Physiologische Ebene der Zunge

Die Zunge ist ein Muskel. Dieser Muskel ist aktiv am Schluckvorgang beteiligt. Die Zunge unterscheidet mit ihren Geschmacksknospen in gut, lecker, angenehm, scharf, süß, sauer, bitter, salzig oder ungenießbar, eklig, verdorben. Mit der Zunge entscheiden wir, was wir schlucken wollen und was nicht. Die Zunge versetzt uns in die Lage, – in Zusammenarbeit mit dem Hals – Töne zu bilden und sie auszudrücken.

Die Farbschwingung der Zunge ist zitronengelb.
Das Tier ist der Ameisenbär und die Maus.

In der Zeit der Zunge geht es darum, Wahrheit zu sprechen, Lügen zurückzuweisen und seinen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen. Ohne Zunge kein gesprochenes Wort. Im Anfang war das Wort, heißt es in der Bibel. Es gibt Übersetzungen, in denen es heißt: Am Anfang war Klang, der Ton des Universums „AUM“.

Nach der hinduistischen Tradition ist ATMAN (Seele) das, was vor allem existiert. Es besagt, dass im Moment, in dem das Sperma des Vaters sich mit dem Ei der Mutter verbindet, ATMAN in den Körper eintritt. ATMAN ist das höchste spirituelle Element, das du selbst bist und aus dem du bestehst. Das ist die Wahrheit: etwas, das sich niemals bewegt, das sich niemals verändert, das immer bleibt, das immer vollständig und perfekt ist.

Im Stadium eines Säuglings sind wir noch mit dem Buddha-Bewusstsein verbunden, in tiefer Entspannung und in Kontakt mit dem ursprünglichen Selbst, ohne die Identifikation eines Ichs, aber auch ohne bewusste Reflexion unserer selbst.

Bedürfnisse und ihre Befriedigung

Ein Säugling drückt Schmerz direkt aus, zum Beispiel, wenn er Hunger empfindet. Sein Nervensystem baut auf diese Weise Spannung ab. Auf sein Schreien reagiert die Mutter mit der Befriedigung seines Hungerbedürfnisses. So lernt er, wie er durch Brüllen, Weinen oder andere Laute genau das bekommt, was seine Bedürfnisse befriedigt. Er beginnt, diese Erfahrung bewusst für sich einzusetzen. Das sich bildende Ego nutzt diese positive Erfahrung später, um zu manipulieren.

Ist das Kind zum Beispiel auf Schokolade oder Eiscreme aus, beginnt es fürchterlich zu jammern und zu schreien, weil es erfahren hat, dass das so funktioniert. Die Mutter will ihre Ruhe haben und da das Gezeter nicht aufhört, sagt sie: „Hier hast du dein Eis!“

Bald nachdem die Eiscreme aufgegessen ist, taucht das nächste Bedürfnis auf. Erneut versucht das Kind, dieses erfüllt zu bekommen. Es hat ja ganz gut geklappt, nun gehen wir mal für etwas Größeres. Wie wäre es mit dem schönen roten Ball dort im Schaufenster? Die Mutter wird zum Ball gezerrt und das Spiel geht von vorn los. In vollen Supermärkten, wo viele Menschen Zeuge so eines Dramas sind, klappt das besonders gut. Den Eltern ist es oft peinlich, denn sie wollen ja nicht mit einem schreienden Kind identifiziert werden. Die Menschen könnten auf die Idee kommen, sie würden ihr Kind quälen. Also erfüllen sie lieber den Wunsch ihres Kindes.

Angenommen, die Mutter bleibt standhaft und es gibt keinen roten Ball. Der Wunsch bleibt unerfüllt. Dies ist ein Moment von Frustration! Warum hat es bei der Eiscreme funktioniert und beim Ball nicht? Das muss einen Grund haben. Vielleicht muss die Strategie perfektioniert werden.

