Ich habe schon in recht vielen WGs gewohnt. Ich mag das. Wenn „die Chemie“ stimmt und man sich gegenseitig unterstützt, bekommt man viel Energie und hat Vorteile im Alltag. Mit dem richtigen Untermieter zusammen – zuwohnen, kann echt viel Spaß machen! Schauen wir uns unsere Körperzellen genauer an, finden wir auch hier ein beeindruckendes „Untermietverhältnis“: In jeder unserer Zellen haben wir gleich mehrere tolle Mitbewohner, die uns Tag für Tag begleiten, uns Gesellschaft leisten und uns immer pünktlich Miete in Form von Energie zahlen. Den Namen dieser kleinen, runden Untermieter haben Sie vielleicht schon mal gehört – man nennt sie Mitochondrien …

von Illian Sagenschneider

Ein Untermieter namens Mitochondrium

Mitochondrien leben schon sehr sehr lange in unseren Körperzellen. Viele Forscher gehen davon aus, dass sie früher einmal eigenständige Lebewesen waren und im Laufe der Evolution durch „Zufall“ ins Innere unserer Zelle gelangt sind. Der „Untermietvertrag“ mit den Mitochondrien wurde quasi vor mehr als 1,5 Milliarden Jahren zu beidseitigem Nutzen abgeschlossen. In der Wissenschaft wird das Zustandekommen dieser WG als „Endosymbiontentheorie“ bezeichnet.

Doch der Reihe nach: Die heutigen Mitochondrien in unseren modernen Zellen sind unsere Kraftwerke, die die für uns nötige Energie produzieren. Sie sind ein elementarer Bestandteil unseres Zellinneren – man bezeichnet sie als „Zellorganelle“ – in Analogie zu den Organen unseres Körpers. Doch das war nicht immer so. Forscher gehen davon aus, dass die Mitochondrien früher einmal ganz eigenständige Lebewesen waren, die auch ganz gut ohne unsere Zelle leben konnten. Wahrscheinlich hat es sich hierbei um eine alte Bakterienart gehandelt, die in Urzeiten einfach gern organisches Material gefuttert und Wasserstoff als Abfallprodukt ausgeschieden hat. „Unsere Zelle“ war zu dieser Zeit noch längst nicht so modern wie heute – sie war ziemlich einfach strukturiert und lebte auch noch nicht im Verbund mit mehreren Zellen. Es war also die Zeit, wo „wir“ quasi noch Einzeller waren. Diese Einzeller haben normalerweise andere, kleinere Einzeller – wie zum Beispiel Bakterien – gefressen und verdaut. Das passierte dadurch, dass die kleinere Zelle umschlungen und dabei mit einer Membranhülle von uns „verpackt“ und darin verdaut wurde. So sah quasi ein urzeitliches Mittagessen für uns aus.

Aufnahme in die WG

Aber irgendwas ist an diesem einen Tag in grauer Vorzeit komplett anders gelaufen als üblich: Unsere Zelle hat sich ein „Mitochondrium-Bakterium“ ausgesucht und wollte es ursprünglich wohl auch fressen. Das Mitochondrium wurde in die Zelle aufgenommen – aber dann eben nicht verdaut – sondern am Leben gelassen!

Man könnte sich das ungefähr so vorstellen: „Unsere Zelle“ ernährt sich von Wasserstoff aus der Umgebung. Die andere kleinere Zelle – das spätere Mitochondrium – frisst organische Teilchen, die vorbeiströmen. Und scheidet als Abfallprodukt Wasserstoff aus. Nun frisst „unsere Zelle“ zufällig das kleinere Mitochondrium-Bakterium, verdaut es aber nicht, weil es nämlich zufällig den Abfall-Wasserstoff der kleineren Zelle ganz gut gebrauchen kann. Zusätzlich kommt es noch zu einem Austausch von Gen-Material der beiden Zellen – und schon ist das Zusammenleben besiegelt. Ein perfekter evolutionärer Mietvertrag! Die große Zelle versorgt ihren Untermieter mit organischem Material und bekommt dafür im Gegenzug Wasserstoff als Energiequelle geliefert. Dieser magische Moment war der Startpunkt für das moderne Leben auf diesem Planeten. Alle höheren Lebewesen haben sich später aus dieser Zelle entwickelt! Eine perfekte Symbiose.

Energielieferanten für die WG

Es gibt heute tatsächlich viele Anhaltspunkte in der Wissenschaft, dass es so oder so ähnlich passiert sein könnte: Die Mitochondrien haben zwei Membranen – die äußere ähnelt der von unser Zelle, die innere zeigt die typischen Merkmale einer Bakterienmembran. Und – ganz wichtig – Mitochondrien vermehren sich nur aus sich selbst heraus. Das heißt: Nur aus einem Mitochondrium entsteht ein neues Mitochondrium. Zellteilung wie bei einem Bakterium. Unsere Zelle ist nicht in der Lage, auch nur ein einziges Mitochondrium neu herzustellen. Im Laufe von Millionen von Jahren haben sich die beiden Zellen natürlich immer besser und effizienter aneinander angepasst: Das Mitochondrium wird mittlerweile mit guten Zuckerabbauprodukten versorgt, die es dann hochgradig effizient zu Ende zerlegt, wobei es viel Energie in Form von ATP (das energiereiche Adenosin-Tri- Phosphat) freisetzt.

