Hypnose und ihre Wirkungen sind für viele Menschen immer noch mysteriös, fremd und geheimnisumwoben. Dabei ist sie ein eleganter und einfacher Weg in unser Unterbewusstsein und kann dort unsere negativen und selbstabwertenden Glaubenssätze mit positiven, lebensbejahenden Botschaften überschreiben.

Von Steffen Freyberg

Obwohl Hypnose bereits seit Jahrtausenden praktiziert wird, ist die Skepsis gegenüber dieser Methode immer noch groß. Das ist schade, denn ihre Wirkung ist enorm. Beispielsweise kann sie uns unterstützen, destruktive Gedanken umzupolen. Der englische Schriftsteller John Milton sagte einmal über das Potenzial unseres Bewusstseins: „Der Geist ist eine Welt für sich, in der die Hölle zum Himmel und der Himmel zur Hölle werden kann.“

Natürlich wurde Hypnose mitunter auch für Letzteres missbraucht, aber deshalb sollte man sie nicht grundsätzlich verdammen. Hypnose ist auch keine Zauberei – womit sie auf Jahrmärkten und dergleichen immer wieder in Verbindung gebracht wurde –, sondern sie eröffnet einen Weg, an unsere versteckten Talente und inneren Potentiale zu gelangen. Der österreichische Schriftsteller Nikolaus Lenau sagte einmal: „Viele suchen ihr Glück wie einen Hut, den sie auf dem Kopf tragen.“ Im Zusammenhang mit Hypnose heißt das: Unsere Selbstheilungskräfte tragen wir bereits in uns – wir müssen sie nicht suchen, sondern mit ihnen Kontakt aufnehmen. Hypnose ist ein Schlüssel zu diesem Potenzial in unserem Unterbewusstsein.

Es gibt viele Dinge in unserer ach so „zivilisierten“ Welt, die wirklich gefährlich sind und sogar tödlich enden können. Um nur einige zu nennen: Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Stress und Alkoholmissbrauch – alles Ursachen für Zivilisationskrankheiten mit ihren Millionen von Opfern. Hypnose gehört nicht zu diesen gefährlichen Dingen, sondern ist vielmehr eine Option, um die schädlichen Verhaltensmuster, die mit den oben genannten Süchten zusammenhängen, positiv zu beeinflussen. Mittlerweile ist bekannt, dass eine Hypnosebehandlung gute Chancen birgt, endlich Nichtraucher zu werden oder nachhaltig das Körpergewicht zu reduzieren. Doch Hypnose kann noch mehr, beispielsweise Zwänge bekämpfen, Ängste nehmen oder positives Denken erwecken.

Die Aufmerksamkeit fokussieren

Wissenschaftliche Anerkennung fand die Hypnose erst 1956, als ihr medizinischer Nutzen von der British Medical Association offiziell bestätigt wurde. Grundsätzlich ist jeder Mensch hypnotisierbar. Die Basis dafür bildet die Fähigkeit, sich konzentrieren und die Aufmerksamkeit auf einen einzelnen Gedanken fokussieren zu können. Am besten hypnotisierbar sind Kinder ab dem Grundschulalter, was gut nachvollziehbar ist, wenn wir Kinder beobachten, die ins Spiel vertieft sind und sich dabei nur schwer ablenken lassen. Viele Menschen stehen der Hypnose noch ängstlich gegenüber, weil sie davon ausgehen, dass sie in einem hypnotischen Zustand nicht mehr Herr ihrer selbst sind. Das Gegenteil ist der Fall, da eine hypnotisierte Person absolut wach ist, wie Gehirnwellenmessungen mit dem EEG (Elektro-Enzephalograph) zeigen.

Franklin D. Roosevelt, ehemaliger USPräsident, war ein starker Unterstützer und Förderer der Hypnose. Er sah in ihr ein Instrument, Selbstvertrauen zu stärken und folglich auch Ziele besser zu erreichen. Golf-Profi Tiger Woods hat sogar seinen eigenen Hypnotiseur, was Sinn macht, denn Golf hat, genau wie Hypnose, viel mit der Ausgewogenheit von Konzentration und Entspannung zu tun. Die Basis der Hypnose bildet die Entspannung. Nur wenn Körper und Geist entspannt sind, können Suggestionen eingebracht werden. Konzentration ist ebenfalls wichtig, denn der Geist bleibt während der Hypnose die ganze Zeit konzentriert. Der Klient schläft nicht wirklich, sondern folgt mit den Gedanken den Worten des Hypnotiseurs. Auch wenn viele Menschen der Hypnose noch nicht so recht trauen, gibt es bereits heute Bereiche, in denen sie ihren festen Platz hat.

