oder völlig entspannt

Eine verspannte Kau- und Kiefermuskulatur kann die Ursache vieler Schmerzen sein. Unser gesamter Körper hängt mit dem Kiefer zusammen. Ob der total zerknirscht, verspannt oder locker ist, macht oft nicht nur den Unterschied zwischen Schmerzen und körperlichem Wohlgefühl aus, sondern hat auch starke Auswirkungen auf unser emotionales Gleichgewicht.

 

Den wenigsten Menschen ist bewusst, was Kiefer und Zähne Tag für Tag für sie leisten. Diese Bereiche unseres Körpers sind enormen Kräften ausgesetzt. Der beim Zerkleinern unserer Nahrung entstehende Druck entspricht in etwa dem Gewicht eines 50 Kilogramm schweren Sackes, der auf einen Backenzahn gelegt wird. Bei einem angespannten Kiefer kann sich dieser Druck sogar noch steigern.

Das Kieferareal trägt einen wesentlichen Anteil zu unserer „entspannten Aufrichtigkeit“ bei, wobei auch die Zähne und deren Stellung zueinander im Kiefer maßgeblich an der Feineinstellung für die gesamte Körperstatik beteiligt sind.

Die Zähne haben bei normaler, entspannter Mundstellung gar keinen Kontakt miteinander. Wenn der Mensch die Zähne zeigt oder sie eben zusammenbeißt, entstehen in der Muskulatur enorme Zugkräfte. In Phasen höchster Konzentration ist die Spannung in Kopf- und Kieferbereich sehr hoch, das gleiche gilt bei vielen Menschen auch für den Schlaf. Der Volksmund ist da sehr direkt. Redewendungen wie: „Ich beiß die Zähne zu- sammen und geh´ da durch“ oder „Ich geh‘ bald auf dem Zahnfleisch“ sprechen eine deutliche Sprache.

 

Gesichtsschmerzen

Das Gesicht von Frauen ist oftmals nicht nur anmutiger als das Antlitz von Männern, laut der Fachzeitschrift „Zahnärztliche Mitteilungen“ tut es leider auch häufiger weh: Zwischen 15 und 18 Prozent der Frauen sind von Schmerzen im Gesicht, in den Kaumuskeln, den Kiefergelenken oder im Ohrbereich geplagt. Ursache ist oft die Mehrfachbelastung durch die vielen Tätigkeiten, die als Hausfrau, Ehepartnerin, Mutter und im Beruf nebeneinander oder gleichzeitig zu erledigen sind. Etwa neun Prozent der Männer sind vom Bruxismus, so der Fachbegriff für derartige Schmerzen im Kopfbereich, betroffen. Beruflicher Ehrgeiz und Konkurrenzdenken unter Männern allgemein können hier als Hauptursachen angeführt werden. Der Gesichtsschmerz verschwindet jedoch im Alter fast völlig, unter den über 64-jährigen haben nur noch zwei Prozent solche Probleme.

In vielen Fällen sind seelische Dysbalancen ebenfalls mit beteiligt. Dadurch, dass wir unsere Ängste nicht zeigen wollen und unsere Nervosität verbergen, steigt der innere Druck. Die daraus resultierenden Muskelverspannungen geben diesen inneren Druck unkontrolliert und meist völlig unbewusst an den Kiefer- und Kauapparat weiter. Dahinter wirkt das so genannte sympathische Nervensystem, also der Teil des Nervensystems, der sich nicht willentlich beeinflussen lässt.

 

Presser und Knirscher

Unbehagen bis hin zu Muskel-, Nerven- und Gliederschmerzen zeigen sich morgens oft am schlimmsten. Faktoren wie elektrische Radiowecker oder eingeschaltete Handys im Kopfbereich des Schlafplatzes belasten den Körper durch elektromagnetische Abstrahlung von außen. Wird ein ungelöstes Problem und die damit verbundene Erregung mit in die Nacht genommen, versetzt das den gesamten Organismus zusätzlich in Stress.

Die natürliche Regulierung der regenerativen Körpervorgänge bei Überlastung erfolgt durch Spannungsabbau – dies geschieht unter anderem über Träume und auf der körperlichen Ebene über Muskelarbeit. Ein Zuviel an Spannung wird in Arbeit umgewandelt und dadurch abgebaut. Die Intelligenz unseres Wesens ist im Umgang damit so grandios, dass dieser Vorgang über das härteste Material im Körper, unsere Zähne, vollzogen wird. Nächtliches Zähneknirschen und Pressen ist aus dieser Sichtweise ein angestrengter Heilungsversuch. 

