Die Weltwirtschaft steht am Rande des Zusammenbruchs, das dürfte keine Neuigkeit sein. Neu ist allerdings, aus welchen Mündern man dies derzeit hören darf, und wo.

Bereits letzte Woche hatte die BBC ein kontroverses Interview gesendet, in welchem ein Aktienhändler tief blicken lies: Die Wirtschaft sei am Rande des Zusammenbruchs, alles Ersparte wäre spätestens in 12 Monaten weg, Goldman Sachs seien die wahren Weltherrscher, die Regierungen machtlos.

Kernschmelze in zwei Wochen

Nun hat Dr. Robert Shapiro, der Finanzberater des Internationalen Währungsfonds IWF, der zuvor Clinton und Obama als Berater zur Seite stand, erneut Klartext geredet:

„Wenn sie (die Politiker) nicht in der Lage sind, die Finanzkrise auf eine glaubwürdige Art anzugehen, dann werden wir, so denke ich, vielleicht innerhalb von zwei bis drei Wochen einen Zusammenbruch bei den Staatsschulden haben, was im gesamten europäischen Bankensystem zu einer Kernschmelze führen wird. Wir sprechen hier nicht nur von einer relativ kleinen belgischen Bank, wir sprechen von den größten Banken der Welt, den größten Banken in Deutschland, den größten Banken in Frankreich. Das wird auf Großbritannien überspringen, es wird überallhin springen, weil das weltweite Finanzsystem so stark miteinander vernetzt ist.“

Für Wirtschaftsinsider keine Neuigkeit – in entsprechenden Blogs hat der Oktober schon vor Wochen den Spitznamen „Schocktober“ erhalten, weil viele Analysten in den nächsten Wochen einen großen Crash befürchten. Aber das man derartige Dinge nun schon aus solchen Mündern hört, ist schon erstaunlich.

Die Zeichen stehen auf Sturm

Kurz zuvor hatte die Ratingagentur Moodys nun auch 12 britische Banken herabgestuft – teilweise gleich um fünf Stufen. Das Gleiche tat sie auch mit portugiesischen Banken. Zuvor hatte es schon italienische Banken getroffen, die von S&P einen Denkzettel bekamen.

Auch fast zeitgleich gab die Deutsche Bank bekannt, ihr Gewinnziel nicht erreichen zu können, was viele Anleger in Alarmbereitschaft versetzte. Die Aktie der Commerzbank befindet sich seit Monaten im Sinkflug.

In Frankreich und Belgien war die Katastrophe schon ganz nahe: Die Bank Dexia kippte und es kam zu einer Art Bank-Run, bei dem riesige Beträge von Dexia-Konten abgezogen wurden. Nun haben Frankreich und Belgien die Garantien für alle Einlagen bei Dexia übernommen – im Zweifel bekommt man das Geld nun also direkt aus der Staatskasse. Gerettet ist die Bank dadurch nicht, nur vor dem sofortigen Zusammenbruch bewahrt.

Die Angst dreht sich dabei längst nicht nur um Dexia: Ihr Tod, so vermutet man, würde die französischen Banken Société Générale und BNP Paribas mit in den Abgrund reißen, was einen Domino-Effekt unter den Großbanken auslösen könnte.

Geld drucken

Die einzige Idee der Politik lautet nach wie vor: Geld drucken. Großbritannien hat 75 Milliarden Pfund direkt in die Wirtschaft gepumpt. Deutschland hat weitere 221 Milliarden Euro in den EU-Rettungsschirm gelegt – insgesamt soll dieser zwei Billionen Euro umfassen (2 000 000 000 000). Summen, die man sich gar nicht mehr vorstellen kann und möchte.

Die „Rettungsmaßnahmen“ sind immer weniger überzeugend und werden mehr und mehr als pure Verzweiflung erkannt. Neun Staaten haben nun die Verschuldungs-Schmerzgrenze von 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschritten: USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada, Belgien, Griechenland und Portugal.

Derweil wächst in Amerika der Widerstand gegen den Finanz-Wahnsinn. Hunderte campieren vor den Toren der New Yorker Wallstreet, zehntausende marschierten durch die Stadt. Dass sich das US-Militär auf Revolten vorbereitet, ist mittlerweile sogar schon in den Börsennachrichten angekommen.

Das System hat ja nun schon manche Crash-Prophezeiungen überlebt, aber der Oktober dürfte ein interessanter Monat werden.

