Auf dem Weg nach Europa: Die ayurvedische Revolution der westlichen Medizin

Ayurveda wurde in den letzten Jahren als komplementäres Medizinsystem immer beliebter und erfährt von Mediziner/innen immer mehr Akzeptanz. Doch wie sieht das Ursprungsland dieser uralten Medizinlehre diese Entwicklung? Wie soll die Zukunft aussehen? Über den aktuellen Stand der Ayurveda-Medizin, den European World Ayurveda Congress in Deutschland und Indiens weltumspannende Pläne für Ayurveda.

Von Rose Schweizer

 

Der European World Ayurveda Congress (EWAC#2), der am 15. und 16. Oktober 2016 in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle stattfindet, will eine Kombination aus Medizin, Wellness- und Yoga-Aspekten sein: Zum einen Fachkongress mit hochkarätigen internationalen Teilnehmer/innen, denen hier Raum für einen interdisziplinären Austausch von Forschung, Medizin und praktischer Erfahrung geschenkt wird. Zum anderen aber auch eine öffentliche Gesundheitsmesse mit Expo, Workshops und Vorträgen für die vielen Yoga- und Ayurvedafans in Deutschland und dem restlichen Europa. Veranstaltet wird dieses Event von dem Non-profit-Verband European Ayurveda Association e.V. (EUAA), dessen Präsidentin Dr. Harsha Gramminger ist.

Indien spielt als Ursprungsland des Ayurveda zudem eine zentrale Rolle bei der Veranstaltung: Neben zahlreichen Ausstellern präsentiert sich eine Delegation des indischen Gesundheitsministeriums auf der Gesundheitsmesse, rund die Hälfte der Redner auf dem Fachkongress sind indische Experten, und das indische Tourismusministerium sponsert Werbemaßnahmen. Dies alles gehört zur globalen Strategie der indischen Regierung, Ayurveda im Westen stärker zu etablieren.

Indien setzt ein Zeiche: Globalisierung des Ayurveda

In den 1990er-Jahren gewann das indische Medizinsystem zunehmend Bedeutung in Deutschland. Schon in dieser frühen Phase der Globalisierung durchlief Ayurveda viele Veränderungen, aber die Grundideen blieben bestehen. Dennoch war Ayurveda lange Zeit nur ein Wellnesstrend. Aber aus der Sicht Indiens ist das diagnostische und therapeutische Repertoire des Ayurveda von der gleichen universellen Gültigkeit wie das der westlichen Schulmedizin. Hier knüpft Indien seit zwei Jahren verstärkt an. Der Plan: Ayurveda soll als Begleittherapie beziehungsweise als gesundheitserhaltende Prophylaxe in den Medizinsystemen des Westens anerkannt und verankert werden. Laut Dr. Harsha Gramminger ist die Kombination aus Gesundheitsmesse und Kongress beim EWAC#2 hierfür ein gezielter und effizienter Katalysator.

Denn Indien will in Deutschland ein Zeichen für seine Medizinsysteme setzen. Begonnen hat dies schon auf dem 6. World Ayurveda Congress (WAC) 2014 in New Delhi, als zum ersten Mal in der Geschichte Indiens ein Ministerpräsident die Eröffnungsrede hielt. Narendra Modi, der selbst Yoga praktiziert und sich vegan ernährt, kündigte die weitere Globalisierung des Ayurveda an und erklärte, welche Schritte er plane, um die traditionellen indischen Gesundheitssysteme für die westliche Welt zugänglich zu machen, ohne auf Traditionen zu verzichten. Auch das Ministerium AYUSH (Department of Ayurveda, Yoga and Naturopathy, Unani, Siddha and Homoeopathy) wurde gestärkt.

Ziel Indiens: Wirkung des Ayurveda nach wissenschaftlichen Kriterien erforschen

AYUSH fällt nun die Aufgabe zu, eine Zusammenarbeit von Ayurveda und moderner Medizin weltweit zu fördern, Deutschland – dem aufgrund der historischen Verbundenheit beider Länder und wegen der deutschen Wissenschaft und Medizin besondere Wertschätzung zukommt – ist hier eine führende Rolle zugedacht. Dazu sei es notwendig, die Wirkung des Ayurveda noch intensiver nach wissenschaftlichen Kriterien zu erforschen, heißt es aus dem indischen Ministerium. Darüber hinaus gelte es, neue Richtlinien für die Qualitätskontrolle ayurvedischer Medikamente und international gültige Ausbildungsstandards aufzustellen – zwei Forderungen, für die sich die EUAA und Dr. Harsha Gramminger in Europa bereits seit Jahren einsetzen.

Das US-Department of Health and Human Services (HHS), das Office of Global Affairs (OGA), die National Institutes of Health (NIH) und das National Cancer Institute (NCI) in den USA haben mit AYUSH bereits im März 2016 eine Übereinkunft getroffen, die ersten indisch- US-amerikanischen Studien über Krebs und ayurvedische Behandlungen sind schon an Forschungsinstituten und Universitäten in Auftrag gegeben. Slowenien, Lettland und Ungarn zogen bereits nach.

Zwischen dem deutschen Gesundheitsministerium und AYUSH strebt man zunächst lediglich die offizielle Planung von Vorhaben an. „Wir hoffen, dass der EWAC#2 Bewegung in die Verhandlungen bringt“, so Harsha Gramminger hierzu. Hoffnung hierfür gibt das für einen Tag nach dem EWAC#2 geplante Strategie-Meeting zur „Repositionierung Europas zur Globalisierung des Ayurveda und der AYUSH-Systeme“, an dem die indische Delegation sowie auch Vertreter aus Europa und Deutschland teilnehmen.

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