Sicherheit ist ein grundlegendes Thema des menschlichen Daseins. Wir wollen uns beschützt, geborgen, geliebt fühlen. Doch so recht scheint das kaum jemandem zu gelingen. Warum unser Sicherheitsdenken mit all dem Festhalten, Wünschen und Manipulieren nicht funktioniert – und wo wir wahre Sicherheit finden können.

 

Was ist überhaupt Sicherheit? Obgleich die meisten Menschen eine Antwort auf diese Fragen zu kennen glauben, stößt man diesbezüglich auf vielerlei Ungereimtheiten. Der Begriff Sicherheit scheint weder klar noch greifbar zu sein. Vielleicht, weil man die ersehnte Sicherheit noch nie wirklich erfahren hat?

Eins ist sicher: Beim Thema Sicherheit denken die meisten von uns sofort an Besitz. Es schweben uns dabei irdische Güter vor, das liebe Geld, das bis ans Lebensende reichen soll, ebenso wie der sichere Job oder die notwendigen Beziehungen als zusätzliche Garantie. Zugleich taucht das Thema körperliche Gesundheit auf. Womöglich ist es die Vorstellung von der ewigen Jugend und einem unendlichen Leben „als Körper“, die uns dazu motiviert, die Gesundheit in den Fokus unseres Lebens zu rücken. Offensichtlich gehen wir davon aus, dass wir der Körper sind, weshalb seine Gesundheit ein gesichertes Dasein bis hin zur Ewigkeit gewährleisten würde. Die Pharma- und Kosmetikindustrie sowie verschiedenste Fitnessanbieter und Versicherungen freuen sich natürlich, denn hier investiert der Mensch Unmengen an Zeit und Geld. Dass dies nicht wirklich immerwährende Sicherheit garantieren kann – den Kampf gegen das Alter hat noch keiner gewonnen –, wird genauso übersehen wie die Tatsache, dass die körperliche Gesundheit eher von der seelischen Befindlichkeit abhängt als von äußeren Faktoren.

Abhängigkeiten

Zudem wird die Vorstellung von Sicherheit meist wie selbstverständlich an das Familienleben geknüpft. Eine tragende Partnerschaft, Ehe und Kinder, freundschaftliche Beziehungen und generell stabile soziale Kontakte sollen sie gewährleisten. „Wenn ich dies alles endlich erreicht habe, dann bin ich abgesichert“, denkt sich der Mensch. Doch das wohlige sichere Gefühl stellt sich oft nicht ein. Stattdessen entsteht ein Durcheinander voller Bedingungen, Einengungen und Abhängigkeiten. Das Ego setzt sich früher oder später durch und fordert bestimmte Verhaltensweisen oder Güter ein, die seinen Konzepten von „Liebe“ entsprechen. Man erwartet vom Partner, dass er entsprechend dem eigenen Plan funktioniert, zum Beispiel pflegeleicht, folgsam und fehlerfrei ist. Im Grunde wird jene Erwartung nach und nach wichtiger als die Liebe selbst, was sich an den sich einschleichenden Spannungen und der Unverbundenheit erkennen lässt. Die erwünschte Sicherheit in der Liebe kann es nur geben, wenn sie selbst als die absolute Priorität verehrt und entsprechend gepflegt wird. Die konzipierten Bedingungen des Egos dagegen verjagen die Liebe.

Was also läuft da grundlegend schief? Bei genauerem Hinschauen wird uns bewusst, dass der Mensch – aufgrund der Identifikation mit seiner sterblichen Hülle – seine Suche nach Sicherheit rein auf die irdische Ebene reduziert. Dies kann unmöglich fruchten, denn das, was er im Kern ist, gehrt weit darüber hinaus. Durch seine Fokussierung auf das Körperliche wird sein freies göttliches Bewusstsein an die Wünsche des Körpers gebunden und somit versklavt. Das Ganze ist eine Sucht, denn wenn etwas, das sinnlos ist und keine Zufriedenheit bringt, dauerhaft angestrebt wird, spricht man von Sucht.

Urängste

Woher kommt diese Sucht nach Sicherheit, für deren Erfüllung wir bereit sind, sogar die Freiheit unserer Seele zu verkaufen? Und: Wogegen sichern wir uns eigentlich ab? Sicherheit suchen wir logischerweise nur, wenn wir uns verunsichert fühlen, wenn wir also – bewusst oder unbewusst – Angst haben. Nur: Was macht uns denn so ungeheure Angst?

