Mein Neffe hat sich letztens einen neuen Computer gekauft. Und zwar einen richtig guten. Zum Spielen. Tagelang hat er recherchiert, um die beste Ausstattung und die leistungsfähigste Festplatte zu ergattern. Die neuesten „Games“ verbrauchen einfach Unmengen an Speicherplatz und Rechenkapazität. Das Ding muss also sehr schnell sein. Irgendwie ist das schon toll, wenn jemand für sein Hobby nur das Beste vom Besten kauft, um möglichst viel Spaß zu haben. Nur stehen dann leider neben dem neuen Hochleistungsrechner meines Neffen ständig Gummibärchen und Chipstüten. Und ich frage mich dann immer, ob wohl das hocherhitzte Fabrikfett auch das Beste für seine eigene „Festplatte“ – sein Gehirn – ist …

Von Illian Sagenschneider

Ich bin immer wieder überrascht, wie schnell sich Freunde und Bekannte mit kompliziertester Technik auseinandersetzten, wenn es um den Kauf eines neuen Gerätes geht. Dann werden mir plötzlich SSD-Festplatten, Intel Core i7 CPU, 32 GB RAM und Goldstandard-Netzteile bis ins letzte Detail erklärt. Diese Leidenschaft, mit der komplexe Technik ganz fix entschlüsselt wird, beeindruckt mich immer zutiefst. Und egal, ob es der Computer, der Flachbildschirm oder das neueste Handy ist – man nimmt Zeit und Mühe auf sich, um dann das hochwertigste Gerät zu kaufen. Oft denke ich dann: „Warum läuft das bei unserer Ernährung nicht genauso?“ Der Hightech-Computer meines Neffen kostete 3000 Euro – aber für sein eigenes Gehirn waren nur 1,99 Euro und Frittierfett übrig.

Unser Gehirn besteht zu 60 Prozent aus Fett. Gut ein Drittel davon sind sogenannte Omega-3-Fettsäuren, die unter anderem für die extrem schnelle Leitfähigkeit unserer „grauen Zellen“ verantwortlich sind. Dummerweise kann unser Körper diese speziellen Fettsäuren nicht selbst herstellen. Und da diese für uns lebenswichtig sind, müssen wir sie mit unserer Nahrung aufnehmen. Insbesondere die Docosahexaensäure (DHA) und die Eicosapentaensäure (EPA) sind hier wesentlich.

Grundsätzlich unterscheidet man bei den Omega-3-Fettsäuren zwischen gesättigten Fetten und ungesättigten Fetten. Butter oder Kokosfett haben zum Beispiel viele gesättigte Fettsäuren und sind daher auch bei Zimmertemperatur fest. Öle hingegen haben viele ungesättigte Fettsäuren und sind daher flüssig. Ungesättigt bedeutet hier, dass es in der langen Kohlenstoffkette der Fettsäure mindestens eine chemische Doppelbindung gibt. Diese Kette hat einen Anfang (Alpha) und ein Ende (Omega). DHA und EPA sind (mehrfach) ungesättigte Omega-3-Fettsäuren. Das heißt, sie haben gleich mehrere von diesen Doppelbindungen – und wenn man vom Omega-Ende der Kette aus zählt, sind diese Doppelbindungen an der dritten Stelle. Daher der kompliziert erscheinende Name Omega-3-Fettsäure.

Es gibt zum Beispiel auch Omega-6-Fettsäuren. Hier ist dann an der sechsten Stelle, vom Omega-Ende aus gezählt, die erste Doppelbindung. Omega-6-Fettsäuren sind ebenfalls essentiell, das heißt. auch sie müssen mit der Nahrung aufgenommen werden.

Beweglichkeit unserer Biomembran

Diese Doppelbindungen sind sehr wichtig für die Eigenschaften eines Fettes. Eine davon kennen wir bereits: Sie machen das Fett flüssiger. Wenn man nun bedenkt, das die Membranen der Zellen in unserem Körper aus einer Fettdoppelschicht aufgebaut sind, wird das Ganze spannend: Baut der Körper nämlich zu viele gesättigte Fettsäuren in die Membranen ein, werden sie „steif“, das heißt weniger beweglich. Die richtige Fettsäure-Komposition entscheidet mit über die Beweglichkeit unserer Biomembran und auch darüber, wie gut die darin eingelagerten Rezeptoren funktionieren. Sprich, wie gut der Stoffaustausch durch diese Membran hindurch in unsere Zellen und wieder hinaus funktioniert. Genau diese Eigenschaften der Eicosapentaensäure (EPA) und der Docosahexaensäure (DHA) sind für unseren Körper so wichtig!

Das Gehirn braucht insbesondere DHA für seine hervorragende Rechenarbeit. Fehlt diese Fettsäure, steigt das Risiko, dass unser Gehirn lebenslang nicht optimal funktioniert. Die Wahrscheinlichkeit für ADHS, Depressionen und andere psychiatrische Erkrankungen steigt. In der Schwangerschaft riskiert man, pardon, frau zudem einen verschlechterten Gehirnaufbau beim Ungeborenen.

