Was geschieht in den Zusammenkünften mit einem spirituellen Lehrer im Darshan? Auszug aus einem Darshan mit OM C. Parkin…

Ich möchte ein paar einleitende Worte sprechen, wozu dieses Zusammensein dienlich ist, wozu es dienlich sein kann. Eigentlich lehrt die reine Lehre nichts. Die Wahrheitslehre lehrt nichts aus sich heraus, wenn sie als Lehre nach außen tritt, sondern einzig und allein, wenn sie auf eine Frage reagiert. Eine Frage, die aus der Unwissenheit emporsteigt in einem Menschen, eine Frage aus dem Kollektiv, aus dem Schmerz der Erfahrung, ein abgetrenntes Wesen zu sein: Warum fühle ich mich so verloren? Wie erkenne ich mein wahres Zuhause? Wie finde ich zurück zu meinem wahren Wesen? Wer bin ich wirklich? Wenn so eine Frage nicht aufsteigen würde, dann gäbe es auch keine Notwendigkeit dafür, dass die stille Lehre in irgendeiner Form nach außen tritt. Die Person des Lehrers wäre in diesem Sinne überflüssig.

So ist der Impuls für dieses Zusammensein immer wieder nur eine Reaktion auf eine solche Frage und es ist für einen Menschen ein wesentlicher und geradezu erleuchtender Moment, wenn er an den Punkt gelangt, an dem er innerlich bereit ist, die Frage zu stellen, die ihn zu diesem Punkt führt. Wir alle haben verlernt, die wesentlichen Fragen zu stellen. Als Kinder waren wir neugierig und wollten alles wissen, doch die wesentlichen Fragen konnte niemand beantworten, weil es niemanden gab, der aus diesem Wissen sprach, das aus der Wahrheit kommt. So blieben Fragen unbeantwortet und irgendwann haben wir dann aufgegeben. Vielleicht haben wir weiterhin Fragen gestellt, viele unwesentliche Fragen, die das Äußere betreffen, aber wir haben, ohne es so benannt zu haben, zu irgendeinem Zeitpunkt resigniert, so dass die wesentlichen Fragen – und das sind auch Fragen, die äußerst unbequem werden können – ungestellt blieben.

Keine Lehre ohne substanzielle Fragen

Diese Fragen steigen dann nicht mehr von allein auf. Und so möchte ich darauf hinweisen, was es heißt, in diesem Zusammensein hier eine Frage aufsteigen zu lassen und die Frage auch zu stellen. Manche Fragen werden beantwortet, ohne dass sie gestellt werden. Aber die gesamte Wahrheitslehre, egal unter welcher Tradition sie ins Bewusstsein tritt, ist nur eine Reaktion auf so eine Frage. Wenn es so eine Frage nicht gibt, gibt es auch die Lehre nicht. Denn es gibt keine Wahrheitslehre, die aus sich heraus eine Überzeugung kennt, irgendeinen Menschen irgendetwas lehren zu müssen. Das ist nicht die Aufgabe dieser Lehre und niemand, der diese Lehre vertritt, könnte das wahrhaftig als seine Aufgabe betrachten. Erst wenn eine solche Frage gestellt wird, wenn sie sich formt und nach außen in Offenheit das Leiden manifestiert, das hinter dieser Frage liegt, erst dann reagiert die Lehre.

Es sind Priester, die Menschen etwas lehren, ohne dass sie eine Frage gestellt haben, weil sie glauben, sie müssten Menschen irgendetwas beibringen, sie müssten irgendjemanden bekehren, sie müssten etwas verändern – zum Besseren natürlich. Aber in Wahrheit gibt es nichts zu verbessern, es gibt nur Antworten auf Fragen und die massiven Konsequenzen, die sich aus diesen Antworten ergeben, wenn das Verständnis so weit nach innen dringt, dass die Antwort beginnt, sich durch den Fragenden zu leben. Es reicht also nicht, dass diese Antwort nur in den Geist eindringt, sondern sie muss in jede Zelle eindringen, denn dieses Zusammensein ist keine Nahrung für den Geist. Oder sagen wir besser, es ist auch Nahrung für den Geist oder Verstand, denn warum sollte jemand ausgeschlossen werden.

Aber es reicht nicht, den Verstand die Antwort für sich vereinnahmen zu lassen, sodass er dann sagt: „Ich weiß.“ Ich habe immer wieder Menschen erlebt, die kamen zu einem zweiten Zusammentreffen mit dem Satz: „Ich weiß.“ Beim ersten Treffen wussten sie nicht, beim zweiten wussten sie. Aber dieses: „Ich weiß“ muss in jede Zelle eindringen – und der Widerstand des Geistes sitzt in jeder Zelle, und das ist der Ort, an dem wir immer wieder daran scheitern, Antworten vollständig zu empfangen und sie ihre Arbeit in unserem System machen zu lassen.

Die Antworten fühlen

Uns wird eine Antwort aus der Wahrheit gegeben – und wir erhalten immer wieder Antworten aus dem Leben, aus der Wahrheit –, doch die Antwort dringt ein Stück weit in unser System ein und strandet dann. Es wird vermieden, Antworten mit letzter Konsequenz und Eindringlichkeit in uns zu fühlen, denn dann hätte die Antwort in uns eine zerstörerische Wirkung.

Wir brauchen diese Zerstörung. Antworten, die aus der Wahrheit kommen, dienen nur dazu, etwas zu zerstören, was zerstört werden muss. Und zerstört werden muss die Unwissenheit, die Lüge, jedes Luftschloss, jede Sandburg, die wir aufgebaut haben. Dieser Prozess des vollständigen Hineinnehmens von Antworten, die das Leben gibt, ist zuerst beängstigend. Aber wenn wir uns dem wirklich hingeben, geschieht die große Er-leichterung, die große Er-lösung von der Last der Unwissenheit. Die Unwissenheit ist die einzige Last, die die Menschheit trägt. Aber das Wesen der Unwissenheit, das sich Ignoranz nennt, ist die Lüge, die sich ihrer selbst nicht bewusst ist. Das heißt: Menschen leben eine Lüge, aber sie sind sich dieser Lüge nicht mehr bewusst, sie erscheint als normales Ich, als Realität, als das Leben. Dieses Zusammensein in Darshan dient als Nahrung für die Seele, als Nahrung für die Wahrhaftigkeit in dir, denn es gibt nicht mehr viel in dieser Welt, die wir Leben nennen, das die Seele direkt ernährt. Es gibt sehr viel Nahrung für den Geist.

Wir sind einer Flut von unwesentlichen Informationen ausgesetzt, die sich immer schneller durch die schon widerstrebenden Nervenbahnen hindurchzumanövrieren versuchen. Es setzt eine Müdigkeit bezüglich dieses Überflusses an Informationen ein, die nur dem Verstand dienen. Diese Nahrung, die der Seele dient, in dir selbst wiederzufinden, unterstützt den Herzenswunsch nach Befreiung aus dem Zustand des Getrenntseins.

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