Immer wieder, wenn ich zu den Mülleimern des Mietshauses komme, in dem ich wohne, ärgere ich mich, weil einige Bewohner Plastikmüll in die Ökotonne werfen. Hm, denke ich mir, das Mülltrennungs- Prinzip nur zu verstehen, reicht anscheinend einfach nicht. Erst wenn Menschen auch fühlen, welche Unordnung ihr Handeln verursacht, können sie es lassen. Denn um wirklich sinnvoll und zielgerichtet handeln zu können (eine männliche Eigenschaft), braucht es vorher das Fühlen (eine weibliche Eigenschaft). Das heißt: Bevor wir uns für eine Situation gefühlsmäßig nicht vollkommen geöffnet haben (eine weibliche Eigenschaft), haben wir überhaupt keine Chance, stimmig in Aktion treten zu können (eine männliche Eigenschaft).

Um in unserer Welt in adäquater Weise aktiv werden zu können, braucht es daher die Verbindung zwischen männlichen und weiblichen Eigenschaften. Keine von beiden ist besser oder schlechter. Unsere Welt, wie sie momentan ist, wird leider hauptsächlich von Aktionen ohne zu fühlen bestimmt – man sieht, welche zerstörerischen Auswirkungen das hat. Lebten wir allerdings in einer Welt, die einzig vom Fühlen bestimmt wäre, ohne dass sich daraus zielgerichtete Handlungskonsequenzen ergäben, würden wir wahrscheinlich in einer anderen Art von Chaos versinken (Aus-Halten ohne Aktion).

Ein heiles Agieren in der Welt setzt sich darum aus männlichen und weiblichen Anteilen zusammen. Das zeigt schon die Geburt, dieser urweibliche Vorgang, den man auch als ein Zusammenspiel dieser Anteile sehen kann: Wehen (Hingabe/weiblich) und Austreibungsphase (Pressen/männlich).Was heißt das nun ganz konkret für unser Leben? Es bedeutet in unserer Gesellschaft, in der wir fast alle nicht gelernt haben, adäquat mit unseren Gefühlen umzugehen, erst einmal zu lernen, ein Gefäß zu sein (weiblich) für all unsere Gefühle – ohne sie sogleich ausagieren zu müssen (männlich). Es bedeutet auch, in all diesen Gefühlen kleine Kinder zu sehen, für die wir eine fürsorgliche Mutter (natürlich weiblich) sein sollten, die sie alle in den Arm nimmt. Ansonsten werden sie jede unserer Handlungen (männlich) ins teilweise Groteske verzerren.

Und sie haben recht damit, denn wie sollen wir Aufbauendes/ Verbindendes/Konstruktives = Liebe in die Welt bringen, wenn wir uns weigern, unsere eigenen inneren Kinder zu lieben. Der Blick nach außen macht uns dabei ehrlich: Der Zustand unseres Planeten ist das Ergebnis davon, wie wir mit uns selbst umgehen …

Jörg Engelsing

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Innenweltreisender, Redakteur der SEIN.

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