Wie ein Kind den Weg der Liebe geht, die Sprache des Herzens lehrt und die Menschen verwandelt, erzählt Juliane Leser.

Bedacht, ganz bei sich und in aller Seelenruhe nimmt er den Waldboden unter seinen Füßen wahr. Mit Begeisterung lauscht er den knisternden Geräuschen des Laubes und dem Pfeifen des Windes zwischen den Ästen. Ein paar Meter entfernt springt ein Kleiber an der Borke einer alten Eiche hinauf. Er kann den Vogel nicht sehen, aber spüren. Ein Lächeln der Freude findet sich auf seinen Lippen wieder. Schließlich, als der Kleiber im Kronenmeer verschwunden ist, läuft er auf das himmelsnahe Bodenwunder zu und legt die Arme um den alten Baum wie um einen guten Freund. Ist das eine Illusion? Ein Gedankenausflug? Ein Märchen? Nein, es ist Wirklichkeit.

Das Walderlebnis beschreibt eine von vielen Situationen des kleinen Tenzin, heute sieben Jahre alt. Bereits von Geburt an ist er mit einer mehrdimensionalen Wahrnehmung beschenkt. Von Anfang an begaben sich seine Eltern mit ihm auf eine Reise, die von Dankbarkeit, Feingefühl und einem starken Bewusstsein geprägt ist. Alles auf Basis eines Wundermittels. Dem Wundermittel Liebe.

Das eigene Kind auch als Lehrer sehen

»Jedes Kind kommt herzensrein auf die Welt. Alle Eltern haben die Chance, im eigenen Kind einen Lehrer zu sehen. Sie brauchen sich nur dafür zu entscheiden«, so Tenzins Mutter Claudia. Sie sieht ihren Sohn als Geschenk und sorgt dafür, dass er immer er selbst bleiben kann. Ihn auch als Lehrer zu erkennen und ihm bedingungslose Liebe zu schenken – das ist Claudias Quintessenz aus dem Leben mit ihrem Sohn. Und die trägt sie mit Liebe weiter. »Jedes Kind kann dein Lehrer sein«, sagt sie. Alles andere wäre wie bei einem Bonsaibäumchen, das wir immer und immer zuschneiden. In ihm steckt die ganze Urenergie mit all seinem Wissen, doch das Bäumchen kann sich nie in seiner Kraft entfalten. Es kennt seine Wege, kann sie aber nie gehen.

Das »gestutzte Kunstwerk « versucht es immer wieder, doch irgendwann passt es sich an und akzeptiert für den Moment sein Schicksal. Viele Eltern sehen in ihrem Kind so ein Bonsaibäumchen und stutzen es, wie sie es für angemessen halten. Dabei sind sie es selbst, die Orientierung bräuchten, weil sie unnatürlich gestutzt und verdreht durch die Welt irren – auf der, meist unbewussten, Suche nach ihrer eigenen inneren Lebensund Wachstumsrichtung. Auf der oft vergeblichen Suche nach dem Glück, das sie schon in ihrer Kindheit verloren haben. Doch sie können es wiederfinden: in den Kindern, die alle frei wachsen wollen, anstatt klein und zusammengestutzt zu werden wie ein Bonsaibäumchen. Und die dieses Geschenk des Sein-Dürfens, wie sie sind, durch Liebe zurückgeben.

Zu diesem Thema hat Rudolf Steiner bereits vor zirka hundert Jahren gesagt: »Denn in Wahrheit nimmt der Erzieher, wenn er nur ein ganzer Mensch ist, vom Kind ebenso viel für sich, als er dem Kind gibt. Derjenige, der nicht von dem Kind lernen kann, was es ihm als Botschaft aus der geistigen Welt herunterbringt, kann einem Kind auch nichts über die Geheimnisse des Erdendaseins beibringen. Nur wenn das Kind unser Erzieher wird, indem es Botschaften aus der geistigen Welt herunterbringt, wird sich das Kind auch bereit finden, die Botschaften, die wir ihm aus dem Erdenleben entgegenbringen, entgegenzunehmen.«

Wie sieht der Umgang miteinander in der Praxis aus?

