100 Inventurtrupps nehmen bei der 4. Bundeswaldinventur bis Jahresende 2022 etwa 80.000 Probepunkte auf.

Um Deutschlands Wald ist es schlecht bestellt, das wissen Experten schon länger. Der Baumbestand schwindet immer schneller, Trockenheit und Borkenkäfer machen den Grünflächen zu schaffen. Zuletzt stieg die Menge an Schadholz drastisch. Manche Daten über den Gesamtzustand des Waldes sind allerdings schon alt, deshalb läuft in Deutschland derzeit ein aufwendiges Projekt – die Bundeswaldinventur.

Nach mehrjähriger Vorbereitung begannen im Frühjahr 2021 die Feldaufnahmen zur vierten Bundeswaldinventur. Diese nationale Waldinventur wird von Bund und Ländern gemeinsam durchgeführt und vom Thünen-Institut für Waldökosysteme im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft koordiniert und ausgewertet. Die Erhebung ist alle zehn Jahre gesetzlich vorgeschrieben und wurde bereits zweimal durch Zwischeninventuren ergänzt. Somit wird ein Teil der Stichprobe innerhalb von 35 Jahren nun zum sechsten Mal erfasst.

Für die Inventur analysieren Fachleute rund 80.000 Punkte in ganz Deutschland, in deren unmittelbarem Umfeld etwa die genaue Anzahl der Bäume – deren Art, Umfang, Höhe, Alter – und die Menge Totholz aufgenommen werden. Vor Ort ist ein Eisen eingegraben, der Punkt ist mit Satellitentechnik eingemessen. Auf diese Weise finden die Trupps per Metallsuchgerät exakt jene Punkte wieder, an denen schon vor Jahrzehnten ihre Vorgänger standen. Die Koordinaten sind streng geheim. Jeder Punkt repräsentiert 400 Hektar Wald.

Jeder Baum kann mit den Werten von früher verglichen werden – die ältesten Vergleichsdaten stammen aus dem Jahr 1986. Die Erkenntnisse aus den Inventurpunkten werden auf ganz Deutschland hochgerechnet. Damit keine Fehler entstehen, die sich bei der Hochrechnung drastisch auswirken, müssen die Teams exakt arbeiten. In der Praxis heißt das etwa, dass das Maßband beim Messen des Umfangs der Bäume immer auf der gleichen Höhe um den Stamm laufen muss. Gemessen wird auf 1,30 Meter.

Wegen des immensen Aufwands ist die Bundeswaldinventur auf zwei Jahre angelegt, bei Kosten von rund 25 Millionen Euro. Die Auswertung der Ergebnisse wird bis Mitte 2024 dauern. Sie werden allgemein zugänglich veröffentlicht. Somit können etwa Unternehmer abschätzen, wie sich der Holzmarkt entwickelt oder ob in einer bestimmten Region der Bau eines Sägewerkes lohnt. Auch Wissenschaftler arbeiten weltweit mit den Daten.

Weil seit der letzten Inventur vor rund zehn Jahren große Stürme mit nachfolgenden Käferschäden auftraten, erwarten die Fachleute regional teils gewaltige Veränderungen. Vor allem in den Bundesländern, in denen viel Fichte und Kiefer abgestorben ist wie in Sachsen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sieht es sehr dramatisch aus.

Vielleicht wird diesen Regionen in ein paar Jahren ein weiterer Erkenntnisgewinn aus der Bundeswaldinventur zugutekommen. Die Trupps nehmen nämlich auch DNA-Proben der Bäume. Die genetischen Informationen sollen helfen, künftig vor allem jene Bestände anzupflanzen, die mit dem Klimawandel am besten klarkommen.

Unterstütze SEIN

Vielen Dank an alle, die den Journalismus des SEIN bisher unterstützt haben.
Die Unterstützung unserer Leser trägt dazu bei, dass wir unsere redaktionelle Unabhängigkeit behalten und unsere eigene Meinung weiter äußern können. Wir sind sicher, dass unsere redaktionelle Arbeit und unsere Themenvielfalt und Tiefe den gesellschaftlichen Wandel beflügeln. Wir brauchen Deine Unterstützung, um weiterhin guten, kreativen "Lösungs-Journalismus" zu liefern und unsere Offenheit zu wahren. Jeder Leserbeitrag, ob groß oder klein, ist wertvoll. Wenn Du unsere Arbeit wertschätzt, unterstütze SEIN noch heute - es dauert nur wenige Minuten. Vielen Dank.
SEIN unterstützen

Dieser Artikel ist Teil der Themenseite(n):





Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*