Bayerischer Landwirtschaftsminister Brunner gerät ins Kreuzfeuer der Kritik

 
Der bayerische Landwirtschaftsminister Brunner bezeichnet die Wildschweinzunahme als „dramatisch“ und plädiert für „mehr revierübergreifende Jagden, bei denen auch Hunde und Treiber zum Einsatz kommen sollen“ (ddp, 23.11.2009). Doch zahlreiche Natur- und Tierschutzorganisationen schlagen dagegen Alarm: „Die Jagd hat mit den sogenannten revierübergreifenden Treib- und Drückjagden unter Teilnahme einer oder mehrerer Hundertschaften von Jägern und Treibern, der Absperrung ganzer Landstriche zulasten von Spaziergängern, Joggern, Mountainbikefahrern, Reitern sowie der damit einhergehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung völlig neue Dimensionen angenommen, die nicht mehr hinnehmbar sind“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Karnowsky von der Hans-Rönn-Stiftung.

Erweiterung der bisher revierbezogenen Jagdausübung ist rechtlich fragwürdig
 
Die Natur- und Tierschützer haben Staatsminister Brunner im Visier. Dieser ziehe die Rechtfertigung für die neue Jagdmethode aus der Schädlingsbekämpfung. „Die Erweiterung der gesetzlich vorgesehenen revierbezogenen Jagdausübung darf daher nur zu diesem – konkret nachgewiesenen – Zweck ausgeübt werden“, erklärt Rechtsanwalt Dominik Storr, der von der Hans-Rönn-Stiftung und von weiteren Natur- und Tierschutzorganisationen beauftragt wurde, um den Wildschweinen in Deutschland gemeinsam eine Stimme zu geben.
 
„Minister Brunner wird den Beweis der notwendigen Schädlingsbekämpfung nicht führen können“, ist sich Rechtsanwalt Storr sicher: Zum einen würden in Bayern die überwiegende Anzahl der Wildschäden nicht behördlich erfasst (vgl. Niels Hahn, Evaluierung der Empfehlungen zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände in Bayern, S. 50 u. 51). Von behördlich nicht erfassten Schäden könne nicht auf eine notwendige Schädlingsbekämpfung geschlossen werden. Zum anderen sei anhand einer jüngst im renommierten „Journal of Animal Ecology“ veröffentlichten Langzeitstudie, die auf zahlreiche weitere universitäre Arbeiten und Untersuchungen Bezug nimmt, wissenschaftlich erwiesen, dass der hohe Jagddruck hauptverantwortlich ist für die hohe Wildschweinpopulation. Je mehr Jagd auf Wildschweine gemacht wird, um so stärker vermehren sie sich (Journal of Animal Ecology 2009, 78, 1278-1290).

Wissenschaft und Innovation – nur nicht bei der Jagd
 
„Bayern möchte überall modern, fortschrittlich und innovativ sein. Nur bei der Jagd verschließt sich Bayern willentlich den wissenschaftlichen Fakten“, sagt der Biologe Kurt Eicher von der „Initiative zur Abschaffung der Jagd“.

Rechtliche Klärung des Wildschweinproblems wird angestrebt
 
Die Natur- und Tierschützer wollen das bundesweite Massaker an Wildschweinen, welches das (angebliche) Wildschweinproblem nur noch verschärft, nicht hinnehmen und einer rechtlichen Klärung zuführen. Ihr Anwalt hält die revierübergreifenden Treib- und Drückjagden nicht von der revierbezogenen Gesetzeslage gedeckt. Auch entspreche diese Form der Jagd nicht den anerkannten Grundsätzen der „deutschen Weidgerechtigkeit“. „Das Tor zu strafbewährten Verstößen gegen das Tier-, Naturschutz- und Umweltstrafrecht sei somit durch den Jagdfrevel geöffnet“, erklärt Rechtsanwalt Storr.
 
In einem öffentlichen Brief wurde der bayerische Landwirtschaftsminister Brunner aufgefordert, die Ausübung revierübergreifender Treib- und Drückjagden in Bayern sofort zu untersagen.

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