Auf DVD: „Breaking the Waves“ + „American Gigolo“ in der „Süddeutsche Zeitung Cinemathik“

Wer nach preiswerten Ausgaben spiritueller Filme Ausschau hält, sollte die inzwischen hundert Titel umfassende „Cinemathek“ der Süddeutschen Zeitung in Augenschein nehmen. Zuletzt sind hier „Breaking the Waves“ von Lars von Trier (Nr. 55), Paul Schraders „American Gigolo“ (63), Robert Bressons „Pickpocket“ (74) und Akira Kurosawas „Rashomon“ (93) erschienen. Das Schöne an dieser Edition ist, dass die Filme grundsätzlich sowohl in der deutschen wie in der Original-Fassung zur Verfügung gestellt werden.
Lars von Triers Meisterwerk „Breaking the Waves“ zum Beispiel kann man so richtig erst würdigen, wenn man die Stimme von Emily Watson selbst hört: eine Stimme von solcher Lauterkeit, Reinheit, Güte, dass es schier unmöglich ist, ihr nicht zu folgen in den unaufhaltsamen Untergang. Als gläubig Liebende unter den Augen eines strengen Gottes will diese Bess ihre Gesundheit, ihr Leben gegen die ihres gelähmten Mannes Jan tauschen, will ihn heilen durch ihre Selbsterniedrigung, ihre Selbstaufgabe als Prostituierte. In diesem ebenso perfekt wie perfide konstruierten Melodram, in dem es fortwährend abwärts geht, geht sie am Ende für ihren gelähmten Mann in den Tod.
Lars von Trier glaubt offenbar an das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt. Denn er gibt Bess Recht. Er sanktioniert dieses Frauen-Opfer, indem er zeigt, wie Jan bei ihrer Beerdigung schon wieder auf Krücken unterwegs ist und wie, bei der Seebestattung ihres Leichnams, hoch droben im Himmel die Glocken läuten: ein ganz und gar wörtlich genommenes Bild frommen Kinderglücks, mit dem von Trier seinen Film enden lässt.

Paul Schraders „American Gigolo“ kann man wie die menschenfreundliche Variation desselben Themas lesen: Auch hier ist eine wunderschöne Frau der Engel, der aus Liebe einen Mann rettet, der es eigentlich nicht wert ist. Dabei verliert sie zwar nicht ihr Leben, wohl aber ihren Ehemann, ihren Status, ihren Reichtum. Doch indem sie sich zu dem gefallenen High Society-Gigolo bekennt, gewinnt sie schließlich sein Herz.

Richard Gere konnte mit der Rolle des Gigolos 1979 seinen internationalen Durchbruch feiern. Dass er inzwischen Präsident und Mäzen des Tibet-Hauses in New York ist, macht die Freude an ihm, an der souveränen Gelassenheit seiner Bewegungen, an seiner eleganten Geschmeidigkeit nur noch größer.
[im Buch- und Zeitschriftenhandel 9,90 € je Titel]

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