von Katja Schönitz

I have a dream.“ Von Martin Luther King ist wohl einer der berühmtesten und eindringlichsten Sätze der Menschheitsgeschichte. Mit diesem Satz goss Martin Luther King die ganze Kraft seiner Vision in vier Worte. Er lässt erahnen, welche gewaltige Schaffenskraft in ihm ruhte, als er seinen Traum vor tausenden Menschen aussprach und seine Vision zur Mission machte. Welche kraftvollen Emotionen und Gedanken ihn dabei begleitet haben mochten.

Wozu Visionen

Visualisieren zu können, Träume zu haben, unterscheidet uns von anderen Lebewesen. Das gibt uns nicht nur Kraft, die Welt zu gestalten, sondern auch eine unglaubliche Verantwortung dem Leben auf dem Planeten insgesamt gegenüber.

Eine Vision ist ein Bild unserer Zukunft. Das gibt Orientierung und Motivation zugleich. Etwas, an das wir uns halten können. Sie ist wie der Stern am Himmeln, dem wir folgen, auch wenn der Weg steinig wird. 

Visionen im Hier und Jetzt

Gibt man bei Google den Suchbegriff „Visionen erarbeiten“ ein, so beziehen sich die ersten zehn von zehn Suchergebnisse entweder auf Unternehmensstrategien oder Visionen zur Verwirklichung der eigenen Karriere, (bei Ecosia sind es neun von zehn).

Wenn innerhalb des Systems nur noch der (wirtschaftliche) Teil über sich selbst und seine Daseinsberechtigung träumt, drehen wir uns im Kreis und es fehlt etwas ganz Entscheidendes in der Gesellschaft: die Menschlichkeit und die bedingungslose Ganzheit des Seins.

Viktor Frankl sagte zu seiner Zeit, jedoch noch heute treffend: Im Gegensatz zum Tier sagt dem Menschen kein Instinkt, was er muss, und im Gegensatz zum Menschen in früheren Zeiten sagt ihm keine Tradition mehr, was er soll – und nun scheint er nicht mehr recht zu wissen, was er eigentlich will. So kommt es denn, dass er entweder nur will, was die anderen tun – und da haben wir den Konformismus –, oder aber er tut nur, was die anderen wollen, von ihm wollen – und da haben wir den Totalitarismus. –Zugefügt zum Zitat sei: Oder er tut in Unverbundenheit zur Welt nur noch das, was Unlust vermeidet und ihm Lust bereitet – und dann haben wir den egoistischen Individualismus. –

Was macht eine Vision aus?

Eine Vision spricht direkt Bedürfnisse an und ist hinterlegt mit einer klaren Werteorientierung.

Eine Vision, die die Kraft inne trägt, gestalterisch in der Welt zu wirken, vermittelt einen klaren Sinn. Dieser ist gefüllt mit etwas, das außerhalb seines Selbst liegt und einen Nutzen auch für andere Menschen hat. Das ist wichtig, um längere Durststrecken zu überstehen. So träumte Martin Luther King von einem gerechteren Amerika, in dem Menschen aufgrund ihres Wesens unabhängig ihrer Hautfarbe geschätzt werden.

Der Sinn hinter dem, wie wir uns die Welt wünschen, steht wie ein Stern am Himmel und weist uns durch das Labyrinth von Wirrungen, Versuchungen und menschlichen Schatten.

Wer zum Beispiel visioniert, dass der Mensch wieder mehr im Einklang mit der Natur lebt, dem fällt es leichter, das Rad anstatt des Autos für den zweistündigen Arbeitsweg zu nehmen. Dann wird aus einer anfänglichen Strapaze sogar Freude des Erfolgs als kleinen eigenen Beitrag für die Visionserfüllung. Friedrich Nietzsche sagte pointiert: „Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie.“

Wo stehst du gerade? Es muss nicht gleich die weltverändernde Vision sein. Auch in der eigenen Lebensgestaltung kann ein zukunftsweisendes Bild dazu beitragen, Möglichkeiten des Lebens bewusst zu gestalten.

Wo siehst du dich in 10 Jahren? Was wirst du zum Leben beitragen? Was ist die Vision deiner selbst?

