Die Macht der inneren Bilder 9. Dezember 2009 Therapie Die Katathym – Imaginative Psychotherapie oder Katathymes Bilderleben Können Sie sich noch erinnern? Damals als Sie Kind waren verwandelten sich Puppen, Spielzeugritter und andere Figuren in lebendige Wesen mit magischen Kräften. Die Helden dieser Geschichten hatten gefährliche Abenteuer zu bestehen, von denen wir dann auch nachts noch geträumt haben. Als Kind war uns eine bildliche Vorstellungskraft eigen, da wir in magischen Bilderwelten lebten. In unserer kindlichen Vorstellungskraft konnten Bäume zu Lebewesen werden oder Naturgeister plötzlich hinter einem Baum hervor schlüpfen. Bei Erwachsenen können Tagtraumbilder bewusst entwickelt und therapeutisch gelenkt werden. Denn die Seele „denkt“ in Bildern. Die Sprache der Seele ist eine Bildersprache. Bereits vor Jahrtausenden haben sich unserer Vorfahren in Höhlenmalereien zum Ausdruck gebracht und die Sprache der Bibel war über Jahrhunderte hinweg zunächst eine Bildersprache, wie man an den biblischen Darstellungen in Kirchenfenstern und Fresken entnehmen kann. Heilen mit Bildern Das katathyme oder gefühlsmäßige Bilderleben geht davon aus, dass Bilder und Vorstellungen, die während des Tages in unseren Gedanken ablaufen, unbewusste Konflikte und Gefühle widerspiegeln. Das ist bei Tagträumen genau so, wie bei Nachtträumen – allerdings bleiben die Bilder des Tages meistens unbewusst. Das griechische Wort „katathym“ bedeutet den Gefühlen gemäß. Im Zentrum der Katathym Imaginativen Psychotherapie stehen Imaginationen, die durch autonome emotionale Prozesse angeregt und gesteuert werden. In den imaginativen Szenen stellen sich Gefühle, Einstellungen und Überzeugungen sowie Verhaltensgewohnheiten und Beziehungskonflikte symbolisch dar und können dadurch bewusstgemacht und bearbeitet werden. Die KIP verfügt über ein vielfältiges Repertoire zum therapeutischen Umgang mit Imaginationen, insbesondere zur Bearbeitung von Konflikten und Aktivierung innerer Ressourcen. In Tagtraumbildern ergeben sich häufig spontane Einsichten, die als Ich – Stärkung erlebt werden. Dadurch eröffnen sich für den Klienten auch neue und kreative Handlungsspielräume. Es stellen sich Bilder ein, die eine Eigendynamik entwickeln, die den Klienten häufig selbst überraschen. Durch das Erleben der Heilkraft innerer Bilder wird das Vertrauen, sich in jeder Situation selbst helfen zu können, gefördert. Geschichte Die Katathym Imaginative Psychotherapie ist ein von dem Arzt und Psychoanalytiker Prof. Dr. Hanscarl Leuner 1954 begründetes und seitdem stetig weiter entwickeltes tiefenpsychologisch fundiertes Psychotherapieverfahren. Leuner hat für die Anregung zu bildlichen Vorstellungen eine Anzahl von feststehenden Motiven ( z.B. Blume, Haus Weg ) entwickelt, die jeweils aufgrund der gewonnenen Erfahrung einen bestimmten Bereich der Persönlichkeit des Klienten, seiner Wesenszüge, Verhalteseigentümlichkeiten, Motivationsstruktur sowie zentrale unbewusste Beziehungskonflikte symbolisch darstellen. Die Methode wird in eine Grund-, Mittel und Obersstufe eingeteilt. Jeder Stufe werden eine Reihe von Standardmotiven zugeordnet. Zu Grundstufe gehören z.B. Wiese, Berg, Bach, zur Mittelstufe wie z. B. Löwe und Rosenbusch, zur Oberstufe Motive wie z.B. Höhle und Vulkan. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte So symbolisiert das Motiv des Berges das väterliche Prinzip der Leistung. Die Schwierigkeiten des Aufstiegs, die Höhe und Form des Berges und die Art der imaginierten Landschaft geben Aufschluss über die Probleme der aktiven Durchsetzung und Leistungsstörung, des Anspruchs an sich selbst sowie über Situationen der Überforderung. Das Motiv des Löwen zeigt im Sinne einer positiven Selbstbehauptung, wie sich ein Klient durchsetzen bzw. mit Aggressionen umgehen kann. Das Motiv der Höhle kann ein bergender Ort der weiblich-mütterlichen Welt sein. Als Symbol der mütterlichen Welt ist die Höhle ein Ort der Beruhigung und Erholung. Der Klient