Abb: (c) James Steidl - StockAdobeMedorrhinum – ein homöopathischer Heilungsimpuls 2. September 2020 Homöopathie Mit homöopathischem Medorrhinum in die eigene Mitte finden… Homöopathische Antworten am Puls der Zeit von Werner Baumeister Lebe wild und gefährlich… Als ich vor 20 Jahren zum ersten Mal Medorrhinum nahm, fiel mir sofort eine Postkarte in die Hand. Darauf abgebildet war ein kleiner Junge mit Pudelmütze. Daneben stand folgender Text: „Du fragst mich: Was soll ich tun? Ich sage: Lebe wild und gefährlich…“ Medorrhinum, potenzierter Tripperausfluss, ist ein großes homöopathisches Reaktionsmittel, das nach innen gedrückte Absonderungen wieder in Gang bringt und unsere krankhaft verstimmte Lebenskraft stärkt. Befreites Medorrhinum, das ist Leben satt, laut, intensiv und extrem. Wir brauchen Medorrhinum, den homöopathischen Lautsprecher, immer dann, wenn wir durch eine traumatische Erfahrung des Verlassenwerdens und Getrenntseins zum „Stillen Wasser“ geworden sind. Besonders die angestaute Wut und den Zorn bekommen wir oft nicht mehr raus aus unserem System, verschließen uns stattdessen emotional und ziehen uns zurück. Mit zu lange gestauten Gefühlen aber ist genauso wenig zu spaßen wie mit zu lange gestautem Wasser: Irgendwann bricht der Damm. Auch kanalisierte, künstlich in ihrer natürlichen Lebendigkeit gebändigte Flüsse führen zu verheerenden Überschwemmungen – ebenso wie die unterdrückte Energie liebenswürdig-kontrollierter Persönlichkeiten sich oft Bahn in erschreckend irrationalen und explosiven Entladungen bricht (Medorrhinum-Leitsymptom: überwältigt durch innere ungeformte Impulse). Mit Medorrhinum kann man sich wirklich nichts mehr vormachen. Nun kommt alles an den Tag, das einst übertüncht, unterdrückt, beiseite geschoben oder verborgen wurde. Es macht Schluss mit der Selbsttäuschung und konfrontiert uns mit unseren wahren Gefühlen. Das tut verdammt weh, befreit aber auch unglaublich. Medorrhinum ist gnadenlos heilsam Insofern würde ich es so sagen: Medorrhinum ist gnadenlos heilsam. Kein Wunder also, dass Patienten, die Medorrhinum brauchen, diejenigen sind, die am meisten projizieren, also aus Angst vor der explosiven Kraft der eigenen verdrängten Themen nicht bei sich selbst hinschauen und die Probleme immer im Außen und beim Gegenüber sehen. Medorrhinum hilft hier, all das, was uns wirklich ausmacht, aber nicht sein darf, unseren Schatten eben, nicht mehr nach außen zu projizieren, sondern endlich unsere eigene Mitte zu finden und zu bewahren. Das heißt aber auch, sich diesen unterdrückten Energien zu stellen und sie zu fühlen. Denn sie wollen wieder in den lebendigen Fluss des Lebens eintreten und angenommen werden. Und das macht Sinn, denn sie sind unser ungelebtes Potential, unsere Power. Es gibt diese unglaubliche Kraft in mir, die ich normalerweise nicht spüre, geschweige denn lebe. 90 Prozent dieser Kraft sind dadurch gebunden, dass ich unbewusst kindliche, nicht artikulierte Gefühle versuche, permanent zu unterdrücken. Unter Medorrhinum wird das für mich persönlich konkret spürbar. Während meines diesjährigen Kreta-Aufenthaltes starteten sechs F-16-Kampfbomber Richtung Zypern unmittelbar von dem kleinen Küstenort, an dem ich mich befand. Zur Zeit tobt ein Erdgasstreit zwischen der Türkei und Griechenland und die Lage ist angespannt. Die Kampfbomber donnerten im Tiefflug direkt über meinen Kopf hinweg. Ich war fasziniert von der archaischen Kraft dieser Kriegsmaschinen und muss gestehen – fast etwas enttäuscht – dass Kampfhandlungen ausblieben. Eine medorrhinische Projektion meiner nicht gelebten Kraft (die nach einem Ventil sucht) auf die Kampfbomber. Ich frage mich, ob Kriege vielleicht auch eine stellvertretende Demonstration von Stärke einer ganzen Bevölkerung sind, deren Einzelpersonen nicht in ihrer Kraft sind, sie aber über die kriegerische Bündelung der Energie wieder aktivieren und in Bewegung bringen. Die Wunde liegt offen Woher kommt diese Angst bei Medorrhinum, ungefiltert das Eigene einfach mal rauszuhauen? Sich selbst einfach rauszulassen und dem inneren Drang nach äußerem Ausdruck nachzugeben, also wirklich gefühlsmäßig aus innerer Eingebung heraus zu leben? Die Medorrhinum-Wunde ist das Trauma des Verlassenseins. Es ist, als wären wir mit einer gesteigerten Verwundbarkeit gegenüber jeder Form des Verlassenwerdens zur Welt gekommen. Woher kommt das? Die Basis