Wer sich mit seinem Körper und seiner Ernährung auseinandersetzt, kommt schon fast gar nicht mehr am Thema „Veganismus“ vorbei. In jeder größeren – und mittlerweile auch kleineren – Stadt gibt es sie schon: vegane Cafés, Restaurants, Imbisse – und es werden immer mehr. Aber was bedeutet denn überhaupt „vegan“? Und welche positiven Auswirkungen kann diese Ernährungsweise mit sich bringen?

 

 

Ich werde immer wieder gefragt, wie ich eigentlich zum Veganismus gekommen bin und was mich hält, mich weiterhin so zu ernähren bzw. so zu leben. Argumente für diese Philosophie gibt es viele. Angefangen beim Aspekt, der aus meiner beruflichen Sicht am wichtigsten für mich war und ist: der Gesundheitsfaktor.

Ein erster Impuls in diese Richtung kam mir in meiner Ausbildung zur ganzheitlichen Ernährungsberaterin, als sich mir eines Tages eine Gleichung eröffnete, die mich zum Nachdenken brachte:

Wenn tierische Proteine, also Eiweiße in Form von Milchprodukten, Fleisch, Fisch und Eiern bei regelmäßigem Konsum eine Übersäuerung des Körpers zur Folge haben können und Säure nicht gut für unseren Körper ist und auch Basis von Erkrankungen sein kann, wie kann ich mich dann schützen? Wie kann ich gesund bleiben bzw. meinem Körper ein ausgewogenes Säure-Basen-Verhältnis zurückgeben und dieses auch halten? Die Antwort lag auf der Hand: pflanzliche Ernährung.

Ich muss dazusagen, dass es natürlich noch mehr Aspekte gibt, die für ein basisches Milieu im Körper wichtig sind, wie die Vermeidung von zu viel Stress, Alkohol, Nikotin oder auch übermässigem Sport. In meinem konkreten Falle lag der Fokus aber auf der Ernährung, und diese soll hier auch die größte Rolle spielen.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht tun wir uns tatsächlich etwas Gutes mit dem Konsum von viel Gemüse und Obst – und das gerne mehrmals täglich. So kann, achtet man auf Abwechslung und Frische der Produkte, fast mit Leichtigkeit eine ausreichende Vital- und Mineralstoffzufuhr gesichert werden.

 

Puddingveganer

Der Mangel, welcher uns Veganern nachgesagt und immer als „Totschlagargument“ ins Feld geführt wird, ist die Unterversorgung an Vitamin B12. Dazu muss ich sagen, dass dieser Mangel ebenso bei Omnivoren (Allesfressern) verbreitet ist und es genügend Möglichkeiten gibt, B12 zu sich zu nehmen – ob auf natürliche Weise, beispielsweise mit Sojaprodukten, oder in Tablettenform, ist hierbei jedem selbst überlassen, hat aber oftmals wenig mit der Ernährungsform zu tun.

Im Umkehrschluss bedeutet es aber auch nicht, dass man sich als Veganer allein durch den Verzicht auf tierische Produkte „gesund und richtig“ ernährt. Genauso wie überall gibt es auch hier Fans von Fastfood und Convenience-Produkten, diese nennen sich dann „Puddingveganer“ und können ebenso mit Diabetes und Übergewicht zu kämpfen haben wie „Normalesser“.
Veganismus bedeutet somit nicht zwingend eine gesunde und leichte Ernährungsweise.

Aber zurück zu mir. Wie kam denn nun die Wandlung? Bei meinem Umzug von Köln nach Berlin Anfang des Jahres 2011 kam ich zum ersten Mal mit Veganern in Kontakt. Ich hatte in Büchern natürlich schon mal etwas über diese Ernährungsform gelesen, immerhin ist Vegetarismus/Veganismus keine Erfindung der Neuzeit. Schon der Philosoph Pythagoras (zirka 6. Jh. vor Chr.) setzte auf eine pflanzliche Ernährung, da er der Meinung war, dass alle Lebewesen durch die Seelenwanderung miteinander verbunden sind. Die Anhänger des antiken Philosophen, die sich hauptsächlich vegetarisch ernährten, prägten so den Begriff „pythagoreische Diät“.

