In diesem Beitrag erzählt Fabian Strumpf alles über den Haka. Wie der  rituelle Tanz aus Neuseeland sein Leben veränderte. Wie einfache Bewegungen ihn an seine Kraft brachten, wie seine Stimme ihn präsent machte – und wie ihn die Veränderung zu seiner Bestimmung führte.

Einführung: Was ist Haka?

Der Haka ist ein Tanz aus der Tradition der Māori, dem indigenen Volk Neuseelands. Der Haka ist eine rituelle Abfolge von körperlichen Bewegungen und gesprochenen Worten, ein traditioneller Ritualtanz. Er wird meist in der Gruppe getanzt. Er ist zugleich Gefühlsausdruck und soziale Interaktion und durch die lange Tradition auch ein wichtiges identitätsstiftendes Element der Māori-Kultur. 
Die Tradition des Haka-Tanzes ist schon einige Jahrhunderte alt und geht auf zurück auf Tanerore, der in der Sage der Sohn des Sonnengottes Tama-nui-te-ra und dem Mädchen Hine-raumati gewesen war. Als Tanerore zu Ehren seiner Mutter den ersten Haka tanzte, sah man ihn als zitternde Erscheinung in der Luft. Heute wird dieses Zittern angedeutet durch das trembling in der Hand des Haka-Tänzers, die sich ekstatisch bewegt. Deshalb bezeichnet man den Haka auch als „Tanz des Tanerore“, genau wie die flimmernde Luft an einem heißen Sommertag.
Was den Haka ausmacht ist sein ritueller Charakter, seine wiederkehrenden Elemente, seine spezifische Ausdrucksform. Je nach Anlass gibt es den Haka mit unterschiedlichen Texten und Bewegungen: diese variieren je nach Ort und Stammeszugehörigkeit.
Es gibt auch die sogenannten kaioraora, eine Art „Hass-Haka“ gegen einen anderen Stamm. Hier wird es fast als Ehre empfunden, Ziel eines solchen Haka’s zu sein. Diese Dynamik ist vergleichbar mit dem Phänomen dissen (abgleitet vom englischen Wort disrespect) im Rap bzw. Hip Hop: Hier herrrscht in der Regel zwischen zwei Kontrahenten Streit, ein sogenannter beef, und dieser Streit wird durch sogenannte rap-battles ausgetragen.
Heutzutage kennen wir den Haka vor allem von den All Blacks, der sehr erfolgreichen neuseeländischen Rugbynationalmannschaft. Besonders durch den Gewinn der Rugby-Weltmeisterschaft 2015 ist der Funke auch weit über Neuseeland hinausgesprungen und so hat das Feuer des Haka die Herzen vieler Menschen angesteckt.

Wie der Haka zu mir kam – Schicksal und Zufall

Beginnen möchte ich Anfang 2007, als ein damaliger Lehrer während meiner Heilpraktikerausbildung zu mir sagte: „Du bist so kraftvoll! Ich sehe bei Dir so viel Kraft, die nicht gelebt wird, mach mal was damit!“. Ich fragte ihn nach einemTipp und er erzählte mir von den All Blacks  und von kraftvollen Spielern, bei deren Anblick einem die Nackenhaare zu Berge stehen! Ich war neugierig und schaute mir den Haka der All Blacks gleich im Netz an. Ich war Feuer und Flamme! Ich wusste, das ist meins und ich muss den Haka lernen. Gesagt! Getan? Zu dieser Zeit wohnte ich in Berlin und begann zu recherchieren. Leider ohne direkten Erfolg, mir wurde klar, dass ich nach Neuseeland musste. Jedoch fehlten mir damals Zeit und Geld für einen Neuseeland-Trip. Außerdem befand ich mich gerade noch in meiner Heilpraktikerausbildung. Ich formulierte den Wunsch, dass ich jemanden brauche, der mir diesen Tanz beibringt und bat um Unterstützung. Vier Wochen später lernte ich einen jungen Mann kennen, der mich nach einem Seminarraum fragte. Ich wollte wissen, was er denn anbieten möchte. Als er anfing vom Haka-Tanz und Māori zu erzählen, war ich völlig verblüfft und traute kaum meinen Ohren. Wir organisierten einen Raum und er zeigte einer Gruppe von Männern und Frauen den Haka und das, was er von einem Māori gelernt hatte. Danach traf ich den jungen Mann noch zweimal zum Einzelcoaching. Und wie der Zufall es will – ich habe  danach nie wieder von ihm gehört, er war wie vom Erdboden verschwunden. Danke für diese Begegnung.

