Ebenso, wie sich die Natur im Laufe des Jahres wandelt, folgt auch der menschliche Körper diesem immerwährenden Rhythmus. Ayurveda, die Jahrtausende alte Lehre vom Leben, gibt uns viele wertvolle Empfehlungen, mit deren Hilfe man jahreszeitentypischen Beschwerden vorbeugen und die Gesundheit gezielt stärken kann.

 

Ayurveda beschreibt drei grundlegende Kräfte (Doshas) – Vata, Pitta und Kapha, die in der Natur genauso wirken wie in uns. Viele Faktoren, unter anderem die Jahreszeiten, beeinflussen die Doshas. Ziel ist es, die Doshas – egal ob bei Sommerhitze oder im klirrenden Winter – ins Gleichgewicht zu bringen.

 

Entspannt durch den Herbst…

Im Herbst herrschen Wind und Kälte vor und erhöhen das Vata-Dosha. Seine Qualitäten sind luftig, leicht, trocken und kalt. Steigt Vata an, können Symptome wie Nervosität und Unruhe, Steifigkeit und Schmerzen in den Gelenken oder auch Verstopfung auftreten. Beugen Sie vor, indem Sie Wind, Trockenheit und kalte, rohe Nahrung meiden. Essen Sie Wärmendes und würzen Sie zum Beispiel mit Ingwer, Fenchel, Senfsamen und Kreuzkümmel. Süßes wie Datteln oder Mangos gleichen Vata aus. Sie können jetzt etwas gehaltvoller essen, da das Verdauungsfeuer (Agni) in der kühlen Zeit kräftiger ist als während des Sommers. Einer trägen Verdauung helfen Sie mit einer Tasse warmer Milch und einem Teelöffel Ghee (geklärte Butter) vor dem Schlafengehen auf die Sprünge. Um Trockenheit zu reduzieren, massieren Sie morgens vor dem Duschen Ihren Körper mit einem wärmenden Öl (beispielsweise mit der Ölmischung Dhanvantaram oder mit Sesamöl) ein, am Abend wirkt eine Fußmassage besänftigend. Das Vata-Dosha reagiert sehr sensibel auf Hektik und Stress. Ein möglichst regelmäßiger Lebensrhythmus und Raum zum Regenerieren tun ihm gut. Öleinläufe (Vasti) gleichen Vata sanft und nachhaltig aus.

 

Winter – Zeit der Einkehr

Im Winter wird durch Feuchtigkeit und Kälte das Kapha-Dosha provoziert. Seine Grundeigenschaften sind kalt, schwer, schleimig und träge. Die Lebenssäfte fließen jetzt etwas träger. So sind Gewichtszunahme, Antriebslosigkeit und eine Schwächung der Immunkräfte typisch. Viel Bewegung an der frischen Luft und wärmende Maßnahmen wie beispielsweise Schwitzbäder helfen. Der Speiseplan sollte nun weniger Wurzelgemüse enthalten, greifen Sie lieber zu Spinat, Rosenkohl, grünen Bohnen, Blumenkohl oder Brokkoli. Kapha-Persönlichkeiten verwenden Gewürze wie Knoblauch, Chili, Pfeffer, Bockshornklee oder auch Rosmarin.

 

Frühling: Reinigung & neuer Schwung

Im Frühling herrscht weiter das Kapha-Dosha vor. Durch die Temperatur- und Lichtzunahme wird das Kapha nun langsam geschmolzen und sollte ausgeleitet werden. Es kommt vermehrt zu Symptomen wie Verschleimungen, auch asthmatische Beschwerden nehmen zu. Um Verschleimungen zu lösen und die Abwehrkräfte zu stärken, bereiten Sie einen Tee aus Kurkuma und Ingwer. Kurkuma wirkt antibakteriell, blutreinigend und gilt als eines der besten natürlichen Antibiotika. Im Frühling ist es auch gut, das Verdauungsfeuer Agni mit heißem Ingwerwasser zu stärken. Vermeiden Sie Milchprodukte und schwere Gemüse wie Kartoffeln. Leichte Gemüse- und Reisgerichte mit Mungbohnen bieten sich an. Jetzt ist auch der optimale Zeitpunkt für Panchakarma (Reinigungskur).

 

Hitzige Sommerzeit

Im Sommer steht das Pitta-Dosha im Vordergrund und begegnet uns mit seinen Eigenschaften heiß, scharf und sauer. Es kommt vermehrt zu Sodbrennen und Übersäuerung, Kopfschmerzen und Haarausfall. Die Verdauungskraft nimmt ab, der Appetit wird geringer. Die Geschmacksrichtungen süß, bitter und herb sollten jetzt Ihren Speiseplan bestimmen. Essen Sie süße, reife Früchte wie beispielsweise Mangos und frisches Gemüse wie Chicoree oder Spinat. Würzen Sie mit Koriander, Kokos, Fenchel und Kurkuma und vermeiden Sie saure und scharfe Speisen und Gewürze sowie vergorene Milchprodukte. Eiskalte Getränke sind tabu, Zimmertemperatur oder ein kühlender Tee, zum Beispiel aus Koriander, Fenchel und Rosinen ist bekömmlicher.

Der Sommer bietet sich auch für einen Fastentag pro Woche an. Fasten meint im Ayurveda übrigens nie Komplettverzicht! Essen Sie an diesem Tag eine leichte Gemüsesuppe und trinken Sie süße Säfte. Wundern Sie sich nicht, wenn im Sommer mal die Emotionen überschäumen – auch das ist Pitta. Einen „kühlen Kopf“ bewahren Sie, indem Sie Kopfhaut und Haare regelmäßig einölen. Gut geeignet ist hierfür das ayurvedische Kräuteröl Ksherabala oder Kokosöl.

Nach ayurvedischem Verständnis kann der Mensch ein langes, erfülltes Leben führen, wenn er dem Rhythmus der Natur folgt. Es gilt, Ihre Gewohnheiten nicht sofort komplett zu verändern. Wenn Sie die eine oder andere Kleinigkeit in Ihren Alltag integrieren und spüren, dass es Ihnen gut tut, bekommen Sie vielleicht Lust auf mehr. Für jeden von uns gibt es zudem spezielle Empfehlungen gemäß der ureigenen Konstitution und momentanen Verfassung. Hören Sie auf Ihren Körper, in der Regel sind die Impulse, die er Ihnen gibt, genau das Richtige für Sie. Denn genau dies ist Ayurveda: das Wissen vom Leben!

 


Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel nicht den Besuch beim Arzt oder Heilpraktiker ersetzt.

 

Über den Autor

Avatar of Andrea Schultze

ist Heilpraktikerin und Ayurveda-Therapeutin. In ihrer Naturheilpra­xis bildet Ayurveda den Schwerpunkt und wird ergänzt durch die sanfte Wirbeltherapie nach Dorn. Zudem gibt sie Seminare, z.B. ein Ayurveda-Massage- Seminar am
20./21.10.2012 in Berlin, und begleitet Ausbildungen in Ayurveda Medizin.

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