Verspannungen im Kieferbereich können fatale Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben. Leider sind sich die meisten „Presser“ und „Knirscher“ dessen gar nicht bewusst, da sich die Verkrampfungen langsam über Jahre aufbauen. Über Muskelstränge, Nerven- und Energiebahnen (Meridiane) werden diese Spannungen weitergetragen und können unangenehme und oft auch schmerzhafte Auswirkungen in vielen Bereichen unseres Körpers zur Folge haben Diese Beschwerden und Schmerzen werden dann aber meist nicht mit dem Kiefer in Verbindung gebracht. Dabei sind die Folgen einer Kieferverkrampfung oft erheblich. So kann zum Beispiel ein einseitig angespanntes Kiefergelenk über den gesamten Muskelapparat auf das Becken eine so starke Wirkung ausüben, dass die Beckenschaufeln sich verdrehen. Probleme im Lendenwirbelbereich bis hin zu so genannten Beinlängenunterschieden sind die Folgen.

 

Total zerknirscht: Mach dich mal locker

Aus der jahrelangen Erfahrung mit Craniosacral Balancing, der muskulären Traumaarbeit und in der Erwachsenenbildung ist mir bekannt, dass die angenehmen Auswirkungen eines lockeren Kiefers sehr weitreichend sein können: Die Zähne bleiben länger gesund, der Schlaf wird positiv beeinflusst, Spannungen im Kopfbereich lassen nach, Nacken und Rücken werden beweglicher, die Verdauung reguliert sich… Diese wiedergewonnene Lockerheit kann sogar dazu führen, dass sich die Emotionen aufhellen.

Professionelle zahnärztliche Hilfe, Craniosacral Balancing oder die Osteopathie bilden Möglichkeiten zu Verbesserung und Linderung von Beschwerden, die mit Kieferverspannungen in Verbindung gebracht werden. Die Selbsthilfe nimmt in der Behandlung des Kiefers mittlerweile einen beachtlichen Stellenwert ein, denn mehr und mehr Menschen übernehmen wieder die Verantwortung für ihre eigene Gesundheit.

Dafür gibt es verschiedenste Werkzeuge: Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Yoga oder Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, aber auch sportliche Aktivitäten können helfen.

Eine andere Möglichkeit der Selbstbehandlung ist der bewusste Zugang zur Kieferregion. Die einfachste Übung dazu ist, sich selbst liebevoll das Gesicht, die Kiefergelenke und die Ohren zu massieren.

Ein weiteres probates Mittel ist, sich selbst im Tagesablauf zu beobachten, sich sozusagen gedanklich in den Mund zu gucken und zu erkennen, was dort gerade geschieht: ob zum Beispiel die Zähne zusammengepresst sind, ob geknirscht wird oder die Zunge gegen den Gaumen gedrückt ist. Wenn ja, kann man diese Spannung ganz bewusst lösen.

 


Abb.: © Martin Allinger – Fotolia.com

Infoabende:

Do, 10. Sept., 20 Uhr
Ort: Akazienhof
Akazienstr. 28, 10823 Berlin
1. Hof, li. Aufgang

Fr, 11. Sept., 20 Uhr
Ort: Aquariana
Am Tempelhofer Berg 7D
10965 Kreuzberg

Beide Vorträge auf Spendenbasis

Selbsthilfe-Seminare:

Fr, 18.-So, 20. Sept.
Fr. 13.-So. 15. Nov.
Ort: Tollense Lebenspark
Schlosspark 1,
17217 Alt Rehse

Info und Anmeldung:
Peter Seitz
Tel.: 03962-257 77 19

www.sorayon.com
www.tollense-lebenspark.de

 

 

 

 

 

 

 

CD:
Selbsthilfeübungen zur Kieferentspannung, Infos und Bestellung unter www.sorayon.com

Über den Autor

Avatar of Peter Seitz

ist Gesundheitsberater RFG und arbeitet seit sieben Jahren in eigener Praxis mit Craniosacral Balancing, muskulärer Traumaarbeit und Klangschalen. Er ist freier Dozent und Seminarleiter in der Erwachsenenbildung.

Unterstütze SEIN

Vielen Dank an alle, die den Journalismus des SEIN bisher unterstützt haben.
Die Unterstützung unserer Leser trägt dazu bei, dass wir unsere redaktionelle Unabhängigkeit behalten und unsere eigene Meinung weiter äußern können. Wir sind sicher, dass unsere redaktionelle Arbeit und unsere Themenvielfalt und Tiefe den gesellschaftlichen Wandel beflügeln. Wir brauchen Deine Unterstützung, um weiterhin guten, kreativen "Lösungs-Journalismus" zu liefern und unsere Offenheit zu wahren. Jeder Leserbeitrag, ob groß oder klein, ist wertvoll. Wenn Du unsere Arbeit wertschätzt, unterstütze SEIN noch heute - es dauert nur wenige Minuten. Vielen Dank.
SEIN unterstützen





Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*