Ein Paar zu werden ist nicht schwer, ein Paar zu bleiben dagegen sehr. Kommunikationregeln helfen dabei, ein Paar zu bleiben…

von David Luczyn

Unsere ersten Vorbilder für das Paarsein sind in der Regel unsere Eltern. Leider sind das nicht immer die besten Vorbilder (gewesen). Und auch im späteren Leben lernen wir die Kunst der Partnerschaft eher durch learning by doing als durch Vermittlung einer Person, die weiß, worauf es ankommt. So machen wir die gleichen Fehler wie unsere Eltern und noch ein paar mehr. Einer der größten Fehler ist sicherlich, dass gar nicht oder zu wenig geredet wird (Spezialität der Männer), dicht gefolgt von falscher Kommunikation (Spezialität der Frauen, zum Beispiel Vorwürfe). Natürlich geht’s auch anders herum.

Auch Männer können bestens nörgeln und Frauen dicht machen. Hinter all diesen uneffektiven Kommunikationsstilen steckt die nicht eingeübte Fähigkeit, authentisch die eigenen Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken. Und dahinter steht die als Kind meist real gemachte Erfahrung der Ablehnung und Verletzung. Auf Grund dieser Erlebnisse (Traumata) haben wir alle schmerzhaft lernen müssen, dass unser Gefühlsausdruck als Schwäche missverstanden und dementsprechend abgewehrt wird, zum Beispiel durch „lächerlich machen“. Wenn ich sage und zeige, dass mich etwas traurig, hilflos oder betroffen macht, kann es bei Menschen, die mit Gefühlen (selbst) Schwierigkeiten haben, Abwehrreaktionen wie „stell dich nicht so an“ auslösen, was bei abhängigen Kommunikationspartnern – wie Kindern – weitere Abwehrreaktionen (beispielsweise Verdrängung) nach sich zieht.

Aufgestaute Gefühlsblasen

Das Drama hinter all unseren Konflikten auf der Kommunikationsebene ist, dass sehr leicht aufgestaute Gefühlsblasen aus der Kindheit aktiviert werden, wenn zum Beispiel in einer Aussage Ablehnung oder „nicht ernst nehmen“ mitschwingt. Von diesen alten Gefühlsblasen haben wir alle einen riesigen Rucksack voll aus unserer Kindheit an Bord, als wir auf Grund unserer existenziellen Abhängigkeit oft keine andere Wahl hatten, als die Gefühle von Ohnmacht, Wut und Trauer zu schlucken und damit in unseren seelischen Rucksack zu stecken. Hier harren sie nun auf Befreiung und Entladung. Macht oder sagt der Partner also etwas, das mit diesen alten Gefühlen in Resonanz geht, ploppt es selbst bei den kleinsten Auslösern unverhältnismäßig heftig hervor.

Ein einfaches „Zuspätkommen“ oder ein falsches Wort kann so ein mittelschweres Gefühlsbeben auslösen, bei dem der Partner nur baff erstaunt ist, was ihm da alles um die Ohren gehauen wird. Das sind die emotionalen Tretminen, die eine Beziehung zur Hölle machen können und früher oder später zur Trennung führen, wenn sie nicht entschärft werden. Bei diesem Entschärfen will dieser Artikel unter anderem behilflich sein.

Das Mücke-Elefanten-Syndrom

„Musst du aus einer Mücke gleich einen Elefanten machen?!“ Da hat man mal vergessen, den Müll runterzutragen, oder nicht angerufen, weil man zu spät zum Essen kommt, und schon ist die Hölle los und der Hausfrieden hängt so schief, wie der Turm von Pisa steht. Kennen Sie das auch? Aus der Sicht des einen steht der Auslöser in keinem Verhältnis zur Heftigkeit und Dauer der Reaktion, und aus der Sicht des anderen ist das Maß übergelaufen und er/sie kann nicht mehr an sich halten und platzt – das „Tretminensyndrom“. Was passiert da? Wie kann man es vermeiden bzw. wie kann man das Kind wieder aus dem Brunnen herausholen, wenn es erst mal reingeplumpst ist? Wie immer gilt es zwei Seiten zu betrachten. Als Opfer oder unschuldig sehen sich selbstverständlich beide.

