Im Zusammenhang mit Allergien der Atemwege werden häufig folgende Fragen gestellt: Wie entstehen Allergien – und warum? So fragen Forscher wie etwa Molekularbiologen. Welche Medikamente gibt es dagegen? Was kann ich verordnen? So fragen Mediziner. Und: Wie kann ich mich von der Allergie befreien? So fragen Betroffene. Frank Henning hat die Antworten.

Wie kommt es überhaupt zu Allergien der Atemwege? Liegt es am Immunsystem? Das glaubt die Medizin. Das stimmt teilweise, greift aber zu kurz. Aufgabe des Immunsystems ist die Abwehr aller körperfremden Stoffe – das bezieht sich nicht nur auf Bakterien und Viren, sondern auch auf Staub, Proteine, Chemikalien und natürlich Pollen. Allein die Haut lässt viel durch, was eigentlich nicht in den Körper gehört (zum Beispiel Lösungsmittel in Farben, die an die Finger kommen), die Schleimhaut noch viel mehr (beispielsweise Lösungsmittel, die man einatmet). Das ist eine gewaltige Aufgabe für das Immunsystem, die es auch immer wieder überfordert.

Doch wie gesagt: Die Ursache für Allergien der Atemwege liegen primär nicht im Immunsystem. Denn das Immunsystem des Allergikers ist nicht etwa krank oder mangelhaft: Auf 99 Prozent aller Stoffe reagiert es völlig normal und angemessen. Es ist nur übermäßig empfindlich, zum Beispiel gegenüber bestimmten Pollen. Die Frage stellt sich: Warum nur? Wodurch wird diese Hypersensibilität ausgelöst? Die Antwort: Das Immunsystem hat beim Lernen einen „Fehler“ gemacht: Es reagiert auf den Pollen so, als wäre er ein Virus! Was heißt das? Normalerweise bildet das spezifische Immunsystem* aus den Überresten des beseitigten Virus, aus seinen Aminosäuresequenzen, ein sogenanntes Epitop, um sich den „Bauplan des Feindes“ zu merken.

Dieses Epitop wird wie ein Fahndungsfoto im Immunsystem präsentiert. Bei einer erneuten Infektion mit diesem Virus sind dann bereits genug Abwehrkörper vorhanden, so dass es zu keiner weiteren Infektion mehr kommt. Weil nun aber das Immunsystem des Allergikers durch ständigen Kontakt mit beispielsweise chemischen Substanzen überbelastet ist, macht es einen Fehler beim Lernen – es erkennt biologische Moleküle nicht richtig und hält Pollen für einen Virus.

Allergien der Atemwege: Ursache autonomes Nervensystem

Auch neueste Forschungen deuten jetzt darauf hin, dass bei Allergien des Typ 1 – gekennzeichnet durch eine Reaktion des Immunsystems auf das Allergen innerhalb von Sekunden oder Minuten – tatsächlich keine Störung des Immunsystems vorliegt, sondern die Ursache im autonomen Nervensystem (dem Teil des Nervensystems, der weitgehend der willkürlichen Kontrolle entzogen ist, sich also „autonom“ verhält) zu suchen ist. Im autonomen Nervensystem liegt eine wichtige Ursache für Allergien, denn es regelt die Produktion von Histamin und vor allem von Adrenalin – eine erhöhte Konzentration dieser Stoffe kann Allergien sehr fördern. Weil Psychotherapie auf das Zwischenhirn, das heißt auf die Psyche und damit auf das autonome Nervensystem zielt, wirken Psychotherapien – in erster Linie gezielte Entspannungsverfahren – besser als Medikamente.

Zudem bewirken sie eine Veränderung und Entwicklung im Menschen – wenn man dagegen das Medikament absetzt, entsteht der Zustand vor der Einnahme oder wird eher noch schlechter. Nach einer guten Psychotherapie bleibt im Gegensatz dazu der Zustand über Jahre stabil „allergiefrei“, ohne dass man ständig zum Psychologen muss… Die Sichtweise der Mediziner, den Mensch in seinem Erleben und seinen Reaktionen auf seine Biomoleküle und Rezeptoren zu reduzieren, ist dagegen wenig angemessen und hilfreich, weil sie die Seele ausblendet.

Was sind nun die seelischen Gründe für eine Allergie? Wenn ein sensibler Mensch – die meisten Allergiker sind hochsensible Menschen – sich allzu sehr an „die Welt“ anpassen und angestrengt und schnell arbeiten muss, wenn er wenig Freiraum für sich selbst hat, überfordert wird mit Dingen, die er eigentlich nicht mag, dann ist eine Allergie eine – vom Unterbewusstsein gesteuerte – Methode, Grenzen zu setzen gegen eine übergriffige Umgebung. Keine gute Methode, da sie doch den Allergiker selbst deutlich mehr belastet als die Umgebung. Aber sie funktioniert! Der Allergiker wird meist in Ruhe gelassen und darf sich zurückziehen und schonen.

Eine Allergie ist also eine übermäßig heftige Reaktion auf ständige Grenzverletzungen, die auf drei unterschiedlichen Ebenen stattfinden können: auf der biologischen, der seelischen und der mentalen Ebene. Was wird uns alles untergejubelt, auf allen drei Ebenen! Wir müssen darum lernen, Grenzen zu setzen, denn wer sich nicht permanent gesellschaftlichem Anpassungsdruck unterwirft, ist für Allergien schon weniger empfänglich; Individualisten und Eigenbrötler bekommen seltener eine Allergie.

