Abb.: (c) Claudia HirschMit dem eigenen Kind in ein Kloster nach Thailand 20. Januar 2020 Selbsterfahrung Wenn Eltern ihren Kindern noch etwas mit auf den Lebensweg geben möchten, bevor diese das Haus endgültig verlassen, und welche Wege sie dafür bereit sind zu gehen. Eine Mutter ist mit ihren Kindern nach Thailand ins Kloster gereist. von Claudia Hirsch Den Kindern etwas mit auf den Lebensweg geben Ich liebe meine Kinder – natürlich, wer tut das nicht. Und ich bin leidenschaftlich gern Mutter. Mein Leben mit Kindern zu teilen und sie beim Erwachsenwerden zu begleiten, hält mich auch am Puls der Zeit. Ich kenne die neuesten Bands und Trends. Die neuesten Social Media Kanäle. Aufgewachsen mit Wählscheibe war und ist mir diese ganze virtuelle Welt jedoch immer noch suspekt. Dazu kam die Angst vor Handystrahlen an noch zu weichen Kinderköpfen. Angst vor wesensverändernden Computerspielen, und dass dieser ganze digitale Wahnsinn meinen Kindern schadet. Sie nerdig werden lässt, einsam und abhängig. Zeitliche Einschränkungen am Computer oder kein Ersatz für in die Kloschüssel gefallene Handys wirken in einem bestimmten Alter immer noch Wunder. Sofern man als Mutter starke Nerven hat. Aber spätestens nach dem Abi ist diese Art der Erziehungsmaßnahme hinfällig. Meine Frage war nun: Wie schaffe ich es jetzt noch, einen wichtigen Teil meines Lebens gewinnbringend für meine Kinder in das ihrige zu transportieren? Wo bitte geht es zu mir? Abi – Belohnungsreisen nach Thailand Seit vielen Jahren übe ich Yoga, um in Balance zu bleiben. Seit 2002 habe ich meine Begeisterung dafür zu meinem Beruf gemacht. Was der Yoga-Weg für mich alles bedeutet und wie wichtig mir das Besuchen meiner inneren Welt ist, möchte ich hier gar nicht lang ausbreiten. Doch zu dieser inneren Welt wollte ich meinen Kindern am Ende meines Erziehungsauftrages einen Schlüssel überreichen. Einen möglichen Schlüssel zu ihrer eigenen inneren Kraftquelle. Das Ganze verpackt in einer Abi – Belohnungsreise nach Thailand. Sozusagen in Form eines Crashkurses in Meditation und Selbsterkenntnis. So fuhr ich 2011 das erste Mal mit meiner damals18-jährigen Tochter zum Schweigen nach Thailand. Es war eine intensive Reiseerfahrung, auch wenn die Zeit im Kloster nicht einfach war. Im Anschluss daran ist meine Tochter weder zum Buddhismus übergetreten, noch Meditierende oder Yogini geworden. Das war auch nicht das Ziel. Doch es ruht ein Samen in ihr, der hier und da durchblitzt und der bereit ist, irgendwann aufzugehen. Im Sommer 2018 beendete dann mein Sohn seine Schulzeit und las zur Vorbereitung auf unser gemeinsames Abenteuer zwei Bücher. Seine Meditations- oder Yogaerfahrungen waren gleich Null. So flogen wir kurz nach Weihnachten nach Thailand. In den sieben Jahren zwischen der ersten und dieser Reise hatte sich die Anzahl der Retreat Teilnehmer um ein Vierfaches erhöht. Und das Durchschnittsalter um mindestens 20 Jahre gesenkt. Jetzt saßen wir also mit 46 Menschen aus 21 Ländern zusammen, von denen der Jüngste (mein Sohn) 19 und die Älteste (ich) 55 Jahre alt waren. Das Gros der Gruppe lag zwischen 25 und 35 Jahren. Erfahrungen im thailändischen Kloster Wenn man solch ein Retreat besucht, kommt das einer Laien-Ordination nahe. Man lebt nach den Regeln der Mönche. Der Tagesablauf ist vorgegeben, und jeder trägt einen weißen, Pyjama ähnlichen Anzug. Es gibt von allem nur sehr wenig: wenig Schlaf, wenig Essen und keine Art von Zerstreuung. Dafür aber morgens um 4h eine Yoga Einheit, um 7h und 11h eine warme Mahlzeit, mindestens 8 Stunden Meditationsunterricht und sehr viel Zeit für intensive Innenschau. Bei meinem Sohn machte sich, wie erwartet, in den ersten 24 Stunden ein Fluchtinstinkt breit. Den Durchbruch brachte der Vergleich unseres Lehrers, dass Meditation so etwas wie Krafttraining für das Gehirn sei. Das weckte seine Neugier und er meditierte stundenlang im Stehen, Gehen und Sitzen. Trat jeden Morgen vor Sonnenaufgang bei der Yogastunde an und sang am Abend Mantren auf Pali, die niemand von uns verstand. Und das ganze 10 Tage lang. Glaubenssätze und innerer Frieden Ich als Meditationserfahrene hatte weitaus mehr Probleme durchzuhalten als mein Sohn. Wie das nunmal so ist, wenn man auf sich selbst reduziert wird. Da steigen alle möglichen destruktiven Glaubenssätze und Verwirrungen auf, mit denen man zunächst einmal zurechtkommen muss. Es ist anzunehmen, dass sich in 55 Jahren deutlich mehr davon angesammelt haben, als in 19 Jahren. Am Ende unserer Klosterzeit gab es eine wundervolle Zeremonie. Bei der jeder, der wollte, den Raum hatte, vor allen Teilnehmern über die eigenen Erfahrungen zu sprechen. Mein Sohn stand auf und setzte sich vor das Mikrofon. Mit erstickter Stimme begann er, mit einer Menge fremder Menschen seine tiefsten inneren Einsichten zu teilen. Er hatte seinen Schlüssel gefunden. Ich war beeindruckt und wirklich sehr bewegt. Es ist Zeit loszulassen In diesem Jahr trete ich mit meiner jüngsten Tochter dieses etwas andere Abi-Geschenk an. Dann ist es auch für mich, nach 26 Jahren Mutter-sein, Zeit loszulassen und alle meine Kinder dem Fluss ihres Lebens anzuvertrauen. Ich bin gewiss, dass sie auf einem guten Fundament stehen und mit der Erfahrung ihrer inneren Welt bereit sind, die Stürme in der äußeren Welt zu bestehen. Und auch ich bin bereit. Denn auch für mich beginnt ein neuer Lebensabschnitt! Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. Überschrift E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.Auch möglich: Abo ohne Kommentar. Durch Deinen Klick auf "SENDEN" bestätigst Du Dein Einverständnis mit unseren aktuellen Kommentarregeln.