dafür kann schon während des Geburtsprozesses gelegt worden sein, als wir aus der sicheren Geborgenheit der Gebärmutter (auch wenn das nicht alle so erleben) herausgepresst werden in eine unbekannte Welt voller Gefahren. Oft entstehen während des Geburtsprozesses auch Zustände des Feststeckens, des Nicht-Vorankommens, die wir später im Leben energetisch als Blockaden unserer Wünsche und Projekte erleben. Wir haben einfach das Gefühl, machen zu können, was wir wollen – wir kommen einfach nicht voran. Medorrhinum zieht hier den Korken aus der Flasche und macht die Bahn wieder frei für den Fluss des Lebens. Dabei öffnet sich allerdings auch unsere tiefste Wunde des Verlassenseins und blutet wieder. Das habe ich selbst mit dieser Arznei erlebt und davon haben mir alle Klienten übereinstimmend berichtet. Oft waren es tiefste Gefühle aus frühester Kindheit von Ungewollt- und Wertlos-Sein. Die Angst vor dem Verlassensein Kreta war dieses Jahr ein idealer Ort für mich, um zu merken, dass ich in meinen Beziehungen zu Frauen die einstige Wut auf das Verlassensein durch meine Mutter in den verschiedensten Variationen auslebe und dass der nächste Schritt für mich darin besteht, erstmal diese Projektionen zu erkennen und zurückzunehmen. Ein guter Freund, der mich lange kennt, wies mich neulich darauf hin, dass er bei all meiner Wut auf meine Partnerinnen noch nie ein böses Wort über meine Mutter von mir gehört hätte, wenn ich mal über sie redete. Ein wertvoller Hinweis, durch den ich realisieren konnte, wie extrem schwer es ist, neben allen Liebesgefühlen für die Eltern auch die berechtigte Wut auf sie zu spüren. Jeden Tag konnte ich auf Kreta nun üben, mich dem Meer, dem Mütterlichen, anzuvertrauen. Medorrhinum hat Angst vor dem Meer, dem „mare“, Angst, sich dem Mütterlichen anzuvertrauen. Anfangs merkte ich, dass ich mich auf dem Meer liegend überhaupt nicht entspannen konnte. Meine Angst vor Hingabe projizierte ich in diesem Moment auf eine plötzliche Bedrohung von unten durch Haie. Da zeigte sich mein tiefer Mangel an Urvertauen ins Leben: Wenn ich mich fallen lasse, werde ich nicht gehalten, sondern vom Leben fallengelassen. Das ist der tief verankerte Verlassenheitskonflikt von Medorrhinum. Dazu kommen Wut, Angst und Schmerz, die wir als Kind nicht artikulieren konnten oder durften, denn sonst hätten wir Strafe und weiteres Verlassensein riskiert. All das sind Gefühle, die sich tief im Körperbewusstsein verankert haben als ungelöster Konflikt. Ein Konflikt, der sich in ähnlicher Weise in unserem Leben immer wieder re-inszeniert. Das Verlassenwerden zieht sich hier wie ein roter Faden durchs Leben. Wir bleiben in einem archaischen Überlebensmodus, halten Gefühle von Wut und Tränen zurück und binden dadurch fast all unsere Kraft, die uns dadurch konstruktiv nicht zur Vefügung steht. Der Glaubenssatz dahinter: Niemand hält mich aus und hält mich, wenn ich mich so zeige, wie ich wirklich fühle. Um zu überleben und zum Schutz der Wunde bauen wir uns einen medorrhinischen Abwehrwall: Nicht über Gefühle sprechen, keine Emotionen zeigen, nicht weinen und fortan alles über Kopfkontrolle laufen lassen. Wir leben nicht mehr aus dem Herzen heraus, Dadurch entsteht eine innere Leere (Medorrhinum-Leitsymptom: Empfindung von unerträglicher innerer Leere. Da ist nichts, also muss alles von außen kommen. Füllsucht mit Essen, Drogen, Menschen; alles sich einverleiben). Die Sucht und die Suche nach sich selbst Im Medorrhinumzustand ist die Füllsucht Ausdruck des Verlustes der Religio, der Rückverbindung mit sich selbst und dem Vertrauen, dass das Leben gut ist und uns immer trägt. So werden wir süchtig nach allem, was uns hilft, unser schmerzliches Getrenntsein nicht spüren zu müssen. Unsere innere Leere treibt uns in Beziehungen, in denen gesunde und natürliche Grenzen viel zu früh verwischt werden. Die Sehnsucht nach Verschmelzung macht überbereit, sich mit dem Partner völlig zu identifizieren und dessen Wunschbild zu erfüllen. Das ist die Sucht, im Außen zu finden, was in mir fehlt oder leer ist. Dabei dient diese intensive emotionale Symbiose als Droge solange, bis die Situation genau in das Gegenteil umschlägt. Die Angst, sich im anderen zu verlieren, führt zu radikalen Trennungen. Getrieben von der Angst vor dem Schmerz der tiefen Verlassenheitswunde eilt Medorrhinum weiter zu neuen sexuellen Anfängen. Hierzu ein