Es geht hier aber nicht um Schuld oder Unschuld oder den Inhalt des Streits, sondern um die Intensität und Heftigkeit der Reaktion und die dahinter liegende Dynamik. Fast immer, wenn ich so etwas in der Paarberatung erlebe, kann ich davon ausgehen, dass ein Metathema „angestochen“ ist, und das kann in diesem Beispiel lauten „Du nimmst mich nicht ernst!“ oder „Ich kann mich nicht auf dich verlassen!“ Nun haben wir in unserem Leben sicher alle Dutzende von Situationen erlebt, in denen wir zum Beispiel nicht ernst oder wahrgenommen wurden, als Kind sogar tausendfach. Da wir dabei häufig unseren Frust oder unsere Ohnmacht schlucken mussten, hat jeder ein hochexplosives Reservoir an alten Verletzungen in seinem Unterbewussten abgespeichert.

Da reicht dann ein kleiner Funke – etwa eine ganz harmlose Bemerkung – und der unerlöste, gestaute Frust macht sich nun Luft, da ein eindeutig schuldiges Opfer vorhanden ist. Endlich ist man im Recht und kann sich (als Erwachsener) wehren und die gestaute Wut rauslassen. Dass dabei die Ladung von Dutzenden ähnlichen Situationen mit hochgeht, ist demjenigen selten bewusst – vor allem, wenn die Energie noch aus der Kindheit stammt. Derjenige, über den sich der heilige Zorn dann entlädt, versteht jedoch die Welt nicht mehr und klagt aus seiner Sicht zu Recht über die Unverhältnismäßigkeit der Reaktion.

Die Lösung

In vielen Fällen reicht hier in der Beratung die einfache Frage: „Woher kennen Sie das?“ Nach kurzem Stutzen und Nachdenken höre ich dann zumeist: „Meine Mutter (oder: Mein Vater) war genauso!“ und es folgt ein tiefer Seufzer oder ein „Ahhh ja!“ Das ist ein erster Schritt zur Auflösung. Derjenige, der das Drama ausgelöst hat, weiß nun, dass er in ein unerlöstes aufgestautes Metathema gestochen hat, das energetisch zum größten Teil nicht ihn betrifft, und kann dementsprechend entspannter damit umgehen. Und der ausgeflippte Partner lernt, Verantwortung für sein (Altlasten-)Thema zu übernehmen und zum Beispiel in einer Einzelsitzung seine ohnmächtige Wut oder den alten Ärger an das ursprünglich auslösende Elternteil zu adressieren.

Das heißt nicht, dass der Auslöser des Konfliktes unschuldig ist, es ist nur die unverhältnismäßige emotionale Ladung, die sich über ihn entlädt, die eine Klärung behindert. Nichtsdestoweniger gibt es auch hier ein paar „einfache“ Deeskalationsmethoden, um den Konflikt zu entschärfen:

1. Das, was an dem Vorwurf stimmt, bestätigen und zugeben, zum Beispiel: „Es stimmt, dass ich vergessen habe, dich anzurufen (oder: die Hemden abzuholen)!“ Punkt …. Pause! Kein Aber und keine Rechtfertigung an dieser Stelle!!
2. Weiter: „Und ich kann sehen und verstehen, dass du jetzt frustriert (oder: ärgerlich) bist.“ An dieser Stelle sollte der Partner schon sichtbar entspannter und offener sein und dies im Idealfall mit einem „Danke“ quittieren.
3. Jetzt sind Herz und Ohr offen(er) für eine Erklärung und Rechtfertigung und als i-Tüpfelchen kann noch eine Entschuldigung oder Bedauern ausgedrückt werden wie „Es tut mir leid, dass ich durch meine Vergesslichkeit oder Unachtsamkeit zu deinem Frust beigetragen habe.“ Ebenfalls sehr hilfreich ist der sogenannte

