Sollte die Temperatur über 1,5 Grad steigen, hätte dies dem neuen Bericht des Weltklimarat zufolge unumkehrbare Folgen.

Der Weltklimarat (IPCC) zeichnet in seinem neuesten Bericht ein düsteres Bild der Zukunft, sollte es der Menschheit nicht gelingen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Im Entwurf zu einem umfassenden Bericht ist von unumkehrbaren Auswirkungen auf Menschen und ökologische Systeme die Rede. Der Weltklimarat geht davon aus, dass eine Erderwärmung um zwei Grad 420 Millionen Menschen zusätzlich dem Risiko von Hitzewellen aussetzt. Zudem wird bis zum Jahr 2050 ein Hungerrisiko für acht bis 80 Millionen Menschen zusätzlich erwartet.

Das Ausmaß dieser Risiken sei abhängig von der Entwicklung bei den Treibhausgasemissionen, heißt es in dem Entwurf weiter. Der Zusammenbruch ganzer Ökosysteme, Wasser- und Lebensmittelknappheit und Krankheiten als Folgen der Erderwärmung würden in den kommenden Jahrzehnten immer schneller zunehmen – auch wenn es den Menschen gelinge, ihren Treibhausgasausstoß zu reduzieren. Dabei sei der Mensch letztlich der größte Leidtragende der von ihm selbst verursachten Krise.

Die Erde habe sich seit dem vorindustriellen Zeitalter bereits um 1,1 Grad erwärmt. Das Pariser Abkommen soll die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad beschränken. Bereits für eine Erwärmung um zwei Grad zeichnet der Weltklimarat schwerwiegende globale Folgen für Mensch und Natur. Derzeit steuert die Erde aber sogar auf eine Erwärmung um rund drei Grad zu.

Schon in den vergangenen 30 Jahren habe der Klimawandel einen globalen Ernterückgang um vier bis zehn Prozent verursacht – in Afrika und Südamerika noch mehr. Auf die weiteren bevorstehenden Veränderungen ist die Welt dem Weltklimarat zufolge schlecht vorbereitet. Bis 2050 werden bei einer Erderwärmung von 1,5 Grad demnach etwa 350 Millionen Bewohner von Ballungsräumen wegen schwerer Dürren unter Wassermangel leiden. Bei einer Zwei-Grad-Erwärmung wären es sogar 410 Millionen Betroffene. Küstenstädte rückten an die vorderste Front der Klimakrise, weil sie immer häufiger von Stürmen getroffen würden, die wegen steigender Meeresspiegel noch gefährlicher seien.

Besonders stark betroffen von den Klimafolgen sind laut Weltklimarat arme Länder. Aber auch Europa werde die Folgen zu spüren bekommen: Die Schäden durch Überflutungen würden sich bis zum Ende des Jahrhunderts auch bei einem hohen Maß an Anpassungen deutlich erhöhen, prognostizieren die Berichtsautoren auf Grundlage internationaler Studien. Die Zahl der Menschen in Europa mit einem hohen klimabedingten Sterberisiko wäre demnach bei einer Erderwärmung um drei Grad drei Mal so hoch wie bei 1,5 Grad, insbesondere in Zentral- und Südeuropa. Außerdem dürfte Europa dem Weltklimarat zufolge mit mehr Hilfesuchenden aus Afrika und zunehmend mit von Mücken übertragenen Krankheiten wie Malaria, Dengue oder Zika konfrontiert sein.

Darüber hinaus weist der Weltklimarat auf die Gefahr hin, dass sogenannte Kipp-Punkte erreicht werden könnten, ab denen eine massive Beschleunigung des Klimawandels nicht mehr aufzuhalten ist – etwa durch das Schmelzen des Eisschildes in Grönland und der Westantarktis. Die Experten betonen, dass bereits jeder Bruchteil eines Grads Erwärmung zähle. Klimaschutzmaßnahmen zahlten sich insbesondere in der zweiten Jahrhunderthälfte aus und könnten die Menschheit vor dem Aussterben bewahren.

Der Weltklimarat

Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wurde 1988 von der UN-Umweltorganisation (Unep) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet. Seine Aufgabe ist, die Politik neutral über wissenschaftliche Erkenntnisse zur Klimaveränderung und über mögliche Gegenmaßnahmen zu informieren. Dem IPCC gehören 195 Staaten an. Auch wenn der Weltklimarat mit rund 700 Mitarbeitern die meiste Zeit still vor sich hin arbeitet, um aus einer Vielzahl von Studien und Statistiken die neuesten Erkenntnisse zum Klimawandel zusammenzutragen, gibt er mit seinen Berichten immer wieder wichtige Impulse in der Klima-Debatte. Die IPCC-Berichte werden von tausenden Wissenschaftlern zusammengestellt, darunter neben Klima- und Meeresforschern auch Statistiker, Ökonomen und Gesundheitsexperten. Der Weltklimarat betreibt keine eigene Forschung zum Klimawandel, sondern wertet tausende Studien aus und fasst die zentralen Erkenntnisse daraus zusammen. Die verwendeten Studien haben im Regelfall das sogenannte Peer-Review-Verfahren durchlaufen – sind also von anderen Wissenschaftlern begutachtet worden.

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