Claudia erinnert sich zurück an ihre Anfangszeit als »Lehrling« ihres Sohnes. Einmal fragte Tenzin: »Mami, kannst du mir bitte Liebe senden? « Als sie fragte, wie das geht, war Tenzin erstaunt über die Frage und wunderte sich, dass es für die großen Erwachsenen nicht normal ist, »Liebe senden« zu können. Tenzin zeigte ihr, wie es sich anfühlt, Liebe zu empfangen, und daraufhin übte Claudia das Senden über ihr Herzchakra. Nachdem Tenzin feststellte, dass sie sich dabei sehr anstrengte, meinte er: »Mami, du brauchst dir nur zu wünschen, Liebe zu senden!« Dieser Tipp öffnete Claudias Tor zur Sprache des Herzens. Sie spürte, wie sich schnell eine liebevolle Energie um sie herum ausdehnte. Claudia erinnert sich an ein weiteres Erlebnis: Immer, wenn Claudia den Telefonhörer in die Hand nahm, wurde Tenzin unruhig. Schnell waren alte Bewertungen wie »das Kind braucht jetzt Aufmerksamkeit« da. Doch was tun, wenn Dinge erledigt werden wollen?

Claudia fragte ihren Sohn, wie eine Lösung zum Wohle aller aussehen könnte. Tenzins Antwort: »Mami, unsere Herz-Verbindung ist nicht mehr so stark, wenn du den Telefonhörer nimmst. Schaffst du es, gleichzeitig Liebe zu senden und zu reden?« Früh bemerkte Claudia auch, dass Tenzin sich immer genau 45 Minuten bewegte und 45 Minuten entspannte. Nachdem sie dies dokumentierte, fiel ihr auf, dass sein Verhalten über den Tag verteilt eine Sinuskurve darstellt. Im Schwimmbad konnte sie bei Babys und Kleinkindern ebenfalls diesen Rhythmus erkennen. Kurze Zeit danach fand sie in der Literatur Aufzeichnungen von Dr. Rudolf Steiner, die dies bestätigten, und entdeckte weiterhin die Rhythmen »drinnen und draußen«, »führen und geführt werden« usw. Es handelt sich offensichtlich um Yin und Yang.

Claudia fing direkt damit an, diese Rhythmen (wieder) mit zu leben, denn lange Zeit hatte sie zum Beispiel immer nur gegessen oder getrunken, wenn es der Tagesablauf erlaubte. Nun aber war der Ur-Rhythmus wieder mehr da und sie spürte, wie sie ihre ureigenen Impulse stärker wahrnahm. Ihr inneres Gleichgewicht verstärkte sich und damit gab es immer weniger Konflikte mit anderen. Als Tenzins Papa eines Abends von einem stressigen Arbeitstag nach Hause kam, rannte Tenzin direkt ins Bad. Er besprühte seinen Papa mit Wasser. Claudia wollte erfahren, was er da tat. »Papi in Liebe verwandeln. Um Papi herum ist etwas, was Aua machen will“, war Tenzins Antwort. Sein Papa war danach in der Tat entspannt und wieder voller Liebe. Damals war Tenzin ungefähr zwei Jahre alt. So entstand »Tenzins magisches Schmunzelspray« und später das zugehörige Buch, das weitere Geschichten aus Tenzins Leben erzählt.

In einem weiteren Zitat aus jüngeren Tagen klingt Tenzin wie ein weiser Mönch: »Mami, je lauter jemand schreit, umso mehr Liebe braucht er und je dunkler eine Energie ist, umso mehr Liebe braucht sie!« Ergänzend kam noch hinzu, dass jeder in Liebe verwandelt werden will. Wie andere Kinder auch, sieht Tenzin Fremdenergien, die jemanden oder etwas umgeben. Als er zum Beispiel einmal mit dem Bobbycar durch die Wohnung fuhr und Claudia um den Tisch fürchtete, wies Tenzin seine Mami darauf hin, dass sie jetzt eine Angst hat. Diese Angst würde dann durch Tenzin wirken wollen und er würde somit an den Tisch fahren. Er erklärte weiter, dass er diese Energie dann als Wunsch wahrnimmt, jedoch merkt, dass dieser Wunsch nicht von der Sternen-Mami kommt, sondern eine Fremdenergie ist. Mit Sternen- Mami meint er die Mami, die »ganz bei sich« ist – und damit frei von Sorgen, Ängsten und Zweifeln. Weitere Beispiele gibt es in verkürzter Form im Kasten Kinder-Translator.

Verbindung zum eigenen Herzen

Kinder tragen eine eigene Magie in sich. Nicht mehr das Reden ist wichtig, sondern das Wahrnehmen des großen Ganzen und die starke Verbindung zu ihren und den Herzen um sie herum. Dieser Zauber kann sich auf das gesamte Umfeld auswirken, wenn wir Erwachsenen ihnen die Gelegenheit dazu geben. Auf der geistigen Ebene sind Kinder weise und vollkommen. Was sie von uns lernen, ist die Erdung – also das Zurechtfinden in unserer physischen Welt. »Ich sehe die Ur-Aufgabe der Eltern darin, ihr Kind zu beschützen. Erfüllen wir diese Aufgabe gut? Was macht es beispielsweise mit einem Kind, wenn es von seinem Beschützer angegriffen wird?« gibt Claudia zu denken. Ein Kind braucht Hilfe. Doch stattdessen wird es in vielen Situationen angeschrien, weil es missverstanden oder gar nicht ernst genommen wird.

