Johanne Kläger über die Lebenskunst, unser Leben in der uns gemäßen und freien Form zu leben.

Der Mensch freut sich des Lebens, genießt die großen und kleinen Begegnungen, lebt in Verbindung mit sich und seinen Mitmenschen und ist im Großen und Ganzen mit seinem Alltag zufrieden. Wie geht das? Fast jeder Mensch hat eine Sehnsucht danach, die Essenz seines Wesens zu leben. Aber was ist die Essenz, und wie findet man das heraus? Und wie kann ich mein Leben erfüllt und friedvoll leben? Wir alle kennen das Gefühl, nach Hause zu kommen. Dieses innige, wohlige tiefe Durchatmen, wenn wir uns freuen, unser Zuhause, unsere Geliebten oder die wohlbekannten Flecken Erde anzutreffen. Diese innere Gewissheit zu spüren: Hier bin ich zu Hause, hier gehöre ich hin. Und hier kann ich so sein, wie ich möchte. Genau dasselbe Gefühl ist es, wenn wir unser Leben so leben, wie es uns, unserem Wesen und unserer Bestimmung entspricht. Es ist das wunderbare Gefühl des Ankommens, dass alles an seinem richtigen Platz ist, dass man selbst eine Aufgabe und einen Wert in dieser Welt hat.

Die ureigene pure Schönheit des Kindes

Jedes Kind wird „pur“ geboren. Dann wird es erzogen, von seinen Eltern, Geschwistern, Pädagogen etc. Und es bekommt eine Menge mit, was es darf und was es nicht darf. Und diese ganzen Do´s und Dont´s überlagern die ureigene Schönheit des Kindes. Es passt sich an, es rackert sich ab, um zu gefallen, es entwickelt eigene Strategien, um in seiner besonderen Lebenswelt klarzukommen und bestmöglich zu überleben und vielstmöglich Komplimente abzustauben. Und all das, was wir in unserer Kindheit und Jugend erleben, wächst mit uns mit und vergiftet quasi unser System: die ureigene Vollkommenheit, die Quelle aller Talente und Ressourcen dieses Menschenkindes. Wenn wir erwachsen geworden sind, darf der reflektierte Mensch sein Bestmögliches tun, um all diese Schichten, Erziehungs- und Umwelteinflüsse wieder los zu werden. Denn unter all diesen Schichten ist vielleicht ein kleiner Schatz zu entdecken. Ist vielleicht zu entdecken, was meine Quelle ist und warum ich auf dieser Erde bin.

Herausfinden, was meine Bestimmung ist

Oft übt der Mensch nur noch Tätigkeiten aus, die ihn klein und gefügig halten. Schauen wir uns in unserem Bekanntenkreis um: Wie viele Menschen erleben wir, die wirklich glücklich sind und das leben, was sie von innen heraus fühlen? Die ihrer Bestimmung folgen? Die frei, fröhlich und fließend durch das Leben gehen, ohne ständiges Gemeckere? Es gehört tatsächlich Mut dazu, sich zu zeigen und unabhängig von der Meinung anderer so zu leben, wie es gut tut. Und manchmal braucht es auch einen langen Weg, bis wir herausgefunden haben, wer wir sind und was wir tun wollen. Doch nutzen wir die Zeit, sammeln wir Erfahrungen, Tugenden, Begegnungen, die uns wachsen lassen.

Fünf Elemente eines erfüllten Lebens

Es gibt Elemente, die, regelmäßig angewandt, hundertprozentig eine Wirkung entfalten. Dazu gehören: die Kunst der Ruhe, die Kunst des Genießens, die Kunst des Lachens, die Kunst sich selbst auf die Schliche zu kommen, die Kunst der Selbstliebe. Aus vielen kleinen Teilen wird ein Großes! Ich gehe Schritt für Schritt, übe täglich, und es entwickelt sich langsam. Statt zu träumen, dass es einmal „Peng“ macht und sich mein Leben zu meinen Gunsten wandelt. Das ist Illusion. Denn was dazu gehört, ist kontinuierliche Praxis, Wille und Engagement für mich selbst. Und natürlich gehört neben dem aktiven Wirken genauso Vertrauen in das Leben, dass es das Seinige dazutut.

