Das vorsätzliche Verursachen von schweren Umweltschäden, der sogenannte Ökozid, soll Straftatbestand werden.

Das französische Parlament hat sich dafür ausgesprochen, das vorsätzliche Verursachen von schweren Umweltschäden, das sogenannte Ökozid, in einem neuen Gesetzespaket zum Straftatbestand zu erklären und mit bis zu zehn Jahren Haftstrafe zu belegen. Die Maßnahme solle auf „die ernstesten Fälle von Umweltschädigungen von nationaler Bedeutung“ anwendbar sein, sagte die französische Umweltministerin Barbara Pompili. Bei einem Verstoß drohen dann bis zu zehn Jahre Haft sowie Bußgelder von bis zu 4,5 Millionen Euro.

Nicht nur in Frankreich verstärken sich die Bemühungen, vorsätzlich oder grob fahrlässig verübte Umweltverschmutzungen mit langfristigen Folgen wie zum Beispiel Atomreaktor-Unfälle oder Öltanker-Havarien, also den Ökozid, unter Strafe zu stellen.

Eine internationale Gruppe aus Anwälten und Aktivisten hat die Idee vom Ökozid in den vergangenen Monaten nun vorangebracht und gewinnt Fürsprecher. Ihr Ziel ist es, ökologische Zerstörung als neuen weltweit anerkannten Straftatbestand zu definieren, der vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag als Ökozid anerkannt und verfolgt werden kann. Eine Expertengruppe will dazu bis Juni 2021 einen konkreten Vorschlag erarbeiten.

Die Idee klingt allerdings einfacher als sie in der praktischen Umsetzung ist. Der Internationalen Strafgerichtshof ist noch jung, er nahm erst 2002 seine Arbeit auf und urteilt auf Basis des Römischen Statuts, das vier Verbrechen gegen den Frieden definiert: Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen der Aggression. Einer Erweiterung des Status müssten zwei Drittel der Mitglieder zustimmen, was sicherlich Jahre in Anspruch nehmen könnte. Zudem erkennen mehrere Staaten den Internationalen Gerichtshof gar nicht erst an, darunter auch viele einflussreiche Länder wie die USA, China, Russland und Indien.

Straftatbestand Ökozid

Die größte Herausforderung dürfte aber wohl die Ausgestaltung des Straftatbestands Ökozid und die Beweisführung sein. Die entscheidende Frage sei, ab wann eine lokale Umweltzerstörung so bedeutend werde, dass sie die internationale Gemeinschaft als Ganzes betreffe, sagt der Direktor des Zentrums für internationale Gerichte am University College London und Co-Vorsitzender der Expertengruppe, die den Begriff Ökozid definieren will. Welches Ausmaß an Umweltschäden würde ein Verbrechen darstellen? Wäre es der Klimawandel, eine Ölpest in Ecuador, ist es der Verlust der biologischen Vielfalt, die Zerstörung von Arten, ist es ein nuklearer Unfall?

Dennoch findet die Idee in letzter Zeit vermehrt Unterstützer. In Belgien, Luxemburg, Spanien, den Niederlanden und Schweden haben sich die Parlamente schon damit beschäftigt. Auch Papst Franziskus sprach sich vor einiger Zeit dafür aus, Ökozid als fünftes Verbrechen gegen den Weltfrieden anzuerkennen.

Derweil sondieren die Richter in Den Haag schon ihren ersten Ökozid: Anfang des Jahres haben zwei brasilianische Häuptlinge eine Untersuchung gegen den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro angestrengt. In ihrer Klageschrift kritisieren sie, dass sich seit Amtsantritt des Rechtspolitikers die Abholzungsrate im Amazonas beispiellos beschleunigt habe. Die Zerstörung des Regenwalds gefährde die unerlässliche Regulierung des Klimas und sei damit eine direkte Gefahr nicht nur für alle Brasilianer, sondern für die gesamte Menschheit.

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Eine Antwort

  1. Theosoph343
    Ökologie und Spiritualität

    Nötig ist eine öko-konservative Politik und eine Erneuerung des Christentums. Bitte googeln: Christliches Heidentum Traumsteuerung

    Antworten

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