Zum ersten Mal wurde ein Unternehmen aus der Elektronik-Branche mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Das niederländische Unternehmen Fairphone stellt umweltfreundliche und nachhaltige Smartphones her…

 

Das niederländische Unternehmen Fairphone und sein Gründer Bas van Abel ist mit dem Deutschen Umweltpreis 2016 ausgezeichnet worden. Fairphone habe „für die gesamte Wertschöpfungskette Strategien entwickelt, um die derzeit vorherrschenden Bedingungen zu verbessern“, lobte Heinrich Bottermann, Generalsekretär der preisverleihenden Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Der Generalsekretär der DBU mahnte beim Umgang mit Handys und Smartphones, von denen es mehr auf der Erde gäbe als Menschen, einen Wandel an. Er hob die leichte Reparierbarkeit des Fairphone 2 hervor – sowie die Bemühungen, das Smartphone unter möglichst guten Arbeitsbedingungen produzieren zu lassen.

Angesichts von 2 Milliarden verkauften Handys und Smartphones jährlich geht Fairphone wirklich neue Wege, was Nachhaltigkeit, Arbeitsbedingungen und Transparenz der Produktionsbedingungen angeht. Fairphone verfolgt das Ziel, ein nach ethischen Grundsätzen produziertes Smartphone mit möglichst geringem Schaden für die Umwelt und ohne Ausbeutung von Menschen herzustellen. Einzelbauteile des reparaturfreundlich konstruierten Fairphone wie Akku oder Display sind austauschbar, so dass Rohmaterialien durch längere Lebenszyklen geschont und Kreisläufe durch Recycling geschlossen werden. Auch auf Sozial-, Arbeitsschutz- und Umwelt-Standards in seinen Produktionsketten achtet das Unternehmen.

Sprach das erste Fairphone nur Weltverbesserer an, ist der Nachfolger Fairphone 2 auch technisch interessant. Es ist das erste Smartphone, das man zurecht als „modular“ bezeichnen kann. Es besteht aus fünf Modulen (plus Akku), die über robuste Federkontakte miteinander verbunden sind statt über empfindliche Folienstecker. Der Akku und sogar das Display lassen sich ohne Werkzeug austauschen. Die restlichen Module sind mit normalen Kreuz-Schrauben gesichert. Fairphone bietet alle Module als Ersatzteile an und ermuntert seine Kunden, sie bei Defekten selbst zu tauschen. Das soll die Lebensdauer der Geräte verlängern und somit die Ökobilanz verbessern.

Bis auf Weiteres erleichtert das modulare Design allerdings nur die Reparatur. Hardware-Upgrades, zum Beispiel auf eine bessere Kamera, sind zwar theoretisch möglich, werden aber noch nicht angeboten. Unklar ist auch, welche Extras es für den Erweiterungs-Port auf der Rückseite geben wird. Denkbar sind unter anderem Hüllen mit Hardware-Tastatur oder NFC.

Das Fairphone soll möglichst ohne Ausbeutung von Personen und mit möglichst geringem Schaden für die Umwelt produziert werden. Dabei werden mehrere Aspekte berücksichtigt:

  • Müllvermeidung durch Haltbarkeit, lange Wartung, günstige Reparaturmöglichkeit, Dual-SIM-Fähigkeit und Recycling-Programm.
  • Verwendung konfliktfreier Rohstoffe (Tantal, Zinn, Gold und Wolfram, Stand: Juni 2016) aus geprüften Minen in armen Gebieten, anstatt auf Minen in Industrieländern auszuweichen.
  • Faire Produktionsbedingungen in den Fabriken durch Zusammenarbeit mit dem chinesischen Auftragsfertiger.

Um diese Ziele zu erreichen, arbeiten die Entwickler mit verschiedenen gemeinnützigen Organisationen zusammen und haben verschiedene Minen im Kongo besucht, um sich selbst ein Bild von den Arbeitsbedingungen zu machen. Plan von Fairphone ist, in mittlerer Zukunft ihre Zulieferer anzuhalten, ebenfalls für faire Arbeitsbedingungen zu sorgen. Ein zu hundert Prozent fair produziertes Smartphone wird es nicht geben, weiß auch der Firmengründer Bas van den Abel. Ihm geht es darum, neue Denkanstöße zu geben, Allianzen zu schmieden und die großen Handy-Hersteller mit ins Boot zu holen. So unterstützt Fairphone die „Conflict-Free Tin Initiative“, welche ein Entwicklungshilfeprojekt für den Kongo ist, an dem sich aber auch andere Firmen wie Blackberry, HP, Motorola oder Nokia beteiligen. Ähnliches gilt für Tantal, wo Fairphone das von Motorola gegründete Projekt „Solutions for Hope“ unterstützt, an dem sich wiederum viele andere Elektronik-Hersteller beteiligen. In Zukunft soll die gesamte Produktionskette offengelegt werden. Aktuell werden Metallerze für Zinn, Tantal und Wolfram konfliktfrei gefördert, Gold sogar auf Fairtrade-Niveau.

Das Fairphone 2 ist im Vergleich mit technisch ähnlichen Smartphones recht teuer, aber selbst wenn die angepeilten 140.000 Stück pro Jahr verkauft werden (Stand Dezember 2016: 111.755), macht der Hersteller mit jedem Exemplar nur 9 Euro Gewinn vor Steuern. Das liegt natürlich an der Entscheidung, das Design modular aufzubauen. Anstatt milliardenfach bewährte, billige Kabel und Stecker zu verwenden, mussten die Fairphone-Zulieferer die Kontakte und deren elektromagnetische Abschirmung komplett neu entwickeln. Die Marge wird nicht an Investoren ausgeschüttet, sondern dient als Puffer für unerwartete Probleme und zusätzliche Investitionen in soziale Projekte. 5 Dollar pro Gerät gehen an einen Fonds für die Arbeiter ein, die das Gerät in China zusammenbauen. Wie beim Fairtrade-System bestimmen die Arbeiter demokratisch, wofür sie das Geld verwenden wollen.

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