Wenn wir beginnen, mit den Augen eines Kindes zu sehen, erkennen wir, dass wir Erwachsenen es sind, die Hilfe brauchen. Wir dürfen verstehen lernen, dass hinter jeder Situation, die uns unangenehm vorkommt, eine Bedeutung, eine Aufgabe oder eine weise Lektion steht. Wenn uns das Verhalten unseres Kindes in Rage versetzt, dann dürfen wir als Erstes in unseren inneren Spiegel schauen und selbst reflektieren, ob wir vorher schon »aus unserer Mitte« geraten sind. Und dann analysieren, warum das Kind so reagiert, und die Situation als Ganzes betrachten.

Die innere Harmonie wieder selbst herstellen können

Alles, was wir für ein glückliches Leben brauchen, sind Urvertrauen, bedingungslose Liebe und das Leben im Hier und Jetzt. Claudia verweist wieder auf die Kinder, denn bei ihnen dürfen wir vertrauensvoll abgucken. Wenn sie unruhig werden, zum Beispiel aufgrund von Hunger, Müdigkeit, Krankheit oder Verboten, dann können wir etwas Interessantes an ihnen beobachten: Sie falten ihre Hände, um Yin und Yang wieder zu vereinen und damit die verlorene innere Harmonie herzustellen. Einige berühren auch einen ihrer Füße. Bevor wir also laut und ärgerlich werden, könnten wir damit experimentieren, indem wir es ihnen gleichtun, während wir innehalten, Liebe senden und darauf warten, dass wir wieder ganz bei uns sind. Dann können wir wieder aus unserer Urkraft schöpfen. Es gibt inzwischen viele Kinder wie Tenzin, die ihren Eltern weise Betrachtungsweisen erklären.

Sie spüren deutlich, ob etwas in der wahren Liebe gelebt wird oder ob sich Wolken vor die Sonne geschoben haben. Kinder können durch diese Wolken hindurchschauen und sie verstehen nicht, wenn ihre Eltern die Wolken leben und nicht ihre Sonne. Deshalb zeigen diese vielen »Tenzins« uns jeweils auf ihre eigene Art und Weise, wie wir uns selbst finden können und dass wir unseren eigenen Weg gehen sollen – egal wie viele Wolken von außen zu uns geweht werden. Das »Bestehen-Müssen« in der Gesellschaft ist bei uns Erwachsenen meist sehr fest und tief verankert und zu einer »zweiten Haut« geworden. Selbst spüren wir meist nicht, wie beispielsweise kollektive Fremdenergien unser tägliches Sein bestimmen. Doch wenn wir mit vollem Bewusstsein mit Kindern in Verbindung stehen, können wir auch wieder lernen, durch die Wolken hindurchzusehen.

Der Natur helfen

Tenzin spricht jeden Tag von seinen Wahrnehmungen. Einer seiner ersten Sätze war: »Ich bin hier, um Liebe zu leben und Liebe zu lehren «. Aus seinem starken Bewusstsein heraus entstand vergangenes Jahr sein erstes Buch: »Tenzins magisches Schmunzelspray«. Diesen Comic setzte er zusammen mit einem bekannten Illustrator um. Tenzin erklärt darin die Welt aus der Sicht eines Kindes. Wenn wir zum Beispiel im Ungleichgewicht sind und uns fragen, was da gerade mit uns passiert ist und wie wir zu uns zurück gelangen, dann finden wir unter anderem Antworten dazu in Tenzins Buch. Sowohl für Erwachsene als auch für Kinder ist dieses Buch eine Anleitung zum Frieden in sich und mit allem anderen. Wir finden darin auch eine Widmung vom Dalai Lama, der Tenzin bereits im Mutterleib segnete und ihm auch seinen eigenen Namen gab.

Mittlerweile durften sich beide schon mehrmals begegnen. Anteilig geht der Erlös für die Bücher in Tenzins »Wälder-und-Felder-Projekt«. Mit diesem Projekt geht er seinem innigen Wunsch nach, die Natur – als »Gefährtin der Gegenwart« – wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Mit alltäglichen Kleinigkeiten leistet Tenzin dazu seinen Beitrag. Manchmal kauft er sich zum Beispiel von seinem Taschengeld Bambusrohre, die durch Menschenhand während der Wachstumsphase in Spiralen gedreht wurden, damit sie wieder gerade wachsen, wie es ihrer Natur entspricht. Einmal kaufte er zwölf Sukkulenten aus einem Blumenladen, denen die Wurzeln entfernt wurden, um sie zu Dekorationszwecken mit Heißleim an einem Stiel zu befestigen. Entgegen den Erwartungen des Floristen schaffte es Tenzin, dass sie wieder wurzelten. Durch Erde, Wasser und ganz viel Liebe.

