Homöopathische Antworten am Puls der Zeit

von Werner Baumeister

 

Konzentrische Kreise

Es gibt eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen der perfekten Jagdtechnik des Tigerhais und der Art, wie sich die Wirkung der aus der Leber dieses Hais gewonnenen homöopathischen Arznei entwickelt. Kurz nach der Arzneieinnahme fühle ich mich ganz entspannt, so, als schwämme ich im Meer bei schönem Wetter. Alles ist okay. Nach einiger Zeit stellt sich allerdings ein komisches Gefühl ein. Irgendetwas stimmt nicht, aber es ist nichts Beunruhigendes in Sicht, nichts Greifbares. Dann entsteht zunehmendes Unwohlsein. Es ist, als ob mich etwas umkreisen würde (Haie umkreisen ihre Beute, bevor sie zum Angriff übergehen). Ich weiß, irgendetwas wird kommen. Aber wann? Und woher?

„Es gibt keine Sicherheit!“, das wird mir plötzlich endgültig bewusst. So fängt meine homöopathische Begegnung mit dem Tigerhai an. Zunehmend baut sich Angst auf, die sich zum Teil an Banalitäten festmacht, und dann, plötzlich, wie aus dem Nichts, steht ein fettes Thema vor mir (siehe nächster Absatz). Nacktes Entsetzen!

Homöopathisch zieht uns der Hai in die Tiefe unserer Seele, da, wo wir freiwillig nie hingehen würden, aber wo wir hin müssen, um klar zu sehen, zu uns selbst zu kommen und letztendlich tiefe Entspannung zu finden. Dies sind individuelle oder kollektive Themen, gesichert wie ein Hochsicherheitstrakt und umgeben von konzentrischen Schutzkreisen. Insofern eignet sich dieses homöopathische Mittel, um existentiell bedrohliche Muster an die Oberfläche zu befördern, die bisher völlig unerkannt gleich einer Zeitbombe in uns ticken.
Der Tigerhai ähnelt in seiner homöopathischen Wirkung der Arznei Merkurius, Quecksilber, dem homöopathischen Zielfernrohr. Beide heilen nicht unmittelbar selbst, sondern zeigen auf das erforderliche Heilmittel.

Mein fettes Thema

Im Arzneifeld des Tigerhais erlebe ich eine für mich extrem belastende Telefonbehandlung.
Eine Klientin beklagt unerträgliche Rückenschmerzen, nachdem sie wiederum ihre von Rückenschmerzen geplagte Mutter heben musste. Im Laufe des Gesprächs fühlt es sich für mich so an, als lade die Klientin die ganze Schwere ihrer Situation bei mir ab, begleitet von dem unterschwelligen subtilen Vorwurf, dass ich nicht genug für sie getan habe. Am nächsten Tag auf dieses Thema von mir angesprochen, verneint sie jegliche Schuldzuweisung, berichtet aber von einer verblüffenden Heilung. Ihre Rückenschmerzen seien ohne die Einnahme der von mir empfohlenen Arznei sofort und dauerhaft direkt nach unserem Gespräch wie weggezaubert gewesen. Sie könne sich das nur so erklären, dass ich meine heilerischen Kräfte derart verfeinert habe, dass ich Arzneien für den Heilungsprozess gar nicht mehr benötige.

Nach Befragen meiner inneren Instanzen stellt sich aber heraus, dass das beileibe nicht der Fall ist, sondern eine simple negative Übertragung stattgefunden hatte, zumal es mir selbst nach der Telefonbehandlung beschissen ging. Weitere Recherche mithilfe des Tigerhais lässt mich auf einen noch aktiven Glaubenssatz stoßen, den ich mit meiner Mutter zu Lebzeiten anscheinend nicht auflösen konnte. Er heißt: „Ich nehme dieser Klientin (als der aktuellen Stellvertreterin meiner Mutter) Leid ab. Der Grund dafür: Mir darf es nicht besser gehen als ihr bzw. mir darf es nicht gut gehen, solange es ihr schlecht geht!

Das passende vom Tigerhai geortete homöopathische Mittel, das diesen Glaubenssatz auflösen kann, heißt Causticum, das ich auch sofort nehme. Zusätzlich entschließe ich mich dazu, dieses Thema in einer (Familien-) Aufstellung noch anschaulicher zu machen.

Lohn der Angst: Furchtlose Präsenz

Mit dem Tigerhai dringen wir vor zu unserem Kern.
Konfrontiert mit dem Schrei aus der Tiefe unserer Seele sind wir aber weder verzweifelt noch traurig, sondern eher beobachtend, unglaublich ruhig und nüchtern. Eine Nüchternheit, die mir gut gefällt und vorübergehend die starken Ausschläge nimmt, die mich immer wieder mal aus einer Lebenskurve herauszutragen drohen. Das, was man vorschnell als freudlos interpretieren könnte, ermöglicht es mir gerade, gewisse mitmenschliche Dynamiken besser oder sogar überhaupt erstmal zu durchschauen und mich so nicht in die Dramen anderer verwickeln zu lassen. Aus der Perspektive des Tigerhais, aus dieser heilsamen Distanz, erkenne ich Wahrheit und spreche sie auch aus – schnörkellos und unverpackt. Dies entspricht einem klaren Energiefeld ohne diese Aggression, die irgendetwas unterstreichen muss. An dieser Klarheit kann sich jeder orientieren, denn sie erfüllt die Sehnsucht in jedem von uns nach direkter, echter und ehrlicher Begegnung. Eine furchtlose Präsenz, mit der plötzlich eine unglaubliche Kraft spürbar ist, eine Authentizität, die ansteckend wirkt und jeden in unserem Umfeld veranlasst, das zu sein, was er wirklich ist. Die vermeintliche Gnadenlosigkeit, mit der uns der Tigerhai da, wo wir unecht sind, auf den Punkt bringt, hat etwas unglaublich Erleichterndes und Entlastendes. Für mich ist der Tigerhai ein homöopathischer Überlebenstrainer und Angstlöser vom Feinsten!

 

Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister):
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Werner Baumeister

ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin.

Einzeltermine nach Vereinbarung, Behandlungstermine zum Thema des Artikels jederzeit möglich.

Information zu aktuellen Workshops immer auf der Seite „Homöopathie am Puls der Zeit

(mit Themenregister aller Artikel) sowie unter Tel.: 0172 – 391 25 85 .

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Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich auch

als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

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