In Lüttich beispielsweise wurden schon über 8000 Operationen erfolgreich unter Hypnose statt herkömmlicher Narkose durchgeführt – die belgische Königin ist die bisher prominenteste Patientin.

Werkzeug Suggestion

Den Zustand der Hypnose kann man sich als eine Art Trance vorstellen. Jeder Mensch war schon einmal, mehr oder weniger bewusst, in einer Trance: bei langen Autobahn-Fahrten, vor, während oder nach dem sexuellen Höhepunkt. Auch bei Rock- und anderen Konzerten oder beim Marathon tritt dieser scheinbar weit entrückte Zustand häufig auf. Wir alle kennen auch Tagträumereien sehr gut oder versinken gerne in einem spannenden Roman. Um dorthin zu gelangen, ist im Fall der Hypnose das wichtigste Werkzeug die Suggestion. Das ist nichts grundsätzlich Beunruhigendes oder Gefährliches, denn auch im Alltag begegnen uns Suggestionen häufig. Nachrichten im Fernsehen oder Internet beispielsweise sind suggestiv und haben mentale Auswirkungen.

Sie führen allerdings, wenn sie negativ sind, unter Umständen zu Angst, Aufregung, Sorgen und Ärger. Auch was Führungspersonen in wichtigen Situationen sagen, kann wie eine Suggestion wirken. Wenn der Arzt nach einer Geburt sagt: „Das ist ein Prachtkerl, der bringt es mal zu etwas im Leben“, kann dieser Satz eine prägende Wirkung im Unterbewusstsein der Mutter entfalten und dafür sorgen, dass sie in ihrem Sohn tatsächlich einen Menschen sieht, der es zu etwas Besonderem bringt. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung entfaltet sich nun gegebenenfalls in einer positiven Weise. Es kommt eben einfach auf den Inhalt einer Suggestion an. Das, was Eltern ihren Kindern vorleben, ist ebenfalls ein Beispiel für eine Suggestionswirkung. Auch in der Werbung ist die Suggestion ein wichtiges Mittel, um bestimmte Kunden-Zielgruppen zu erreichen. Und natürlich können charismatische Redner ihre Zuhörer in ihren Bann ziehen und bestimmte Wirkungen auslösen.

Eine Suggestion ist letztlich das Einschleusen einer Idee von einer Person in eine andere – und zwar mit bestimmten Tricks, so dass sie leicht und kritiklos ihr Ziel erreicht.

Über Einengungen hinauswachsen

Der Schriftsteller Antoine de St. Exupéry formulierte es so: „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um ihnen Werkzeuge und Holz zu geben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Sprichworte sowie oft gehörte und verinnerlichte Mustersätze können als Suggestion wirken und eine tiefe Programmierung im Unterbewusstsein bewirken. Was wir als Kind häufig gehört haben, beeinflusst unser weiteres Leben maßgeblich. Oft sorgen diese Sprichwörter dafür, dass wir dort, wo wir hineingeboren wurden, auch haften bleiben. Akademikerkinder studieren darum häufiger als Arbeiterkinder. Mustersätze wie: „Schuster, bleib bei deinem Leisten“ und „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ sind anschauliche Beispiele für derartige Programmierungen.

Wenn wir diese Sprichwörter wieder hören, prägen sie sich stark ein, arbeiten im Unterbewusstsein weiter, blockieren oder forcieren bestimmte Verhaltensweisen und formen die Charakterzüge mit. Oftmals entfalten diese häufig gehörten Glaubenssätze eine suggestive Kraft und entwickeln weit bis ins spätere Leben hinein ungewollte Eigenschaften und Programmierungen, die schwierig wieder zu löschen sind. In jedem Menschen liegt jedoch die geistige Kraft, über diese Einengungen und Begrenzungen hinauszuwachsen, was ich persönlich aus eigener Erfahrung gut bestätigen kann. Erfolgreiche Hypnose öffnet unser Potenzial, die angenommenen ungeliebten Züge und Muster wieder rückgängig zu machen.

