Ohne gesetzliche Regulierung darüber, welche Art von Daten und zu welchem Zweck Daten aus Sozialen Medien – wie z.B. facebook und Twitter – verwendet werden dürfen, können diese Daten dazu benutzt werden, das menschliche Verhalten vorherzusagen und zu kontrollieren. Wer beachtet die möglichen Konsequenzen, die folgen, wenn der Verstand durch Fake News manipuliert werden kann? Wer realisiert, dass es bereits geschieht?

Nahezu jeder Mensch in der modernen „zivilisierten“ Welt befindet sich aufgrund seines Kommunikationsverhaltens, seiner Neigungen und Prägung in einer individuell auf seine Person zugeschnittenen Blase des (Nicht)Wissens.

Nicht nur hinsichtlich der in Frankreich am 23. April und 7. Mai stattfindenden Präsidentschaftswahl und der Bundestagswahl am 24. September halten wir es für geboten, die Diskussion weiter zu beleben, inwieweit eine Manipulation der Wähler über die Sozialen Medien und die dortige Einflussnahme rechtsgerichteter Kreise erfolgt und gestoppt werden kann.

Der folgende Text basiert auf einem Artikel „Robert Mercer: the big data billionaire waging war on mainstream media“ von Carole Cadwalladr (unter der redaktionellen Mitarbeit von Paul-Olivier Dehaye), der in der britischen Tageszeitung „The Guardian“ am 26. Februar 2017 veröffentlicht wurde. Wir haben diesen Artikel ins Deutsche übersetzt und verlinken mit den von Carole Cadwalladr genannten Quellen und stellen Hintergrund-Informationen zur Verfügung. Wir danken Carole Cadwalladr und dem Guardian für die Kooperation. Eine andere Übersetzung wurde in der Printausgabe der Wochenzeitung „der Freitag“ am 9. März veröffentlicht.

 

 

Aus dem Englischen von Carole Cadwalladr – Übersetzung: Aman, Anna Bahlinger

Robert Mercer: Der Big-Data-Milliardär, der Krieg gegen die Mainstream-Medien führt

Mit Verbindungen zu Donald Trump, Steve Bannon und Nigel Farage steht der rechtsgerichtete US-Informatiker im Mittelpunkt eines millionenschweren Propagandanetzwerkes.

 

Vor etwas mehr als einer Woche versammelte Donald Trump Mitglieder der Weltpresse vor sich und sagte ihnen, dass sie Lügner wären. „Die Presse, ehrlich, ist außer Kontrolle“, sagte er. „Die Öffentlichkeit glaubt euch nicht mehr.“ CNN wurde als „very fake news“ beschrieben … eine Geschichte nach der anderen ist schlecht“. Die BBC sei „noch so ein hübscher Fall“.
 
An dem Abend habe ich zwei Dinge getan. Zuerst habe ich „Trump“ im Suchfeld von Twitter eingegeben. Mein Feed berichtete, dass er verrückt sei, ein Irrer, ein Geisteskranker. Aber dies wurde nicht überall so gesehen. Die Suchergebnisse zeigten eine Flut von „Go Donald !!!!“ und „Du zeigst es ihnen!!!“ Es gab Stars-and-Stripes-Emojis und Daumen-hoch-Emojis und Clips von Trump, wie er “die Lügner der FAKE-News-Mainstream-Medien” fertigmacht.
 
Trump hatte gesprochen, und sein Publikum hatte ihn gehört. Dann tat ich das, was ich seit zweieinhalb Monaten tue. Ich googelte „Mainstream-Medien sind …“. Und da kam es. Google vervollständigte automatisch mit Vorschlägen wie: „Mainstream-Medien sind … tot, … liegen im Sterben, … gefälschte Nachrichten, … gefälscht, …erledigt“. Sind sie tatsächlich tot, frage ich mich? Hat FAKE News gewonnen? Sind wir jetzt die FAKE News? Sterben die Mainstream-Medien, sterben wir?
 
Ich klicke den ersten von Google vorgeschlagenen Link an. Er führt zu einer Website namens CNSnews.com und einem Artikel: „Die Mainstream Medien sind tot.“ Sie sind tot, suggeriert man mir, weil man ihnen – uns, mir – „nicht vertrauen kann“. Wie kam es, dass eine obskure Website, von der ich noch nie gehört hatte, den Google-Suchalgorithmus zum Thema dominiert? Unter dem „About us“ Button erfahre ich, dass CNSnews im Besitz des Media Research Centers ist, das sich als „Amerikas Medien-Aufsicht“ präsentiert und sich „unbeirrbar verpflichtet fühlt, linke Neigungen in den Nachrichten, Medien und der Popkultur zu neutralisieren”.
 
Ein paar Klicks weiter entdecke ich, dass sie einen Großteil ihrer Finanzierung – mehr als 10 Mio Dollar im letzten Jahrzehnt – aus einer Hand, dem Hedgefonds-Milliardär Robert Mercer erhält. Wer sich für US-Politik interessiert, wird diesen Namen kennen. Robert Mercer ist das Geld hinter Donald Trump. Aber wie ich weiter herausfinden sollte: Robert Mercer ist das Geld hinter sehr vielem. Er war Trumps größter Einzel-Spender. Mercer unterstützte zunächst Ted Cruz, aber als dieser aus dem Präsidentschaftsrennen ausschied, warf er sein Geld – bzw. 13,5 Mio Dollar davon – in die Trump-Kampagne.
 
Das Geld stammt aus seiner Karriere als brillanter, aber isolierter Informatiker. Er begann diese Karriere bei IBM, wo er für das verantwortlich war, was die Association for Computational Linguistics als „revolutionäre“ Durchbrüche in der Sprachverarbeitung bezeichnet – eine Wissenschaft, die als Schlüssel für die Entwicklung der heutigen künstlichen Intelligenz gilt. Später wurde er Co-CEO von Renaissance Technologies, einem Hedgefonds, der sein Geld damit macht, mit Hilfe von Algorithmen an den Finanzmärkten zu handeln.
 
Medallion heißt dort ein Fonds, der nur das Geld seiner Mitarbeiter verwaltet und der erfolgreichste in der Welt ist – er generierte bisher 55 Milliarden Dollar. Seit 2010 hat Mercer 45 Millionen Dollar an verschiedene politische Kampagnen gespendet – alle von den Republikanern – und weitere 50 Millionen Dollar an Non-Profit Organisationen – alle aus dem rechten Lager, ultra-konservativ. Er ist einer der Milliardäre, die versuchen, die Welt nach ihren persönlichen Überzeugungen umzugestalten.
 