Aha-Modus

Oder: Wie nutze ich Kritik und Vorwürfe konstruktiv? Keiner mag Kritik, Vorwürfe, Unterstellungen und andere Du-Botschaften (aber jeder verwendet sie selbst). In der Regel nehmen wir solche Aussagen persönlich und reagieren darauf mit Rechtfertigung, Abwehr, Gegenangriff, Rückzug oder Zumachen. Hier möchte ich eine andere, konstruktive Umgangsweise mit Kritik und Vorwürfen vorstellen: den so genannten „Aha-Modus“. Dies ist eine innere Haltung, die auf Empfang und Neugier schaltet und sagt: „Aha, so sieht sie/er das! Interessant! Ich möchte gern wissen, wie sie/er darauf kommt! Vielleicht liegt ein Missverständnis vor oder eine Projektion, oder es handelt sich um ein unglücklich ausgedrücktes, aber vielleicht wichtiges Feedback, aus dem ich etwas lernen kann – über mich und/oder mein Gegenüber.“

Wenn also jemand zu mir sagt: „Wie kannst du nur so einen Blödsinn reden/machen?“, schalte ich in den Aha-Modus und sage mir: Aha, so sieht sie/er das! Interessant! Wie kommt sie/er darauf? Und frage: „Wie genau meinst du das? Erkläre es mir bitte ruhig und sachlich, damit ich es besser verstehen kann.“ Mein Gegenüber wird damit dazu eingeladen, es noch einmal anders, nämlich idealerweise sachlich und konstruktiv auszudrücken. Und sie/er fühlt sich gehört und ernst genommen. Erfahrungsgemäß lösen sich mindestens fünfzig Prozent der Streitigkeiten so auf, weil ein Missverständnis oder eine Unbewusstheit dahinterstand. Sollte das nicht der Fall sein, geht es in die nächste Runde und in der Form weiter, dass ich sage: „Okay, ich habe dich gehört und (vielleicht) auch verstanden, darf ich dir meine Sicht darstellen?“

Merke: Jemanden verstehen (aus seiner Sicht), heißt nicht, ihm recht geben! Ein weiteres probates Mittel zur Konfliktvermeidung oder Entspannung sind die

Drei Fragen bei Wut und Ärger

Denn: Wer vor Wut außer sich ist, sollte besser erst mal in sich gehen Wenn etwas, was jemand sagt oder tut, bei Ihnen Wut oder Ärger auslöst, können Sie entweder wie gewohnt reagieren – mit dem Risiko, den anderen zu verletzen und die Stimmung zu zerstören –, oder Sie halten kurz inne und stellen sich die drei folgenden Fragen:
1. Ist das, was ich denke, vermute oder unterstelle, wirklich wahr? Kann ich mir sicher sein? Besser nachfragen!
2. Welchen (guten) Grund) könnte der andere haben für das, was er getan oder gesagt hat? Könnte ein Missverständnis vorliegen? Nachfragen!
3. Lohnt es sich wirklich, sich so darüber aufzuregen und deswegen einen Streit und Stimmungseinbruch zu riskieren?

Besser abwarten und abkühlen und dann das Thema sachlich und ruhig ansprechen. Was oft fehlt in langjährigen Beziehungen, ist Wertschätzung. Dabei hilft die Dankesschaukel Wertschätzung, Anerkennung und Dankbarkeit sind Dünger für jede Beziehung.

Dafür ist diese kleine Übung, die man einmal pro Woche machen sollte, sinnvoll und hilfreich.
Teil 1: Ich teile meinem Partner mit, was mir in der letzten Woche an ihm positiv aufgefallen ist, wofür ich dankbar in unserem Zusammensein bin, was mich gefreut hat.
Teil 2: Ich teile meinem Partner mit, was mir leid tut, was ich bedaure, was ein Fehler war.
Teil 3: Ich teile meinem Partner mit, was mein Leben bereichern und noch schöner machen würde.

Die „Schaukel“ geht hin und her beim jeweiligen Abschnitt und der Partner sollte nur kurz „Danke“ sagen nach jedem Feedback.

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