Wie das geht? Alte Glaubenssätze ersetzt man durch neue, indem man sie einfach überschreibt. Wenn wir beispielsweise schlecht über uns denken, sorgt unser Unterbewusstsein dafür, dass wir wirklich so sind. Positive Gedanken führen dagegen zu positiven Ergebnissen. Wenn man sich zum Beispiel sagt: „Ich bin einfach schüchtern“, bleibt man es. Wenn man sich aber mithilfe der Hypnose sagt: „Ich schaffe das, ich kann stolz auf mich sein, ich bin ein wundervoller Mensch, andere Menschen sind gern in meiner Nähe, mir geht es von Tag zu Tag immer besser und besser…“, dann kann das helfen, sich neu zu erfinden. Denn aus Gedanken werden Taten und Taten werden zu Gewohnheiten. So wie immer wieder gehörte Elternsätze und Sprichwörter durch ihre Wiederholung wirken, ist es ebenfalls mit Suggestionen, die in einer Hypnosesitzung als Leitmotive verwendet werden. Der Lerneffekt ist umso nachhaltiger, je häufiger Spezifisches wiederholt wird.

Die Sitzung

Wie läuft eine Hypnosesitzung ab, und wie landen die positiven Gedanken in unserem Unterbewusstsein? Eine Hypnose- Sitzung besteht aus mehreren Bausteinen. Im Vorfeld sollten möglichst bestimmte Fragen geklärt werden, zum Beispiel, ob der Klient eine Allergie gegen Pollen hat – dann wäre die Suggestion einer Frühlingswiese eher nicht angebracht. Die Hypnosesitzung an sich ist eigentlich keine, sondern der Klient liegt meistens – je nachdem, was ihm angenehm ist. Der Hypnotiseur liest zuerst eine Entspannungs-Suggestion vor, bei der alle Körperteile durchgangen werden und der Klient mit geschlossenen Augen nach und nach entspannt. Baustein zwei ist eine Fantasiereise – zum Beispiel zu einer Frühlingswiese oder an den Strand. Je nachdem, welche Vorlieben der Klient hat.

Dann folgt als Drittes die spezifische Suggestion, um den unbefriedigenden Zustand des Klienten zu verbessern. Zum Beispiel: Ab jetzt ernähre ich mich möglichst gesund. Wasser ist mein Lieblingsgetränk. Oder Ähnliches. Zum Schluss erfolgt eine Rückführung aus der Hypnose. Rund 15 Minuten nach der Hypnose kann dem Hypnotisierten noch etwas schwindlig sein. Deshalb empfehle ich, nicht gleich ins Auto zu steigen, sondern noch einen kleinen Spaziergang um den Block zu machen. Wann man mit einer fühlbaren Veränderung rechnen kann, ist ganz unterschiedlich. Bei einigen wenigen Menschen funktioniert Hypnose gar nicht. Aber gewöhnlich tritt bei manchen sofort eine Wirkung ein, bei anderen zeigen sich erst nach Wochen Ergebnisse.

Allerdings kann man nach zwei Monaten Rauchabstinenz nicht einfach sagen, dass der Klient jetzt erfolgreich zum Nichtraucher geworden ist – das wäre unseriös. Wer nach einem Jahr allerdings immer noch Nichtraucher ist, kann seinen Erfolg mit dem gesparten Zigaretten- Geld wirklich feiern.

Möglichkeiten und Grenzen

Oft reicht tatsächlich eine einzige Sitzung aus. Trotzdem empfehle ich wenigstens drei Sitzungen und spreche dann auch Suggestionen auf das Mobiltelefon des Klienten, so dass er sich die positiven Affirmationen immer wieder anhören kann, wenn er merkt, dass er doch wieder schwach wird. Es gibt Bereiche, die sich besonders für eine Hypnose eignen, allerdings auch andere, wo sie kontraindiziert sein kann. Sehr gut beispielsweise wirkt Hypnose bei der Motivation zu mehr Bewegung und der Suggestion für eine gesunde Ernährung. Hat man allerdings beispielsweise Kopfschmerzen und therapiert diese durch Hypnose einfach weg, kann dies schlimme Folgen haben, denn Schmerzen sind immer auch ein Warnsignal des Körpers – im Falle von Kopfschmerzen könnte auch ein Tumor auf sich aufmerksam machen, der nach einer Behandlung ruft.

Aber grundsätzlich gibt es kaum Grenzen. Das skurrilste Beispiel aus meiner Praxis war ein Arzt, der seinen Golf- Abschlag mittels Hypnose verbessern wollte. Ich hatte bis dato keine Ahnung von Golf und musste mich erstmal in die Materie einlesen, um die richtigen Fachbegriffe während der Hypnose zu verwenden …

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