Ein Mann und eine Frau auf allen Vieren auf dem Boden – beide haben verbundene Augen. Er klopft mit der Hand auf den Untergrund, um Nähe zu signalisieren, aber da erfolgt völlig unerwartet ein Rauf-Angriff. Der Playfight erlaubt die spielerische Erprobung von Kontakt und Grenzen.

Von Maria Spannbauer

In einem Kampfsport- Studio in Berlin haben sich jeweils neun raufwillige, neugierige, experimentierfreudige Damen und Herren im Alter zwischen 25 und 40 Jahren eingefunden, um dem Alltag auf spezielle Art und Weise für ein paar Stunden zu entkommen und in eine komplett andere Welt einzutauchen. Auf eigene Verantwortung kämpfen und raufen die Teilnehmer des „Playfight Clubs Berlin“ unter professioneller Anleitung in einem geschützten Rahmen. „Hier darf man wild, stark, schwach, verspielt und herzlich, spürend sein“, erzählt Dominik Mattner, der den Abend anleitet. „Der Leiter schafft Vertrauen und trägt die Verantwortung. Alle Aktivitäten finden in einem geschützten Rahmen statt, so dass es jedem Teilnehmer möglich ist, bedenkenlos aus sich herauszugehen.“

Das Szenario wirkt sehr achtsam und wechselweise auch sehr energiegeladen. Doch ist das Ganze nicht trotzdem auch gefährlich? Dominik Mattner berichtet von einer interessanten Wahrnehmung: „Erst als wir einen Verbandskasten angeschafft hatten, traten kleine Verletzungen auf, jetzt haben wir den wieder abgeschafft und Verletzungen bleiben aus …“ Grenzen setzen lernen Eine Übung gestaltet sich so, dass ein „Raufpartner“ aktiv ist, während der zweite den passiven Part einnimmt. Innerhalb von nur eineinhalb Minuten soll der eine den anderen dazu bewegen, dass dieser ein „Stopp“ setzt. „Es werden unter anderem Achtsamkeit, Grenzen setzen, Selbstbewusstsein sowie Courage erlernt, verfeinert und trainiert…“

Der Raum ist erfüllt von wohligen, wollüstigen, spielerisch gequälten Lauten, heftigem Atmen, Stöhnen, Knurren, Fauchen und jeder Menge schallendem Gelächter. Jeder Teilnehmer ist frei in der Begegnung im „Raufring“. Ein Kampf erfolgt immer liegend, kniend oder hockend, nahe dem Boden. Eine blonde Frau ist hart im Nehmen, Sie verpasst dem angreifenden Herrn einen Klaps auf den Po. Er seinerseits revanchiert sich stante pede ebenfalls mit einem Klaps auf ihren Allerwertesten. Alle Übungen sind eine Einladung, absichtslos und unverfänglich. Es kann erotisch werden, aber es besteht selbstverständlich kein Zwang, Energien in diese Richtung zu lenken. Mitunter wird hier auch gekratzt und gebissen. Es fällt auf, dass die anwesenden Frauen durch die Bank wahrlich „wilde Weiber“ sind – Kampfamazonen, die der „Lara Croft“ in nichts nachstehen! Voller Power und sehr beweglich, zum Teil auch sportlich durchtrainiert: wehe, wenn sie losgelassen…

Endorphingeschwängertes Lachen Blut, Schweiß, aber keine Tränen, stattdessen lautes, befreites, endorphingeschwängertes Lachen. Alle 18 Raufer haben sichtlich großen Spaß! Ein attraktiver Adonis in katzenpfötchenartigen Antirutschsocken, die perfekt zu seinen pantherhaften Anschleichgebärden passen, mit denen er seine Gegnerin herausfordernd und lauernd umzingelt, fragt: „Bist Du noch da? Du Miststück, kleine Kröte …“ „… Hauptsache oben liegen, was?“ Sie entgegnet trocken: „… Mäuschen! …“ Er „… Mäuschen? …“ Die Strafe folgt auf den Fuß! Er zieht Sie an den Haaren, dann eine herzliche Umarmung und ein Bussi (Küsschen). Sie hält ihm den Mund zu und beißt ihn ins Ohr. Er hat sichtlich Spaß und entspannt sich. Doch wie aus dem Nichts gerät er in eine missliche Lage, fällt einer Beinschere von ihr zum Opfer und ergibt sich schließlich – beiden ist diese Lage sichtlich nicht unangenehm.

Die Beobachter außen um den Ring, die das Szenario wachend verfolgen und aufpassen, amüsieren sich ganz prächtig. Nach drei Stunden mit Aufwärmen, Kampf und einer Abschlussrunde verlassen die Adonisse und Amazonen den Ort des Geschehens lachend und geloben zum nächsten Happening wieder zu erscheinen. Wer nun auch Lust bekommen haben: Nur zu! Erlaubt ist, was gefällt! Und: Es gibt keine Gewinner und keine Verlierer.

Der „Playfight Club Berlin“ wurde 2011 von Sebastian Fischer und Dominik Mattner gegründet und zählt in der Facebook-Gruppe mittlerweile rund 400 Mitglieder. Info und Kontakt: Tel.: 0177-547 60 21 oder mail@playfightberlin. de

www.playfight.berlin

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