kann sich stärken. Die Höhle kann aber auch als ungemütlich und bedrohlich empfunden werden. Im Höhlenmotiv klingen oft unverarbeitete Geburtsthemen an. Praktisches Vorgehen Zu Beginn einer Behandlung werden ausführliche Gespräche über die Lebensgeschichte, und die aktuellen Beschwerden des Klienten geführt. Der Klient muss genau darlegen, welche Hilfe er erwartet. Nach einer kurzen Entspannung und Zentrierung mit geschlossenen Augen, die auch im Liegen stattfinden kann, schlägt der Therapeut dem Klienten ein Motiv vor, das sich von seiner Symbolik her eignet, die zur Behandlung anstehenden Themen imaginativ zum Ausdruck zu bringen. Der Klient beschreibt, was sich vor seinem inneren Auge entwickelt, das Bild verdichtet sich dabei immer mehr. Der Therapeut begleitet den Klienten in ständigem Dialog, regt ihn zu genauerem Hinschauen an, unterstützt ihn bei Konfrontationen und ermutigt ihn, neue Verhaltensmöglichkeiten und Beziehungserfahrungen zu erproben. Anschließend erhält der Klient die Möglichkeit aus dem Erlebten spontan ein Bild zu malen, das in der Regel die Essenz des Wahrgenommenen zum Ausdruck bringt. Mit diesem Bild lassen sich vielfältige Möglichkeiten der therapeutischen Arbeit erschließen. In einem Nachgespräch werden die gewonnen Einsichten nochmals im Bewusstsein des Klienten verdeutlicht. Wichtig ist, dass der Klient sich Möglichkeiten erschließt, wie er die gewonnen Erkenntnisse in seinem Alltag mit einem nächsten Schritt konkret umsetzen kann. Erkenntnisse der Neurobiologie Neuropsychologische Forschungen stützen die Arbeit mit inneren Bildern. Denn innere Bilder haben eine verändernde Kraft. Sie können unser Leben und die Gestaltung unserer Wirklichkeitserfahrung nachhaltig beeinflussen. Hanskarl Leuner sprach von einem Probehandeln in der Imagination, das eine positive Auswirkung hat und unser handeln im Alltag verändern kann. Äußere Bilder und Sinneswahrnehmungen wie z.B. eine Sommerwiese mit bunten Blumen, führt dazu, dass im Gehirn ein bestimmtes Aktivierungsmuster entsteht. Die Vorstellung einer Sommerwiese im inneren Bild führt zu einem durchaus vergleichbaren Aktivierungsmuster. In den letzten Jahren konnten die Hirnforscher deutlich machen, dass die Art und Weise, wie jemand über das Leben denkt und sich das Leben vorstellt, dafür ausschlaggebend ist, welche Nervenzellenverschaltungen im Gehirn aktiviert und stabilisiert werden. Es entstehen neuronale und synaptische Verschaltungen. In der KIP Therapie arbeiten wir an der Veränderung der bisher leitenden inneren Muster. Es geht darum den Klienten in Kontakt mit neuen und positiven Bildern zu bringen, damit neue handlungsleitende und Orientierung bietende innere Muster entstehen. Anwendungsbereiche: Neben der Behandlung neurotischer Störungen, wie z.B. Zwangsneurosen oder Depressionen, hat sich das Spektrum der Indikationen im Zuge der Weiterentwicklung der Methode erheblich erweitert. KIP kommt daher auch bei psychosomatischen Erkrankungen, posttraumatischen Belastungsstörungen und der Traumatherapie zur Anwendung. In der Traumatherapie bezieht KIP die Arbeit mit dem inneren Kind in die Behandlung mit ein. In der Einzeltherapie eignen sich Imaginationen für die fokussierte Bearbeitung eines Konfliktes in einer Krisenintervention oder Kurzzeittherapie. Schließlich wurden auch für die Paartherapie, für die Gruppentherapie sowie für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen kohärente Behandlungskonzepte entwickelt. Fazit Es gibt keinen unmittelbareren Zugang zu Emotionen als über die Welt der inneren Bilder. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Daher ist KIP ein tiefenpsychologisch fundiertes und anerkanntes Verfahren, das auch in den Erkenntnissen der Neurobiologie seine Bestätigung gefunden hat. Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. Überschrift E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.Auch möglich: Abo ohne Kommentar. 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