Für diesen Vorgang brauchen die Mitochondrien allerdings auch Sauerstoff. Und genau deshalb muss die von uns eingeatmete Luft über das Blutgefäßsystem bis zu jeder Zelle, bis zu jedem Mitochondrium hintransportiert werden. Das ist die sogenannte Zellatmung. Läuft das alles gut, dann bekommen wir im Gegenzug von unseren Mitos richtig viel Energie! Es gibt Zellen, in denen leben bis zu 5000 von diesen kleinen Untermietern (Nervenund Leberzellen). Diese Energie nutzen wir dann wiederum, um Eiweiße herzustellen, das heißt, Baumaterial und Enzyme aufzubauen, Stoffe zu transportieren oder auch Wärme für unseren Organismus zu erzeugen. Ohne diese Mitbewohner innerhalb unserer Zellen wäre das Leben, so wie wir es heute auf unserem Planeten antreffen, nicht denkbar.

Die WG funktioniert nur, wenn wir uns uns um alle Mitbewohner kümmern

Doch was hat das Ganze nun konkret mit uns, mit unserem Alltag und mit unserem Essen zu tun? Müssen wir es wirklich so genau wissen, was da auf den kleinsten Ebenen abläuft? Nun, es gibt immer mehr Menschen, die unter einem „diffusen Energiemangel“ leiden. Menschen, die zum Arzt gehen, weil sie merken, dass „etwas nicht stimmt“. Die merken, „dass da früher etwas anders war, dass es früher besser war“. Aber der Arzt checkt nur die üblichen Blutwerte und sagt: „Bei Ihnen ist alles in Ordnung. Sie sind kerngesund…“ Aber genau hier setzen moderne Ärzte und Forscher an und zeigen auf, dass dort sehr wohl etwas nicht in Ordnung sein könnte. Die Mitochondrienmedizin zeigt uns mittlerweile ganz klar, dass die Energiegewinnung der Mitochondrien Stück für Stück nachlässt und gestört werden kann, wenn beispielsweise bestimmte Mikronährstoffe fehlen.

Auch Umweltgifte und oxidativer Stress können die Abläufe der Energiegewinnung an der Mitochondrienmembran empfindlich stören. Die essentiellen 47 Mikronährstoffe, über die ich hier letztens schrieb, sind entscheidend für das Funktionieren der Mitochondrien. Beispielsweise werden die Omega3-Fette, die wir so nötig für unseren Körper brauchen, genau dort, in den Membranen der Mitochondrien, gebraucht, damit der Zucker, den wir essen, gut und vollständig verbrannt werden kann. Mitochondrien benötigen unter anderem auch Magnesium, um sich gut zu vermehren. Eine Zelle, die mit Magnesium mangelversorgt ist, kann bis zu 50 Prozent (!) weniger Mitochondrien besitzen. Aber gerade Stress führt in unserer hektischen Welt zu einem erhöhten Magnesiumverbrauch – so dass hier schnell ein Mangel entstehen kann. Dieser wiederum wirkt sich auf die Anzahl der Mitochondrien aus.

Gute WG-Stimmung

Bei vielen Menschen ist zudem das Immunsystem nicht stark genug, sie nehmen nicht ausreichend Antioxidantien mit ihrem täglichen Essen auf – und in der Grippesaison wird dann schnell wieder auf Antibiotika zurückgegriffen. Antibiotika wirken gegen Bakterien. Das muss man sich klarmachen. Und in unseren Zellen haben wir ehemalige Bakterien als Mitbewohner! Heißt: Mit häufigem Antibiotikaeinsatz schwächen wir auch unsere Mitochondrien. Man weiß heute, dass viele Krankheiten erst als kleine Funktionsstörung der Energiegewinnung in den Mitochondrien beginnen – und sich später zu schweren Krankheiten entwickeln können. Einige Mediziner bezeichnen die Mitochondrien sogar als die Dirigenten unseres Zell- und Nervensystems.

Jedenfalls wird es in der aktuellen Forschung immer klarer, dass wir uns gut um unsere Mitochondrien kümmern sollten. Sie müssen optimal mit allen wesentlichen Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und vor toxischen Substanzen beschützt werden – wenn wir wirklich gesund sein wollen. Und irgendwie ist das doch genauso, wie es in einer guten WG laufen sollte: Man macht tolles Essen, zahlt brav die Miete und kümmert sich einfach liebevoll um die Mitbewohner. Nur wenn die Stimmung in der WG gut ist, macht auch das (Zusammen) – Leben richtig Spaß!

Vortrag „Ölwechsel – über die Bedeutung der Omega3-Fette“, Mi, 14. November 2018, 19 Uhr, Eintritt 5 €
Vortrag „Der Granatapfel – ein tatsächliches Superlebensmittel“, Mi, 5. Dezember 2018, 19 Uhr, Eintritt 5 €
Vortrag „Alterungsprozesse – oder: wie man länger jung bleiben kann …“ Mi, 9. Januar 2019, 19 Uhr, Eintritt 5 €
Wochenendseminar Abenteuer Ernährung Sa, So, 26./27. Januar 2019 von 11-17.30 Uhr

Alle Veranstaltungen finden statt in der Zahnarztpraxis Dr. Riedel, Grolmanstraße 44, 10623 Berlin (Nahe S-Bahn Savignyplatz)
Info und Anm. bei Illian Sagenschneider unter Tel. 0176-844 843 33
www.abenteuer-ernährung.com

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