf, etwas zu tun. Es kommt schon der richtige Impuls zum richtigen Zeitpunkt.

Mir fällt folgendes Zitat eines Klienten ein, der diese Arznei bekommen hatte: Ich erlebe die Königskobra wie etwas Übergeordnetes, und dann rieselt die Ordnungskraft von dieser Ebene in unser tägliches Leben rein. Wie ein höheres Ordnungsfeld, an dem sich unser aktuelles Sein neu ausrichtet oder wieder ausrichtet. Denn es ist alles da, schon die ganze Zeit. Wir müssen nichts Neues machen oder uns irgendwie entwickeln. Unsere Glaubenssätze revidieren sich einfach von selbst und stehen uns nicht mehr im Weg.

Ich selber habe einen solchen Moment völliger Entspannung mit der Königskobra erlebt.
Ich habe mich sehr bei mir gefühlt, nichts Spektakuläres, einfach sehr ruhig und zentriert. Ich habe mit meinem Morgentee am Fenster gesessen und gedacht: Ja, das ist ein bisschen wie Heimkommen. Die ganzen krampfigen Überlegungen, Strategien, was ich machen, tun und lassen muss, fielen einfach von mir ab. In diesem Moment habe ich eine Ahnung bekommen von der Dimension, die dieses homöopathische Mittel hat.

Die Hingabe an etwas Größeres

Seit 25 Jahren ist Naja tripudians, die indische Kobra, sicherlich die spirituellste Arznei in meiner homöopathischen Praxis. Sie hat letztendlich die Impulse gesetzt für die Artikelreihe in der Zeitschrift SEIN und dafür, dass ich heute homöopathischer Arzt bin. Wenn die indische Kobra für mich der direkte Draht zu meinem höheren Selbst ist, dann ist die Königskobra die Verbindung mit dem Göttlichen im Sinne von Urvertrauen. Die Naja kommt mir fast männlich vor gegen die Königskobra, die sich anfühlt wie eine matriarchale Gottheit, weil letztendlich nur die totale Hingabe in ihren Zustand führt. Ich erlebe sie noch tiefer und mächtiger als Naja. Eine Energie, in der ich mich noch mehr gehalten und geborgen fühle und die mir hilft, immer mehr wirklich ich selbst zu sein. Kein Wunder, dass in vielen Schöpfungsmythen Schlangen der eigentliche Ursprung allen Seins und an der Weltenentstehung beteiligt sind.

Angst, vom Leben verschlungen zu werden

Königskobra, dass heißt für mich auch absolute Ego-Demontage.
Tagelang fühle ich mich wie ein Nichts ohne Charisma, total depressiv und von allem eingeengt und angegriffen. Aber dann ganz plötzlich ohne Grund erlebe ich einen Tag unglaublich entspannt und glücklich. Nichts macht mir Angst. Ich kann jeden so lassen, wie er ist, auch mit seinen Spannungen und schrägen Verhaltensweisen. Ich spüre, wie mein Herz überläuft von Liebe. Es ist Liebe für alles da, was mir heute begegnet. Ein für mich unglaublich verblüffender Zustand. Was ich immer als esoterisch belächelt habe, diesen Zustand spüre ich mit der Königskobra. Ich weiß, dass das wahrscheinlich nicht anhält und dass es ein Moment ist, den ich nicht festhalten kann. Aber auch das ist völlig okay. Mir wird klar: Man kann diese ganze Veranstaltung Leben hier ganz entspannt angehen, und zwar völlig in dem Vertrauen darauf, geführt zu sein. Mit Königskobra hat meine Angst, verletzt zu werden, nicht mehr höchste Priorität, sondern ich bekomme plötzlich richtig Lust, mich von meinen Liebesgefühlen leiten zu lassen und dieses Risiko, verletzt zu werden, einzugehen. Ophiophagus, der lateinische Name der Königskobra, bedeutet „schlangenfressend“.
Die homöopathische Botschaft der Königskobra lautet: Hingabe heißt, dich vom Leben fressen zu lassen. Hör auf, dich dauernd zu schützen, sondern biete dich dem Leben als Nahrung an!

 

Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister):
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Werner Baumeister

ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin.

Einzeltermine nach Vereinbarung, Behandlungstermine zum Thema des Artikels jederzeit möglich.

Information zu aktuellen Workshops immer auf der Seite „Homöopathie am Puls der Zeit

(mit Themenregister aller Artikel) sowie unter Tel.: 0172 – 391 25 85 .

Oder Newsletter mit aktuellen Terminen abonnieren unter E-mail w.baumeister{at}gmx.net .

Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich immer auch

als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

 

 

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