Die Frage, die wir uns immer und immer wieder stellen dürfen, ist: Wie ist eigentlich der Naturzustand, von dem, was wir gerade vor uns oder in uns sehen? Wie wächst Weizen ursprünglich? Wie lebt der Wald, wenn man ihn einfach lässt? Wie ist die naturgemäße Versorgung eines Kindes? Welche Wahrheit steckt hinter den Dingen, die uns umgeben? Lassen wir uns das von unseren Kindern beantworten. Denn wahr ist auf jeden Fall die Volksweisheit: »Kinder sagen immer die Wahrheit.« So wecken wir immer mehr das stille Bild der Schöpfung, das an jedem Ort und besonders in unseren Herzen leuchten will, es aber nicht kann, weil unser Verstand längst die Führung unseres Seins übernommen hat. Es liegt an uns, ob wir weiterhin unserem Verstand den Vortritt lassen möchten oder ob wir uns dafür entscheiden, unseren Herzen zu folgen. Besonders denen unserer Kinder. Damit unsere Herzen endlich wieder lauter werden dürfen.

Translator für Erwachsene

Keine Jacke anziehen: Manche Kinder wehren sich gegen Jacke, Mütze, Schuhe, wenn sie rausgehen sollen.

In der Wohnung ist es warm. Das Kind lebt im Moment und wundert sich, wieso es sich jetzt noch wärmer anziehen soll. Wenn wir vor dem Anziehen erst die Tür öffnen, stimmt unsere Handlung mit dem »Hier und Jetzt« überein.

Immer drei: Oft lässt sich beobachten, wie Kinder von einer Sache drei Stück haben wollen bzw. so viele, wie es direkte Familienmitglieder gibt.

Gesetz der magischen Drei: Pflanzen brauchen Erde, Wasser, Licht. Im Ayurveda gibt es die drei Lebensenergien. Vater, Mutter und Kind bilden eine Einheit. Vor allem Letzteres ist für Kinder ein Grundinstinkt und Ursache für ihren Wunsch.

Das liebste Kuscheltier der Eltern: Eltern wundern sich darüber, dass das Kind ausgerechnet immer das Kuscheltier haben will, was ihnen selbst als Kind (oder sogar heute noch) am meisten bedeutete.

Kinder geben immer vor allem eines: Liebe. Auch in Gegenstände und Kuscheltiere geben sie Liebe hinein. Das haben auch wir als Kind getan und das Kind spürt diese Energie in den Gegenständen, die wir damals benutzt haben, noch heute.

Unsichtbare Freunde: Kinder sprechen und spielen mit felsenfester Überzeugung mit für uns nicht sichtbaren Wesen. Sobald die Kinder sprechen können, beginnen sie oft, Namen zu nennen, die die Eltern gar nicht zuordnen können.

Jeder Mensch hat Schutzengel, die ihn auf seinem Weg begleiten. Kinder haben die ent sprechende Wahrnehmung dafür und können sich in eine direkte Konversation mit ihnen begeben. Seien wir ehrlich: Wenn wir auch nur ein kleines bisschen an Schutzengel oder Ähnliches glauben, diese selbst aber nicht sehen können, wertschätzen wir unsere Kinder für diese großartige Gabe.

Berührung: Das Kind fasst diverse Dinge an – zum Beispiel im Kaufhaus. 

Neben dem »die-Welt-entdecken-Modus« will sich das Kind »erden«. Es braucht die Berührungen unter anderem, um sich zu spüren und damit zu beruhigen. Das darf auch gern ein Küsschen von Mami oder Papi sein.

Weitere Informationen, Tickets und Buchbestellung unter: www.tenzin.de

Nächster Termin mit Tenzin im Raum Berlin
21.5.2019, 17 Uhr, »WildeKüche«, Spreewaldplatz 5, 10999 Berlin
Voraussichtliche Termine im Raum Berlin und Brandenburg
23.5.2019, Stutenmilchfarm Grüne Oase GmbH, Zur Grünen Oase 1, 14656 Brieselang OT Bredow (bei Brandenburg)
25.5.2019, zirka 16 Uhr, Spirit of Neuruppin, Schloss Kränzlin, Darritzer Straße 6, 16818 Kränzlin,
www.spirit-netzwerk.de

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