Mein Leben ist ein Tanz

Ich stehe auf am Morgen, es regnet. Schade, ich wollte eigentlich mit Saba, unserer Hündin, spazieren gehen. Ich stehe unter der Dusche draußen vor meinem Häuschen – da wird das warme Wasser kalt. Muss wohl das Gas wechseln. Dann ist ein Schuh weg  – also barfuß durch den Regen in den Schuppen, wo die Gasflaschen stehen. Ich sehe Saba mit meinem Schuh im Maul, heftig schüttelt sie ihn hin und her. Als ich sie rufe, deponiert sie den Schuh im Heckenrosenstrauch. Ich gehe ihn fröstelnd holen und verletze mich dabei. Alsi ich die kleine Expressokanne vorbereite, ruft schon jemand an… Der Kaffee steigt gar nicht auf – ach je, ich habe vergessen, Wasser einzufüllen… Yoga machen, um mich beruhigen? Keine Lust. Ich setze mich, habe einen Klumpen im Solarplexus, bin wütend und weiß nicht, wohin mit dem Gefühl. Die Welt ist mir feindlich gesonnen heute. Ein richtiger satter Chaostag nimmt so seinen Anfang.

»Ich würde nur an einen Gott glauben, der zu tanzen verstünde« sagte schon Nietzsche. Das kann ich gut verstehen, denn es geht mir genauso. So entscheide ich mich, das Chaos tanzend zu erforschen.

Durgas Tiger-Chaos-Tanz

Wir sind viele, die sich im Saal bewegen. Chaos um mich, Lärm, verschiedene musikalische Versatzstücke. Rhythmen kämpfen miteinander, überschlagen sich – wie soll ich mich dazu bewegen? ich möchte aufgeben, mir die Ohren zuhalten, weinen… Diese Welt im Chaos ist nichts für mich…  Dann  verschmelze ich mit dem Tiger. Durga reitet auf mir, ich spüre meine Geschmeidigkeit,  mein Brüllen, als wir den Dämon in all den verschiedenen Formen bekämpfen.
Freude an meiner Kraft, und Freude, mit der Göttin eins zu sein. Ich weiß genau, wann es Zeit ist einfach zu ruhen und wann ich angreife. Ich denke nichts, ich bin der Kampf in diesem Moment. Ich agiere, reagiere und ich bin eins mit dem Lachen der Durga.

Mein Rhythmus im Chaos

Unsere Herzen schlagen in einem Rhythmus. Und die Chaosmusik ist wunderbar – ich finde meinen Rhythmus, meine Melodie und alles Störende ringsum wird fernes Gemurmel, das mich nichts angeht. Mein Körper findet ganz neue Bewegungsabläufe – so habe ich noch nie getanzt. 
Es tut so gut. Ich weiß: Etwas hat sich geändert in meinem Alltag. Ich kann in dem Vielen, das mich umgibt und auf das ich oft einfach reagiere, das Eine finden, meinen eigenen Rhythmus, der mich kraftvoll agieren lässt.

Der Tiger im Käfig

Nach dem Tanz: Benjamin erzählt, er habe sich als Tiger gesehen, der im Solarplexus eingesperrt in einem Käfig lebt. „Wenn der Käfig bricht, kann ich nicht für mich garantieren. Der Tiger ist so wütend und gleichzeitig so hilflos, da er nicht raus kann. Er möchte nur noch alles zerstören.“ 
Wir reden in der Gruppe über persönliche Macht. Über die Schwierigkeit unserer Männer, in der domestizierten Welt ihre Kriegerkraft leben zu können. Wie geht das? Ich erzähle von den Indianern, die noch jagen, in Regen, Sturm, Finsternis und mit Mückenangriffen einfach still stehen, auf das Wild warten – um dann im richtigen Moment zuzuschlagen. Die Freude spüren, Nahrung nach Hause zu bringen. Ein guter Job irgendwo in einem Büro kann dieses Gefühl selbst für viel Geld nicht kaufen. Wir denken an Initiationen, die unseren jungen Menschen fehlen.