Der Weg in die  Kraft – Haka ließ mich spüren, dass ich gut bin so wie ich bin

Mit dieser Begegnung beginnt mein Weg mit dem Haka: ich übte regelmäßig, oft allein, hin und wieder mit Freunden. Das wichtigste daran war meine Selbstbetrachtung, darum tanzte ich oft zu Hause vor meinem Spiegel. Ich kam in Kontakt mit meiner Kraft und gleichzeitig offenbarten sich mir die Blockaden, die mich daran hinderten diese Kraft zu leben, zu sein, fliessen zu lassen. Was mich verwandelte, war das stete Üben mit dem Haka. Ich stellte mich diesen Blockaden: „Ich bin zu schwach. Ich bin doof. Ich bin uninteressant. Ich bin nicht authentisch. Ich bin nicht gut genug. Ich bin …“. Jeder von uns kann hier sicherlich eigene Ideen über sich und fixe Glaubenssätze vervollständigen. Haka gab mir den Mut, meine Ängste zu überwinden: durch Bewegung und Stimme verstärkte sich mein Kontakt mit mir. Ich spürte das Bedürfnis, mich mir und anderen zu zeigen. Und so hielt ich während meiner Dozentenausbildung regelmäßig Vorträge, um meine Angst abzubauen. Den wichtigsten Impuls dafür gab mir der Haka. Er ließ mich spüren, dass ich bin und dass ich gut so bin wie ich da bin. Also, dass ich mit allem hier sein kann, was in mir ist: Mut, Angst, Traurigkeit, Wut, Kleinheit, Freude, Zweifel, Glück, Wissen, Nicht-Wissen…

Daneben gab es noch die Homöopathie, seelische und energetische Arbeit, Familienaufstellungen, Schwitzhütten, Rituale und mehr, was mich in diesem Prozess unterstützte. Am stärksten jedoch war die Zuversicht in das, was ich bei meinem ersten Kontakt mit dem Haka gespürt hatte: diese ursprüngliche Kraft und die Erkenntnis, dass sie in mir anwesend ist und somit ein Teil von mir. Dieses Wissen trägt mich bis heute bei meinem Anliegen, vielen Menschen diese Erkenntnis zu vermitteln. Mir wurde zum damaligen Zeitpunkt bald bewusst, dass der Haka mehr als ein Tanz ist. Für mich ist er eine Initiation in meine und in deine Kraft des Ursprungs!

Meine Verbundenheit – Das Erleben von All-Eins-Sein

Dass Haka mehr als eine Abfolge von Bewegungen, Worten, Gestik und Mimik ist, möchte ich Dir anhand meiner ersten Erfahrung mit Einheitsbewusstsein erzählen.

Diese ereignete sich, nachdem ich ein halbes Jahr regelmäßig den Haka geübt hatte. Eines Nachmittages traf ich mich mit meiner jetzigen Frau. Spontan kam mir die Idee ihr den Haka zu zeigen, was ich bis dahin noch nicht getan hatte. Ich widmete  ihr den Tanz, tanzte einzig und allein für sie. Diese tiefe Hingabe war es wahrscheinlich, die das ermöglichte, was ich jetzt beschreibe. Ich fing an zu tanzen, kam wie in einen Rausch und als ich den zweiten Haka tanzte, passierte es: In diesem Moment fühlte ich eine Verbundenheit, wie ich sie zuvor noch nie gespürt hatte. Mir war klar, dass ich mit allem um mich herum verbunden bin: dass ich der Baum bin; ich spürte wie ich der Boden unter meinen Füßen bin; ich bejahte, die Luft zu sein, die uns umgab und noch viel mehr. Dieses Bewusstsein von totaler Verbundenheit dauerte circa 15 Minuten. Noch heute habe ich einen Geschmack davon in mir, wie sich das anfühlt. Wo sich vorher eine wie unüberwindbare Grenze befand, war ich plötzlich aufgehoben in der Welt und hatte ein spürbares Wissen um meinen Platz.

Mein Feuer – meine Vision

Spätestens mit diesem Erleben war mir klar, welches Potential im Haka als Initiations- und Übungsweg steckt. Von da an wusste ich, welche Aufgabe mir damit gegeben wurde: die Begegnung mit einem der kraftvollsten Rituale – dem Haka – bedeutete auch, dass ich diesen Weg konsequent weitergehe und anderen, besonders in der westlichen Welt dieses Wissen vermittle und mit meinem therapeutischen Wissen anfülle. Zu Beginn dieses Weges traf ich einen Māori, der damals die Show der Band Moana mit kraftvollen Haka-Tänzen auf der Bühne unterstützte. Nach dem Konzert unterhielten wir uns und ich erzählte ihm davon, wie ich die Verbindung von Haka und den typischen Themen der Menschen in bezug auf ihre Kraft sehe. Er nickte und nickte, ich erzählte begeistert und voller Feuer weiter. Als ich nach einer ganzen Weile endete, sagte er einfach: „Ja. So ist das. So sehen wir das auch.“

Meine Ahnen und was von Ihnen zu uns kommt – Kraft, Liebe, Segen

„Die Stimme ist nicht deine Stimme.
Du sprichst nicht, es sprechen unzählige Ahnen mit deinem Mund.“
(Nikos Kazantzakis, Askese, S.42, Kapitel „Das Volk“)