Die Kunst der Ruhe

Es ist in unserer rastlosen Zeit von enormer Wichtigkeit sich immer wieder Auszeiten zu gönnen. Zeiten mit mir alleine: ohne Handy, Internet, Freunde etc. Eine gute Möglichkeit, mit mir in Verbindung zu kommen, ist Meditation: Dem Atem lauschen. Der Rastlosigkeit der Gedanken zuhören. Ihnen die Wichtigkeit nehmen, indem ich mir sage: „Ich bin gespannt, welcher der nächste Gedanke sein wird.“ Und dann beobachte ich die Lücke zwischen zwei Gedanken. Oder ich nehme meinen Körper wahr, wie er sich hebt und senkt, während ich atme. Ich brauche nichts zu tun. Es passiert ganz von selbst. Das alleine ist schon ein unglaubliches Wunder der Natur. Eine weitere Möglichkeit ist, hinaus in die Natur zu gehen. Meine Sinne werden angesprochen, indem ich lausche, was die Natur zu erzählen hat. Ich spüre den Boden unter den Füßen, lausche den Vögeln und dem Wind in den Bäumen. Ich spüre den Atem und die frische Luft, ihre Bewegung, Ich lasse die Gedanken weiterziehen und erfreue mich an der Schönheit der Natur. Mit diesen kleinen Auszeiten gebe ich meiner Seele und meinem Körper die Möglichkeit, sich zu entspannen, neu zu sortieren und durchzuatmen.

Dadurch entsteht wieder Raum. Auch Raum für Kreativität und Raum, zu mir zu kommen. Ich komme in Kontakt mit mir selbst und kann wahrnehmen, was mich beschäftigt, worauf ich reagiere und was meine Wünsche sind. Es kann in meinem Leben nicht nur Anspannung, Arbeitsalltag, Leistung und Arbeit geben. Um es in Balance zu bringen, brauche ich Entspannung, freie Zeit, Ruhe, um die Seele baumeln zu lassen. Denn genau in solchen, manchmal auch selbstvergessenen Augenblicken kommen oft die besten Ideen oder Erkenntnisse.

Die Kunst des Genießens

Die Kunst des Genießens hat einen ähnlichen Charakter und doch ist sie anders. Die Kunst des Genießens hat einzig und allein die Aufgabe, sich selbst zu verwöhnen. Ich stelle mir vor, ich selbst sei meine beste Freundin: Womit würde ich mir heute Gutes tun und mich verwöhnen? Sei es meine Lieblingsmusik aus richtig guten Lautsprecherboxen, sei es ein neues Buch und der Genuss des Eintauchens in eine andere Welt, sei es ein edler Rotwein aus richtig schönen Gläsern, sei es das selbstgekochte Lieblingsessen für mich und meinen Liebsten, sei es das gemeinsame Spielen in Gemeinschaft oder das schön dekorierte Zimmer in der Wohnung. Genuss sind die Freuden der Sinne. Er belebt. Es hebt diese besonderen Momente vom Alltag ab und macht das Leben lebenswert. Hier und jetzt in diesem Moment genossen ist das Leben ein Fest für Körper und Seele. Es braucht die bewusst geschaffenen Momente, um sich selbst eine Freude zu bereiten und sich zu beschenken. Das ist gleichzeitig ein Dankeschön an sich selbst und an seine Mitmenschen. Und es ist vom Prinzip her egal, ob ich es alleine, zu zweit oder mit der Familie zelebriere. Wichtig ist nur, dass ich mir bewusst Zeit für solche Momente nehme.

Die Kunst des Lachens

Lachen ist gesund – es ist ein echter Gesundbrunnen. Es verbessert die Lungenfunktion, versorgt das Gehirn mit einer Sauerstoffdusche und massiert die inneren Organe. Die Immun-Abwehr steigt, Stresshormone bauen sich ab und Glückshormone werden freigesetzt. Es gibt ein hervorragendes Video von Vera F. Birkenbiehl (YouTube), in dem sie humorvoll erläutert, warum Lachen oder Lächeln gut für das Immunsystem ist. Für das Gehirn ist es egal, ob der Stress real oder eingebildet ist. Die Gedanken wirken. Genauso ist es mit dem Lachen und dessen Wirkung. Es ist egal, ob ich herzhaft über etwas lache oder 60 Sekunden lang die Mundwinkel wie bei einem Lächeln hochziehe. Dies bedeutet Entspannung für den Organismus, auch wenn ich mir im ersten Moment lächerlich vorkomme. Das Gehirn verbucht dies als Freude.