Das Menschsein wird von zwei große Ängsten bestimmt: der Existenzangst und der Angst vor der Einsamkeit. Diesen beiden Giganten, auch Urängste genannt, ist der zahlreiche Nachwuchs in Form größerer und kleinerer Ängste verschiedenster Art zu verdanken. Doch was ist der Ursprung dieser Urängste und ihrer Verwandten? Es ist der Glaube, vom göttlichen Ganzen getrennt zu sein. Dadurch fühlt sich der Mensch letztlich auf sich allein gestellt. Das verursacht die grundlegende Angst, ob er morgen überhaupt noch etwas zu essen haben wird, ob er noch ein Dach über dem Kopf hat und ob es noch andere Menschen gibt, die sich um ihn kümmern.

Die daraus entstandene Programmierung, dass es innerhalb seiner menschlichen Existenz permanent ums Überleben geht, drückt sich durch den entsprechenden Lebensstil aus: Misstrauen, Gier, Ellenbogenmentalität, Neid, Erschöpfung, Konkurrenzdenken usw. sind die Folgen, die wir täglich bezeugen und spüren. Über kurz oder lang führt Existenzangst allerdings zu maximalem Stress und zu Überforderung. Dass das nicht gesund sein kann, versteht jeder. Solange der reine Ausdruck der Seele von Ängsten überschattet wird, ist sie krank, was sich irgendwann auch auf die physische Ebene auswirkt.

So lonley

Auch die Angst vor einem unerträglich traurigen und endlosen Alleinsein basiert auf dem Irrtum, von Gott abgeschnitten zu sein. In der Regel mündet das in die Sehnsucht nach Liebe – oder das, was wir uns unter Liebe vorstellen. Versucht man sich durch eine Partnerschaft vor der Einsamkeit zu schützen, erstickt die geballte Ladung an Wünschen und psychischem Druck bald alle Liebesgefühle. Das von der Angst gesteuerte Sicherheitsdenken führt oft sogar zu einer berechnenden Missbrauchsmentalität, in welcher der andere vorwiegend dazu da ist, das Gefühl der eigenen Einsamkeit auszuschalten. Da diesem Bedürfnis niemand wirklich gerecht werden kann, können Enttäuschungen, Beziehungsunfähigkeit, sexuelle Frustration, Komplexe und sich daraus entwickelnde Verhaltensstörungen entstehen.

Wir müssen die Klarheit erlangen, dass auf diese Weise der Wunschzustand nach Rundum-Sicherheit im Außen niemals erreicht wird. Ein aus Unwissenheit geborenes bedürftiges Verhalten kann kaum zu einem sicheren, entspannten und glücklichen Sein führen.

Wünsch dir was

Erst einmal: An all unseren Bedürfnissen und Wünschen ist nichts falsch. Die Erfüllung unserer Wunschliste mit ihrem immer währenden Zufluss an neuen Stichpunkten kann uns allerdings nur in begrenztem Umfang Lebensqualität und Sicherheit bringen. Dabei stellt das Vorhandensein eines Wunsches an sich noch kein Problem dar. Er ist lediglich eine energetische Erscheinung auf der Leinwand des Bewusstseins, gleich einem Gedanken. Erst das persönliche Festhalten an ihm erzeugt Spannungen, weil wir ja die Möglichkeit, dass er nicht erfüllt wird, zurückweisen, ja oft sogar bekämpfen.

Um sich dem Thema Wünsche anzunähern, ist es ratsam, zwischen Ego- und Herzenswünschen unterscheiden zu lernen. Während Egowünsche auf die Befriedigung des „falschen Selbst“ abzielen und somit die Seele in Unwissenheit und Verwirrung verstrickt halten, wollen uns Herzenswünsche aus der Illusion herausführen. Gleich lichtvollen Impulsen werden sie von der Quelle in unser Bewusstsein eingepflanzt, um zu inspirieren, zu erheben, zu heilen und uns zu erfreuen.

Ihre Absicht gilt dem Offenbaren des wahren Selbst und somit dem Verstärken der Liebe in jeder Weise. Solche Wünsche können das eigene spirituelle Wachstum oder das der Gesellschaft betreffen, oft haben sie den selbstlosen Dienst am Nächsten im Fokus, Projekte, die dem höchsten Wohl aller dienen.

Herzenswünsche müssen weder festgehalten noch in ihrer Realisation krampfhaft vorangetrieben werden, denn sie steuern ihrer Manifestation wie von selbst entgegen. Wenn wir unser Leben nach den Wünschen des Herzens ausrichten, wird uns ein unsagbarer Segen von seelischem Wachstum und Heilung zuteil – und eine neue innere Sicherheit, die unabhängig von äußeren Faktoren ist, entsteht.