Was Vision nicht ist

Nicht zu verwechseln ist die Vision von der Illusion. Eine Illusion oder Täuschung ist ein Trugschluss der gegenwärtigen Wirklichkeit, die von einem Wunschdenken gesteuert wird. Eine der destruktiven Formen von Illusionen sind Süchte. Diese können materiell oder immateriell sein (Alkohol, Rauchen, Kaufsucht oder Liebessucht). Ein ganz profanes Beispiel sind außerdem die in der Werbung bearbeiteten Photoshop-Bilder, welche ein illusorisches Bild erschaffen, das der Realität nicht standhält.

Die Vision wie auch die Illusion können sich beide durchaus auf das Hier und Jetzt beziehen. Während die Illusion jedoch statisch die Realität leugnet, nutzt die Vision, die „unaushaltbaren“ Elemente der gegenwärtigen Realität dynamisch als Startpunkt, um sie mit einem erstrebenswerten Ziel für die Zukunft zu hinterlegen. Die Illusion ist benebelnd und abwehrend, während die Vision zukunftsgewandt, kraftgebend und zu etwas hin gerichtet ist. Erst wenn ich fähig bin, meine Illusionen zu erkennen, kann ich eine Vision erschaffen.

Was sind deine Illusionen?

Vision als Prozess – Frage nach dem Wozu

Eine Vision zu kreieren – ein Bild von dem, was sein kann – ist ein Schöpfungsprozess, eine Auseinandersetzung mit uns selbst. Bewusstseinsschaffung für das, was ist –im Innen wie im Außen. Er erfordert Achtsamkeit für sich selbst, wie auch für seine Mitmenschen.

Die Vision ist der Wendepunkt in einem emotionalen Heilungsprozess‘. Martin Luther King  hat als Schwarzer in den USA zur Zeit der Rassentrennung auf geistiger und körperlicher Ebene Verletzungen erfahren. Indem er sich damit auseinandersetzte, konnte er seine Vision von einem Leben Seite an Seite unabhängig der Hautfarbe entwickeln. Mit dieser leitete er all die Schmerzen, Ungerechtigkeiten und Unverbundenheit in eine ressourcenvolle, hoffnungsvolle, aktive Kraft um.

Visionsarbeit ist daher Emotionsarbeit. Während des Prozesses werden Phasen von Schmerz, Traurigkeit, Wut, Freude durchlaufen: Mir wird bewusst, wo meine Wunden sind, meine Ängste. Ich erkenne, welchen Illusionen ich aufliege.

Wenn all die Emotionen erkannt, angenommen und verarbeitet sind, kann die konstruktive Visionsarbeit beginnen. Das heißt empfangen, kreativ werden, malen, schreiben, sich die Freiheit nehmen, aus dem was ist, einen zukunftsorientierten, sinnvollen Zustand schöpferisch im Geiste zu formen. Sich erheben, den Kopf aufrichten, den Blick schärfen, sich in geistig-emotionaler Klarheit erden – das ist Leben.   

Visionen umsetzen

Sie zu verwirklichen heißt, Widerstände zu überwinden z.B. Menschen, die den Schöpfer dafür auslachen oder dagegen ankämpfen. Sich immer wieder klar zu zentrieren, diszipliniert zu sein und gleichzeitig bewusst und flexibel verschiedene Wege auszuprobieren, führt nach Rom.

Vertraue nur Dir selbst, wenn andere an Dir zweifeln, aber nimm ihnen ihre Zweifel nicht übel. sagte einst Rudyard Kipling    

Ein Umsetzung, die friedlich, jedoch bestimmt ist. Grenzen setzend. Kein Kuschelkurs. Die EINE Vision zu haben und für diese einzustehen, erfordert Entschlossenheit: Selbst zu denken, selbst zu fühlen und selbst zu entscheiden. Es wird belohnt. Wir geben unserem und DEM Leben mehr Sinn. Gleichzeitig bedarf die Umsetzung der Vision einer stetigen inneren Achtsamkeit und Anpassungsleistung. So endet die Vision nicht in einer „fanatischen Destruktivität von Idealen“ (G. Hole, Fanatismus: Der Drang zum Extremen und seine psychischen Wurzeln, 2004, S. 290), sondern bleibt in der Balance eines perfekt imperfekten Lebens.

Ich habe auch einen Traum:

Eine Gesellschaft…

… in der wir uns wieder in Beziehung zur Natur setzen und in der wir den Mut haben, „Nein“ zu sagen, wenn Leben zerstört wird.