Für die  Māori sind die Ahnen zentraler Bestandteil des Lebens. Haka wird immer mit den Ahnen getanzt, für die Māori ist dies gar nicht anders vorstellbar. Auch aus der systemischen Arbeit wissen wir, wie wichtig eine gute Verbindung zu unseren Ahnenreihen ist.  Aus Familienaufstellungen kennen wir die Dynamik, dass beispielsweise der Kontakt zu den Ahnen abgebrochen wurde, ob aus Wut, Schmerz oder Angst. Oder wir folgen innerlich aus Liebe einem leidenden Familienmitglied und erleben daher das Leben als leidvoll und verwehren uns das eigene Glück. Jedoch haben unsere Vorfahren genau das nicht im Sinn, vielmehr sind sie ein Kraftfeld, an das wir uns wieder anschliessen können: Ahnenkraft ist eine Quelle, die niemals versiegt, die immer da ist, UND für die Du nichts tun musst. Hier kannst Du so etwas wie Bedingungslosigkeit erfahren. In meinen Workshops reisen wir zu unseren Ur-Ahnen und bitten um Kraft, Liebe und Segen. Jeder Haka beginnt im Grunde mit einer Erinnerung an unsere Wahlverwandschaften, welche uns immer umgeben, egal ob wir sie sehen oder nicht. Willst Du über dich hinauswachsen, braucht es mehr als nur dich. Lass Dich unterstützen!

Krieger und Heiler – Ihr Wissen ist miteinander verwoben

Aus dem hawaiianischen Schamanismus ist bekannt, dass ausgebildete Heiler immer auch gleichzeitig Krieger sind. Man sagt dort, dass Wissen um Heilung und Wissen des Kriegers sehr dicht verwoben sind. Als Heiler musst du beide Kräfte kennen, die Zerstörung und die Schöpfung und verstanden haben, wie sehr beides miteinander zu tun hat. Im Krieger steckt die Kraft der Selbsterneuerung und die Kraft der Unschuld. Daraus speist sich die Kraft des Kriegers, sich selbst zu heilen, zu regenerieren und die Wunden wieder zu schließen. Der Krieger und die Kriegerin ziehen diese Kräfte aus dem Vertrauen ins Leben und indem sie keine Angst vor dem Tod haben. Die Tiefenpsychologie hat uns diese Archetypen wieder zugänglich gemacht, sie sind altes Wissen und schon immer da. Der KriegerHeiler-Archetypus ist eine Blaupause, an die wir uns anschliessen können und der Haka bietet einen Weg für diese Richtung.

Ich persönlich durfte auf meinem Weg mit dem Haka bis jetzt einiges an Heilung und Impulsen erfahren: meine Angst vor Menschen zu sprechen und mit Menschen zu arbeiten wurde geheilt. Die Angst vor Gewalt und Agression durfte sich verwandeln. Eines meiner großen Themen – die Angst verlassen zu werden – hat tiefe Heilung erfahren. Und ich habe die Hingabe gewonnen, eine tiefe Beziehung einzugehen und in der Begegnung immer wieder Liebe und tiefe Verbundenheit zu erleben. Wiederkehrende Erfahrungen von Verbundenheit sind immer wieder bewusste, heilende Impulse. Meine eigenen frühen Erfahrungen von Kraft-, Ziel- und Sinnlosigkeit (Burnout, Depression) im Leben sind geheilt. Ich erlebe mich heute als kraftvoll, dynamisch, berührend und berührbar. Und ich habe das gefunden, was mich gerufen hat: meine Berufung.

Männer und Frauen – aus Wunden werden Riesen-Wunder

Auf diesem Weg begegnete mir auch das ganz große Beziehungsspiel, die kollektive Ebene von Mann und Frau. Mit all dem, was seit langer Zeit an Gewalt und Missbrauch zwischen Mann und Frau passiert ist. Ich erlebe, wie es Männern schwer fällt, in ihre Kraft zu gehen, wie es Frauen danach sehnt in ihre Kraft zu kommen und auch kraftvolle Männer zu sehen. Ich erlebe aber auch Frauen, die das Erlebnis von Kraft an eigene Verletzungen erinnert. Mir wurde klar, dass hier Mann und Frau an ihre Wunden geführt werden. In meinen Workshops arbeite ich an dieser Stelle mit der Idee, dass all das sein darf. Dass all das, was da nochmal an Schmerz, Trauer und Vorwurf erlebt wird, wenn ich den Haka tanze, sein darf. Die Erfahrung zeigt, wenn ich mir diese Dinge nochmal anschaue und sie dann gehen lasse, darf die reine Form der Energie auftauchen. Sichtbar wird dann die Kraft, die ich bewusst nutzen kann, wo ich sie vorher genutzt habe, um wütend zu sein oder zu trauern. Mittlerweile habe ich unzählige Frauen und Männer erlebt, die diese Blockade durchbrochen und hinter sich gelassen haben. Es berührt mich immer wieder aufs Neue zu sehen, wie aus Menschen mit Päckchen plötzlich Riesen und Riesinnen werden.

Ich schließe an dieser Stelle mit einem großen Dank für alles, was ich erlebe und erfahre, ganz gleich ob schmerzhaft oder freudvoll.

 

Workshops 2018
21./22.Juli Werder (Havel) bei Potsdam/Berlin
29.Sept. Stuttgart
06.Okt. Hameln (Niedersachsen)

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