Feedback einer Klientin nach einer Medorrhinum-Gabe: „Gestern ist was total Verrücktes passiert. Mein aktueller Freund hat mich angerufen und mir, nachdem er sich eine Woche nicht gemeldet hat, gesagt, dass er wieder mit seiner Ex zusammen ist und es ihm total leid tut, aber er jetzt einfach nichts mehr für mich empfindet und sich auf seine neue Beziehung konzentrieren möchte. Und das hat – so wenig wie er irgendwie in meinem Leben verankert ist und ich ihn gesehen habe, und so wenig da war zwischen uns – mich ABSOLUT umgehauen. Die Wunde ist auf. Ich bin nur noch am Weinen. Der Schmerz scheint unerträglich und ich möchte sterben. Das Leben ist sinnlos und ich fühle mich wie Abschaum und ABSOLUT untröstlich. Es gibt keinen Trost für diesen Schmerz und auch kein Ende darin. Keine Hoffnung. Es ist wie damals mit meinen wirklich tiefen, langjährigen Beziehungen. Was EIGENTLICH total unmöglich ist. Ich schreibe dir das,weil es SO offensichtlich ist, dass es NICHTS (oder vielleicht 2 bis 8 %) mit meinem aktuellen Freund zu tun hat. Es hat 100 % mit mir und uraltem Schmerz zu tun, der noch nicht geheilt ist. Heute Nacht, nach stundenlangem Zittern, Schreien vor fast unerträglichem Schmerz in meinem Herz, Schluchzen, Jammern, Flehen und den-Namen-meiner-Mutter-rufen wurde mir eines klar wie nie zuvor: Ich kann und will nicht mehr wegrennen, nicht mehr ausweichen. Es ist nicht mehr möglich. Dieser Schmerz wird mich überall einholen. Und Beziehungen MÜSSEN so lange schmerzhaft sein, bis ich ENDLICH AUFHÖRE WEGZULAUFEN oder IRGENDWAS oder IRGENDJEMANDEN im Außen verändern zu wollen, damit ich meine Scheißangst und diesen abgrundtiefen Schmerz nicht spüren muss. Mein ganzes Leben war darauf ausgerichtet, das zu vermeiden. Alles, was ich tat, war immer nur Weglaufen unter dem Deckmantel der Selbstfindung. WAS für eine Ironie!!! Und ich kann nicht mehr. Widerstand IST zwecklos. Ich gebe auf. Ich gebe mich hin. Und ich gebe zu: Es scheint unerträglich. Am Kreuz ist wenigstens ein Ende in Sicht. Doch das hier? Ein Teil von mir will einfach nur sterben. Und etwas weiß: Auch das ist keine Lösung. Ich muss hier bleiben. Ich hasse es. Es ist Hölle. Und ich sage JA, dennoch. Und Frei-Willig. Alle Pläne sind lächerlich. Alles Wollen stirbt im Schmerz. Alles Nichtwollen wird mit der brutalsten Klarheit als sinnlos erkannt. Ich liebe dich, Leben – du bist einfach unglaublich…“ Medorrhinum – Die eigene Mitte finden und bewahren Ich selbst lerne mich mit Medorrhinum vielleicht zum ersten Mal im Leben wirklich kennen. Ich merke, Medorrhinum macht mich im wahrsten Sinne des Wortes Selbst-bewusster. Mein Schmerz löst sich immer mehr von meinem Gegenüber als auslösender Person. Langsam entsteht da eine Mitte in mir, die Stabilität erzeugt, und es mir – jenseits aller Angst, dafür sanktioniert oder verlassen zu werden – ermöglicht, aus mir selbst herauszukommen, oder besser noch, MIT mir selbst herauszukommen! Und dann die Kraft, die ich in mir spüre, auch wirklich zu leben. Medorrhinum, das ist ein homöopathischer Heilungsimpuls, der eigenen Wahrheit endlich ins Gesicht zu schauen, Klarheit zu schaffen, Glaubenssätze aufzulösen und einen klaren Standpunkt einzunehmen. Nackt, voller Angst und Scham und ohne Fassade dazustehen, das kann weh tun. Aber immer noch besser, als uns verbittert und einsam aus der Lebendigkeit zu schleichen. Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister): Homöopathie – Verlassensein – Trauma – Wut – Lebensfluss – Potential – Geburt – Kindheit – Sucht – Befreiung Werner Baumeister ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an. 30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin. Einzeltermine nach Vereinbarung, Behandlungstermine zum Thema des Artikels jederzeit möglich. Information zu aktuellen Workshops immer auf der Seite „Homöopathie am Puls der Zeit“ (mit Themenregister) sowie unter Tel.: 0172 – 391 25 85 . Oder Newsletter mit aktuellen Terminen abonnieren unter E-mail w.baumeister{at}gmx.net . Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich immer auch als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens. Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. Überschrift E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.Auch möglich: Abo ohne Kommentar. Durch Deinen Klick auf "SENDEN" bestätigst Du Dein Einverständnis mit unseren aktuellen Kommentarregeln.