Robert Mercer äußert sich sehr selten in der Öffentlichkeit und spricht niemals mit Journalisten. Um etwas über seine Überzeugungen zu erfahren, muss man schauen, wohin sein Geld fließt: in eine Reihe von Yachten, die alle den Namen „Sea Owl“ tragen; in eine 2,9 Mio Dollar teure Modelleisenbahn; in die Leugnung des Klimawandels (er finanziert einen Think Tank, das Heartland Institute, das den Klimawandel bestreitet); und in das vielleicht wichtigste Spielzeug dieses reichen Mannes – die Zerrüttung der Mainstream-Medien. Hierbei wird er von seinem engen Gefährten Steve Bannon, Trumps Wahlkampfmanager und jetzigem Chefstrategen und Sicherheitsberater, unterstützt. Das Geld, das er dem bereits erwähnten Media Research Center gibt, mit dem Auftrag, „linke Neigungen“ zu neutralisieren, ist nur eines seiner Medien-Spiele. Es gibt noch andere, größere, mit noch absichtsvolleren Strategien. Der leuchtend helle Stern im Zentrum der Mercer-Mediengalaxie ist Breitbart.com.
 
Es waren 10 Mio Dollar von Robert Mercers Geld, das es Steve Bannon ermöglichte, Breitbart zu finanzieren – eine rechtsgerichtete Nachrichtenseite, die mit der ausdrücklichen Absicht eingerichtet wurde, eine Huffington Post für die Rechten zu sein. Es hat die Karriere von Leuten wie Milo Yiannopoulos begründet und vertritt regelmäßig antisemitische und islamophobe Ansichten. Breitbart wird derzeit nach einer Aktivisten-Kampagne von mehr als 1.000 Markenfirmen boykottiert. Es ist phänomenal erfolgreich: zeitweise auf Rang 29 der beliebtesten Seiten in Amerika mit zwei Milliarden Seitenaufrufen pro Jahr. Es ist größer als sein Vorbild, die Huffington Post, größer als PornHub. Es ist die größte politische Seite auf Facebook. Die größte auf Twitter.
 
Der 2012 verstorbene prominente rechtsgerichtete Journalist Andrew Breitbart, der die Website gegründet hat, erklärte Bannon, sie müssten „die Kultur zurückerobern“. Und das haben sie augenscheinlich geschafft, obgleich die amerikanische Kultur nur der Anfang ist. Im Jahr 2014 startete Steve Bannon den Ableger Breitbart London. Der New York Times erzählte er, dass das ganz gezielt vor den Parlamentswahlen in Großbritannien war. Es sei, sagte er, die neueste Front „in unserem aktuellen kulturellen und politischen Krieg“. Frankreich und Deutschland sind die nächsten.

Ich kannte den Namen Robert Mercer aber noch aus einem anderen Grund: wegen seiner Verbindung zu Cambridge Analytica, einem kleinen Unternehmen für Datenanalyse. Er soll eine $ 10 Mio Beteiligung an der Firma haben, die aus einer größeren britischen Firma namens SCL Group hervorgegangen ist. Sie ist spezialisiert auf „Wahlmanagement-Strategien“ und „Nachrichtenübermittlungs- und Informations-Operationen“, die über 25 Jahre lang an Orten wie Afghanistan und Pakistan verfeinert wurden. In militärischen Kreisen ist dies bekannt als „Psyops“ – psychologische Operationen. (Massenpropaganda, die darauf basiert, dass sie auf die Emotionen der Menschen einwirkt.)

Cambridge Analytica arbeitete für die Trump-Kampagne und, so wird berichtet, auch für die Leave-Kampagne (Brexit). Als Mercer zunächst Cruz unterstützte, arbeitete Cambridge Analytica mit Cruz. Als Robert Mercer begann Donald Trump zu unterstützen, folgte auch Cambridge Analytica. Und wo Mercers Geld ist, ist gewöhnlich Steve Bannon nicht weit: Es gibt Berichte, dass er bis vor kurzem im Vorstand von Cambridge Analytica saß.

 

Ein entschlossener Plutokrat und ein brillanter Medienstrategie haben einen Weg gefunden, den Journalismus zu seinem eigenen Ende zu formen

 

Im vergangenen Dezember schrieb ich über Cambridge Analytica in einem Artikel über das Thema, wie Googles Suchergebnisse für bestimmte Themen von rechten und extremistischen Websites dominiert werden. Jonathan Albright, Professor für Kommunikation an der Elon University, North Carolina, der das Nachrichten-Ökosystem der USA kartographiert hatte und herausfand, dass Millionen von Links zwischen rechtsgerichteten Websites die Mainstream-Medien „strangulieren“, erklärte mir, dass Tracker von Websites wie Breitbart auch von Unternehmen wie Cambridge Analytica verwendet werden könnten, um Menschen durch das gesamte Internet zu folgen, um dann über Facebook mit Werbung auf sie zu zielen.

Auf seiner Website prahlt Cambridge Analytica erstaunlicherweise damit, dass es über psychologische Profile von 220 Millionen amerikanischen Wählern, bestehend aus jeweils 5.000 Einzeldaten, verfügt. Das Alleinstellungsmerkmal der Firma sei es, diese Daten so aufzubereiten, dass die tiefsten Emotionen der Menschen erfasst werden und sie dann entsprechend zielgerichtet angesprochen werden können. Das System, so Albright, läuft auf eine „Propagandamaschine“ hinaus.

Ein paar Wochen später erhielt der Observer einen Brief. Cambridge Analytica bestreitet, in der Leave-Kampagne im Einsatz gewesen zu sein. Cambridge Analytica „ist ein US-Unternehmen mit Sitz in den USA. Es hat nicht in der britischen Politik gearbeitet.“

So kam es, dass ich Anfang dieser Woche in einem Cafe in der Nähe von Westminster mit Andy Wigmore, dem leutseligen Kommunikationsdirektor der Leave.EU Kampagne, zusammensaß und Schnappschüsse von Donald Trump auf seinem Handy anschaute. Es war Wigmore, der die Reise von Nigel Farage zum Trump Tower arrangiert hatte – den PR-Coup, der Farage zum ersten ausländischen Politiker machte, der den neu gewählten Präsidenten trifft.

Donald Trump empfängt als erten Politiker nach seiner Wahl zum US-Präsidenten den Briten Nigel Farage, UKIP Parteivorsitzender und verantwortlich für den Brexit. Photograph: ‏@Nigel_Farage/twitter

 

Wigmore scrollt durch die Fotos auf seinem Smartphone. „Das hier habe ich fotografiert“, sagt er und zeigt auf das jetzt weltberühmte Foto von Nigel Farage und Donald Trump vor dessen goldenen Aufzugstür, mit dem Daumen-hoch-Zeichen. Wigmore war einer der „Bad Boys des Brexit“ – ein Begriff, der von Arron Banks geprägt wurde, ein in Bristol ansässiger Geschäftsmann, der Mitbegründer von Leave.EU war.

