„Täglich einen Apfel essen und du kannst den Arzt vergessen…“ So oder so ähnlich ließe sich dieser schöne Spruch aus dem Englischen übersetzten. Doch sollte man sich darauf verlassen? Stimmt das wirklich? Lässt sich das nachprüfen – und was ist damit eigentlich gemeint? Aber vor allem – von welchem Apfel ist hier überhaupt die Rede?

von Illian Sagenschneider

Es gibt tatsächlich Lebensmittel, die so reichaltig und hochkonzentriert an bestimmen, sehr wichtigen Inhaltsstoffen für uns Menchen sind, dass man sie schon als „Superfoods“ bezeichnen kann. Sie sind quasi die Superhelden unserer Nahrungspalette. Meist kommen sie von sehr weit her, aus fernen, exotischen Ländern, und sind vielen Leuen hier völlig unbekannt. Und ja… – leider gehört unser heimischer Apel nicht zu diesen Superfoods!

Er ist zwar ganz nett, praktisch und auch vitaminreich, aber letztlich hat er zu wenig relevante begleitende Inhaltsstoffe zu bieten. Außerdem haben wir im Laufe der Zeit viel zu viel Fructose hineinge- züchtet, als dass er noch eine sonderlich gute Wirkung auf unseren Körper haben könnte. Völlig anders sieht es jedoch bei einer Frucht aus, die auch auf den Namen „Apfel“ hört, aber botanisch gesehen gar kein Apfel ist – nämlich der Granatapfel!

Diese ledrige Beerenfrucht gehört zu den am besten untersuchten Früchten weltweit – und eines kann man als Ergebnis bereits festhalten: Aufgrund der starken Wirkungen seiner sekundären Pflanzenstoffe ist der Granatapfel fast mehr ein Medikament als eine Mahlzeit. Schon bei den alten Göttern der Griechen galt er als Symbol der Schönheit, der ewigen Jugend, der Fruchtbarkeit und der Liebe. Einige Forscher vermuten sogar, dass der Baum der Erkenntnis im alten Testament ein Granatapfelbaum war…

Außen pfui, innen hui

Dieser legendäre Baum, der mehrere hundert Jahre alt werden und einen Stamm von bis zu drei Meter Breite entwickeln kann, blüht Mitte Mai das erste Mal. Von da an bis zum Spätherbst können sogar noch zwei weitere Blüten folgen. Daher gibt es im Handel auch sehr große, mittlere und zum Ende der Saison dann sehr kleine Früchte (die nicht selten zu Wein verarbeitet werden). Da die Wurzeln und die Rinde giftig sind und Schädlinge abschrecken, müssen in der Regel weniger Pestizide als sonst üblich verwendet werden. Trotzdem sollte man Biofrüchte bevorzugen.

Schon 1500 vor Christus haben die Ägypter die leicht toxische Granatapfelschale – in der richtigen Dosierung – erfolgreich gegen Darmparasiten eingesetzt. Ganz im Gegensatz zu den echten Äpfeln, bei denen man von einem hübschen Äußeren auch auf einen leckeren Inhalt schließen kann, ist es beim Granatapfel meist umgekehrt – die köstlichsten Früchte sind eher hässlich: Die Schale ist schon fleckig, gelblich oder bräunlich, sie ist leicht schrumpelig, holzig und etwas rissig. Wichtig ist aber, dass der Ap- fel beim Ertasten fest bleibt – weiche, verfärbte Stellen deuten meist auf faulendes Fruchtfleisch hin. Generell müssen Granatäpfel reif geerntet weren, da sie – im Gegensatz zur Beerenfrucht Banane – nicht nachreifen! Man erkennt die reifen Äpfel daran, dass ihre kleinen, dreieckigen Blätter oben in der Krone trocken sind und beim Umbiegen leicht abbrechen (und sich nicht gummiartig bewegen lassen). Dann ist der Apfel perfekt und lässt sich auch viele Wochen im Kühlschrank lagern.

Antioxidative Bomben

Man öffnet die Frucht am besten, indem man oben die kleine Krone aussticht und dann fünf „Meridian-Schnitte“ vom Kronennordpol zum Südpol des Apfels zieht. (Ich weiß, mit einem Video wäre das jetzt sehr einfach zu zeigen). Danach kann man den Granatapfel relativ gefahrlos auseinanderbrechen – trotzdem würde ich bei solchen Aktionen immer zu einer Schürze raten, da die Flecken doch recht hartnäckige Färbungen verursachen. Der Legende nach sind genau 365 einzelne rote Fruchtstückchen darin enthalten – für jeden Tag im Jahr eines, damit niemand hungern muss!

Und genau diese leckeren, süßen, rubinroten Fruchtkerne haben es in sich: Sie sind wahre Bomben an antioxidativen Polyphenolen (Polyphenole sind aromatische Verbindungen, die man zu den sekundären Pflanzenstoffen zählt und die spezielle chemische Eigenschaften haben). Wenn ich im letzten Artikel über „Rostchutzmittel“ für den Körper geschrieben habe, die in Form von Antioxidantien den Körper vor dem zerstörenden Einfluss der aggressiven freien Radikale schützen, dann ist regelmäßiger Granatapfelgenuss eine der besten Möglichkeiten, das zu unterstützen!