 

Neue Genusswelt

Auch in der indischen Kultur ist die pflanzliche Ernährung fest verankert. Schätzungen zufolge leben immer noch 40 Prozent der Inder vegetarisch, und das bedeutet bei dieser riesigen Bevölkerung: rund 375 Millionen Menschen. Vollgepackt mit diesem Wissen und der Erfahrung, „lebende“ Veganer kennen gelernt zu haben, startete ich, inspiriert und neugierig auf diese Lebensweise, mit einem Experiment: Schaffe ich es, mich vier Wochen lang vegan zu ernähren?

Für mich damals eine unglaublich schwere Herausforderung, wie ich dachte. Der Verzicht auf tierische Produkte müsste meinen Speiseplan doch komplett auf den Kopf stellen!?

Was kann und darf ich dann überhaupt noch essen? Skeptisch startete ich und durfte relativ schnell merken, dass vegan essen keinerlei Verzicht bedeutet, sondern mir, ganz im Gegenteil, eine neue Genusswelt eröffnete. In diesen kurzen vier Wochen lernte ich jede Menge neue Lebensmittel und kreative Geschmacks­kombinationen kennen, die mich als Köchin überzeugten und inspirierten. Außerdem veränderte sich mein Energiehaushalt zum Positiven, ich hatte einen ruhigeren Schlaf, und mein Hautbild besserte sich. Insgesamt fühlte ich mich großartig, motiviert, gesund und fit. Und somit blieb ich dabei – bis heute.

 

Tierleidfrei leben

Meine Einstellung zu dieser Ernährungsform festigte sich mit der Recherche darüber, was über die Ernährung hinaus eigentlich noch zum Veganismus gehört. “Vegan sein“ hört nicht auf dem Teller auf, sondern begleitet mich in alle Lebensbereiche. Ökologie und Ethik spielen eine wichtige Rolle. Besonders in der heutigen Zeit, in der Massentierhaltung und Überzüchtung zum Tagesgeschäft gehören. Seit den 60er und 70er Jahren, in denen noch reine Pflanzenprodukte als Futter dienten, auf dem eigenen Hof geschlachtet und das Fleisch regional verkauft wurde, hat sich vieles maßgeblich verändert. Um ein schreckliches Beispiel aufzuzeigen: Im niedersächsischen Wietze, dem größten Geflügelschlachthof Europas, werden 27.000 Tiere in der Stunde geschlachtet. Das sind 135 Millionen im Jahr. Bei so viel Maßlosigkeit und Hochertragslandwirtschaft kann ich nur den Kopf schütteln. Genau hier möchte ich eine falsche Normalität durchbrechen und neue bzw. bewusste Wege gehen. Ich kann jeden Tag bei jeder Mahlzeit eine neue Entscheidung treffen, ob ich die jetzige Industrie und die dazugehörigen Lobbyisten unterstützen möchte oder nicht. Ebenso kann ich auch im Bereich vegane Kosmetik und Kleidung Entscheidung treffen. Für mich sollten Pflegeprodukte tierleidfrei produziert worden sein, das heißt, ohne tierische Inhaltsstoffe und ohne Tierversuche hergestellt. Bei Kleidung möchte ich gerne auf Seide, Schafwolle, Leder und ähnliches verzichten. Und bei allem schwingt ebenso der ganzheitliche Gedanke mit, dass die Produkte möglichst bio und fairtrade sein sollten. Auf eine Durian-Frucht aus Asien möchte ich gerne verzichten – denn die CO2-Bilanz des Imports kann der Geschmack nicht wettmachen.

Insgesamt bedeutet Veganismus für mich eine komplett neue Lebenseinstellung und ein reduzierteres und bewussteres Konsumverhalten. Ich möchte meinen ökologischen Fußabdruck verkleinern. Das Thema rund um den Veganismus hat mich dahingehend sensibilisiert, aber auch demoralisiert. Denn wenn man einmal über den Tellerrand hinaus geschaut hat, dann kann man fast nicht mehr zurück. Und vor allem kann man nicht mehr sagen, man hätte es nicht gewusst.

