Ein Abschied vom Profitdenken zugunsten echten Zusammenwirken, Eigenständigkeit und seelischer Erfüllung…

von Evelin Rosenfeld

Unser Gesellschaftssystem ist im Wandel – und das zeigt sich auch mehr und mehr in der Art, wie wir wirtschaften, wo und wie wir arbeiten und wie wir unseren Lebensunterhalt verdienen. Aussteiger*innen gab es schon immer – auch Nutznießer*innen, die sich für das Wirtschaften nicht zuständig fühlten. Doch mit der neuen Polarisierung zwischen Staatssystem und zunehmend bewussten Menschen ist ein Kulminationspunkt erreicht, an dem sehr, sehr viele Menschen für sich feststellen, dass sie im bestehenden Wirtschaftssystem nicht bleiben wollen, nicht auf eine gesunde und erfüllende Art einbringen können, was sie der Welt zu geben haben.

Auch die weit verstreuten Einzelkämpfer*innen und Freiberufler*innen bemerken, dass wir an einer kollektiven Schwelle stehen, in der wir neu entdecken können, wie das Zusammenwirken zwischen Menschen anders als bisher sein kann. Entspannter. Verbindlichkeit ohne Zwang. Zuständigkeit ohne Hierarchie. Gerechtigkeit ohne Gleichmacherei. Wie geht das ? Was braucht es dazu ? Auch ich gehörte immer zu denen, die die aufwändige Kommunikation freier Zusammenschlüsse fast genauso scheute wie die Morbidität hierarchischer Arbeitsteilung. Auch in mir klingt der Wunsch, das Zusammenwirken neu zu entdecken.

Zusammenwirken der „neuen Art“

Im Hintergrund meiner kleinen Kräutermanufaktur, die mit ihrem Arbeitsaufwand längst über meine individuellen Kräfte hinausgewachsen ist, hat sich zu diesem Thema manches getan. Und es geht immer weiter … tastend, innehaltend, spürend… voranschreitend. Mit der Veröffentlichung einer „Partner* innen-Seite“ auf meiner Website trete ich einen mutigen Schritt heraus aus meiner Eremitinnen-Situation und zeige, wie ich mir ein Zusammenwirken in der „neuen Art“ wünsche. Denn nicht nur Intention und Herangehensweise unseres Anbaus und unserer Pflanzenprodukte beschreiben eine neue Art des Wirkens. Auch der zwischenmenschliche Umgang und das gemeinsame Wirken setzen Zeichen für eine neue Phase künftiger sozialer Netze.

Ich möchte in diesem Beitrag skizzieren, auf wie vielen Ebenen die Menschen und ihre Arbeitsweise so besonders sind, die mit den Spirits professionell arbeiten. Die „Spirits“ – das sind hochschwingende Kräuteressenzen, die ich für Wild Natural Spirit aus den Heilpflanzen gewinne, die ich auf meinem Land anbaue. Das Besondere an dem Anbau ist, dass er maschinenfrei und in Permakultur erfolgt und wir die Essenzen direkt an den Gärten in großen Kupferdestillen auf offenem Feuer gewinnen.

Unternehmertum versus Partnerschaft freier Menschen

Es begann schon mit meinem langjährigen „Mitarbeiter“ Fabian, der bald aus der Behelfskonstruktion des Minijobs herauswuchs. Sein Beitrag auf Aditi (der Name des Hügels, auf dem wir unsere Kräuter anbauen) ist unendlich kostbar und wichtig – doch wir konnten uns beide keine „abhängige Beschäftigung“ vorstellen. Fabian ist sich seiner vielfältigen Interessen und Potenziale bewusst, will in seinen jungen Jahren ausprobieren, lernen, entdecken auf möglichst vielen Spielfeldern, will frei sein und Raum für „sein eigenes Ding“ haben. Und natürlich muss er trotzdem seine Stromrechnung bezahlen können.