…in der die Luft frei und klar und Einatmen nicht nur im fernen Wald eine Wohltat ist.

…in der Menschen sich ihrem Inneren zuwenden, ihre Wunden heilen und die Schmerzen aushalten können, ohne sich zu betäuben.                                                

…in der jeder sich verstrickungsfrei von dem anderen abgrenzen kann (darf) und trotzdem verbunden ist.

… sich Menschen fragen: Was will das Leben von mir?

Das ist meine Vision! Wie ist deine?

Wie du zu deiner Vision kommst

Die treibende Kraft, damit aus einer Vision Wirklichkeit werden kann, ist unsere menscheneigene Vorstellungskraft sowie die Emotionen, die wir mit der Vision verbinden. Sie sind der Sog in die Zukunft.

Um diese für die Visionsentwicklung- und Verankerung zu nutzen, gibt es verschiedene Techniken

      1. Visualisierung: Die Wunderfrage:

Nimm dir ein Blatt Papier und einen Stift. Schließe die Augen und stelle dir vor, dass du dich nach einem langen Tag fertig für die Nacht machst und zum Schlafen ins Bett gehst. Du schläfst wohlig und geborgen. Am nächsten Morgen fühlst du dich wunderbar entspannt, frisch und spürst eine pure Klarheit in dir. Du bemerkst, dass während der Nacht ein Wunder geschehen ist. Die Welt/ dein Leben, je nachdem auf welcher Ebene du deine Vision einsetzen möchtest, hat sich genau nach deinen Vorstellungen verändert.

Beantworte auf einem Blatt Papier/ in deinem Tagebuch:

  1. Was ist anderes? Woran erkennst du es? Wie fühlt es sich für dich an? Was hat sich gelöst? Wozu gab es diese Veränderung?
  2. Was kannst du dazu beitragen, damit diese Vision sich erfüllt?
  3. Wo können Hindernisse auftreten?
  4. Lasse die Vision zwei Wochen in dir reifen. Nimm dir dann erneut deine Notizen. Schreibe nieder, was dich genau daran begeistert und inspiriert. Formuliere konkrete Schritte, die du gehst, damit sich deine Vision verwirklichen kann.

          2. Zu zweit: Wunschkonzert

Suche dir mit einer zweiten Person einen Ort, an dem du dich sicher und geborgen fühlst. Der Coach/ Freund stellt dir über 20 Minuten monoton tranceähnlich immer wieder die Frage: Du hast einen Wunsch frei, welcher ist es? Sie/ Er notiert deine Antworten. Aus diesen formulierst du im Anschluss deine Vision.

          3. In der Gruppe

In einem Seminar in geborgener Atmosphäre kannst du dir einen Raum nur für dich und deine Visionsarbeit nehmen. Die Gruppe trägt dich und unterstützt dich bei der Schärfung deiner Vision. Inhalte sollten neben der Wertedefinition und Emotions-/Gefühlsarbeit auch eine Schweigezeit beinhalten. Körperorientierte Methoden bringen Verstand, Gefühle und Körper in den Einklang, so dass du das Seminar mit deiner ganz persönlichen visuell verankerten Vision und einer reichhaltigen Gruppenerfahrung abschließt.

 

Martin Luther King hat mit seiner Vision die Welt verändert. Sein Traum einer gerechten Gesellschaft in Amerika ist vielleicht noch nicht komplett verwirklicht, hat jedoch reale Züge angenommen. Seine Vision halt noch heute nach – weltweit.

Was ist deine Vision für dich persönlich und für unsere Gesellschaft? Lasst uns eine erfüllende Vision schaffen. Jeder für sich und wir alle zusammen!

Über den Autor

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Katja Schönitz ist Soziologin M.A., zert. Gesundheitsberaterin und zert. Stresstherapeutin

Sie arbeitet als Trainerin und Coach. Im Heidecoaching bei Potsdam unterstützt sie Menschen dabei, Stress konstruktiv zu verarbeiten, eine eigene Vision ihres Lebens zu kreieren und so zu noch mehr Wohlbefinden und erfüllten Beziehungen zu gelangen.

Außerdem gibt sie regelmäßig Seminare in und um Potsdam rund um die Themen „Selbstführung und Visionsarbeit“.

Kontakt
Karl-Liebknecht-Platz 2c
14641 Wustermark OT Elstal
01577 443 14 22




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