Cambridge Analytica hat für uns gearbeitet, sagte Wigmore. Sie haben uns gezeigt, wie man Profile baut, wie man Menschen anvisiert und wie man Massen von Daten aus den Facebook-Profilen der Leute schöpft. Ein Video auf YouTube zeigt Brittany Kaiser, eine führende Mitarbeiterin von Cambridge Analytica und der SCL Group, wie sie mit auf dem Podium von Leave.EU sitzt.

Facebook war der Schlüssel für die gesamte Kampagne, erklärte Wigmore. Ein Facebook-„Like“, sagte er, war deren „stärkste Waffe“. „Wenn man Künstliche Intelligenz nutzt, wie wir es taten, erfährt man alle möglichen Dinge über einen Menschen und wie man ihn mit welcher Art von Werbung überzeugen kann. Und man weiß ja, dass es weitere Leute in seinem Netzwerk geben wird, die „liken“, was er „liket“, also kann man sich so verbreiten. Und dann folgst du ihnen. Der Computer hört nie auf zu lernen und die Überwachung durch den Computer hört ebenfalls nie auf. „

Es klingt gruselig, sage ich. „Es ist gruselig! Es ist wirklich gruselig! Deshalb bin ich auch nicht auf Facebook! Ich habe es an mir selbst ausprobiert, um zu sehen, welche Informationen die von mir hatten, und sagte nur noch: Oh mein Gott! Was beängstigend ist, ist, dass meine Kinder irgendwas auf Instagram gestellt hatten und Facebook diese Informationen dort abgeholt hat. Es wusste, wo meine Kinder zur Schule gingen. „

Sie hätten „Cambridge Analytica“ nicht beauftragt, sagte er. Es sei kein Geld geflossen. „Sie freuten sich, helfen zu können.“

Warum?

„Weil Nigel Farage ein guter Freund der Mercers ist. Und Robert Mercer stellte uns Cambridge Analytica vor. Er sagte: „Hier ist diese Firma, die für euch nützlich sein kann.“ Was sie in den USA zu tun versuchten und was wir zu tun versuchten, hatte viele Gemeinsamkeiten. Wir haben viele Informationen geteilt. Warum auch nicht? “Hinter Trumps Kampagne und Cambridge Analytica”, sagte er, “stecken dieselben Leute. Es ist dieselbe Familie.”

Es gab vorher schon viele Fragen rund um Cambridge Analytica, und Andy Wigmore hat noch einige mehr entstehen lassen. Zum Beispiel: Muss man Sach- und Nutzungsleistungen als eine Art Spende angeben? Die Wahlkommission sagt ja, wenn es mehr als £ 7.500 sind. Und wurde das deklariert? Die Wahlkommission sagt nein. Heißt das, dass ein ausländischer Milliardär das Referendum beeinflusst hat, ohne dass dieser Einfluss ersichtlich ist? Dies ist sicher eine Frage, die es wert wäre gestellt zu werden.

Im letzten Monat haben erste Artikel in der Schweizer Presse („Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt“) und der US-Presse genau gefragt, was Cambridge Analytica mit US-Wählerdaten macht. In einer Erklärung an den Observer schrieb das ICO Information Commissioner’s Office: „Jedes Unternehmen, das personenbezogene Daten im Vereinigten Königreich erhebt und verwendet, muss dies ehrlich und rechtmäßig tun. Wir werden uns mit Cambridge Analytica in Verbindung setzen und Fragen stellen, um herauszufinden, wie das Unternehmen in Großbritannien operiert und ob das Gesetz befolgt wird.“

Cambridge Analytica erklärte, sie stünden in Kontakt mit dem ICO und sie würden sich völlig konform zum UK- und EU-Datenschutzrecht verhalten. Cambridge Analytica antwortete nicht auf andere Fragen, die der Observer daraufhin an sie stellte: Wie ihr psychometrisches Modell beschaffen ist, das auf Grundlagenforschung zurückgeht, die von Wissenschaftlern am Cambridge University’s Psychometric Centre durchgeführt wurde. Forschung, die auf einem Persönlichkeitstest von Facebook basiert, der viral wurde. Mehr als 6 Millionen Menschen haben den Persönlichkeitstest mitgemacht und eine erstaunliche Fundgrube an Daten produziert.

Diese Facebook-Profile – vor allem die „likes“ – könnten mit Millionen anderer korreliert werden und dadurch ungewöhnlich genaue Ergebnisse liefern.

 

Dr. Michal Kosinski – Pictures by Lauren Bamford – www.laurenbamford.com

 

Dr. Michal Kosinski, der führende Wissenschaftler des Zentrums, stellte fest, dass dieses Modell mit dem Wissen von 150 „likes“ jemandes Persönlichkeit besser vorhersagen kann als dessen Ehepartner. Mit 300 „likes“ versteht es dich besser als du selbst. „Computer sehen uns klarer ausgeprägt, als wir uns selbst sehen“, sagt Kosinski.

Aber es gibt strenge ethische Vorschriften darüber, was mit diesen Daten passieren darf. Hatte die SCL Group Zugang zu dem Modell oder den Daten der Universität, frage ich Professor Jonathan Rust, den Direktor des Zentrums? „Sicherlich nicht von uns“, sagt er. „Wir haben hier sehr strenge Regeln.“

Ein anderer Wissenschaftler des Forschungszentrums, Aleksandr Kogan, bekam den Auftrag, für die Firma SCL ein eigenes Modell zu entwerfen. Dazu sammelte er seine eigenen Daten, sagt er. Professor Rust sagt, er wisse nicht, woher Kogans Daten kamen. „Da war ein Widerspruch. Ich habe das gemeldet.” Ein unabhängiger Schlichter wurde von der Universität eingesetzt. „Aber dann offenbarte Kogan, er habe eine Nicht-Offenlegungsvereinbarung mit SCL unterschrieben und könne daher keine weitergehenden Fragen beantworten.“

Heute bestreitet Kogan dies und sagt, dass die Firma SCL Group alle Anfragen der Universität beantwortet habe. Aber vielleicht versteht Professor Rust mehr als jeder andere, wie die Art von Informationen, die Menschen freiwillig an Social Media Websites abgeben, verwendet werden könnten.

