von Silke Grimm

Was für eine Zeit, in der wir leben! Für mich ist sie die herausforderndste Zeit in meinem 60-jährigen Leben. Unsere Welt ist nicht nur unbeständig, unsicher und komplex, sondern zunehmend auch unvorhersehbar, oft unbegreifbar, fragil und brüchig geworden.

Einzelkrisen lösen einander nicht mehr ab, sondern „stapeln“ sich, zu einem miteinander verworrenen Krisenberg. Der neue Begriff hierfür lautet „Stapelkrise“. Ich fühle mich unsicher, überfordert, ratlos, immer wieder ohnmächtig und das macht mir Angst! Ich will weglaufen und gleichzeitig kämpfen und lande so immer wieder in einer äußeren Erstarrung, während ich mich innerlich aufreibe.

Wo finde ich in dieser Zeit Orientierung, Sicherheit und Stabilität?

Was ist mein Beitrag für die Welt und wie kann ich ihn leisten? Wie werde ich immer mehr die, wofür ich auf diese Erde gekommen bin? Was zeigt mir den Weg? Meine Erfahrung hat mir immer wieder gezeigt, dass ich einen inneren Kompass habe, der mir die Richtung zeigen kann.

„Die innere Stimme ist ein leiser Kompass, der uns den Weg zu unserer authentischen Identität weist.“ schreibt ChatGPT. Eine Freundin sagte: „Vielleicht ist `auf die innere Stimme hören´ – und für mich bedeutet das, die Verbindung mit mir selbst zu halten, zu meinen Werten und tiefsten Wünschen – vielleicht ist das die wichtigste Aufgabe, die ich in meinem Leben habe und vielleicht auch das einzige, für das ich in meinem Leben wirklich die Verantwortung habe und auch alleine tragen muss.“ …

Ein waghalsiger Gedanke: „ich trage in meinem Leben nur dafür wirklich die Verantwortung, dass ich meiner inneren Stimme folge“…  Zurückschauend stelle ich allerdings fest: immer wenn ich den Zugang zu meiner inneren Stimme fand und ihr folgte, hat sich in mir eine ganz natürliche Verantwortungsübernahme eingestellt, weil meine Entscheidungen und mein Handeln tief in dem, was mir wirklich wichtig ist, gegründet und damit für mich richtig waren – ganz egal, wie die Dinge sich dann entwickelten – denn das war oft ganz anders, als ich es mir vorgestellt oder ursprünglich gewünscht hatte.

Wie höre und erkenne ich meine innere Stimme?

Dazu wieder ChatGPT: „Sie (die innere Stimme) spricht zu uns in Momenten der Stille und Reflexion.“ Für mich ist es oft nicht einfach, meine innere Stimme zu hören, denn sie meldet sich selten laut in meinem Kopf. Sie schwingt fein und leise durch Körper, Geist und Herz und wird leicht von den vielen lauten Gedanken in meinem Kopf übertönt, insbesondere von Gedanken, die durch Besorgnis und Angst geprägt sind oder die etwas mit „könnte, sollte, müsste“ zu tun haben. Mein Gehirn ist zum großen Teil damit beschäftigt, geschäftige Gedanken zu produzieren, kreisen und immer wieder kreisen zu lassen.

Es sind äußere Stille und Ruhe, die es mir ermöglichen, mich auf meine inneren Dialoge zu konzentrieren und herauszufiltern, was davon Geplapper meiner eigenen, von mir selbst produzierten Gedanken ist.

Auf Empfang stellen und der inneren Stimme lauschen

Wenn ich meinen Geist und meine inneren Ohren spitze und ganz auf Empfang stelle – so, als wenn ich an dem Drehknopf eines Radios drehe und vom Sender „Denken & Plappern“ ganz fein auf den Sender „Empfang“ justiere – dann kann ich womöglich die oft leise Stimme meiner Intuition, meiner inneren Führung hören – und auch Neues, Noch-Nicht-Gedachtes empfangen, in mich „einfallen“ lassen … vielleicht auch entdecken, was schon immer da war.…

Woran erkenne ich, dass es die innere Stimme, meine innere Führung ist, die spricht … und nicht ein Teil von mir, der aus Angst, Wut, Konditionierung oder ähnlichem spricht?
Ich weiß es einfach – denn trotz meiner Ängste, meiner Konditionierungen „weiß“ etwas in mir, dass dies „richtig“ ist – für mich. Ich spüre es am und im ganzen Körper, dass diese in diesem Lebensmoment meine ganz eigene Antwort auf das Geschehen um mich herum ist und ich daraus meine Handlungen ableiten und verantworten will. Es ist eine innere Klarheit, die Schönheit, Liebe, Heilkraft und Wahrhaftigkeit ausstrahlt – auch dann, wenn ich schon weiß, dass die Umsetzung unbequem sein wird und mich mit meinen Ängsten und den Ängsten und Projektionen anderer konfrontiert. Was zu tun ist, ist fraglos und oft überzieht Gänsehaut meine Haut.

