Gemeinsam können wir alles schaffen!

Der Wampanoag-Indianer Manitonquat blickt auf eine bewegte Lebensgeschichte zurück. Er vermittelt den traditionellen Weg des Heiligen Kreises, dessen Essenz der gegenseitige Respekt ist und der mit dem Dank an Mutter Erde und all ihre Geschöpfe beginnt. Ende Juli bringen ihn seine Arbeit und die Magie des Kreises in die Nähe von Berlin.

 

Der, der Geschichten erzählt“ – so die Bedeutung des Namens „Manitonquat“ – entdeckte in den sechziger Jahren seine traditionellen Wurzeln. Wie viele Amerikaner protestierte er gegen den Krieg in Vietnam und setzte sich für die Bürgerrechte der „Native People“, der Afro-Amerikaner und der Frauen ein. Er studierte Geschichte, Psychologie und Philosophie, beschäftigte sich mit den Weltreligionen und verschiedenen mystischen Traditionen, um die Ursachen für Unterdrückung und Gewalt zu verstehen. Eine befriedigende Antwort fand er dort nicht. Da erinnerte er sich der alten Geschichten seines Großvaters, denn dieser entstammte der Wampanoag-Nation, die 1870 mit der Auflösung ihrer Reservate ihr letztes Land und damit auch ihren Zusammenhalt und ihre Unabhängigkeit verloren hatte.

„Wir hatten Glück“, erzählt mir Manitonquat, „dass einige der Ältesten ihre Traditionen bewahrt hatten, so dass viele junge Menschen, die sich Ende der sechziger Jahre ihrer indianischen Wurzeln und der Kraft, die in ihnen liegt, bewusst wurden, von ihnen lernen konnten. Unser Volk, unsere jungen Leute, suchten nach ihrer Identität – ich selbst natürlich auch. Und so lernte ich vieles über die ursprünglichen Gebote, über verschiedene Rituale wie Schwitzhütte, Visionssuche und die alten Prophezeiungen.“

 

Nähe zur Natur und die Magie des Kreises

Manitonquat beginnt für die indianische Zeitung „Akwesasne Notes“ zu arbeiten, organisiert Konferenzen, zu denen Vertreter der verschiedenen indigenen Kulturen eingeladen werden – nicht nur die der alten Völker Nord- und Südamerikas, sondern auch die aus Australien und Neuseeland; es kommen auch Samis aus dem hohen Norden und Älteste der Kulturen Afrikas. „Wir stellten fest, dass alle indigenen Kulturen eine große Nähe zur Mutter Erde haben, dass für sie die Natur lebt und von ‘Spirits‘ bevölkert wird, mit denen sie kommunizieren.“

Manitonquat selbst folgt dem traditionellen Weg des Heiligen Kreises, dessen Essenz der gegenseitige Respekt ist und der mit dem Dank an Mutter Erde und all ihre Geschöpfe beginnt. Nach den Regeln des heiligen Kreises baute er mit Gleichgesinnten die Gemeinschaft „Mettanokit“ auf und gründete eine Naturschule in New Hampshire.
Die Magie des Kreises und die heilende Kraft des aufrichtigen Gesprächs entfaltet sich auch in seinem Engagement mit Gefangenen in sieben Gefängnissen in Neuengland, wo Manitonquat den „Weg des Kreises“ mit Gefangenen praktiziert. Immer wieder betont er, dass die Ursache von Gewalt schon in unseren persönlichen Beziehungen liegt. Als er anlässlich des 50jährigen Jahrestages der Ermordung von Mahatma Gandhi und des 30jährigen Jahrestages der Ermordung von Martin Luther King eingeladen wird, auf einer Versammlung von Delegierten vor der UN zu sprechen, weist er darauf hin, dass das Arrangement dieser Versammlung bereits den Keim der Gewalt in sich trage: „Der Raum hier ist gefüllt mit gutwilligen Menschen, die die besten Absichten haben, aber wir haben hier bereits die Voraussetzungen für einen beginnenden Konflikt geschaffen: Ich sitze hoch über euch, vor mir ein Namensschild, und spreche in ein Mikrofon. Ihr sitzt hier, habt kein Namensschild, ich höre eure Stimmen nicht, ihr habt kein Mikrofon. Das schafft ein Ungleichgewicht, eine subtile Herrschaft.“ Und er lädt dazu ein, sich nach der Versammlung gegenüber in der Kirche in einem Kreis zusammenzusetzen.

 

Veränderung durch die Kraft der Gemeinschaft

Ein Ungleichgewicht sieht er auch in unserer kapitalistischen Gesellschaft, die er für ein Monster hält, denn wenn 300 Menschen so viel besitzen wie die Hälfte der gesamten Menschheit zusammen, hält er das für obszön. Doch er glaubt an die Kraft der Gemeinschaft: „Gemeinsam können wir alles schaffen!“ Das ist seine tiefe Überzeugung. Deshalb entwirft er in seinem neuen Buch „Changing the World“ die Vision eines Dorfes, das nach den Prinzipien des Kreises und mit eigenen ökonomischen Regeln funktionieren soll.

„Don’t feed the monster!“, zitiert er Mahatma Gandhi. „Macht eurer eigenes Ding, erfindet eure eigene Welt. Werdet unabhängig, lebt euer eigenes Leben, schafft eure eigene faire Ökonomie!“

Dieses Jahr feiert Manitonquat seinen achtzigsten Geburtstag! Wie immer ist er zusammen mit seiner Frau Ellika in den Sommermonaten in Europa unterwegs und lebt in verschiedenen Camps für einige Wochen mit Menschen zusammen, um den „Weg des Kreises“ in der Gemeinschaft zu leben. Wer mit dabei sein will: Vom 29. Juli bis zum 11. August findet ein Camp nordwestlich von Berlin, in Rathenow statt.

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