„Die Gefahr, wenn es keinerlei gesetzliche Regulierung um die Daten gibt, wie man sie von Facebook und anderswoher bekommen kann, ist klar erkennbar. Füttert man einen Computer mit diesen Daten, kann er tatsächlich Psychologie betreiben, er kann das menschliche Verhalten vorhersagen und potenziell steuern. Das ist das, was Wissenschaftler versuchen zu tun, nur viel mächtiger. So macht man Gehirnwäsche. Es ist unglaublich gefährlich.“

„Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass der Verstand verändert werden kann. Verhalten kann vorhergesagt und gelenkt werden. Ich finde es unglaublich beängstigend. Ja wirklich. Denn niemand beachtet die möglichen Konsequenzen, die aus all dem folgen. Die Leute wissen nicht, dass es ihnen geschieht. Ihre Einstellungen werden hinter ihrem Rücken verändert.“

Mercer investierte in Cambridge Analytica, so berichtete die Washington Post, „teilweise angetrieben von der Einschätzung, der rechten Bewegung fehle es an anspruchsvollen technologischen Fähigkeiten“. Aber in vielerlei Hinsicht wirft das, was Cambridge Analyticas Muttergesellschaft, die SCL Group, macht, sogar noch mehr Fragen auf.

Emma Briant, Spezialistin für Propaganda an der University of Sheffield, schrieb in ihrem 2015 erschienenen Buch, Propaganda and Counter-Terrorism: Strategies for Global Change, über die SCL Group. Cambridge Analytica hat die technologischen Werkzeuge, um Verhaltens-Veränderungen zu bewirken, aber es ist die SCL, die diese strategisch einsetzt. SCL hat sich auf höchstem Niveau darauf spezialisiert – für die Nato, das britische Verteidigungsministerium, das US State Department und andere – das Verhalten großer Gruppen und deren Überzeugungen zu verändern.

Die SCL Group wurde von einem Mann namens Nigel Oakes gegründet, der, wie Briant sagt, für Saatchi & Saatchi an Margaret Thatchers Image arbeitete, und die Firma habe „über einen langen Zeitraum Profit aus der Propaganda für den Krieg gegen den Terrorismus gezogen. Es gibt verschiedene Bereiche von SCL, aber es geht immer um die Reichweite und die Fähigkeit, den Diskurs zu gestalten. Sie versuchen, bestimmte politische Narrative zu verstärken. Und sie sind selektiv, wofür sie sich einsetzen: Sie tun das nicht für die Linke.“

Im Laufe der US-Wahl sammelte Cambridge Analytica Daten von nahezu der gesamten US-Wahlbevölkerung – 220 Millionen Menschen -, und letzte Woche berichtete die Washington Post, dass die SCL dabei sei, das Personal für ihr Büro in Washington aufzustocken, und sich um lukrative neue Verträge mit Trumps Verwaltung zu bewerben. „Es scheint bedeutsam, dass ein Unternehmen, das an der Planung eines politischen Ergebnisses beteiligt ist, davon profitiert, was folgt. Besonders, wenn es um die Manipulation und dann die Auflösung von Angst geht“, sagt Briant.

Es ist dieser Datenbestand, und was damit passieren kann, was Paul-Olivier Dehaye, einen Schweizer Mathematiker und Datenaktivisten, der Cambridge Analytica und SCL seit mehr als einem Jahr durchleuchtet, vor allem beschäftigt. „Wie wird das genutzt?“, fragt er. „Werden die Daten eingesetzt, um zu versuchen, Menschen in der Innenpolitik zu manipulieren? Oder um Konflikte zwischen verschiedenen Gemeinschaften anwachsen zu lassen? Es ist potenziell sehr beängstigend. Die Menschen verstehen einfach nicht, welche Macht in diesen Daten liegt und wie diese gegen sie eingesetzt werden kann.“

Es sind zwei Dinge, die da potenziell gleichzeitig ablaufen: die Manipulation von Informationen auf Massenebene und die Manipulation von Informationen auf einer sehr individuellen Ebene. Beide basierend auf dem neuesten Verständnis der Wissenschaft darüber, wie Menschen funktionieren, und ermöglicht durch technologische Plattformen (z.B. facebook), die dazu gemacht wurden, uns zusammenzubringen.

Leben wir in einer neuen Ära der Propaganda, frage ich Emma Briant? Einer Propaganda, die wir nicht sehen und von der wir noch nicht verstehen können, wie sie auf uns einwirkt, so dass wir nur emotional auf ihre Botschaften reagieren können? „Definitiv. Die Überwachung durch Technologie ist heute so weit verbreitet und so tiefgreifend, und die Sammlung und Nutzung unserer Daten ist um so vieles anspruchsvoller. Es findet alles verdeckt statt. Und die Menschen realisieren nicht, was da wirklich läuft.“

Die öffentliche Stimmung und die Politik durchlaufen Zyklen. Man muss keiner Verschwörungstheorie folgen, sagt Briant, um zu sehen, dass sich eine massive Änderung der öffentlichen Meinung vollzieht. Oder dass einige der Werkzeuge, die gerade im Einsatz sind, direkt aus dem strategiebuch des Militärs oder der Firma SCL Group stammen.

Aber es gibt zunehmende Beweise dafür, dass unsere öffentlichen Arenen – die Sozialen Medien, in denen wir unsere Urlaubsfotos veröffentlichen oder Kommentare über die Nachrichten machen – zu einem neuen Schlachtfeld geworden sind, auf dem internationale Geopolitik in Echtzeit stattfindet. Es ist ein neues Zeitalter der Propaganda. Aber wessen Propaganda?

In dieser Woche kündigte Russland die Bildung eines neuen Militärzweiges an: „Informationskriegstruppen“.

Sam Woolley vom Institut für Computerpropaganda des Oxford Internet-Instituts erzählt mir, dass vor dem EU-Referendum ein Drittel des gesamten Traffics auf Twitter automatisierte „Bots“ waren, Accounts, die so programmiert sind, dass sie aussehen wie Menschen, wie Menschen handeln, die Konversation ändern und Themen-Trends setzen. Und diese automatisierten „Bots“ waren alle für Leave, für den Brexit. Vor der US-Wahl waren sie fünf zu eins zugunsten von Trump – viele davon waren russischen Ursprungs.

„Politik ist Krieg“, sagte Steve Bannon letztes Jahr im Wall Street Journal. Und es sieht zunehmend so aus, als ob das wahr wäre.

