Singen macht Mut, es macht glücklich und es verzaubert die Welt – und das nicht nur zur Weihnachtszeit.

Die Engel in den überlieferten Texten sprechen nicht gerade viel. Das muss ja Gründe haben. Wann singen wir Menschen denn am wenigsten? Wenn wir besonders sachlich und emotionslos sein oder wirken wollen. Der Tagesschausprecher singt nicht (leider). Am ehesten singen wir, wenn wir große Gefühle mitteilen wollen: Liebe, Begeisterung oder Freude. Vom jubilierenden Geburtstagsständchen bis zum Love Song reicht die Palette der Lieder, die unser Glück ausdrücken und anderen Freude machen. Dass das funktioniert, ist sogar wissenschaftlich bewiesen: Die Glückshormone, die der Gesang freisetzt, heben die Stimmung der Sänger und Zuhörer. Das wollten die Engel sicherlich auch erreichen.

Kleine Kinder singen und pfeifen aber auch gerne im Keller, wenn’s besonders dunkel und unheimlich ist, um ihre Angst zu mindern, Mütter, wenn sie ihre Kinder trösten und zum friedlichen Einschlafen bringen wollen. Eine japanische Legende über die Entstehung der Welt erzählt gar, dass es die göttlichen Harfenklänge waren, die die Sonnengöttin Amaterasu erst dazu veranlasst haben, aus ihrer Höhle hervorzukommen und so der Welt und uns Menschen ihr lebensspendendes Licht zu schenken. Auch das mag den Engeln wichtig gewesen sein: uns die Dunkelheit des Wartens zu erhellen und uns Mut zu machen für ein lichtes Leben. Deshalb ist übrigens das Singen im dunklen Winter und zur Weihnachtszeit so beliebt und so wertvoll.

Singen verändert

Und schließlich: Singen verzaubert die Welt. Im Gloria der Engel wird aus dem elenden Viehstall der Ort der Ankunft Gottes, aus dem Trog die Wiege des Allmächtigen. Aus den ungebildeten Hirten werden staunende Erleuchtete. Denn Singen verändert auch die Menschen – und dies nicht nur zur Weihnachtszeit.
In unseren Singworkshops, in unserem „MantraChor Berlin“, aber auch in unseren offenen Singnachmittagen dürfen wir immer wieder Zeugen der erstaunlichsten Veränderungen werden: Da ist die junge Frau, die aus innerer Verwirrung zu neuer Klarheit findet, die Siebzigjährige, die sich singend und tanzend in neuer Power und Beweglichkeit erlebt, der Manager, der nach Zeiten des Burnout Räume der Ruhe und Gelassenheit in sich findet, vor allem aber viele, die sich in der Gemeinschaft der „Singing Sangha“ in Verbindung zueinander erleben. Dies alles nicht als Ergebnis therapeutischer Arbeit, sondern als Begleitumstand schlichten gemeinsamen Singens. Oft wache ich selbst mit einem Lied im Kopf auf, das mich durch den Tag helfend begleitet.
Auch die „Spirituelle Liedernacht“ Berlins, die einmal vierteljährlich etwa 700 Menschen in der Martin-Luther-Kirche Berlin-Neukölln zusammenführt, um miteinander zu singen, zu meditieren und zu schweigen, ist ein Beispiel für Veränderung. Dort werden Songs verschiedener Herkunft gesungen: Mantras mit indischem und tibetischem Ursprung, Sufi Songs, afrikanische Lieder, indianische und Gospel Songs, Taizé-Gesänge und andere. Das klingt nicht nur himmlisch, es geschieht auch Verwandlung: Es öffnet die Herzen, führt uns ins Hier und Jetzt. Singen verbindet – laut und leise, ekstatisch und meditativ, je nach Charakter und Botschaft des Liedes.

Singen fördert unsere besten Seiten

Von den Engeln, ob wir an sie „glauben“ oder nicht, können wir also lernen: Gottes Lob zu singen ist der höchste Ausdruck unserer Gefühle, macht Mut und gute Laune und fördert die besten Seiten in uns zutage – ohne Anstrengung und Rezept.
Vor allem Mantras sind sehr wirksame Gesänge. Es gibt sie in vielen Sprachen der Welt. Neben Sanskrit-Mantren sind es vor allem Sufi-Songs, afrikanische und indianische, aber auch einige deutschsprachige Lieder, die den Charakter eines Mantras haben: Kraftvolle Melodien und einfache, immer wiederkehrende Texte, die durch die Wiederholung Energie auf uns übertragen – übrigens unabhängig davon, ob wir die genaue Bedeutung der Worte immer verstehen. Mahatma Ghandi sagte: „Jede Wiederholung ergibt eine neue Bedeutung“ und: „Jede Wiederholung des Mantras bringt uns Gott näher.“ Chanten ist aktiv und meditativ zugleich.
Auch die Engel singen ja der Überlieferung nach „ohne Unterlass“, oft mit immer wiederkehrenden Worten wie „Hallelujah“, „Hosianna“, „Friede auf Erden“ usw. Alles Themen, die auch in Mantren auftauchen. Dort heißt Frieden dann „shanti“ (Sanskrit), „salaam“ (arabisch) oder „shalom“ (hebräisch), und Hallelujah heißt „jaya jaya“ (Sanskrit) oder „Allah hu“(arabisch).
Von den Engeln lernen heißt also auch: Mantras singen. Das kann Leben verändern. Auf jeden Fall macht es große Freude. Das allein ist schon Grund genug.

 

Hagara FeinbierHagara FeinbierCome Together Songs auf CD: Spirituelle Lieder und Mantras aus aller Welt zum Mitsingen
Nach dem großen Erfolg ihrer beiden Liederbücher „Come Together Songs“ und drei begleitenden CDs hat die Musikerin und Workshopleiterin Hagara Feinbier nun eine weitere CD aufgelegt. „Spirituelle Lieder und Mantras“ ist die vierte CD mit Liedern aus den Liederbüchern. Produziert mit Laien und Profi-Musikern soll die CD zum Mitsingen anregen.

In vielen mystischen Zweigen der Weltreligionen singen und tanzen sich die Menschen in einen Zustand religiöser Ekstase und Versenkung: Die jüdischen Chassidim preisen Gott in Niguns, Liedern ohne Worte, die Sufis in rhythmischen, atembetonten Sikrs, und selbst in der Bibel steht „Singt dem Herren ein neues Lied“. Einige dieser spirituellen Lieder aus aller Welt hat die Musikerin und Autorin der „Come Together Songs“-Liederbücher, Hagara Feinbier, für ihre neue CD ausgewählt.

 

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