Immer mehr Menschen in Berlin haben die Nase voll von ständigen Wasserpreiserhöhungen, von der Aushebelung demokratischer Kontrolle bei der Festsetzung der Preise und dem Ausverkauf öffentlichen Eigentums in Form kommunaler Wasserversorgungsbetriebe. Eine Bürgerinitiative fordert deshalb: Wir wollen unser Wasser zurück.

 

Es ist ein weltweites Phänomen: die Privatisierung der Wasserrechte. Kein Wunder, denn für die Kapitalanleger sind viele produktive Wirtschaftsbereiche gesättigt. Die Investoren suchen neue lukrative Anlagemöglichkeiten. Da passt es, dass viele Städte und Gemeinden die öffentliche Wasserversorgung an private Anbieter verkaufen, um ihre Haushalte zu sanieren. Doch die Global Players haben wenig Interesse, ihre Gewinne zugunsten der Bevölkerung in eine qualitativ und finanziell akzeptable Wasserversorgung zu investieren. Gerade das wird jedoch von Kommunen als Argument für einen Vertragsabschluss mit den Konzernen angegeben.

Doch nur die Gewinne sprudeln, das Wasser nicht. Im südlichen Afrika gibt es mittlerweile Prepaid-Wasserzähler. Das heißt: Wer kein Geld hat, hat kein Wasser zum Leben. In London wurde von RWE statt der Rohrnetzerneuerung einfach der Wasserdruck gesenkt – Bewohner im dritten Stock hatten kein Wasser mehr. In Manila sterben Wasserverbraucher an Cholera, weil der französische Konzern, dem das Netz gehört, sich nicht um die verkeimten Rohrleitungen kümmert. Solche Beispiele als Folge von Privatisierungen sind zahlreich. Im Extremfall ergeben sich Verhältnisse wie in Bolivien, wo der US-Konzern Bechtel die Wasserrechte kaufte und zur Freude seiner Aktionäre den Wasserpreis verdoppelte. Bei den folgenden Aufständen gab es einen Toten und mehrere Verletzte. Die Menschen holten sich dennoch ihr Wasser zurück, die Privatisierungsverträge wurden gekündigt. Dagegen liberalisierte die EU die Wasserversorgung, statt Wasser als Menschenrecht zu deklarieren. Die Folge: Auch in Deutschland kommen die Wasserversorger unter dem Hammer.

 

Ausverkauf in Berlin

Wie sieht es in Berlin aus? Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) wurden im Jahre 1999 vom Berliner Senat zu 49,9 Prozent verkauft. Die privaten Investoren, Veolia (sitzt bereits in über 450 deutschen Kommunen) und RWE, erzielen seitdem Milliardengewinne. Denn ihnen wurde in geheimen Verträgen für 30 Jahre eine Gewinngarantie von acht Prozent anteilig auf das notwendige Betriebskapital der BWB zugesichert. Es handelt sich um ein höchst lukratives Geschäft, da das Kapital jedes Jahr anwächst und demzufolge auch die Dividendenausschüttung.

Das Land Berlin hält mit einem Anteil von 51,1 Prozent nur nach außen hin die Mehrheit der Wasserbetriebe. Hinter den Kulissen haben die privaten Investoren das Sagen. Diese Machtverteilung verhindert eine demokratische Mitwirkung und Kontrolle, zum Beispiel bei Preiserhöhungen. Der Senat verzichtete von 2004 bis 2008 sogar auf Teile seines Gewinns, damit die privaten Investoren die zugesicherten Gewinne bekommen. 2004 wurden von seinem Gewinn 51 Millionen Euro an die Privaten übertragen. Im selben Jahr erhöhten sich die Wasserpreise um 15 Prozent.

Seit 1999 müssen die Berliner Verbraucher insgesamt 35 Prozent mehr an Wassergeld zahlen. Mit fünf Euro per Kubikmeter steht Berlin, was den Wasserpreis angeht, an der Spitze der bundesdeutschen Großstädte. Bedenklich ist ebenfalls die Reduzierung der Investitionen, da dies natürlich auch irgendwann Auswirkungen auf das Rohrleitungssystem hat. Die Tatsache, dass die Verträge bei der Teilprivatisierung geheim abgeschlossen wurden, bedeutet zudem eine Aushebelung der demokratischen Kontrolle und passt nicht in eine Gesellschaft, in der die Bürger Transparenz erwarten.

Bekanntlich haben private Großunternehmen wenig Interesse, ihre Gewinne zugunsten der Bevölkerung in eine qualitativ und finanziell akzeptable Wasserversorgung zu investieren.

Es geht bei der Wasserversorgung daher auch um soziale Verantwortung und um Daseinsvorsorge: Es muss sichergestellt sein, dass auch für die nachfolgenden Generationen eine gute Trinkwasserqualität erhalten bleibt.


Das Volksbegehren „Unser Wasser“ fordert daher: „Wir wollen unser Wasser zurück. Wir wollen eine für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbare, demokratisch legitimierte und kontrollierte Wasserversorgung in öffentlicher Hand. Unser Ziel ist die Rekommunalisierung unserer Wasserbetriebe, so wie es Potsdam, Fürstenwalde und Grenoble auch geschafft haben“. Für ein Volksbegehren werden 170 0000 Unterschriften benötigt. Bisher haben 77 000 Bürger unterschrieben.

Die Unterschriftenaktion läuft noch bis zum 27. Oktober! Listen und Infos unter www.berliner-wassertisch.net

Wer nicht nur seine eigene Unterschrift geben, sondern sich für das Volksbegehren aktiv einsetzen will:
Näheres bei der Autorin unter Tel.: 030 – 437 26 888 oder oder 030 – 436 71 456

Viele Infos des Artikels stammen aus dem NDR-Film „Wasser unterm Hammer“ von Leslie Franke und Hermann Lorenz aus dem Jahre 2005. Bezug über den Berliner Wassertisch für 15 €. Der neue Wasserfilm „Water makes money“ derselben Filmemacher kommt am 23.9. in die Kinos (z. B. Brotfabrik).

2 Responses

  1. Radmilo Ristic

    Der Artikel ist ausgezeichnet. Das Wasser ist gemeinsames Eigentum aller Menschen. Wenn die Sache so weiter geht, werden wir bald auch die Luft bezahlen. Alle Ehre der Autorin.
    R. Ristic

    Antworten
  2. Radmilo Ristic

    Der Artikel ist ausgezeichnet. Das Wasser ist gemeinsames Eigentum aller Menschen. Wenn die Sache so weiter geht, werden wir bald auch die Luft bezahlen. Alle Ehre der Autorin.
    R. Ristic

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