 

„Man kann ein Trend-Thema nehmen, wie z.B. fake news, und es dann zur Waffe machen, es gegen die Medien wenden, die es aufgedeckt haben.“

 

Es gibt nichts Zufälliges an Trumps Verhalten, sagte mir Andy Wigmore. „Die Pressekonferenz. Das war absolut genial. Ich konnte genau sehen, was er tat. Es gibt laufend Rückmeldungen. Das können Sie mit künstlicher Intelligenz machen. Sie können jede Reaktion auf jedes Wort messen. Er hat eine Art „Wortraum“, wo Schlüsselwörter fixiert werden. Wir machten es mit dem Begriff Einwanderung. Es gibt aktuelle Schlüsselwörter zu diesem Thema, von denen die Menschen betroffen sind. Wenn man eine Rede halten will, geht es darum, wie man diese Trendwörter einsetzen kann. “

Wigmore traf sich gleich zu Beginn der Leave-Kampagne mit Trumps Team. „Und sie sagten, der heilige Gral sei künstliche Intelligenz.“

Wer sagte das?

„Jared Kushner (der Schwiegersohn Trumps) und Jason Miller (der Kommunikationschef von Trumps Kampagne).“

Später, als Trump mit Robert Mercer und dessen Cambridge Analytica zusammenkam, änderte sich das Spiel wieder. „Es geht nur um Emotionen. Das ist der große Unterschied zu dem, was wir taten. Sie nennen es bio-psycho-soziale Profilierung. Es werden deine körperlichen, geistigen und deine Lebensstil-Attribute einbezogen und damit kristallisiert sich heraus, wie die Menschen funktionieren und wie sie emotional reagieren.“

Bio-psycho-soziale Profilierung, las ich später, ist eine Offensive in der so genannten „kognitiven Kriegsführung“. Obwohl es noch viele andere gibt, „die das Massenbewusstsein umcodieren, um den Patriotismus in Kollaboration zu verwandeln“, erklärt ein Nato-Briefing-Dokument über die Bekämpfung der russischen Desinformation, das von einem SCL-Mitarbeiter geschrieben wurde. „Zeitabhängige professionelle Nutzung von Medien, um Narrative zu verbreiten“, wie es in einem Weißbuch des US State Department heißt. „Von besonderer Bedeutung für psychologische Operationen können öffentlich und kommerziell vorhandene Daten von Social-Media-Plattformen sein.“

Ein weiteres Papier äußert sich detailliert über die Macht eines „kognitiven Unfalls“ – eines „moralischen Schocks“, der „eine beeinträchtigende Wirkung auf die Empathie und die höheren Prozesse wie moralisches oder kritisches Denken“ hat. Etwa der Begriff „Einwanderung“. Oder „gefälschte Nachrichten“. Oder, wie es jetzt heißt, „FAKE news !!!!“

Wie ändert man das Denken einer Nation? Man könnte damit beginnen, ein Mainstream-Medium zu erschaffen, z.B. eine Website wie Breitbart, um die bestehenden Medien zu ersetzen. Man könnte andere Websites wie z.B. CNSnews.com einrichten, die die Quellen der Mainstream-Medien mit Schlagworten wie “liberale Voreingenommenheit der Medien” verunglimpfen und verdrängen. Und man könnte den dann verbliebenen Mainstream-Medien, wie der „versagenden New York Times!“ das liefern, was sie brauchen: Geschichten. Denn die dritte Säule von Mercer und Bannons Medienimperium ist das GAI Government Accountability Institute.

Das GAI wurde durch Bannon mit 2 Mio Dollar von Mercers Geld mit gegründet. Mercers Tochter Rebekah wurde zum Vorstand ernannt. Man investierte dann in teuren, langfristigen investigativen Journalismus. „Die moderne Ökonomie im Journalismus unterstützt keine großen investigativ arbeitenden Redaktionen“, sagte Bannon dem Magazin Forbes. „Heutzutage würde man kein Watergate bekommen und kein Pentagon-Papier, denn niemand kann es sich noch leisten, einen Reporter sieben Monate auf eine Geschichte anzusetzen. Wir können das. Wir arbeiten unters tützend.”

Willkommen in der Zukunft des Journalismus im Zeitalter des Plattformkapitalismus. Nachrichtenorganisationen müssen sich bemühen, neue Finanzierungsmodelle zu schaffen. Aber in der Zwischenzeit sind ein entschlossener Plutokrat und ein brillanter Medienstratege in die Lücke gestoßen und haben einen Weg gefunden, den Journalismus für ihre eigenen Zwecke umzugestalten.

Im Jahr 2015 beschrieb Steve Bannon gegenüber Forbes, wie das GAI operiert: unter Einsatz eines Datenwissenschaftlers, der das Dark Web wie mit einem Fischernetz durchkämmt (in dem Artikel prahlt er, Zugang zur Rechenleistung von Supercomputern im Wert von 1,3 Milliarden Dollar zu haben), um die Art von Quellmaterial auszugraben, die Google nicht finden kann. Ein Ergebnis war ein New York Times Bestseller, Clinton Cash: Die unerzählte Geschichte, wie und warum ausländische Regierungen und Unternehmen dazu beigetragen haben, Bill und Hillary Clinton reich zu machen, geschrieben von GAIs Präsidenten Peter Schweizer und später verfilmt – mit Rebekah Mercer und Steve Bannon als Produzenten.

So, erklärte Bannon, macht man das Narrativ, das man will, zur Waffe. Mit hart recherchierten Fakten. Damit kann man die Geschichte direkt auf die Titelseite der New York Times bringen, wie die über Hillary Clintons Geld. Ähnlich wie Hillarys E-Mails hat diese Story die Tagesordnung der Nachrichten gedreht und, was ganz entscheidend ist, sie hat die Aufmerksamkeit vom Nachrichtenstrom abgelenkt. Ein weiterer klassischer Ansatz für psychologische Operationen. „Strategisches Ertränken“ anderer Botschaften.

Das ist ein strategisches, langfristiges und echt brillantes Spiel. In den 1990er Jahren, so Bannon, konnten die konservativen Medien Bill Clinton nicht demontieren, weil sie sich letztendlich nur in einer Echokammer mit sich selbst unterhielten. (Anm. d. Redaktion: jeder schreibt vom anderen ab)

Wie sich jetzt herausstellt, sind die liberalen Medien jetzt genau dort. Wir sind vereinzelt, separiert, untereinander zerstritten und wie Ziele in einer Schießbude zum Abknallen aufgereiht. Es entsteht zunehmend das Gefühl, dass wir mit uns selbst reden. Und ob es sich um Mercers Millionen oder andere Faktoren handelt: Prof. Jonathan Albrights Karte des Nachrichten- und Informationsökosystems zeigt, wie rechtsgerichtete Webseiten andere Webseiten wie YouTube und Google dominieren, die durch Millionen von Links eng miteinander verbunden sind.

