Freundschaft

Für Robert Redford scheint die Verfilmung eine Herzensangelegenheit gewesen zu sein, kaufte er doch die Rechte am autobiografischen Roman des Reiseliteraturschriftstellers Bill Bryson schon vor über zehn Jahren und versuchte seitdem eine Realisierung auf die Beine zu stellen.

Die Literaturverfilmung „Picknick mit Bären“ („A walk in the woods“) ist hochkarätig besetzt. Robert Redford spielt Bill Bryson, einen verrenteten Reiseschriftsteller, die wunderbare Emma Thompson seine Frau Catherine und Nick Nolte den körperlich wie monetär total abgerissenen Stephen Katz. Die Story: Nach einer Beerdigung beschließt Bill Bryson zum ungläubigen Entsetzen seiner Frau, sich nochmal auszutesten und den Appalachian Trail zu wandern. Das ist kein kleiner Trampelpfad, sondern ein 3500 km langer Fernwanderweg, der einmal quer durch die USA führt und über Monate gegangen wird. Sowieso schon nicht gerade ungefährlich für gesunde, junge Menschen, ist dieser Wanderweg auch für einige ungeklärte Morde und natürlich Bärenattacken bekannt. Catherine verweigert Bryson die Erlaubnis zu gehen – solange er keinen Begleiter hat. Die verzweifelte Suche nach einem Kompagnon beginnt, doch niemand findet sich – bis auf den abgehalfterten Katz, und der ist mit kaputtem Knien, Drogenspätfolgen und einem Alkoholproblem ausgerüstet. Er stammt aus der gleichen Kleinstadt wie Bryson und reiste mit ihm vor über 30 Jahren um die Welt, bevor sie sich zerstritten. Notgedrungen bildet sich eine ungewöhnliche Gemeinschaft.

Der eine flieht vor dem Gefängnis, der andere vor dem Alt- und Bedeutungslossein, dem Gefühl nur noch auf dem Altenteil zu sitzen, über Krankheiten zu reden, auf Beerdigungen zu gehen und den Rest des Lebens in einem bequemen Haus voller Auszeichnungen vorbeiziehen zu lassen.

Belustigt verfolgt man mit, wie die zwei Mitsiebziger ohne jegliche sportliche Form erstaunlich erfolgreich einen der gefährlichsten und längsten Wanderwege der Welt entlangtattern. Und man erwischt sich, wie man mit ihnen mitfiebert: Bei den ersten Kilometern, den Eroberungen am Wegesrand oder bei der Flucht vor den diversen Archetypen der nervigen Mitwanderer und eben Bären.

Fazit: Ein ruhiger und einen sanft bezaubernder Film vor der atemberaubendgenialen Naturkulisse des Appalachian Trails. Bestimmt wird nicht jeder mit dieser Rentner-Form des Buddy-Movies und der leisen Form der Komik warm werden. Aber das Anschauen lohnt sich, „Picknick mit Bären“ ist unaufgeregt, angenehm frei von Fremdscham, Klamauk und Blödeleien, aber voll von den Erwartungen ans Leben, von Realität, Lachen, dem Wiederfinden der eigenen Wurzeln – auch im hohen Alter – und von Freundschaft und Gemeinschaft an Orten, wo man es manchmal nicht erwartet hätte. Und davon, dass man manchmal auch einfach glücklich scheitern kann, darf und soll. Auch im Alter lernt man eben nicht aus.

Ken Kwapis: Picknick mit Bären
Alamode Film, 2016
DVD & Blu-ray, 98 Minuten, 12,99 Euro

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