Wahrscheinlich hast du deine eigenen Indikatoren, an denen du erkennen kannst, wann deine tiefste (oder höchste) innere Stimme zu dir spricht. Weißt du, welche das sind? Es lohnt sich, sie zu kennen…

Was unterstützt mich, meine innere Stimme zu hören?

Für jede:n von uns kann der Zugang und die Wahrnehmung der inneren Stimme individuell sehr unterschiedlich sein. Zum Abschluss einige Schritte, die unterstützen können:

  1. Ruhe und Stille: Nimm dir bewusst Zeit für dich, um eine entspannte und ruhige Umgebung zu schaffen.
  2. Entspannungstechniken: Du kannst Meditationstechniken oder Körperentspannungsübungen ausprobieren, um den Geist zur Ruhe zu bringen. Eine der einfachsten Methoden ist, tief in den Bauch ein- und auszuatmen, um dich körperlich und geistig zu entspannen.
  3. Mindfulness-Übungen: Achte auf deine Gedanken und Gefühle im gegenwärtigen Moment. Konzentriere dich auf das Hier und Jetzt, um eine Verbindung zur inneren Stimme herzustellen.
  4. Kontemplation und Reflexion: Nimm dir Zeit, um über deine Gedanken und Gefühle nachzudenken. Schreibe sie auf oder spreche sie laut aus, um eine Art Dialog mit deiner inneren Stimme zu beginnen.
  5. Sein in der Natur: in und mit der Natur zu sein, beruhigt oft Geist und Seele. Nutze die Natur. Verbinde dich mit ihr. Sie kann dir Spiegel sein und dich mit deiner innersten Natur verbinden.
  6. Rituale nutzen: wenn du einen Zugang dazu hast, dann kannst du rituelle Räume und Zeremonien nutzen, die dich mit deinem höheren Selbst verbinden – wie z.B. Trancetanz, Schwitzhütten- und Baumzeremonien, Trommelreisen, Singen und Tönen.
  7. Intuition fördern: Achte auf deine Bauchgefühle und auf innere Impulse. Manchmal kann die innere Stimme über intuitive Eingebungen, starke Gefühle und Körperempfindungen kommunizieren.

Und zu guter Letzt:

Sei sanft und gnädig mit dir

Manchmal kann ich sie einfach nicht finden – meine innere Stimme. Vielleicht muss ich einfach warten und es später wieder versuchen. Ich kann darauf vertrauen, dass sie mich findet, wenn ich meine inneren Räume immer wieder öffne.

Manchmal sind es auch andere Menschen, die mir auf die Sprünge helfen: Menschen, die mir nahe sind und mich in meinem Werden unterstützen oder Menschen, die mich überhaupt nicht kennen, die mich mit ihren Worten, Texten, Podcasts, Videos inspirieren. Finde heraus, wie es für dich funktioniert, deiner inneren Stimme Gehör zu verleihen, auf sie zu vertrauen und aus ihr heraus zu handeln.

Ich wünsche dir und mir, dass wir – besonders in herausfordernden Zeiten – immer wieder einen offenen Zugang zu unserer inneren Stimme finden, wenn wir sie brauchen, dass wir unserer inneren Führung vertrauen und immer mehr danach handeln können – zum Wohle der Schöpfung und allen Lebens auf dieser Erde.

 

Bild unten: Innere Stimme: Kreislauf Lauschen-Empfangen-Annehmen-Handeln (Silke Grimm)

Über den Autor

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(50) lebt mit ihrer Familie in Gemeinschaft (www.zegg.de).
Sie ist Geschäftsführerin der ZEGG GmbH (Zentrum für experimentelle Gesellschaftsgestaltung) und in dieser Funktion sowohl zuständig für das Visionäre, als auch für das Bodenständige.
Sie studierte Landschaftsplanung an der TU Berlin, ist ausgebildete DanseVita-Lehrerin und Trauerbegleiterin.
Das Erforschen der Liebe und des Lebens und die Suche nach Wahrhaftigkeit begeistern sie.

Möglichkeiten sich diesen Themen intensiv zu widmen sind:
Sommercamp 2013 im ZEGG vom 24.Juli bis 4. August (www.zegg.de)
TagungsFestival „Leben-Sterben-Feiern“ vom 3. bis 6.Oktober (www.zegg.de, www.leben-sterben-feiern.de)



Eine Antwort

  1. Alicia Dieminger

    Silkes Vortrag zur inneren Stimme gibt es auch in unserem Podcast „Experiment Gemeinschaft“:
    https://www.zegg.de/de/wissen-medien/zegg-podcast/11-gnade-der-inneren-stimme-lauschen-mit-silke-grimm

    Antworten

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