Gibt es eine zentrale Intelligenz hierfür, frage ich Prof. Albright? „Es muss sie geben. Es muss eine Art Koordination geben. Wenn Sie die Karte anschauen, die Architektur des Systems, sehen Sie, dass dies kein Zufall ist. Es wird eindeutig vom Geld und von der Politik gelenkt. „

In den letzten paar Monaten wurde in der Echokammer viel über Bannon gesprochen, aber es ist Mercer, der das Geld zur Verfügung stellt, um Teile der Medienlandschaft neu zu gestalten. Und während Bannon die Medien versteht, versteht Mercer Big Data. Er versteht die Struktur des Internets. Er weiß, wie Algorithmen funktionieren.

Robert Mercer antwortete nicht auf eine Anfrage zu einem Kommentar für diesen Artikel. Nick Patterson, ein britischer Kryptograph, der in den 80er Jahren bei dem Hedgefonds Renaissance Technologies arbeitete und nun Computational Geneticist am MIT ist, erzählte mir, dass er derjenige war, der das Talent Mercer entdeckte. „Da gab es eine Elite-Gruppe, die in den 1980er Jahren bei IBM an Sprachforschung, Spracherkennung arbeitete, und als ich zu Renaissance Technologies kam, hatte ich den Eindruck, dass die Mathematik, die wir auf die Finanzmärkte anwenden wollten, sehr ähnlich war.“

Er beschreibt Mercer als „sehr, sehr konservativ. Er mochte die Clintons wirklich nicht. Er meinte, Bill Clinton sei ein Krimineller. Und seine politische Grundeinstellung, denke ich, war die eines rechtsgerichteten Libertären, der die Regierung aus allem heraushaben will. „

Er vermutet, dass Mercer die brillanten Computerfähigkeiten, die er in die Finanzindustrie brachte, auf einem ganz anderen Gebiet zum Tragen bringen will. „Wir erarbeiten mathematische Modelle für die Finanzmärkte, d.h. Wahrscheinlichkeitsmodelle, und von diesen aus versuchen wir Vorhersagen zu machen. Ich nehme an, dass Cambridge Analytica Wahrscheinlichkeitsmodelle entwirft, wie Menschen wählen werden. Und dann versuchen sie, das zu beeinflussen.“

Dies einzugrenzen, ist der Job von “Quants”, quantitativen Analysten. Sie bauen quantitative Modelle, die den Prozess des Kaufens und Verkaufens von Aktien automatisieren, und dann verfolgen sie winzige Unterschiede in der Bewertung, um riesige Gewinne zu erzeugen. Renaissance Technologies war einer der ersten Hedge-Fonds, der in künstliche Intelligenz investierte. Aber was die Firma damit tut, wie ihre Programme dafür gestrickt sind, ist völlig unbekannt. Es ist, so der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg, die „schwärzeste Blackbox im Finanzsystem“.

Johan Bollen, Associate Professor an der Indiana University School of Informatics and Computing, erzählt mir, wie er einen möglichen Filter entdeckte: Er hat Forschungen unternommen, die aufzeigten, dass man die Börsenbewegungen durch Twitter vorhersagen kann. Man kann die öffentliche Stimmung messen und dann modellieren. „Die Gesellschaft wird von Emotionen angetrieben, die zu messen schon immer schwierig war, auf der kollektiven Ebene. Aber es gibt jetzt Programme, die Texte lesen und messen können und uns damit einen Einblick in kollektive Emotionen geben.“

Die Forschungen verursachten viel Aufsehen bei zwei verschiedenen Kreisen von Interessenten. „Wir hatten viel Aufmerksamkeit durch Hedgefonds. Sie suchen überall nach Signalen, und das ist ein sehr interessantes Signal. Mein Eindruck ist, dass Hedge-Fonds diese Algorithmen haben, die Social Feeds scannen. Die blitzartigen Verluste, die wir gehabt haben – bezogen auf die Aktienkurse –, deuten darauf hin, dass diese Algorithmen in großem Maßstab verwendet werden. Und es ist unter den Hedgefonds eine Art Wettrüsten im Gange.“

Die anderen, die sich für Bollens Arbeit interessieren, sind diejenigen, die die öffentliche Stimmung nicht nur messen, sondern sie verändern wollen. Bollens Forschung zeigt, wie das machbar ist. Kann man die nationale oder gar die globale Stimmung re-konstruieren? Sie modellieren und sie dann ändern?

„Es scheint möglich zu sein. Und das macht mir wirklich Sorgen. Es gibt einige Forschungsergebnisse, die zeigen: Wenn man etwas oft genug wiederholt, beginnen die Leute unwillkürlich, es zu glauben. Und das könnte als Hebel oder Waffe für die Propaganda verwendet werden. Wir wissen, dass es Tausende von automatisierten Bots da draußen gibt, die versuchen, genau das zu tun. „

Der Krieg der Bots ist einer der unkontrollierteren und unheimlicheren Aspekte der Wahlen von 2016. Am Bereich für Computerpropaganda des Oxford Internet-Instituts zeigen mir dessen Direktor, Phil Howard, und der Leiter der Forschung, Sam Woolley, alle Möglichkeiten, wie die öffentliche Meinung geknetet und manipuliert werden kann.

Aber gibt es einen rauchenden Colt, frage ich sie, einen Beweis dafür, wer das tut? „Es gibt keinen rauchenden Colt“, sagt Phil Howard. „Es gibt rauchende Maschinengewehre. Es gibt vielfältige Beweise.“

„Schauen Sie sich das an“, sagt er und zeigt mir, wie vor der US-Wahl Hunderte und Aberhunderte von Webseiten aufgebaut wurden, nur um ein paar Links abzusetzen, Artikel, die alle Pro-Trump waren. „Dies wird von Leuten getan, die Informationsstrukturen verstehen, die massenhaft Domain-Namen kaufen und dann automatisiert eine bestimmte Nachricht ausstoßen. Um Trump so aussehen zu lassen, als sei er mehrheitsfähig.“

Und das erfordert Geld?

„Das erfordert Organisation und Geld. Und wenn man genug davon nimmt, Bots und Menschen, und sie miteinander verknüpft, ist man sozusagen legitimiert. Man kreiert Wahrheit.“

Mankann ein bestehendes Trend-Thema nehmen, z.B. Fake News, und das Thema dann zur Waffe machen. Man kann es gegen die Medien drehen, die es aufgedeckt haben. In einem gewissen Licht gesehen, ist Fake News eine Selbstmordbombe im Herzen unseres Informationssystems. An unseren lebenden Körper, die Mainstream-Medien, geschnallt.

