Taste the Waste

First World Problems

In der ersten Szene der Doku begegnet man unvermittelt zwei jungen Männern, die containern gehen. „Containern“ ist ein Begriff, den man vielen heutzutage kaum noch erklären muss. Er bedeutet, dass sich Menschen (unerlaubt) Zugang zu den Müllcontainern großer Supermärkte verschaffen und die dort weggeworfenen, größtenteils nicht verdorbenen, noch nichtmal abgelaufenen Lebensmittel retten. In Deutschland gibt es durchaus ganze Familien, die sich so ernähren. Der Film dokumentiert aber nicht nur die Situation des verschwenderischen Überflusses in Europa, sondern beispielsweise auch in Japan oder den USA. Aber nicht nur die Vorratshaltung in Supermärkten wird beleuchtet, auch die Normen, denen unsere Lebensmittel unterliegen. Kartoffeln werden beispielsweise noch direkt auf dem Feld aussortiert und weggeworfen, weil sie optisch nicht dem Gewünschten entsprechen. Gemüse – frisch produziert für den Müll. Dabei sollte man auch nicht vergessen, welche Umweltbelastungen durch das Methangas verursacht werden, das aus dem energiereichen Lebensmittelmüll auf den Müllhalden entsteht.

Sehr spannend ist es auch als Verbraucher zu erfahren, dass dieser Irrsinn nicht nur auf EU-Richtlinien zurückzuführen ist.
Als diese versuchte ein Gesetz betreffend der Form von Gurken zu lockern, stellte sich das deutsche Landwirtschaftsminis-terium auf Druck des Handels – gerade Gurken lassen sich halt besser in Kisten packen – quer.

Fazit: Hier wird die wahre Dekadenz der zivilisierten, hochentwickelten Gesellschaften vor Augen geführt. Niemand sollte verdorbene Nahrung essen, aber es ist einfach unfassbar, wie viele Tonnen – allein in der EU pro Jahr 90 Millionen Tonnen – an genießbaren, teils sogar noch im MHD befindlichen, Lebensmitteln aus Profitgründen weggeschmissen werden. Was für eine unglaubliche Ressourcenverschwendung, während auf diesem Planeten, sogar in diesem Land, Menschen Hunger leiden. Sieht man sich die immensen, vor sich hin gammelnden Brotberge und kistenweise vor sich hin rottenden Meeresfrüchte an, wird einem klar, dass man locker ganz Afrika ernähren könnte. Und dies nicht nur einmal, sondern dreimal. Der Irrsinn der First World Problems ist wirklich grenzenlos. Valentin Thurn gibt dem sprichwörtlichen Butterberg ein Gesicht, zeigt in seinem Film aber auch interessante (kleine) Lösungsmöglichkeiten auf. „Taste the Waste“ kommt am 20.4. in den Handel.

 

Valentin Thurn
Taste the Waste
Lighthouse Home Entertainment, 2012
91 Minuten, 14,99 Euro

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