Festhalten

Ich weiß eines: Die wahre Natur eines jeden göttlichen Wesens ist Frieden und Glückseligkeit. Wie kommt es dann, dass der Mensch oft traurig ist? Ganz einfach: Wann immer wir Traurigkeit verspüren, weist sie darauf hin, dass wir an einem Wunsch anhaften. Je stärker unser Anhaften, desto tiefer und schmerzlicher die Trauer in uns. Ganz gleich, ob es uns bewusst oder unbewusst ist – wir wollen etwas „haben“ oder erfahren, was nicht da ist. Diese Nicht- Akzeptanz dessen, was ist, oder auch einfach unser Anders-haben-Wollen führen zu Schmerz und Wut. Im Grunde gilt es zu erkennen, dass ein jeder Anflug oder Ausdruck von Wut auf einen Wunsch, der nicht erfüllt wurde, zurückzuführen ist. Anstatt die Dinge entsprechend dem göttlichen Willen bzw. dem Schicksal fließen zu lassen, greift man – man weiß und kann es ja besser als das Leben – persönlich ein: Etwas Bestimmtes muss einfach unbedingt passieren – und wenn nicht, läuft hier etwas bestimmt total falsch.

Die Wut darüber bleibt manchmal unbemerkt, weil die gesellschaftliche Konditionierung uns diktiert, dass Wut als Reaktion nicht angemessen ist. Deshalb wird sie rasch unterdrückt und verwandelt sich dann sogleich in Trauer. Deshalb erkennt man an der Traurigkeit eines Menschen seine abgespaltene Wut, aber auch, dass etwas nicht losgelassen worden ist.

Loslassen

Es ist schon paradox: Sobald wir an einem Objekt – sei es eine Person, ein Gegenstand oder eine Erfahrung bzw. alles, was “Sicherheit” verspricht – innerlich festhalten, beginnt es uns zu entgleiten. Das Leben scheint Anhaftungen nicht zu „mögen“. Der einfache Grund dafür ist, dass der Prozess des Festhaltens umgehend aggressive Schwingungen produziert, da er in sich die Angst transportiert, den Wunsch nicht erfüllt zu bekommen. Sobald wir an unserem Wunsch festhalten, statt uns dem göttlichen Willen hinzugeben, entsteht eine spürbare Ladung an Aggression auf das Leben, das uns jene Erfüllung verweigern könnte. Weil das Leben um ein Gleichgewicht (karmische Gesetzmäßigkeit) bemüht ist, tritt ein ausgleichendes Prinzip in Kraft und blockiert den Wunsch auf irgendeine Weise. Das heißt: Je mehr wir etwas haben, je regider wir etwas durchsetzen wollen, desto anstrengender und komplizierter wird es. Die Gegenstände, an denen wir am meisten hängen, gehen verloren oder werden beschädigt. Die Regeln und Werte, die wir am leidenschaftlichsten durchsetzen wollen, werden besonders verletzt. Die Personen, die wir unbedingt an uns binden wollen, ziehen sich zurück oder werden untreu. Es ist unübersehbar, dass Festhalten ultimativ Verlust oder Stagnation hervorruft. Aber auf diese Weise lernt die Seele und wird ans Loslassen herangeführt.

Und wiederum zeigt sich dabei ein scheinbares Paradox: Die Erfüllung unserer Wünsche setzt ihr Loslassen voraus. Dabei hilft uns die Einsicht: Wenn der Wunsch nach Gott und somit nach Hingabe stets vor allem anderen steht, bekommen wir, was wir brauchen, und bleiben entspannt. Die Suche unseres Egos nach Sicherheit erübrigt sich so durch zunehmenden Kontakt mit dem Göttlichen.

Wie funktioniert Loslassen?

Ein Weg, um dorthin zu kommen, ist beim Auftauchen von Wut oder eben Trauer umgehend zu untersuchen, welcher Wunsch dahinter verborgen liegt. Manchmal ist er nicht gleich sichtbar, denn auch die Ablehnung einer Erfahrung bzw. ein Nicht-Wollen von bestimmten Gefühlen und Umständen stellt einen Wunsch dar. Wenn wir erkennen, dass diese unmöglich dem göttlichen Willen entsprechen können – denn sonst würde es von selbst „anders fließen“ –, sind wir bereit loszulassen. Wir sehen ein, dass hinter allem, was geschieht, eine höhere Weisheit steht.

