Dänemark ist wahrscheinlich das erste Land weltweit, das seine Regierung per Gesetz für das Einhalten von Klimaschutz zur Verantwortung ziehen kann.

Mit dem Mitte Juni 2020 beschlossenen Klimagesetz löst die sozialdemokratische Regierung von Dänemark eines seiner zentralen Wahlversprechen ein, nämlich eine substanzielle Gesetzgebung zum Klimaschutz zu verabschieden. Das Hauptziel des Gesetzes ist sicherzustellen, dass Dänemark bis 2030 seine Emissionen um 70 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senkt. Bis 2050 will Dänemark klimaneutral sein. Nach aktuellen Zahlen hat Dänemark seinen Emissionsausstoß bis 2018 im Vergleich zu 1990 um 37,5 Prozent vermindert. Für die 70-Prozent-Zielmarke fehlen also noch 32,5 Prozent.

Das Gesetz hat eine breite parlamentarische Mehrheit. Die Parlamentarier bauten dabei auch Absicherungen gegen verschiedene Szenarien ein, unter denen das Gesetz später ausgehebelt werden könnte. 171 von 179 Parlamentariern stimmten dafür und nur acht Vertreter von zwei kleineren Parteien dagegen.

Das Klimagesetz legt die Rahmenbedingungen für spätere, genauere Umweltgesetze fest, mit denen das Klimaziel erreicht werden soll. Wird etwa ein Gesetz für Luftsauberkeit in den Städten geplant, muss die Finanzierung spätestens im folgenden Frühling stehen, damit das Gesetz nach der Sommerpause beschlossen werden kann. Dann geht die Finanzierung automatisch ins Budget ein.

Der jeweilige Minister für Klima und Energie muss dem Parlament Jahr für Jahr darüber Rede und Antwort stehen, welche Maßnahmen und Gelder für das Erreichen des Klimaziels im Jahr 2030 beschlossen wurden und welche prozentuale Emissionsminderung sie bewirken sollen. Ebenfalls jährlich muss die Regierung dem Parlament ein Programm für das kommende Jahr präsentieren. Dabei soll sie sich an die Empfehlungen eines aus acht Experten bestehenden unabhängigen Klimarats halten. In den Entscheidungsfindungsprozess soll auch ein neu zu gründendes Gremium, das Borgerting eingebunden werden, eine Bürgerversammlung. Dabei will Dänemark keinen Emissionshandel nutzen. Es sei denn, dass kurz vor 2030 nur noch wenig zum Erreichen des 70-Prozent-Ziels fehlt.

Die Regierung hat schon konkrete Maßnahmen ergriffen. So hat sie einen milliardenschweren grünen Zukunftsfonds aufgelegt, ein Programm zur Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen, über die der Treibhausgasausstoß der Landwirtschaft verringert werden soll. Auch einen Waldfonds gibt es nun. Diskutiert werden außerdem eine Flugsteuer und höhere Abgaben für Autos mit Fossilantrieb. Energiekonzerne haben zudem einen umfassenden Ausbau von Offshore-Windenergie angekündigt.

Sieht eine einfache Parlamentsmehrheit zu wenig Erfolg, folgen Konsequenzen: Entweder der Minister erhält ein Jahr Aufschub, um nachzubessern, oder er kann zum Rücktritt aufgefordert werden. Zwei Sektoren klammert Dänemark allerdings aus: die internationale Luft- und Schifffahrt inklusive Frachttransport.

Die Parteien im Parlament, die dem Rahmengesetz zugestimmt haben, können neue Umweltgesetze nur dann ablehnen, wenn sie belegen können, dass ein Gesetzesentwurf gar nicht oder nicht genug zum Klimaziel beitragen würde. Selbst aus dem Rahmenabkommen auszusteigen ist für Parteien nicht so einfach, denn sie brauchen eine Parlamentsmehrheit – und die ist nicht sehr wahrscheinlich.

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