Ich bin mir des Raums bewusst, des Leerraums, den ich brauche, um in meiner Kraft zu bleiben und den ich in Form von Aditi so wunderbar sinnlich erfahre. Ich möchte mich nicht vergewaltigen, einen bestimmten Umsatz machen zu müssen, um Mitarbeiter und Sozialkassen und all das Unternehmergedöns über Jahrzehnte bezahlen zu können. Ich möchte auch nicht der „Vortänzer“ sein, der „Pauschal-Täter“, der ansagt und für alles verantwortlich ist. Viel lieber arbeite ich mit Menschen, die aus ihrer ganz eigenen Faszination für Aditi ihren ganz eigenen Weg mit den Pflanzen gehen wollen. Und natürlich musss ich trotzdem wissen, wer all die Arbeit im Zusammenwirken tut.

Mit einem neuen Gesicht auf Aditi – Katharina – gehen wir mehr und mehr in eine partnerschaftliche und selbstbestimmte Richtung. Im Rahmen des neu geschaffenen „Ackerprojekts“ tasten wir uns in eine gemeinsame Form des Teilens und Freiseins, die uns alle ganz bleiben lässt – an einem gemeinsamen Werk.

Abschied von alten Wegenhin zum Zusammenwirken

Es sind kleine, behutsame Schritte. Wir stehen zwischen dem alten und dem neuen System. Doch mit jedem Handgriff am gemeinsamen Projekt – und mit jedem Abschied in eigene Wege – erschließt sich langsam, wie es gehen könnte. Fabian wusste zum Beispiel nicht, wie das geht – „selbständig“ zu sein. Und er hatte Angst, gleich in das volle Risiko zu springen. So entwickelten wir gemeinsam aus seinen Träumen, Ideen und Wünschen ein „Geschäftsmodell“, das auch wirtschaftlich funktionieren kann und in dem auch seine Arbeit auf Aditi Platz hat. Ich erklärte ihm all die Dinge zu Finanzamt, Krankenversicherung, „Scheinselbständigkeit“ – aber auch dazu, wie er seine eigenen Kurse auf die Beine stellen kann.

Bei Katharina wiederum geht es darum, dass sie aus einem ganz anderen Beruf kommt und sich erst einmal in die Verantwortung für unseren neuen „Market Garden“ einfinden will. Wir haben ihre Alleinverantwortung – auch logistisch und wirtschaftlich – im Blick und bereiten sie vor, doch zugleich haben wir eine Art „Probephase“ für diese erste Saison, in der wir gemeinsam lernen und entwickeln können, wie dieses neue Segment auf Aditi konkret funktioniert. Noch einmal etwas anderes ist es mit Menschen, die längst eigenständig sind und zugleich die Spirits professionell einsetzen.

Interessensverbände versus seelische Verwandtschaft

Üblicherweise kommen Menschen in wirtschaftlichen Zusammenhängen zusammen, weil jeder einzelne einen Vorteil aus dem Bündnis sucht. Das Gemeinsame besteht im „Profit“-Machen – und innerhalb des Bündnisses tun sich bald bestimmte Rollen und ein innerer Wettbewerb um die erwirtschafteten Ressourcen auf. Schneeballsysteme oder klassische Hierarchien bauen – wie unser überwiegendes Umsystem* – auf der individuellen Maxime auf, „das Meiste rauszuholen“. So ist das allgemeine Wirtschaftsverständnis. Bei Wild Natural Spirit ist das anders. Im gängigen Mindset lohnt es sich nicht, Pflanzen von Hand anzubauen. Viel zu viel Arbeitszeit für viel zu wenig Masse, würde ein Ökonom sagen. Und aus dieser Perspektive lohnt es sich auch nicht, professionell mit den Spirits zu arbeiten. Viel zu hohe Gestehungskosten, viel zu geringe Margen, würde ein Ökonom sagen. Keiner der Menschen, die professionell mit den Spirits arbeiten, verdient nennenswert Geld damit, die kostbaren Essenzen weiterzugeben.

