Viele spirituelle Lehrer meinen, dass die eigentliche Aufgabe des Menschen ist ´Lieben zu lernen´. Ich stimme zu, dass es wohl eine der wichtigsten Grundfähigkeiten ist, die wir erlernen sollten, denn durch die Liebe können wir heil werden – was gleichbedeutend ist mit „ganz werden“. Ich möchte betonen, dass wir es lernen können zu lieben. Doch gleich stellt sich die Frage: Was ist Liebe?

Das allgemeine Verständnis von Liebe ist die Sehnsucht nach Ganzheit. Diese Erwartung wird nur zu oft an den, den wir zu lieben meinen, gestellt. Doch nur, wenn man die Ganzheit in sich selbst erlangt, an sich arbeitet und das sehnsüchtige Bedürfnis nach dem Anderen ablegt, kann man lernen zu verstehen, was die Liebe ist.

Die Ganzheit in sich selbst zu erlangen, bedeutet vor allem Ichstärke, Bewusstheit, Integrität und Selbstwert zu erlangen. Es bedeutet die Fähigkeit, meine eigenen Bedürfnisse zu kennen und gelernt zu haben, sie mir auch selbst erfüllen und befriedigen zu können. Nur so können wir in der Nähe zu anderen auch uns selbst treu bleiben und dabei erfahren, dass es bei der Liebe nicht um ein „Wir“ geht, sondern zu begreifen, dass es zwischen dem „Ich“ und dem „Du“ einen Raum gibt, der uns trennt. Die wahre Kunst der Beziehung besteht darin, diesen Raum gemeinsam zu gestalten.

Irrtümer über die Liebe

Die meisten Menschen verwechseln zwei Dinge. Erstens „lieb sein“ und „Lieben“ und zweitens „verliebt sein“ und „lieben“.

Zum ersten Punkt möchte ich behaupten, dass „lieb sein“ und „lieben“ fast nichts gemeinsam haben. Dass sich hinter „lieb sein“ oft wohlgemeinter und dann doch oft missverstandener (vorauseilender) Gehorsam verbirgt. Diese Haltung führt aber oft zur Missachtung der eigenen Person und somit langfristig zu einer Verachtung anderer Menschen und dann spiegelbildlich zur Verachtung durch andere.

Liebe ist also nicht nur, dass ich alles gebe. Liebe ist auch, wenn ich mich abgrenzen kann. So gibt es ein „Nein in Liebe“, ein „Nein“, das uns nicht verletzt, sondern Klarheit schafft und die gegenseitige Achtung bestätigt.

Zum zweiten Punkt: Verliebtsein ist meist eher der Ausdruck von Komplementär-Neurosen als die Ankündigung von Liebe. So glaube ich, dass das Verliebtsein oft umso größer ist, je besser die Macken der Beteiligten zusammenpassen. Suche ich (unbewusst) die Anerkennung meines Vaters und finde einen Mann, der diese Suche anfänglich scheinbar bedient, dann sind meine Gefühle zu ihm unglaublich intensiv. Ich kann mir kaum vorstellen ohne den anderen zu leben. Genau dieses Bedürfnis wird auch genau die Ursache sein für die späteren Krisen und Eskalationen und dann eine mögliche Trennung – gelingt uns nicht die Auflösung der Übertragung von unseren kindlichen Bedürfnissen und die Einsicht in unsere Muster bei beiden Partnern.

Vielleicht ist es leichter, sich der Liebe zu nähern, wenn wir uns fragen was das Gegenteil der Liebe ist. Die Antwort der meisten Menschen ist „der Hass“. Ich glaube allerdings, dass der Hass der Liebe sehr nahe ist – nur mit einem anderen Vorzeichen. So kommt es vor, dass Menschen von einem Zustand in den anderen fallen. Von total verliebt und abhängig zu Hass und dem Streben nach totaler Unabhängigkeit.

Die Liebe ist kein Gefühl, sondern eine Haltung

In meinen Augen ist das Gegenteil der Liebe die Gleichgültigkeit. Und die Gleichgültigkeit ist eine Haltung. So wird eines deutlich: Die Liebe ist kein Gefühl, sondern: die „Liebe“ ist eine Haltung zum Leben.

Das ist für mich die wohl wichtigste Erkenntnis zum Thema „Liebe“. Denn eine Haltung kann ich aktiv verändern – es liegt in meiner Hand. Sie ist veränderbar und entscheidbar, und ich kann und muss mich jeden Tag neu für die Haltung der Liebe zum Leben entscheiden. Somit bin ich selbst verantwortlich dafür, ob ich der Welt in der Haltung der Liebe begegne oder nicht. Aber das heißt zugleich, ich kann entscheiden, ob ich liebe oder nicht, und ich bin nicht einem Gefühl ausgeliefert. Die acht Schritte im KOMPASS der Heilung beschreiben einen Weg, die Haltung der Liebe Schritt für Schritt bewusst einzunehmen und zu erlernen.

Geh-Danke
Es ist Zeit, dass wir uns
mit allem in uns versöhnen.
Die Liebe kennt kein Urteil.
Wenn Du anfängst
auf Dich selbst zu vertrauen,
Dich selbst in Liebe anblickst und Dich in Deinem schlichten Sein achtest,
verwandeln sich
Deine Unzulänglichkeiten und
Dein Selbstmitleid in Dankbarkeit
und in ein leidenschaftliches
JA zum Leben.
(Heiko Kroy)

Über den Autor

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Dipl. Psychologe und Vorstand
mannaz – Dasein erleben e.V. 
Dipl. Psychologe und Vorstand mannaz – Dasein erleben e.V.
17349 Leppin, Schloßweg 3
Telefon: 039 66 – 24 999 44

– Seit 2004 Vorstand und Mitbegründer des Vereins mannaz – Dasein erleben, zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung
– Offene Seminare, Vorträge, Workshops und offene Abende sowie die Organisation des jährlichen „Pilgerwegs der Begegnung“ in Deutschland
– Seit 2007 eigenes Seminarzentrum in Mecklenburg-Vorpommern
– 2010 erste Buchveröffentlichung: „Geh-Danken von Heiko Kroy“ im Eigenverlag von mannaz
– Seit 2012 Mitherausgeber der Zeitschrift „Mit Leib&Seele“



Eine Antwort

  1. Andrea
    Danke

    Danke für den inspirierenden Text, der zum Nachdenken anregt und uns auffordert den Weg der Liebe als Wachstumschance zu sehen.
    Aus dieser Haltung heraus wünsche ich Heiko Kroy und seinem Team das Beste und sage DANKE für die inneren Lernschritte, die ich machen konnte aus der Ferne und vor allem vor Ort für die Annahme, die ich erfahren habe.

    Antworten

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