Achterbahn der Stille

Selbsterforschung furios

Was sollen wir von einer Autorin halten, die Stifte in einem Meditationszentrum klaut? Wir sollten ihr dankbar sein, denn ohne diese kleine Grenzüberschreitung wären wir nicht in den Genuss ihrer Live-Reportage über eine Meditation verabscheuende Hardcore-Meditiererin gekommen. Außerdem handelt sie nur konsequent. Schließlich hält sie unsere Vorstellungen von Gut und Böse für das größte Hindernis auf dem Weg zu echter Mitmenschlichkeit. Ja, Teresa Heidegger, Anfang 30, ist von den allgemein geltenden Maßstäben genervt. Schwer genervt. Nicht zuletzt von ihren eigenen. Und deshalb bricht sie, am Boden einer Lebenskrise, in den Himalaya auf. Um sich selbst zu finden. Nein – um sich selbst zu überwinden. Oder beides. Oder doch noch etwas Drittes?
Klar ist nur, dass sie nicht weitermachen will wie bisher und eine neue Perspektive braucht. Also: Kraxeln im Hochgebirge ohne Führer und Träger. Und 110 Stunden Sitzmeditation in zehn Tagen: „Vipassana“. Protokoll 8 Uhr: „Es ist die Hölle. Habe ich eigentlich schon mal ausgesprochen, wie abgrundtief ich dieses Meditieren hasse?“ Protokoll 12 Uhr desselben Tages: „Was für ein Erlebnis! Ich will nichts anderes mehr außer Meditieren.“ Teresa Heidegger lotet das vertrackte Abenteuer, ein Mensch zu sein, mit herzerwärmender Offenheit aus. Ihre Fragen beschäftigen jeden, der sich ernsthaft auf die Suche macht. Geht es darum, mich zu verändern ? Oder darum, mit dem, wie ich bin, Frieden zu schließen? Soll ich meditieren oder die Welt in Ordnung bringen? Dabei fegt sie wie ein aufgekratzter Derwisch durch den Himalaya und den Dschungel ihres Bewusstseins.

Fazit: Maßlos unterhaltsam und geisterquickend. Für alle, die über ihre Innenweltreisen die Außenwelt nicht vergessen wollen. Und umgekehrt.

Soschan Mund