Die Pflanze produziert die Polyphenole in großer Zahl, um selbst vor den Folgen der UV- Strahlung der Sonne und vor Bakterien geschützt zu sein. Polyphenole lagern sich zudem an Viren und Bakterien so an, dass deren Eiweiße denaturieren und unschädlich werden. Aus diesem Grund unterstützt der Granatapfel auch hervorragend unser Immunsystem in der „Grippesaison“. Eine Phenolsäure im Granatapfel, die Ellagsäure, wirkt hier ganz besonders stark antioxidativ.

Die Zusammensetzung und die hohe Konzentration dieser sekundären Pflanzenstoffe im Granatapfel ist in dieser Form einzigartig im Pflanzenreich. Auch die Tatsache, dass der Baum keine direkten botanischen Verwandten hat, unterstreicht seine besondere Stellung. Durch die Granatapfel-Polyphenole wird übrigens auch die Konzentration des wichtigsten körpereigenen Antioxidans in unseren Zellen – das reduzierte L-Glutathion – erhöht. Unsere weißen Blutkörperchen brauchen im Kampf gegen Viren und Bakterien nämlich genau diesen antioxidativen Schutzstoff.

Supergesund

Desweiteren zeigen Studien, dass 50 Milliliter Granatapfelsaftkonzentrat – regelmäßig über ein Jahr lang getrunken – helfen kann, Arteriosklerose um bis zu 30 Prozent rückgängig zu machen! Die gefährliche Oxidation des LDL- Cholesterins sinkt dabei ebenso wie der Blutdruck. Auch zeigt der Granatafpel Wirkungen bei entzündlichen Erkrankungen wie rheumatischer Arthritis oder Arthrose. Er steigert die Konzentration des freien Testosterons und hemmt die Entstehung von Alzheimer. Und sogar gegen Prostata-, Lungen-, Brust-, Darm- und Hautkrebs zeigt er seine Wirkung!

Selbst für Diabetiker ist die Frucht geeignet, auch wenn sie relativ viel Kohlenhydrate enthält. Aber zum einen ist das Verhältnis von Glukose zu Fructose im Granatapfel wunderbar ausbalanciert, zum anderen sind die natürlichen Zuckermoleküle hier großteils an die besagten oxidativen Polyphenole angebunden. Studien zeigen auch hier, dass sich der Konsum der Frucht günstig auf die Blutwerte auswirkt und den oxidativen Stress in den Gefäßen bei Zuckerkranken vermindert. Kein Wunder also, dass Granatapfel im Orient „Frucht des Paradieses“ bedeutet. In Armenien, nahe an der Grenze zum Iran, gibt es das kleine Dorf Nrnadzor, was übersetzt soviel wie „Granatapfelschlucht“ bedeutet.

Hier gibt es Äpfel von hervorragender Qualität und auch der Granatapfelwein aus dieser Region ist phantastisch. Wenn Sie noch nie den fermentierten Saft dieser Frucht probiert haben, kann ich Ihnen das nur wärmstens empfehlen. Es ist natürlich ähnlich viel Alkohol darin wie beim Rotwein aus Trauben, aber die sekundären Begleitstoffe sind dafür um ein Vielfaches interessanter (Gibt es auf https://aniland-shop.de und sicher auch bei einigen Berliner Weinhändlern).

Köstliches Rostschutzmittel

Selbst die Braunbären in der Gegend plündern gern in der Dämmerung die Plantagen und ernten die Früchte direkt vom Baum. Ein Bär kann so in einer Nacht bis zu 60 Kilogramm Granatäpfel vertilgen. So viel schaffe ich zwar nicht täglich, aber in den letzten Monaten esse ich täglich ein bis zwei große Granatäpfel. Zur Zeit ist es übrigens die Sorte „Wonderful“ aus Peru. Auch wenn ich kein Freund von Importfrüchten aus Übersee bin, so mache ich in diesem Fall – in Anbetracht der enormen Vorteile dieser Frucht – eine Ausnahme (wir essen ja auch das ganze Jahr Bananen, die nicht grade in Bayern oder Italien wachsen). Pur als Fruchtkorn gegessen, als Saft getrunken, die Körner als „Deko“ im Smoothie (dann kaut man gründlicher) oder als Beilage zum Fisch (dann nimmt man das Eisen besser auf) ist die Frucht ideal. Mittlerweile mache ich auch Soßen und Dressings darauf oder zerkleinere die Frucht einfach pur, allein im Mixer – und serviere das Fruchtfleisch mit ein paar Eiswürfeln. Probieren Sie es doch einfach aus! Für mich ist es das „köstlichste Rostschutzmittel der Welt“ – und wer weiß, vielleicht halten Sie sich damit im Winter den Doktor ja tatsächlich vom Hals..

Nächstes Wochenendseminar „Abenteuer Ernährung“ am Sa./So. 6./7.10.2018, jeweils von 11 bis 17.30 Uhr im „ZENTRUM“, Hagelberger Str. 12 in Kreuzberg. (Nahe U-Bahnhof Mehringdamm)
 
Vortrag am Mi, 10. Oktober, 19 Uhr:
„Mikrozirkulation und Durchblutung“, Eintritt 5 €, Grolmannstr. 44-45, 10623 Berlin (Nähe Savignyplatz

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