Walking-In-Your-Shoes ist eine phänomenologische Selbsterfahrungsmethode, mit der wie uns selbst, unser Leben, andere Personen und Dinge besser verstehen können. Durch das detaillierte Hineinschauen in ­bestimmte Rollen oder Personen können wir Antworten und Lösungen für unsere privaten oder beruf­lichen Anliegen ­finden. Eine echte Alternative zur Familienaufstellung.

 

Du bittest eine Person für dich eine bestimmte Rolle zu gehen. Die Person, der Walker, lässt sich für diese Rolle in den Dienst nehmen und bewegt sich körperlich, zum Beispiel durch Gehen, zirka 15-25 Minuten ganz intuitiv und spontan. Der Walker begibt sich dadurch stellvertretend für den Ratsuchenden auf eine „Entdeckungsreise“ durch die Rolle. Durch die Bewegung wird Energie frei, und durch die Energie wird Information frei. Diese Information hilft dem Ratsuchenden, ein detailliertes Verständnis auf einer tieferen Ebene zu finden. Langjährige Erfahrungen zeigen, dass die Rolle, die gegangen wird, eine erstaunliche Übereinstimmung mit der Wirklichkeit hat, die in der Tiefe wirkt.

Für deinen Walk ist jene Rolle sinnvoll, von der du annimmst, dass sie Antworten auf Fragen für dein Verständnis, dein Wachstum und dein Fortkommen liefert. Beispielsweise könnte das sein: „du selbst“, „dein Partner“,“dein Kind“, „eine Person, mit der es Konflikte gibt“, „dein blinder Fleck“, „deine berufliche Zukunft“, „deine Berufung“ usw.

 

Spontane Empathie

Walking-in-your-shoes nutzt unsere natürliche Fähigkeit, unsere Grenzen zu überschreiten und Empathie zu empfinden, um eine tiefe Beziehung zu einem anderen Wesen herzustellen. Der amerikanische Schauspieler und „Walking-in-your-shoes“-Entwickler Joseph Culp nennt das manchmal auch „spontane Empathie“. Die Methode ist einfach, aber tiefgreifend: Mit Hilfe eines Gruppenleiters erklärt jemand seine Absicht, eine andere Person oder ein Anliegen zu sein, und beginnt, sich im Raum zu bewegen. Dabei verzichtet er auf Imitation oder kognitive Mutmaßungen und stimmt sich ganz auf die Energien und Gefühle seines Körpers ein. In einem Walking-Prozess erfährt man eine Bewegung, eine Art Verlagerung der Bewusstheit, und bringt spontan Aspekte des Verhaltens, emotionale/psychologische Zustände und Lebensthemen der Person oder des Anliegens, welche/s man „geht“, zum Ausdruck. Die dabei erkennbaren Informationen weisen einen hohen Grad an Treffsicherheit auf, ob der Geher nun etwas von dieser Person oder dem Anliegen weiß oder nicht.

Menschen, die „gegangen“ worden sind, berichten häufig, dass sie sich vorher noch nie so tief verstanden und akzeptiert gefühlt haben. Diejenigen, die andere gehen, erfahren ein Gefühl von Befreiung durch ein zeitweiliges „Heraustreten“ aus ihren oft einschränkenden Selbst-Konzepten. Es ist deutlich zu sehen, wie sich das Leben von vielen durch Walking-in-your-shoes zum Positiven gewandelt hat.

Als der Psychologe John Cogswell und Joseph Culp in den 1980er-Jahren mit ihren Erforschungen dieser Körper/Seele-Technik begannen, nannten sie es Walking-in-your-shoes nach dem alten Sprichwort der indianischen Ureinwohner: „Du kannst niemals einen anderen Menschen verstehen, bevor du nicht eine Meile in seinen Mokassins gegangen bist.“

 

Mitgefühl und Selbstbestärkung

Der Walking-Prozess hilft Menschen dabei, Zugang zu ihrer Gabe für „spontane Empathie“ zu bekommen, weckt Mitgefühl und Selbstbestärkung und hat das Potential, menschliches Leben zum Besseren hin zu transformieren. Walking-in-your-shoes hilft uns auch, unsere Wunden zu heilen, unsere Selbstachtung zu erhöhen und die Kommunikation in Familie und Gesellschaft zu erleichtern. Im Kern dieses Prozesses liegt für uns die Möglichkeit, aus unseren einschränkenden Selbst-Konzepten auszubrechen, um zu unserer tieferen Natur der Liebe und des Mitgefühls zu gelangen. Es geht darum, über unsere starren Konzepte von unserer Realität und – was noch wichtiger ist – von uns selbst hinauszugelangen, und zumindest zeitweise loszulassen von dem Glauben, den wir alle in uns tragen, dass wir irgendwie von Natur aus getrennt sind. Doch Quantenphysik und die höchsten Lehren aller Religionen erklären alle das Gleiche: Getrenntheit ist eine Illusion.


Abb: © rdnzl – Fotolia.com

Über den Autor

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studierte Philosophie und Anglistik leitet heute Selbsterfahrungskurse in Europa und den USA. 2005 ging er nach Kalifornien und entdeckte dort 2008 „Walking-in-your-shoes“. Nachdem er es zunächst in Deutschland einem kleineren Kreis vorstellte, ist heute daraus eine etablierte Methode entstanden, die in allen Bereichen zur Beratung und zur Selbsterkenntnis genutzt wird.

Mehr Infos

Literatur: Christian Assel: ­„Gehen heißt ­Verstehen“, Windpferd-Verlag 2010

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