Das Herz der Shakti

Leben ist Ton, ist Atem, ist Bewegung. Der ewig wechselnde Rhythmus meines Herzens.
Ich verbinde mich so mit dem Herzen der Erde, dem ewigen Vulkanfeuer, das durch meine Adern fließt. Mit dem Herzen des Himmels, dem Rhythmus der Regentropfen auf meinem Dach oder auf meiner Haut. Das Herz der Luft verbindet sich mit meinem Atem, wenn ich tanzend aus der Puste komme. Das Herz des Wassers, wenn dann der Schweiß über meine Augen läuft. Oder wenn Tränen der Dankbarkeit alle Probleme so klein werden lassen, dass sie einfach weggespült werden.
So ist das an einem Shakti-Tag.

Tanz der Shakti-Shiva-Spirale

Durgas Tigertanz der Shakti-Shiva-Spirale beginnt am Abend während unserer Yoga Lehrer Ausbildung. Wir stehen im Kreis, schütteln uns, laden unser inneres Kind ein, brabbeln, rufen, lachen, singen und schreien. Wie tönt unser innerer Mann? Wie die innere Frau? Wie tönen der innere junge Krieger, die Kriegerin, der Weise und die Seherin? Es sind ganz andere Bereiche in meinem Körper, die in Schwingung kommen. Ich spüre meine Kriegerin in Aktion, sie will etwas tun in der Welt und sie aktiv verändern. Die Seherin ist alt und die Töne werden zu einem archaischen Gesang.

Die Shakti-Spirale

Dann folgt der Tanz. Wir stehen alle im Zentrum des Saales, atmen zusammen und sind ein vibrierender Organismus. Und dann wirbeln wir weg vom Einen, werden  Viele, die in tanzenden Spiralen den Raum kreieren, Shaktis übermütige Energie treibt uns an, immer weiter auszugreifen, um ihre Macht des Schöpferischen zu erkunden. Visionen tauchen auf: was will ich erschaffen in meinem Leben? Freude erfüllt den Raum.

Die Shiva-Spirale

Dann bin ich voll und satt – und spüre: ich möchte in die Ruhe, in diesen wachen abenteuerlichen Frieden des Einsseins. Und so geht es zurück gegen den Uhrzeigersinn, ich will nach Hause. Ein Gedanke: das ist vielleicht langweilig… aber plötzlich wallt  Freude auf. Ruhe kommt in die Bewegung, ich bin mein Zentrum und verbinde mich mit dem Einen. Wieder bin ich mit allen ein einziger vibrierender Organismus, wir tönen aus unseren Herzen und ein lichter  Klangdom breitet sich aus.

Die Chaosreiterin

In meinem Tanz verbinden sich Chaos, die Macht meiner Kreativität und innere Stille. So werde ich zur Chaosreiterin: auch wenn ich im Regen aufwache und die Dusche kalt bleibt, folge ich einem neuen Rhythmus, tanze lachend im Regen und lecke das Blut vom Finger, in den die Rose gestochen hat.

 

Termin: 3. – 24.  Juli 2017 Durga´s Tiger School in Deutschland: Yoga Lehrer Ausbildung YA und YAI zertifiziert, 200 Std im ZEGG in Bad Belzig/ Berlin

Über den Autor

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Iris Disse ist Filme-, Theater- und Radiomacherin; Autorin und Dozentin für Kommunikation auf Festivals und an Universitäten. Seit 1994 pendelt sie zwischen Europa und Ecuador. Ihre Hörspiele und Filme wurden mehrfach prämiert. Sie arbeitet viel mit Indigenen aus Lateinamerika zusammen. In ihrem internationalen Yoga- und Kulturzentrum in Ecuador, der »Durga’s Tiger School for Tantra Yoga Shamanism«, kann man sich das ganze Jahr über zur international zertifiziertenYogalehrerIn ausbilden lassen (YA/YAI) – vom 28.6.-20.7.2020 auch im ZEGG bei Berlin oder vom 15.8. – 8.9.2020  in Korfu/Alexis Zorbas Zenter

Tigersmile: Auszeichnung für Durga´s Tiger School for Tantra Yoga Arts & Shamanism, Ecudor: Die internationale Yoga Platform“ Book Retreats“ hat uns ausgezeichnte als eine der der  5 weltweit besten  Yogaschulen, um einen  international anerkannten Abschluss als „Fortgeschrittener Yogalehrer “ zu machen. 

 

 



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