 

Neues Bewusstsein

Aus diesem Gedankengang heraus gründeten mein Geschäftspartner Patrick und ich im Oktober 2011 „Deutschland is(s)t vegan“, kurz DIV. DIV ist mittlerweile eines der erfolgreichsten veganen Online-Magazine und beschäftigt sich mit allen Themen rund um das vegane Leben in Deutschland. Für Vegan-Anfänger und Fortgeschrittene gibt es Tipps zu Restaurants, Rezepten, Ernährung, zu Produkten und Unternehmen, Kosmetik, Kleidung und vieles mehr! Mit uns zusammen arbeiten deutschlandweit mehrere engagierte Blogger, die dabei helfen, dass „Deutschland is(s)t vegan“ schöner, größer und bunter wird.

Unser Ziel ist es aufzuklären, Bewusstsein zu schaffen. Wir möchten dies ohne erhobenen Zeigefinger tun und auch nicht dogmatisch vorgehen, sondern den Spaß und das Positive einer pflanzlichen Ernährung aufzeigen und Denkanstöße geben. Denn ich bin der Meinung, dass nur so eine Veränderung möglich ist und neue Denkansätze angenommen werden können. Toleranz und Akzeptanz sind die wichtigsten Pfeiler meiner Arbeit, und ich freue mich über jeden kleinen Schritt in die Richtung.

Ich habe das Glück, mich auch beruflich mit dem Thema beschäftigen zu dürfen: Ich arbeite als Köchin und Ernährungsberaterin für und mit Jugendlichen bei sozialen Trägern hier in Berlin und möchte so allen Menschen gesunde und pflanzlich orientierte Ernährung mit dem Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Ökologie und Ethik ermöglichen. Was mir dort entgegengebracht wird, ist eine Neugierde und eine steigende Reflexion der jungen Menschen unserer Gesellschaft gegenüber. Ich spüre ganz deutlich den Wechsel der Zeit und das Aufbrechen der alten vorgegebenen Grenzen. Wir befinden uns mitten in der Dynamik, sind schon dabei, die Veränderung zu leben. Das macht Spaß und motiviert weiterzumachen. Wenn dann durch meine Arbeit eine Entscheidung zum Veganismus resultiert – wunderbar, aber nicht zwingend notwendig. Ich freue mich einfach, wenn immer mehr Menschen ab und zu mal über das nachdenken, was vor ihnen auf dem Teller liegt.

 

3 Responses

  1. tststs
    absurd

    Ich stimme zwar in vielen Teilen zu, v.a. was den Verzicht auf Produkte aus Massentierhaltungen betrifft, allerdings werte ich manche ihrer Aussagen als blanke Satire (alles Andere wäre peinlich): auf eine Durianfrucht wegen der CO2-Bilanz verzichten, sich in moralische Sphären (üb)erheben, dann aber auf dem Buchcover lauter importierte Lebensmittel abbilden… Ohne Worte!

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  2. Isabelle Busse-Malempre
    Ein Angebot für Sie

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich bin auch Sie aufmerksam geworden durch Ihre Webseite – wirklich sehr ansprechend.
    Auch mir liegt die Gesundheit sehr am Herzen, denn was ist kostbarer als die
    Gesundheit – egal in welchem Alter.
    Ich arbeite unter dem Dach eines preisgekrönten und äußerst erfolgreichen,
    österreichischen Unternehmens im Bereich Gesundheit mit TCM-Aspekten,
    Nachhaltigkeit, Wellness, green Lifestyle – vielleicht ist unser Konzept auch
    für Sie interessant z.b. als Ergänzung für Ihre Webseite oder generell als Nebeneinkommen.
    Dann würde ich mich über eine Antwort Ihrerseits sehr freuen.
    herzlichen Gruß

    Isabelle Busse-Malempré

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