Im Laufe des Heranwachsens werden unterschiedliche Qualitäten in Jungen und Mädchen entwickelt. Meistens wird bei den Jungs alles unterstützt, was in Richtung Aktivität geht: seine Stärke beweisen, der Beste sein, im sportlichen Konkurrenzkampf siegen usw. Bei den Mädchen geht es eher um Rezeptivität: schön aussehen, gute Frisur, Figur und Klamotten, gute Ausstrahlung, Freundschaften, die man vorzeigen kann usw. Eine erwachsene Frau in den 40zigern erinnert sich während einer Tibetan Pulsing Sitzung an eine Jugendfreundin, die sie eigentlich gar nicht mochte. Der einzige Grund, warum sie diese Freundschaft aufrechterhielt, war, weil diese Freundin ein gutes Netz von Freundinnen hatte, die wiederum bei Jungs gut ankamen. Die Klientin glaubte von sich, dass sie ohne diese Freundin keine Jungs kennengelernt hätte.

Diese grundsätzlichen Muster werden in Partnerschaften und in der Sexualität weiter fortgeführt. Es wird immer schwieriger, sich treu zu bleiben und ehrlich mit sich und anderen zu sein. Solange wir glauben, Strategien einsetzen zu müssen, um Bedürfnisse befriedigt zu bekommen, setzen wir sie ein. Angenommen, die Wahrheit der Frau wäre es, ihrem Jägerinstinkt (den Frauen durchaus auch haben) freien Lauf zu lassen, sich einen Mann zu schnappen und ihren Spaß zu haben. Auf Grund ihrer Konditionierung „darf“ sie das aber nicht, also muss sie ein braves Mädchen sein und Passivität vorspielen. Sie bekommt nicht, was sie wirklich braucht, etwas bleibt unbefriedigt. Wenn die Wahrheit des Mannes ist, eher rezeptiv zu sein, er aber stattdessen gelernt hat, den „Starken“ raushängen zu lassen, verliert er sich in Aktionismus und glaubt, dass es so richtig ist und der Frau gefällt.

Wir suchen immer exakt den Partner, der den Teil lebt, den wir innerlich unterdrücken. Wir suchen den perfekten Mann oder die perfekte Frau, der/die unsere Bedürfnisse best möglichst erfüllt. Das funktioniert eine Weile ganz gut, dann kommt das zum Vorschein, was versteckt gehalten wurde: die Lüge über uns selbst. Was ist die Lüge? Wir benutzen den Partner für die liebevolle Zuwendung, die wir uns selbst verweigern. Wir müssen die Lage unter Kontrolle halten, damit die kindlichen Bedürfnisse erfüllt werden. Beziehungen sind eine großartige Chance, sich seine Verhaltensmuster ehrlich einzugestehen, die Wahrheit im Spiegel des anderen zu sehen und Vertrauen zu entwickeln, sich zu zeigen.

Die Zunge als Herrscher unserer Motivationen

Der Energiekreislauf in der Zunge ist verantwortlich für die Umsetzung aller Bedürfnisse. Der innere Antrieb sagt: Ich will es jetzt und gleich haben! Dafür setzen wir uns in Bewegung. Mitten in der Nacht sind die Zigaretten oder die Schokolade aus. Der Süchtige geht zum nächsten Kiosk oder einer Tankstelle. Für die Bedürfnisbefriedigung wird die Bequemlichkeit gern überwunden.

Langeweile darf nicht aufkommen. Abläufe, die sich wiederholen, Altes, Bekanntes, Statisches – ein Gräuel! Alles muss frisch und neu sein. Die Kette der Bedürfnisse kennt kein Ende. Die Bedürfnisbefriedigung orientiert sich am Materiellen, am äußerlichen Leben. Es findet kein inneres Anhalten, keine Ruhe, keine Einkehr statt. Durch die Zunahme von Werbung werden Wünsche suggeriert, die gar nicht existierten. Der Alltag nimmt an Geschwindigkeit zu. Drogen wie Kokain versetzen den Menschen in einen Größenwahn, alles haben und alles sein zu können. Manchmal geraten Menschen durch einen Unfall, eine Lähmung oder eine Krankheit in einen Zustand, der sie zwingt, anzuhalten und sich mit ihrem inneren Zustand von Leere oder Unzufriedenheit auseinander zu setzen. 