Alles in allem setzen wir mit einer unausgewogenen Fettversorgung die Leistungen unserer eigenen „Festplatte“ aufs Spiel. Ganz zu schweigen von den positiven Wirkungen aufs  Herz-Kreislaufsystem – denn diese Fette wirken entzündungshemmend und verbessern die Fließeigenschaften des Blutes. Die Forschung zeigt mittlerweile ganz klar, wie wichtig Omega-3-Fettsäuren für unsere geistige und körperliche Entwicklung sind.

Omega-6 versus Omega-3

Leider spiegeln sich solche Erkenntnisse noch immer nicht ausreichend in den Einkaufswagen der Menschen wieder. Oder wann haben Sie das letzte Mal beim Einkauf eines Öls überlegt: „Mmmhh… welches Öl nehme ich denn jetzt am besten, um meine DHA-Werte zu steigern?“ Eingekauft wird in der Regel nach Preis, Geschmack und Vorlieben, selten mit wirklicher Kenntnis über die Produkte. Apropos Werte. Man kann seinen Omega-3- Index auch messen lassen. Es gibt einige Labore, die das verlässlich anhand von Blutproben feststellen können. Ich habe im Laufe meiner Beratungsarbeit viele Menschen kennengelernt, die sich schon sehr um eine gute Ernährung bemühten, dann aber doch einen erschreckend niedrigen Omega-3-Index vom Labor bescheinigt bekommen haben. Da sich diese Fette in nennenswerten Mengen zumeist in tierischen Lebensmitteln finden, ist es besonders im Zusammenhang mit einer vegan/vegetarischen Lebensweise hilfreich, diesen Wert wenigstens einmal labortechnisch überprüfen zu lassen.

Es ist zugegebenermaßen auch nicht so einfach, mehr Omega-3 in den Körper zu bekommen, aber es klappt, wenn man ein paar Dinge beachtet. Vor allem muss man aufpassen, nicht zuviel Omega-6-Fettsäuren zu konsumieren. Ein Zuviel an Omega-6-Fetten hemmt gleichzeitig die Omega-3-Aufnahme. Und auch wenn Omega-6 ebenfalls sehr wichtig in unserer „Komposition“ ist, sollte es nicht im Übermaß konsumiert werden. Man sagt, das Verhältnis sollte vier zu eins betragen, andere Autoren tendieren sogar zu zwei zu eins. Sonnenblumenöl ist in diesem Sinne ein Problemfall. Es hat ein Omega-6-zu-Omega-3- Verhältnis von 120 zu 1! Täglich verwendet sabotiert es so jeden Versuch, sich gute Biomembranen aufzubauen.

Wo ist Omega3 drin?

Worin befinden sich nun die benötigten Omega- 3-Fettsäuren? Als Erstes hört man oft Leinöl. Das ist auch in gewisser Weise richtig. Nur hat Leinöl kein DHA, sondern „nur“ ganz viel Alpha-Linolensäure (ALA). Dies ist eine kurzkettige Omega-3-Fettsäure, die auch sehr wichtig ist, die aber leider von unserem Körper nicht in ausreichender Menge in die langkettige DHA umgewandelt werden kann. DHA wird von Meeresmikroalgen produziert und befindet sich in hoher Konzentration im Lachs oder Hering. Allein von daher ist ab und an Fisch oder Fischöl eine gute Möglichkeit, den Bedarf zu decken. Auch Krill enthält viel DHA und EPH. Die Anteile von Omega-6 zu 3 liegen beim Krillöl im sagenhaften Verhältnis von 1 zu 15 vor. Krillölkapseln haben zudem eine dunkelrote Farbe, die vom Krill selbst stammt: Das Astaxanthin als starkes Antioxidans schützt das Krillöl davor, ranzig zu werden. Es wirkt quasi wie ein starkes Rostschutzmittel auf die lichtund luftempfindlichen DHAs und EPAs in den Kapseln. Auch kann man hier – anders als bei frischem Fisch – so etwas wie Quecksilbervergiftungen durch die Herstellung ausschließen.

Das Auffüllen mit DHA und EPA dauert zwar eine ganze Weile, aber spätestens, wenn nach vier oder fünf Monaten der nächste Bluttest zeigt, wie Ihre Werte gestiegen sind, wissen Sie, dass Sie wirkungsvoll in Ihr „neues Gehirn“ investieren. Viele Menschen beschäftigen sich nicht mit Ernährung, weil es zu „kompliziert“ erscheint und soooo aufwendig sei. Aber ganz viele lebenswichtige Infos über unseren Körper lassen sich schon in wenigen Stunden Recherche klären. Nehmen Sie die „Technik“ in Ihrem Gehirn doch einmal genauso wichtig wie die in Ihrem Computer! Analysieren Sie den Bedarf und geben Ihrem Körper dann einfach, was er braucht. Dann läuft auch wieder alles wie geölt. Ich habe etwas Krillöl für meinen Neffen gekauft. Das nächste Mal, wenn ich ihn besuche, lege ich die Packung einfach neben die Chipstüte. Damit sich auch die Rechenleistung seines Gehirns verbessert. Denn dann macht das Spielen noch mehr Spaß.

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Die Vorträge sind kostenfrei.

Info und Anm. bei Illian Sagenschneider unter Tel. 0176-844 843 33 oder schneeschwinge@yahoo.de www.abenteuer-ernährung.com

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