Eines der Dinge, die Phil Howard am meisten Sorge bereiten, sind hunderte und tausende von „Schläfer“-Bots, die sie gefunden haben. Twitter-Konten, die nur einmal oder zweimal getweetet haben und jetzt leise auf einen Auslöser warten: Sie warten auf irgendeine Art von Krise, wo sie dann aufstehen und zusammenkommen werden, um alle anderen Informationsquellen zu ertränken.

Wie Zombies? „Wie Zombies.“

Viele der Techniken wurden in Russland verfeinert, sagt er, und dann überall hin exportiert. „Da haben Sie diese unglaublichen Propagandawerkzeuge, die in einem autoritären Regime entwickelt wurden und nun in eine freie Marktwirtschaft mit einem kompletten regulatorischen Vakuum übergreifen. Was da auf uns zukommt, ist ein Feuersturm.“

Das ist die Welt, die wir jeden Tag betreten, auf unseren Laptops und unseren Smartphones. Sie ist zum Schlachtfeld geworden, auf dem die Ambitionen der Nationalstaaten und Ideologen ausgefochten werden – und uns dabei benutzen. Wir sind die Prämie: unsere Social Media Feeds, unsere Gespräche, unsere Herzen und Köpfe. Unsere Stimmen.

Bots beeinflussen Trendthemen, und Trendthemen haben eine starken Einfluss auf Algorithmen und damit auf Twitter, auf Google, auf Facebook, erklärt Woolley. Wenn man weiß, wie man die Informationsstruktur manipulieren kann, kann man die Realität manipulieren.

Wir sind noch nicht ganz in der alternativen Realität, wo die aktuelle Nachricht zur „FAKE news !!!“ geworden ist. Aber wir sind fast da. Auf Twitter, dem neuen transnationalen Schlachtfeld der Zukunft, zitiert jemand, dessen Tweets ich folge, einen Satz von Marshall McLuhan, dem großen Informationstheoretiker der 60er Jahre. „Der Dritte Weltkrieg wird ein Guerilla-Informationskrieg sein“, sagte er, „ohne eine Trennung zwischen militärischer und ziviler Beteiligung.”

Nach dieser Definition sind wir schon da.

13 Responses

  1. Blaubär

    der Artikel ist aufschlußreich und sehr(!!!) einseitig, was ist mit den anderen Akteuren in diesem Krieg? Was ist das für ein Krieg in den Medien?
    Welche sind die Ziele der Akteure?
    Das die meisten Mainstreammedien keine unabhängige Berichterstattung für die
    Bevölkerung machen, dürfte wohl mittlerweile jedem denkenden Menschen klar sein.
    „full spectrum dominance“, operation mockingbird, NED und open societity foundation, direkte und indirekte Einflußnahme durch die Regierungen,
    direkte und indirekte Einflußnahme von Lobbyorganisationen(Anzeigenabhängigkeit) und NGO’s…

    … alles mit dem Ziel, die Menschen in die eine oder andere Richtung zu „beeinflussen“ – gegen deren Interesse – gegen die Menschen

    Wer sind die Akteure und was sind ihre Ziele?
    Liebe Journalisten, bitte beantwortet uns diese Frage, tut eure Pflicht!

    ein offenes Geheimnis, welches noch immer geleugnet wird

    ansonsten kann ich mich den anderen Kommentaren anschließen

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  2. Jens Christiani
    Kompetenz

    Schuster bleib bei Deinen Leisten!

    Der Artikel wartet mit allerlei Vermutungen und Unterstellungen zur Unterstützung der vagen Mainstream Beschwörung einer vermeintlichen Bedrohung von „rechts“.

    Was aber genau will der Autor sagen, wenn er von rechts spricht?
    Sind das Nazis (so wurden die Nationalsozialisten von den Amerikanischen Meinungsbildnern genannt), Holocaust-Befürworter?, Antisemiten (Semiten sind alle aus dem Stamme Sem hervorgegangenen Volksgruppen (und weder alles Juden noch umgekehrt), Anti-Zionisten, Homophobe oder Menschen, die sich gegen von Milliardären wie Soros penetrierte „linke“ Doktrinen stellen?

    Weiss der Autor nicht, welche Rolle MI6, CIA, Mossad und BND bei der Organisation linken und rechten Terrors und entsprechender Feindbilder spielt?

    Dann sollte sich der Autor zunächst eingehend mit Geschichte, insbesondere der der Meinungsmanipulation u.v.a. befassen, bevor er einen derartigen Artikel unter allerlei falschen Annahmen und völliger Ausblendung der Realität verfasst.

    Er mag seine eigenen Vorurteile damit bestätigt sehen, dies aber unter offenbarem Selbstbetrug.

    Oder weiss der Autor sehr wohl um die tatsächlichen Zusammenhänge und nutzt seinen Zugang zu Menschen die nach Spiritualität suchen selber zur Indoktrination?

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    • Tanja
      Friedensforschung

      Man braucht sich nur Dr. Daniele Ganser dazu anhören/ansehen. Da wird man aufgeklärt und weiss, welche Rolle die Medien spielen.

      Antworten
    • Aman
      Von der Realität eingeholt

      Vermutungen und Unterstellungen?
      Ausblendung der Realität?

      Zur bleibenden Erinnerung:
      Der Skandal um Facebook und Cambridge Analytica.

      https://netzpolitik.org/2018/cambridge-analytica-was-wir-ueber-das-groesste-datenleck-in-der-geschichte-von-facebook-wissen/

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  3. PuDerBär

    “ Der „Guardian“, der hier als Quelle aufgeführt wird, ist nicht irgendein Boulvardblatt. Der „Guardian“ wird durch eine Stiftung finanziert und ist somit unabhängig vom Anzeigengeschäft und von Verkaufserlösen.“

    Selten so gelacht.

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    • Aman
      Eine Million Leser unterstützen investigativen Journalismus

      Mit seinem Membership Modell hat der Guardian mittlerweile 1 Million weltweit zahlender Leser.

      Anders als viele Verlage, die in der Vergangenheit “Paywalls” gebaut haben, über die also ausgewählte Artikel nur zahlenden Usern zugänglich gemacht werden, finanziert sich der Guardian mittlerweile maßgeblich  über ein “Membership” Modell.

      Der Guardian konnte in den vergangenen Jahren einen großen Anstieg in Spendenbeiträgen durch Berichterstattung zu weltweit vieldiskutierten politischen Themen verzeichnen, wie die Wahl von Donald Trump, das EU-Referendum, den Brexit, oder den Skandal um Facebook und Cambridge Analytica.

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  4. Simon
    Kriegspropaganda

    Im Artikel finden sich sicherlich zahlreiche wichtige Informationen und Anmerkungen. Dennoch muss ich mich dem obigen Kommentar anschließen und mich über die Nichtbeachtung der zahlreichen, nachweisbaren Fake-News der Mainstream-Medien in der Vergangenheit und Gegenwart wundern.