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5 Responses

  1. WellenbeobachterHH

    Das der Ausgangsartikel ernst zu nehmen ist, zeigen jetzt auch die von anderen, richtig wertkritischen Wirtschaftswissenschaftlern und -autoren aufgezeigten Ergebnisse der Zusammenhänge.

    siehe: http://www.konicz.info/?p=1858

    @Florian
    Die Rating-Agenturen besitzen selbst finanzielle Beteiligungen an Unternehmen und Banken. Dennoch irrt Dirk Müller leider, wenn er nur die Zirkulationsebene des Geldes als Problem betrachtet. Die wirklichen Ursachen liegen viel tiefer, nämlich in den Strukturen der kapitalistischen Produktionsweise von Wert und Mehrwert an sich. In der „Finanz- und Geldkrise“ zeigt sich die „Wertschöpfungskrise“ der 1970er Jahre, nur heute eben auf ungleich höherer Stufe der Entwicklungsleiter von Arbeitsproduktivität und Kapitalsockel!!!

    Lese-Tipp für Leute, die an ernsthafter Auseinandersetzung Interesse haben: www.exit-online.org

    Antworten
  2. Florian

    Zeit wäre es für eine Systemänderung

    “Würden die Menschen verstehen, wie unser Geldsystem funktioniert, hätten wir eine Revolution – und zwar schon morgen früh.” Henry Ford

    “Papiergeld kehrt früher oder später zu seinem inneren Wert zurück – 0!” – Voltaire (1694-1778)

    „Jeder, der glaubt, exponentielles Wachstum kann unendlich lange andauern in einer endlichen Welt ist entweder ein Verrückter oder ein Ökonom.“ Kenneth Ewart Boulding

    Und wenn unter keinem Hütchen eine Kugel ist? Franz Hörmann http://bit.ly/ok3FB8

    Unser Wirtschaftssystem hat ein Grundproblem (Dirk Müller) http://bit.ly/oJ4rSE

    Andreas Popp http://bit.ly/n64jx0

    Systemkollaps — Neue Wege für die Menschheit Michael Mross http://bit.ly/qQW7bu

    Bloßstellung der Lügner (Dirk Müller) http://bit.ly/qvRZ6I

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  3. Mathias

    Also von Karl Marx kenne ich noch die „zyklische Krise des Kapitalismus“ – die seit den 1970’er Jahren mit ständig wachsender Verschuldung aufgeschoben wurde. Dass diese Blase – dieses Schneeballsystem – platzen muss, wird jedem, der ein wenig rechnen kann aufgehen können.

    Weit wichtiger aber ist doch, was NACH dem Kollaps passiert.

    Wird die Menschheit in der Lage sein, ein auf Liebe und Gerechtigkeit basierendes Leistungs-Austausch-System zu finden?

    Werden die „Gegen“-Parteien versuchen, das alte System mit Widerstand zu beenden? (Und es damit, mangels Alternativen, nur stärker machen..)

    Zusammenbrüche hat es in den letzten 100 Jahren überall gegeben, in Deutschland sogar zweimal.

    Stets ging es weiter, wie gehabt. Denn stets mangelte es an Menschen, die konstruktive Alternativen protegierten.

    Herzliche Grüße

    Mathias

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  4. Bianca

    Wieso bekommen diese Betrüger in Anzügen immer wieder eine Plattform?
    Gerade Leute von diesem Betrügerverein IWF sollten doch eigentlich die Klappe halten. Warum hören wir überhaupt noch auf die?

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  5. WellenbeobachterHH

    Die Marktwirtschaft, also kapitalistische Produktionsweise, geht historisch unwiderruflich ihrem Ende entgegen. Die politischen Eliten können die Krisen nicht überwinden, sondern den Niedergang nur noch verwalten.

    Der bereits Mitte des 19.Jahrhunderts von Karl Marx erkannte innere Widerspruch, wird nun historisch reif. „Die Grenze des Kapitalismus ist das Kapital selbst.“, meinet er damals. Stimmt. Sehen wir heute. Man könnte noch so viel Geld hin und her schieben. Damit kann man den Widerspruch kaum noch kitten, schon gar nicht aufheben.

    nützliche Artikel mit Darstellung der Widersprüche finden sich hier:
    http://www.hh-violette.de/

    sehr fundierte theoretische Erklärung zum Widerspruch finden sich in der „modernen Wertetheorie / Wertabspaltungstheorie“ – hier:
    http://www.exit-online.org/

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