Stattdessen geht es diesen Menschen darum, für ihre Arbeit das Beste einzusetzen, was sie finden können. Es geht ihnen darum, wirklich gute Arbeit zu leisten, mit ihrem Dienst wirklich etwas im Sinne des Ganzen, im Sinne der Menschen, die sich ihnen anvertrauen, zu erreichen. Zusammenwirken, weil wir ein gemeinsames Interesse verfolgen, sondern weil wir in der Seele, in unserem Anliegen für das Leben einander verwandt sind. Ein Geheimnis der Fülle ist übrigens (und dieser Satz ist für die Ökonomen), dass sie aus der Hingabe entsteht.

Gesteuerter Erfolg versus selbstbestimmtes Dienen

Diese Art von „Netzwerk“ ist in seiner Qualität ganz anders als die Netzwerke, in denen es ein Innen und ein Außen, eine Marke und eine Kundschaft gibt. Wir wirken – jede/r auf ihre/seine Weise – gemeinsam am Ganzen. Und das macht für unsere gemeinsame Arbeit den entscheidenden Unterschied. Es gibt keine Zielvereinbarungen, keine Pläne, keine Pflichten und Rechte zwischen uns – wir alle leben längst selbstbestimmt. Unser Erwerbsleben findet nicht in einem konfektionierten Korsett mit Arbeitszeiten, Aufgabenbeschreibung und festen Rollengefügen statt, sondern ist das Ergebnis einer tiefen inneren Befragung: Wie setze ich mein Leben, meine Gaben sinnvoll und zum Wohl des Ganzen ein. Wir alle haben einen Lebensabschnitt hinter uns, in dem wir das Hetzen und Feilschen und Müssen hart infrage gestellt haben und zurück in die Eigenverantwortung eines freien Menschen gegangen sind. Diese Qualität ist spürbar – in der Arbeit eines jeden von uns. Denn wir arbeiten mit ganzer Seele.

Wollen versus Lauschen

Und dann ist es ja nicht eben eine Selbstverständlichkeit, mit den Spirits zu arbeiten. Wir hantieren hier ja nicht mit einem Medikament, das eine klare Gebrauchsanleitung mit abgesicherten Anwendungsbereichen hat. Das Besondere an den Spirits und im ganzen Ansatz liegt ja in der Vielschichtigkeit dieser pflanzlichen Essenzen, die erspürt und wahrgenommen sein will – ebenso wie die Menschen, für die ein bestimmtes Destillat dann gewählt und angewendet wird. Es ist viel mehr als spielerische Intention, hier wirklich zu „sehen“ und die Wirkkraft dieser durch und durch reinen und kraftvollen Pflanzenqualitäten gezielt einzusetzen. Jeder der Menschen, die ich hier nach und nach auf der Partner*innen-Seite vorstelle, verfügt über die Fähigkeit der unmittelbaren Wahrnehmung. Diese Art der Wahrnehmung ist anders als die allgemein bekannte Anwendung von gelerntem, katalogisiertem Wissen. Hier bedarf es der vollen Präsenz und Konzentration auf das Gegenwärtige. Keine Vergleiche mit bereits Bekanntem, keine Assoziationen, die dem Gegenüber – sei es Pflanze oder Mensch – übergestülpt werden. Stattdessen haben wir eine ganzheitliche und qualitativ greifbare Wahrnehmung entwickelt, die es uns ermöglicht, die Einzigartigkeit und Besonderheit eines Menschen und einer Heilpflanze zu erfassen.

Und so kommt es zur Wahl des passenden „Mittels“, des adäquaten Destillats – ein Resonanzkörper, der vollständig auf das menschliche System zu antworten vermag, das hier um Rat und Unterstützung bittet. Keine Nebenwirkungen. Keine neuen Baustellen. Harmonisierung im Sinne eines natürlichen Gleichgewichts, einer (natur)reinen Resonanz. Ich möchte meine tiefe Dankbarkeit gegenüber den Menschen ausdrücken, die mit solcher Hingabe und Authentizität mit den Spirits arbeiten. Sie erweisen nicht nur meiner Arbeit großes Vertrauen und Wertschätzung, sondern sie dienen dem Leben in einer Art und Weise, die außergewöhnlich ist.

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