Abb: © kevron2001 - Fotolia.comFreiheit: Lieber doch nicht… 20. März 2016 Persönliches Wachstum Eine Ode an meine Fesseln von Dr. Anja Kroschky Als Therapeutin habe ich viel Zeit damit verbracht, mich kennenzulernen, Altes und Schmerzhaftes zu hinterfragen und es loszulassen. Ich wollte frei sein. Freier bin ich jetzt. Nun aber ist es genug. Die Wahrheit ist: Ich will kontrollieren, ich will bestimmen, ich will festhalten. Mein Leben und das meiner Mitmenschen. Der tosende Fluss des Lebens, von dem ich nicht weiß, wo er mich hintragen wird – andere können ihn gern erleben. Ich bleibe lieber in meinem warmen Wohnzimmer. Hier weiß ich, was passieren wird. Im Endeffekt nämlich nicht viel. Ich will nur von der Freiheit träumen Den einen oder anderen Glaubenssatz habe ich mir für diese Zwecke noch aufgehoben und lege ihn mir wie Schlingen um den Hals. Zugegeben, diese Schlingen um Hals und Brust sind eng. Sie ketten mich ein und ziehen mich mit ihrer Schwere hinab. Doch mit ihnen kann ich mich spüren. Ein schmerzhaftes Spüren, wohl wahr. Doch ein Spüren, wie ich es kenne. Sicher, ich könnte mich auch in Lust und Freude spüren. Doch deren ungezähmte Grenzenlosigkeit macht mir Angst. Ganz und gar frei sein? Nein, das will ich gar nicht. Ich will kontrollieren, dirigieren, die Fäden in der Hand halten. Während ich das tue, träume ich davon, frei zu sein. Ich träume von meinen Möglichkeiten Ich weiß, was ich kann. Ich könnte es tun, wenn ich wollte. Ich bin eine gute Therapeutin. Menschen finden bei mir Ruhe und Frieden. Ich könnte Bücher schreiben. Oh ja, ich kann schreiben. Ein Heilhaus auf dem Land, was für ein Traum! Gelegentlich fange ich an. Spezialisiere mich, vertiefe dieses Talent, arbeite an jenem Potential. Meine Möglichkeiten sind real, ich weiß das. Doch lieber bleibe ich im Winterschlaf und tue gelegentlich so, als wolle ich aufwachen. In Wirklichkeit träume ich. In meinen Träumen erschaffe ich neue Wirklichkeiten, bin glücklich und erfüllt. Strategien, um mich festzuhalten Um dieses Leben aufrechtzuerhalten, mache ich Folgendes: Ich liefere mich meinen Gedanken aus. Immer wieder erlaube ich meinen Gedanken, mich zu verletzen. Dann leide ich an ihrem dunklen Morast. Ich esse zu viel Zucker, Koffein und Zusatzstoffe. Kaffee und Schokolade putschen mich auf, vernebeln meine Sicht und stellen mich ruhig. Auch trinke ich zu wenig. Würde ausreichend Wasser durch mich hindurchfließen, würde sich einiges bewegen. Drei Liter am Tag wären gut. Doch ich bleibe bei einem Liter. Ich bin nicht bei mir. Ich nutze meine Talente für die Projekte anderer. Meinen eigenen Ziele gehe ich lieber aus dem Weg. Ich fühle mich in andere ein, erforsche ihre Bedürfnisse und Stimmungen. Freilich, das ist wertvoll im menschlichen Miteinander. Doch ich lenke mich damit von mir selbst ab, kontrolliere den anderen und trachte danach, jeden seiner Schritte nachzuvollziehen. Ich binde ihn an und mich gleich dazu. Ich halte meine Liebe fest. Ich liebe die Liebe. Für die Liebe gehe ich Wagnisse ein und begebe mich aufs Glatteis. Freigelassen wäre meine Liebe unzähmbar. Doch ich halte mich zurück. Will ich meine Ketten behalten, muss ich gut auf die Liebe acht geben. Deshalb verschließe ich ab und zu mein Herz und spüre die Liebe einfach nicht mehr. Dann sind sie wieder da, meine Fesseln. Kraftvoll wie eh und je. Der wilde Hauch des freien Lebens Manchmal, still und leise, weht ein anderer Wind. Ein Wind, dessen Duft seltsam frisch und verheißungsvoll anmutet. Er wispert mir Geschichten ins Ohr, malt mir Bilder, setzt mir schillernde Flausen in den Kopf. Er lüftet die Schleier meiner Welt und schenkt mir eine Ahnung, was noch alles möglich ist. Ich bin frei. Frei, die Düfte einzuatmen, den Geschichten zu lauschen und meinen Blick zu heben. Frei, das Leben zu tanzen, barfuß auf der Wiese. Frei, es zu singen, eine Ode an meine Freude. Frei, dem wilden Hauch meiner Lebendigkeit zu folgen. Ich bin auch frei, weiter vor mich hinzudämmern und davon zu träumen, wie mein Leben wohl sein könnte, wenn ich endlich frei wäre. Ich kann mich entscheiden. Ich bin frei. Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. Überschrift E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.Auch möglich: Abo ohne Kommentar. Durch Deinen Klick auf "SENDEN" bestätigst Du Dein Einverständnis mit unseren aktuellen Kommentarregeln.