    Die aktuelle Fake-News Debatte konzentriert sich hauptsächlich auf soziale Netzwerke. Leider werden Falschnachrichten der Leitmedien mit teilweise verheerenden Auswirkungen völlig außer Acht gelassen. Insbesondere die Kriegspropaganda vor Kriegseinsätzen der US-geführten Koalition in der Vergangenheit führte zu katastrophalen Ergebnissen. Hier einige bekannte Beispiele:

    – die Kriegslüge von Tonkin vor dem Vietnam-Krieg
    – die Brutkastenlüge vor dem Zweiten Golfkrieg
    – die Lüge über eine humanitäre Katastrophe vor dem Kosovokrieg
    – die Lüge über Massenvernichtungswaffen vor dem Irakkrieg

    Vor den jeweiligen Ereignissen kamen die Leitmedien ihrer objektiven Informationspflicht nicht nach und verbreiteten unisono Informationen, die sich im Nachgang als Unwahrheiten herausstellen. In überwältigender Mehrheit schlugen diese die Kriegstrommeln in Einklang mit Politik und militärindustriellem Komplex. Im Falle einer kritischen Auseinandersetzung der „vierten Gewalt“ mit den dargebotenen Informationen hätten all der Tod und das Leid, ausgelöst durch die folgenden „humanitären Interventionen im Sinne der Menschenrechte“, verhindert werden können.

    Bei Betrachtung der aktuellen globalpolitischen Lage und der diesbezüglichen Berichterstattung (z.B. Syrien, Ukraine, Irak, Jemen…) scheinen die beteiligten Akteure leider rein gar nichts aus der Vergangenheit gelernt zu haben.

    So stellt sich die Frage, ob WIR dazu bereit sind, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen?

    Antworten
    • Tanja
      Nicht vergessen

      Nicht zu vergessen, die Lügen im aktuellen Syrienkrieg und dem drohenden Krieg mit Russland.

      Antworten
      • Tanja

        Habe übersehen, dass zu Syrien etwas geschrieben wurde. Danke dafür.

  5. Tanja
    Propaganda?!

    Nirgends zu finden in diesem Artikel die große Mitschuld der Mainstream-Medien. Von daher ist der Artikel für mich reine Propaganda.

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    • Aman
      Propaganda für wen?

      Der große Irrtum besteht darin, alle „Mainstream-Medien“ in einen Topf zu werfen. Wir müssen uns schon die Mühe machen zu unterscheiden. Der „Guardian“, der hier als Quelle aufgeführt wird, ist nicht irgendein Boulvardblatt. Der „Guardian“ wird durch eine Stiftung finanziert und ist somit unabhängig vom Anzeigengeschäft und von Verkaufserlösen. Die Redaktion dort hat die finanzielle Freiheit, eben genau diesen investigativen Journalismus zu betreiben, den sich viele Verlage heute nicht mehr leisten können, oder deren Eigentümer das nicht mehr leisten wollen.

      Zur Erinnerung, der Guardian hat sich einen Namen gemacht, als er ohne Rücksicht auf Verluste und eine der wenigen Zeitungen weltweit, über die Enthüllungen des Edward Snowden und die Abhörpraktiken der NSA berichtete. Der britische Geheimdienst drang damals in die Verlagsräume ein und zwang die Redaktion, die Festplatten mit dem Archiv über Snowden zu zerstören. Eines führt uns dieser Artikel deutlich vor Augen. Die Zukunft der Demokratie liegt in unserer Hand. Wir können sie nicht delegieren. Und wir können uns nicht allein auf Google und die Sozialen Medien als Informationsquelle verlassen.

      Wären Google, Facebook oder Twitter u.s.w. ein Open Source Projekt und unterstünden der Verantwortung aller Nutzer, bestünde Hoffnung. Doch die Sozialen Medien, wie z.B. Facebook und Twitter sind mittlerweile fest in der Hand von Investoren und den nunmehr schwerreichen Gründern. Es geht in erster Linie um´s Geschäft und den Profit und um Gestaltungsmacht.

      Wie sagte Mark Zuckerberg am Anfang seiner Karriere: „Die Leute ‚vertrauen mir‘. Die Idioten.“ (Quelle: New Yorker, September 2010)

      „Facebook hilft, mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die wir auch im echten Leben kennen. Mehr nicht. Wer glaubt, dass jeder Facebook-Kontakt ein Freund ist, der weiß nicht was Freundschaft bedeutet.“

      Antworten
      • Tanja

        Dieser Beitrag wurde aufgrund Missachtung unserer Kommentarregeln gelöscht.

      • PuDerBär
        The Guardian wird von fragwürdigen Mulitmilliardären finanziert

        Zum Guardian: Bill Gates, George Soros et al. Guardian hat einige gute Reportagen ist aber ein globalistisches Propaganda-Blatt par excellence.

        Finanzierung

        Nachrichtenorganisationen auf der ganzen Welt können sich nicht mehr nur auf Werbe- und Verkaufserlöse verlassen. Da die Guardian Media Group über die traditionellen Finanzierungsquellen hinausgeht, können Dritte, die bereit sind, den Journalismus des Guardian zu unterstützen, unter Wahrung seiner redaktionellen Unabhängigkeit und Freiheit wichtige Themen behandeln, die an anderer Stelle möglicherweise zu leicht vernachlässigt werden.

        Der Guardian arbeitet mit einer Reihe von privaten Stiftungen auf der ganzen Welt zusammen, die bestimmte Projekte unterstützen. Beispiele für diese Beziehungen sind:

        • Ein Stipendium der Bill & Melinda Gates Foundation zur Unterstützung der Global Development Site des Guardian

        • Die Joseph Rowntree und die Open Society Foundation haben die preisgekrönte Serie Reading the Riots unterstützt

        • Humanity United finanziert ein Projekt, das sich mit Fragen der modernen Sklaverei befasst

        • Hivos unterstützen die Berichterstattung des Guardian über geschlossene Gesellschaften

        • Der Internetunternehmer und Philanthrop Graeme Wood ist Gründungsinvestor der digitalen Ausgabe des Guardian in Australien

        • Die Europäische Klimastiftung unterstützt die Berichterstattung über Klima und Umwelt im gesamten Guardian

        Die redaktionelle Unabhängigkeit bleibt in jedem Fall unberührt. Redakteure und Autoren betreiben ihren Journalismus genauso wie gewohnt – ohne Bezug zu Geldgebern (seien es Stipendiaten oder Sponsoren).

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