Natürlich ist es noch besser, das Leben selbst nicht so ernst zu nehmen und das Lachen zu kultivieren. Lächeln wir doch mal über uns selbst, wenn wir zum xten Mal den Schlüssel suchen. Lachen, anstatt zu schimpfen, wenn ich wieder die verstreuten Socken meines Partners wegräume. Lächeln wir mal auf der Straße den nächsten Fremden an. Es ist eine Freude, wenn er zurücklacht. Ich beobachte mich selbst, wie es mir während oder nach einem Lachen geht. Danach ist Streiten unmöglich. Und jede Entspannung bringt uns ein Stück näher zu einander. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, mir zuzulächeln, wenn ich an einem Spiegel vorbeikomme. Zugegebenermaßen war es zu Beginn schon befremdlich und ich kam mir doof vor. Doch mittlerweile hat sich aus dem künstlichen Lächeln ein wohlgesonnenes, freundliches Spiegelbild entwickelt, das ich gerne anschaue.

Die Kunst, sich selbst auf die Schliche zu kommen

Ich habe festgestellt, dass viele Menschen ihre Berufung deswegen nicht leben, weil sie diese gar nicht kennen. Sie wissen gar nicht, was ihnen Freude macht. Sie haben schon als Kinder gelernt, auf die Erwachsenen zu hören und die eigenen Stimmen zu ignorieren. Immer wieder stelle ich fest, wie dauerhaft kindliche Prägungen aus dem Elternhaus auch im aktuellen Leben noch Einfluss haben. Und leider meist blockierenden und lähmenden Einfluss. Wenig höre ich Beflügelndes, z.B. dass Menschen in ihrer Kindheit unterstützt worden sind und dass sie sich als so gut, wie sie sind, wahrgenommen haben. Oft wirken noch alte Glaubenssätze, wie „du bist nicht gut genug“, „du musst dich mehr anstrengen“ oder „sei doch nicht so empfindlich“.

Und das wird meist noch im Erwachsenenalter gelebt. Denn diese Sätze sind recht dauerhaft und stark in das innere System eingewebt. Und leider blockieren sie oft unsere wahren Talente und unsere Intuition, weil wir gar nicht gelernt haben, auf uns selbst zu horchen und uns selbst zu folgen. Wenn wir von uns selbst glauben, dass Ziele im Leben nur hart erkämpft werden können und uns nichts leicht zufließt, dann können wir sicher sein, dass es auch so passiert in unserem Leben. Denn hätte ich eine andere Erfahrung gemacht, würde ich anderes glauben, z.B. „Ich bin ein Glückpilz, mir fließt alles leicht zu.“ Ich selbst kann darüber entscheiden, ob ich meinen bisherigen Glauben über mein Leben beibehalten oder verändern will. Denn nichts ist im Leben in Stein gemeißelt.

Meistens haben wir die Wahl, wissen es vielleicht nur nicht. Wenn ich meine blockierende Meinung, wie „Die Gehaltserhöhung bekomme ich sowieso nicht“ verändere in etwas Konstruktives, dann habe ich in meinem Leben mehr Spaß und Erfolg. Doch dazu muss ich erst einmal herausfinden, welche innere Einstellung ich habe. Wo ich konstruktiv und mir selbst zugewandt denke und wo ich nicht an mich glaube oder denke, die anderen werfen mir Steine in den Weg. Wenn ich negative Vorannahmen habe, steckt mit großer Wahrscheinlichkeit auch ein entsprechendes negatives Weltbild von mir dahinter.

Stellen wir uns ehrlich die Fragen

Woher kenne ich diese Sichtweise? Ist es tatsächlich meine oder habe ich sie von anderen, z.B. meinen Eltern, übernommen? Möchte ich den Glaubenssatz behalten? Ist die Haltung hilfreich? (Manchmal kann es auch hilfreich sein, nicht erfolgreich zu sein.) Was wäre, wenn es noch andere Möglichkeiten gäbe? Was könnte sich dadurch verändern? Wie sähe meine Welt aus, wenn ich das nicht glauben würde? Was möchte ich behalten und was verändern? Gibt es Menschen, die mich unterstützen können?

Die Kunst der Selbstliebe

Dies ist sicher eine lebenslange, ständig zu erneuernde und mit die wichtigste Kunst. Es sind schon viele Bücher darüber geschrieben worden, dennoch möchte ich die Selbstliebe nicht unerwähnt lassen. Denn wenn ich mich auf der Straße umschaue, sehe ich sofort, ob sich jemand mag und zufrieden mit seinem Leben ist oder nicht. Es macht einen riesigen Unterschied, ob ein Mensch das Gefühl hat, er kann sein Leben gestalten und im wahrsten Sinne des Wortes etwas bewirken, oder ob er sich als Opfer seiner Umstände empfindet.