Verbote und deren Auswirkung

Auf der anderen Seite der Medaille von Wünschen steht das Wort: Verbot!

Habe ich für alles, was ich mir wünschte, ein „Nein“ erfahren, entwickelt sich innerlich ein Gefühl, falsch zu sein. Das hört sich so an: „Warte, bis du gefragt wirst! Nimm, was du kriegst!  Stell keine dummen Fragen! Sag das bloß nicht! Halt die Klappe!“ Starke Einschränkungen und viele Verbote verletzen unser Gefühl, wertvoll zu sein, wissen zu wollen und Fehler machen zu dürfen.

Perfektion

Im Energiekreislauf der Zunge begegnen wir der Sucht nach Perfektion. Wenn etwas unseren erhöhten Ansprüchen nicht genügt, muss es verbessert werden. Was soll das Streben nach Perfektion verbergen? Welcher Mangel darf nicht zum Vorschein kommen? Wer sagt, dass alles perfekt sein muss?
Perfektion stellt für viele Menschen Sicherheit dar. Es sieht dann so aus, als wäre das Chaos der Welt unter Kontrolle. Seine Fehler preisgeben kommt einem Absturz gleich. Für Perfektionisten öffnet das ein dunkles Loch, in das sie nicht hineinfallen wollen. Sie sorgen dafür, dass der Fehler beim nächsten Mal behoben wird und bemühen sich um Verbesserung. Wer ständig nur nach Fehlern sucht, ist in einem engen Korsett gefangen.

In einem Artikel steht: „Sprache ist angewandte Magie in ihrer reinsten Form!“

Mittels der Sprache wird Wissen vermittelt. Sprache kann uns verzaubern. Sprache ruft ein ganzes Spektrum von Gefühlen hervor. Wir können Wahrheit oder Unwahrheit sprechen. Solange wir nicht alles hinterfragen und selbst erforschen, was richtig und was falsch ist, glauben wir dem, was wir hören. Sprache ist ein mächtiges Mittel. Glauben wir urteilslos alles, was wir hören, sind wir nicht mehr als ein Stück Treibgut im Sand.

„Osho spricht in seinem Kommentar der Upanishaden vom Atman. Er erklärt, dass das Atman das höchste spirituelle Element ist, so hoch, dass es von unserer instinktiven oder auch unserer organischen Wahrnehmung nicht mehr erkannt werden kann. Es war schon vor dem Organ da, es war schon vor dem Verstand da.

Du bist dieses Atman. Du bist diese unendlich komplexe Kombination von Elementen. Diese 20000 Gene, welche ein Molekül von Chromosomen bilden. Rate wer? Ganz genau, … du! Dieses genetische Gebrummel ist das spirituelle Lied von allen wahren Religionen.

Das ist die Wahrheit. Das ist das, was sich nie bewegt. Es ist das, was sich nie verändert.
Das Lied, das wir hören, ist die Wahrheit, deine Wahrheit.
Und das Lied, das gesungen wird, bist du, das ist so. Das stimmt. Das ist wahr.“
(Dheeraj, Bardo Live)

Meditation

Setz dich bequem hin und bilde mit deinen Händen die Mudra Position für die Zunge. Singe den Ton „E“ drei Mal von der Ebene deines Herzens. Schließe die Augen und verweile still in der Haltung für weitere 10 Minuten oder solange du möchtest.

 

Aktuelle Seminare und Ausbildungen von Elvira Schneider:

„Die Kraft des Pulsschlags: Vertrauen in Haltlosigkeit“
vom 16.-18. September 2016 auf Gut Saunstorf – Ort der Stille (www.gut-saunstorf.de)

„Mut zur Angst: Tibetan Pulsing & Innere Arbeit mit dem Enneagramm“
vom 21.-23. Oktober 2016 in Dresden

Ausbildung „Tibetan Pulsing Intensive“
von Januar 2017 bis August 2019 (in Blöcken) auf Gut Saunstorf – Ort der Stille. (www.gut-saunstorf.de)

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