Trance-Tanz gehört zu den ältesten Kulturgütern der Menschheit. Seine Verbreitung gleicht kultur- und epochenübergreifend einer anthropologischen Konstante. Die Wurzeln des Trance-Tanzes reichen bis in frühgeschichtliche religiöse Kulte zurück.

Von frühen Primitivkulturen bis zu differenzierten Hochkulturen stellte der Tanz eine sakrale Handlung dar und war die wichtigste magische Praktik. Tiertänze, Maskentänze, Totemtänze, Fruchtbarkeitstänze, Kriegs- und Waffentänze, Totentänze, Tänze zur Abwehr von Krankheit und Unglück, Beschwörungstänze, astronomische Tänze der Ägypter und die ursprüngliche hellenische Tanzkunst, sie alle sind Beispiele für den Zusammenhang zwischen Sakralem und Tanz. Der Tanz
glich einer sakralen Handlung und ermöglichte damit die Kommunikation mit dem Magischen, dem Überirdischen. Trancezustände hatten hierbei einen hohen Stellenwert. Erst durch die Abwendung vom Gewöhnlichen, mit Hilfe des Tanzes als magische Praktik, konnte diese Kommunikation in der Trance hervorgerufen werden.

Noch immer gelten in vielen nicht-westlichen Kulturen Ekstase und Trance als die feierlichsten Handlungen, wie z.B. in der afro-brasilianischen Religion des Candomblé oder in der heiligen Zeremonie des Sonnentanzes nordamerikanischer indianischer Stämme. Sie bedeuten, dass eine Gottheit (eine heilige Kraft) den Körper des Tänzers als Medium nutzt, um mit ihm zu kommunizieren. Diese Kommunikationen können z.B. „Botschaften“ übermitteln, welche dann in den Dienst der Gemeinschaft oder der Heilung gestellt werden.
        
Trance-Tänze erzeugen auch günstige Auswirkungen auf das physische, psychische und soziale Wohlbefinden der Tänzer und erzielen in diesem Sinne einen therapeutischen Effekt. Nicht zuletzt ist mit diesen Formen des Trance-Tanzes ebenfalls eine starke gesellschaftliche Komponente verknüpft. Sie dienen der Identifikation des Einzelnen mit der kulturell-religiösen Zugehörigkeit, halten spirituelle Traditionen lebendig und stärken hierdurch die jeweilige Gemeinschaft.

Trance wird von jeher auch in schamanistischen Ritualen eingesetzt. Deren Heilwirkungen wurden bereits in den 80er Jahren von der WHO, besonders im Bereich der psychosomatischen Erkrankungen, denen der Schulmedizin gleichgestellt.

Trance und Gesundheit

In der westlichen Gegenwartskultur manifestiert sich der Trance-Tanz in der Technobewegung, neben anderen Trends wie z.B. New Age und Esoterik-Boom. Aufgrund der konstanten Manifestation von Trance-Tanz in seinen unterschiedlichsten Formen gehe ich von der Existenz eines menschlichen Grundbedürfnisses aus, veränderte Bewusstseinszustände zu erleben. Meine grundlegende These besagt, dass die Möglichkeit, Trance zu erleben, im Organismus und in der Psyche des Menschen vorgesehen ist. Ich möchte noch einen Schritt weitergehen und behaupten, dass der Mensch veränderte Bewusstseinszustände wie z.B. Trance und Ekstase für sein körperliches, seelisches und geistiges Wohlbefinden braucht. Ich betrachte dies als ein Prinzip des dynamischen Ausgleichs zwischen unserem rational-funktionellen Alltagsbewusstsein und unserem schöpferischen Geist.

Das Erfahren unterschiedlicher Bewusstseinslagen verläuft auf körperlicher, emotionaler und geistiger Ebene. Trancen haben u.a. entspannende, Stress abbauende, reinigende, vitalisierende und energetisch ausgleichende Effekte.
        
Trance von lat. transitus bedeutet Übergang. Man tritt aus dem Gewohnten heraus und geht hinüber in außergewöhnliche Erfahrungs- und Seinsdimensionen. Im Mittelpunkt steht hierbei die direkte Erfahrung veränderter Bewusstseinszustände. Das Erreichen und Durchtanzen dieser Bewusstseinslagen ist mit der Wahrnehmung verschiedener Emotionen, Wahrnehmungen und Eindrücke verbunden. Sie können unglaublich ekstatisch und wunderschön sein, es kann aber auch mühsam, erschreckend und rauh zugehen. Wichtig zu wissen ist es, dass es immer wir selber sind, denen wir in der Trance begegnen. Für das, was wir dabei erfahren, sind letztendlich nur wir selbst zuständig. Damit dies nicht vollkommen beliebig wird, arbeiten wir mit bestimmten Vorbereitungsübungen, Atemtechniken, der inneren konzentrierten Aufmerksamkeit (Intention) und mit Augenbinde (Bandana). Trance-Tanz benötigt keine Vorkenntnisse oder besonderen Fähigkeiten. Lediglich die Bereitschaft und die Offenheit, sich vollkommen einzulassen und hinzugeben sind wichtig. Dann können wir Ekstase, Leidenschaft, purer Energie und Kreativität begegnen!

Es liegt in unseren Händen, Trance-Tanz (wieder) zu beleben seinen Wert für uns zu entdecken!

Über den Autor

Avatar of Eva Maria Moog

* 28.02.1967, Tänzerin, Diplom-Pädagogin, lebt und arbeitet in Berlin.

Ausbildung in Modern-Dance, Weiterbildungen in japanischem Butoh-Tanz, Samba, Afro.Trance-Dance-Presenter (Frank Natale), Fortbildung in Tanztherapie (Fe Reichelt), Einführung in indianische Lehren (Devalon Small Legs Long Time Travelling).

Lange Zeit tätig als Performerin, arbeitete in der Suchtprävention (Designerdrogen), Dissertationsprojekt über Trance-Tanz in Zusammenarbeit mit der Uni – Gießen (Prof. Vaitl, Dr. Ott), gibt Seminare und Einzelunterricht in Trance-Tanz, Improvisation, Choreographie.

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Eine Antwort

  1. roland

    gibst du derzeit Unterricht in trancetanz, wöchentliche Treffen oder dergleichen? bitte gib mir bescheid. bin gelegentlich in berlin… alles gute Dir!

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