„Love it, leave it or change it“ (Henry Ford) ist genau das, was für jeden von uns im Alltag umgesetzt werden darf. Auch das gehört zur Selbstliebe dazu. Wenn ich mir selbst treu bleibe und mich ernst nehme, dann muss ich die Umstände verändern oder verlassen, die mich krank oder dauerhaft unzufrieden machen. Dies ist ein Plädoyer dafür, dass jeder das Recht und vielleicht sogar die Pflicht hat, das Bestmögliche aus seinem Leben zu machen. Natürlich nicht auf Kosten Anderer oder mit Einsatz von Ellenbogen, sondern mit Blick auf sich, zum eigenen Wohle und dem der Welt. Denn wenn es mir gut geht, bin ich das beste Beispiel für die Mitmenschen, genau das zu tun. Wenn ich voran gehe, von innen her leuchte, mich meines Lebens freue – dann werden Menschen sagen: „Ich will genau das, was sie hatte.“ (Das verlangte die ältere Dame am Nebentisch, nachdem Sally in dem Film Harry & Sally ihren Orgasmusauftritt hatte)

Doch wie kommen Menschen dazu, sich mehr und mehr selbst zu lieben und zufrieden mit sich zu sein? Ich nehme einen Punkt heraus, der aus meiner Sicht auffällig ist. Gerade Frauen haben eine dominante kritische innere Stimme. Diese kritisiert ziemlich viel, was frau so macht, und lässt fast kein gutes Haar an ihr. Und das Schlimmste ist, dass frau dieser Stimme auch noch glaubt. Und wenn die innere Stimme zum Beispiel sagt: „Das musst du beim nächsten Mal viel besser machen. Du hättest den Vortrag besser strukturieren sollen“… Wie fühlt sich eine Frau, die so mit sich spricht? Vielleicht hat sie, von außen betrachtet, eine großartige Leistung vollbracht. Doch sie sieht nur das Negative und nicht Gelungene. Es fehlt die Anerkennung für das, was gut gewesen ist. Und auch das gehört zur Selbstliebe dazu. So würden wir nie mit unserer Freundin oder unserem Freund sprechen. Aber wie kann es sein, dass wir uns selbst so gnadenlos kritisieren? „Dein Bauch ist zu dick, dein Busen zu flach, deine Haut zu runzelig. Das darfst du nicht sagen. Du sollst immer artig sein. Du musst noch mehr Arbeit noch schneller erledigen, damit dein Chef mit dir zufrieden ist.“

Stopp sagen

Die wenigsten merken, wie sie sich selbst mit diesen ständigen inneren Kritiken zugrunde richten und nur auf Fehler gepolt sind. Und es ist leider so, dass wir es einfach nicht lernen. Weder in der Familie noch im Kindergarten noch in der Schule oder in der Ausbildung. Da werden üblicherweise Makel hervorgehoben und das Gelungene stillschweigend hingenommen. Und das ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. Wir glauben, dass wir nur dann liebenswert sind, wenn wir funktionieren und alles reibungslos abliefern und organisiert bekommen.

Aus dieser Spirale komme ich nur heraus, wenn mir zuerst meine Gedanken bewusst werden. Dann fange ich an, wohlwollend und nett mit mir zu sein. Etwas weniger kritisch. Dafür erkenne ich an, was alles schon positiv läuft. Eine wunderbare Methode ist, mir täglich abends im Bett nur das anzuschauen und vielleicht aufzuschreiben, was am Tag gut gelungen ist und woran ich Freude hatte. Die Tage werden auf einmal viel freudvoller. Und je mehr ich die Praxis umsetze, umso schöner wird mein Leben. Der Fokus meiner Wahrnehmung richtet sich langsam, aber beständig auf das, was gut und konstruktiv läuft. Nicht dass das Negative, Fehlerhafte komplett ausgeblendet werden soll. Aber es wird ihm ein wenig die Wichtigkeit und Präsenz genommen. In mein Leben kommt ein wenig mehr die Balance durch das, was gut läuft. In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir liebevoll und friedfertig mit uns umgehen. Und je gelassener und freundlicher wir mit uns sind, umso klarer wird uns werden, was wir wirklich im Leben wollen. Uns wird klar werden, was uns entspricht, wohin wir gehören und was wir im Leben erreichen wollen. Welchen Sinn wir stiften möchten und wie wir das schrittweise umsetzen können. Wir lernen Schritt für Schritt die Kunst, unser Leben in der uns gemäßen und freien Form zu leben.

 

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