Schwierigkeiten mit Nähe und Distanz

Meine Erfahrung: Wenn wir Allergien der Atemwege behandeln wie eine Phobie – die ausgelöst wird durch eine Fehlregulation im autonomen Nervensystem, zum Beispiel von Adrenalin und Histamin –, dann löst sich eine Allergie auf. Mittlerweile gibt es sehr wirksame Behandlungs- und Interventionsmethoden, die eine Phobie gut kurieren. Lernen und durchführen kann diese Methode jeder NLP-Practitioner und jeder Hypnotherapeut; seit zehn Jahren bilde ich Heilpraktiker in diesem Verfahren aus.

Emotional steckt hinter einer Allergie meist das Problem, Nähe und Distanz zu anderen Menschen nicht gut regulieren zu können. Oft werden Menschen gerade auf die Dinge allergisch, die sie gerne mögen, wie Birken, Katzen oder Pferde. Wenn kein gravierendes Problem im Wege steht, wie zum Beispiel eine Depression, eine Sucht oder starker Stress, lässt sich zum Beispiel eine Birkenpollenallergie in drei bis fünf Sitzungen kurieren, ebenso Katzen- und Pferdehaarallergien. Während dieser Therapie lernt der Klient, sich zu zentrieren, körperlich zu sich zu kommen; und er eignet sich die Fähigkeit an, sich gegen eine übergriffige Umgebung abzugrenzen. Dann ist die Allergie überflüssig, da ihr sekundärer Krankheitsgewinn auf eine andere Art und Weise sichergestellt wird. Und das autonome Nervensystem kommt wieder ins Gleichgewicht, so dass für das Immunsystem Pollen wieder Pollen und Tierhaare wieder Tierhaare sind – harmlose Eindringlinge, die regulär entfernt werden können, das Normalste von der Welt.

Damit dieser Prozess vollständig in der dritten von drei Sitzungen abgeschlossen werden kann, sind bestimmte Bedingungen erforderlich: ein tiefes Vertrauen, sich führen zu lassen, und eine sorgfältige Vorbereitung in den ersten beiden Sitzungen. Sind beide Bedingungen erfüllt, führt dieses Verfahren meiner Erfahrung nach in über 95 Prozent der Fälle zum Erfolg. Seit 1996 habe ich über 120 Klienten in meiner Praxis mit diesem Verfahren behandelt.

Fragen zur Allergie

Zur Vorbereitung kann der Allergiker sich einmal folgende Fragen stellen:

  • Was läuft mir da über die Leber?
  • Was würde ich mir gern vom Hals halten?
  • Ich habe keine Luft zum Atmen. Was rückt mir zu dicht auf die Pelle?
  • Wovon will ich mich befreien?
  • Wo muss ich mich richtig verbiegen, damit alles gut läuft?

Das Schwierige dabei: Allergien der Atemwege brechen oft morgens früh aus, wenn man entspannt im Bett liegt, so dass der Zusammenhang nicht immer gleich sichtbar ist.

Fallbeispiele

1. Eine Chemielehrerin, 70 Jahre alt; sie bezeichnet sich selbst als „sehr kopflastig“. Ihre Birkenpollenallergie trat erstmals mit 30 Jahren auf, als sie ihre mündlichen Prüfungen ablegen sollte. Sie stand sehr unter zeitlichem Druck und musste neben dem Studium auch schon halbtags arbeiten. Als sie pensioniert wurde, kam noch ein allergisches Asthma dazu; das hat sie mit einer Hyposensibilisierung erfolgreich kurieren können, die Allergie aber blieb. Noch nie hatte sie sich psychotherapeutisch behandeln lassen. Wir kamen aber gut voran, und nach drei Sitzungen war die Allergie verschwunden – gerade als die Birken in voller Blüte standen!

2. Eine Frau, Mitte 40, mit drei Kindern. Ihre ältesten Töchter, 14 und 16 Jahre, sind leidenschaftliche Reiterinnen. Wenn sie aus dem Stall kommen und sie Pferdehaare „herumliegen“ sieht, wird sie angespannt und ängstlich, und die Pferde- Allergie bricht sofort aus. Nach der zweiten Sitzung konnte sie sich (vorsichtig) wieder an Pferdehaare gewöhnen, zum Beispiel ließ sie die Reithose ihrer Tochter über Nacht auf dem Küchenstuhl liegen. Wenn sie dann morgens in die Küche ging, ohne daran zu denken, passierte nichts – trotz der Pferdehaare. Nach der dritten Sitzung ging sie selbst in den Stall, begutachtete einige Pferde – und kaufte dann eins von ihnen! Sie konnte es streicheln, auch bürsten, am Schluss sogar selbst reiten – die Pferdeallergie war geheilt! Die Töchter waren happy – endlich ein eigenes Pferd!

3. Ich selbst bin 1994 auf diese Weise von meiner eigenen Katzenhaarallergie geheilt worden und kenne somit die Methode nicht nur aus der Perspektive des Therapeuten, sondern auch aus der des Patienten.


*Das spezifische Immunsystem bildet die erworbene Immunantwort des Körpers, die sich gezielt gegen spezifische Antigene (zum Beispiel Mikroorganismus) richtet – im Gegensatz zur unspezifischen Immunreaktion, die angeboren ist und allgemein auf körperfremde Zellen wie Bakterien abzielt.

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