Loslassen zu können führt uns in die innere Freiheit, was eine immense Erleichterung nach sich zieht. Unsere innere Stimme weiß nämlich, dass uns das Festhalten an Wünschen an die materielle Welt bindet und dadurch die spirituelle Entwicklung aufschiebt. Ihr Flüstern rät uns dazu, jenen weltlichen Ballast abzuwerfen und lieber ewige Werte anzustreben. Leider überhören wir oft, was das Herz zu sagen hat, weil es uns schlichtweg an Bewusstheit fehlt. Demnach ist der Kontakt zu dieser inneren Stimme die wichtigste Voraussetzung für die Bereitschaft zum Loslassen. Wenn ich mir bewusst bin, wozu mir das Loslassen dient, dann bereitet es mir sogar Freude!

Den Satz „Lass einfach mal los!“ bekommt man heutzutage häufiger zu hören. Doch so einfach gestaltet es sich mit dem Loslassen leider auch deshalb nicht, weil es nicht wirklich vom „Ego-Ich“ abhängt. In der Tat ist es das Licht der Seele, das alle Wünsche und ihre Motive durchleuchtet. Da sich hinter menschlichen Anhaftungen nicht nur rein psychologische, sondern auch karmische Ursachen verbergen, bedarf es zu ihrer Ablösung oft der Gnade. Karmisch bedingte Wünsche scheinen förmlich an uns zu kleben – auch wenn wir es noch so wollen, schaffen wir es einfach nicht, uns von ihnen zu trennen. Wenn die Ursachen von Wünschen und der daraus resultierenden Widerstände sie loszulassen aus früheren Leben rühren, spricht man von Verstrickungen. Zum Beispiel: Wenn ich jemandem in der Vergangenheit missgönnt habe, dass sich ein bestimmter Wunsch für ihn erfüllt, und ich das auch noch willentlich verhindert habe, muss ich ein ähnliches Szenario durchleben, um nachvollziehen zu können, wie das ist. Auch hier wirkt das Leben nicht bestrafend, sondern lediglich ausgleichend. Die Seele muss geläutert werden.

Loslassen als Vergebung

An dieser Stelle müsste man mit dem Prinzip der Vergebung arbeiten und um göttliche Hilfe bitten, weil das Nicht-Loslassen-Können aufgrund von karmischer Schuld geschieht. Ist das Gewissen belastet, weil die Seele in der Vergangenheit ihr Licht durch weltliche Anhaftungen verraten hat und dadurch vom spirituellen Weg abgekommen ist, so verbietet sie sich häufig die Erlösung und will sich bestrafen. Das Loslassen der Verschuldung kann erst in Kraft treten, wenn sie gewillt ist, sich selbst vollkommen zu vergeben. Dabei ist es meist nicht von Bedeutung, ob uns die damit verbundenen Zusammenhänge bzw. Geschichten bewusst sind oder nicht. Man kann nicht alles wissen, doch  wenn aufrichtig um Vergebung gebeten wird, entstehet ein Ventil und wir können uns leichter verzeihen. Deshalb bedeutet Loslassen auch Vergeben.

Wahre Sicherheit

Was wird aus all den vermeintlichen „Sicherheiten“, in die wir viele Jahre lang eine immense Energie investiert haben? Aus all dem Horten und Investieren, den vielen Versicherungen und eingegangenen persönlichen Bindungen, dem ständigen Kalkulieren, den unzähligen Anstrengungen und den schlaflosen Nächten voller Bangen, die unser Leben Jahrzehnte lang ausgemacht haben. War das alles umsonst? Und wenn ja, wo lässt sich echte Sicherheit finden?

Da alles Weltliche nicht von langer Dauer ist und ständigem Wechsel unterliegt, ist es relativ und nicht die Wirklichkeit selbst. Das Unwirkliche kann uns niemals absichern. Die Sicherheiten, welche es verspricht, wären genauso illusorisch wie es selbst. Die einzige Sicherheit, die wir tatsächlich erfahren dürfen, ist und bleibt die Wahrheit. Sie ist genauso unwandelbar wie Gott selbst. Seine bedingungslose Liebe ist gleichsam seine wahre Natur. Sie ist Frieden und Wahrheit. Wer also nach der wahren Sicherheit sucht, der fülle sein Leben mit jener Liebe. Jenem einzig ewigen „Gut“, das uns unentwegt mit Kraft und Weisheit versorgt.

Wenn wir seine Liebe innig herbeiwünschen, ist sie da. Geben wir ihr alle Macht, so durchdringt sie uns stärker. Geben wir uns ihr hin, so werden wir eins. Lassen wir sie ganz frei, so bleibt sie mit Sicherheit für immer.

 


 

Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*